[Wie so leis die Blätter wehn]

[344] Wie so leis die Blätter wehn

In dem lieben stillen Hain,

Sonne will schon schlafen gehn,

Läßt ihr goldnes Hemdelein

Sinken auf den grünen Rasen

Wo die schlanken Hirsche grasen

In dem roten Abendschein.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.


In der Quellen klarer Flut

Treibt kein Fischlein mehr sein Spiel,

Jedes sucht, wo es ruht,

Sein gewöhnlich Ort und Ziel

Und entschlummert überm Lauschen

Auf der Wellen leises Rauschen

Zwischen bunten Kieseln kühl.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.


Schlank schaut auf der Felsenwand

Sich die Glockenblume um,

Denn verspätet über Land

Will ein Bienchen mit Gebrumm,

Sich zur Nachtherberge melden

In den zarten blauen Zelten,

Schlüpft hinein und wird ganz stumm.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.[344]


Vöglein, euer schwaches Nest

Ist das Abendlied vollbracht

Wird wie eine Burg so fest.

Fromme Vöglein schützt zur Nacht,

Gegen Katz und Marderkrallen,

Die im Schlaf sie überfallen,

Gott, der über alle wacht.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.


Treuer Gott, du bist nicht weit,

Und so ziehn wir ohne Harm

In die wilde Einsamkeit,

Aus des Hofes eitelm Schwarm.

Du wirst uns die Hütte bauen,

Daß wir fromm und voll Vertrauen

Sicher ruhn in deinem Arm.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 344-345.
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