Rheinübergang

Kriegsrundgesang

[298] Zum Besten eines Armen,

Der Dichter hat die Lust davon,

Wer mehr gibt, hat Erbarmen,

Ein Groschen mehr, bringt Gottes Lohn!


Auf, ihr starken Siegesbrüder,

Brecht mit Sang und Klang die Nacht,

Singt den Schicksalssternen Lieder,

Bis der Tag uns jenseits lacht.


Chor


Singen, klingen, Fahnen schwingen,

Feinde zwingen, Sieg erringen,

Nach den Friedenspalmen springen,

Und wenn sie am Himmel hingen!


Lasset uns die Becher leeren,

Ihm, der strenge ist und gut,[298]

Unserm Vater Franz zu Ehren

Unsern Wein und unser Blut!


Chor


Singen, klingen usw.


Hat er doch sein Blut gegeben

Für uns in des Feindes Hand,

Wer kann ihn genug erheben,

Daß er unsre Not erkannt.


Chor


Singen, klingen usw.


Heiliger war ihm das Rechte,

Als was ihm das Liebste war,

Darum stehn wir im Gefechte,

Des getreusten Kaisers Schar.


Chor


Singen, klingen usw.


Herrlich! herrlich! sich vergessen,

Und das Seine um die Welt,

Seine Not nach unsrer messen,

Konnte Franz, er ist ein Held!


Chor


Singen, klingen usw.


Dann laßt uns die Becher leeren

Jedem Deutschen, der schon fiel.

Heldengeister, Schar der Ehren!

Seht, wir grüßen euch am Ziel.


[299] Chor


Singen, klingen usw.


Über euch schon wallen Saaten,

Über euch nun wallt das Heer,

Was die Feinde niedertraten,

Stellen eure Brüder her.


Chor


Singen, klingen usw.


Stoßet an ihr heil'gen Zecher,

Heil dir Asperns Lorbeerschar,

Heil! es bringen deine Rächer

Einen Geistertrunk dir dar.


Chor


Singen, klingen usw.


Und nun laßt ein Glas uns gießen

In des alten Moskaus Brand,

Der den starken nord'schen Riesen

Also herrlich hat ermannt.


Chor


Singen, klingen usw.


Moskau brennt uns in den Seelen,

Löschet Brüder, trinkt den Wein,

Denn ein glühend Schwert zu stählen,

Muß es gut gekühlet sein.


Chor


Singen, klingen usw.[300]


Einen Becher laßt uns bringen

Nun der Preußen kühnem Heer,

Die so heldenfreudig ringen,

Als ob Gott mit ihnen wär'.


Chor


Singen, klingen usw.


Wahrlich! wahrlich! solchen Streitern

Um die Freiheit, um das Heil,

Stellt der Himmel selbst die Leitern

Und dann ist kein Sieg zu steil.


Chor


Singen, klingen usw.


Und nun leer' ich meinen Becher,

Auch der Schweden Carl Johann,

Grüßet ihn, getreue Zecher,

Der wie Gustav kämpfen kann.


Chor


Singen, klingen usw.


Grüßet ihn, auf ihn, wie Saulus,

Kam das rechte Siegeslicht,

Daß er nun, ein starker Paulus,

Für das Heil der Völker ficht.


Chor


Singen, klingen usw.


Aber nun den Becher kränzet,

Stoßet an im hohen Ton,[301]

Daß es klinget, daß es glänzet,

Für den hohen Wellington.


Chor


Singen, klingen usw.


Wellington, die Wellen tönen

Wogend dich auch Albion,

Und Hispanien, dich zu krönen,

Treibet Lorbeerhaine schon.


Chor


Singen, klingen usw.


Was wir in den Herzen tragen

Hohes Wort, Viktoria,

Hast du aus dem Feind geschlagen,

Siegreich bei Vittoria.


Chor


Singen, klingen usw.


Und dann laßt uns jubelnd trinken

Für Hispaniens heil'ge Schar,

Nimmer wird die Schwelle sinken,

Kämpft dies Volk am Hausaltar.


Chor


Singen, klingen usw.


Nimmer auf des Herkuls Säulen

Bauet sich ein fremder Thron,

Vor Gibraltars Fels, dem steilen,

Steht der David, Wellington.


[302] Chor


Singen, klingen usw.


Hoch schon auf den Pyrenäen

Sucht er seiner Schleuder Stein,

Und kein Riese bleibt ihm stehen,

Scheinet gleich der Gegner klein.


Chor


Singen, klingen usw.


Aber groß ist nicht, wer viele

Wie ein Xerxes überschifft,

Groß ist, wer zu heil'gem Ziele

Mit gerechtem Wurfe trifft.


Chor


Singen, klingen usw.


Groß ist nicht, wer breit und lange

Schatten in die Welt hin streut,

Vor dem Sonnenuntergange

Wächst der Schatten allezeit.


Chor


Singen, klingen usw.


Seht, wie Josua begehrte

Einst der Sonne Stillestand,

Hat der Held mit frommem Schwerte

Spaniens Sonne auch gebannt.


Chor


Singen, klingen usw.[303]


Und wie einst die Mauern sanken

Vor Posaunen Gideons,

Sehn wir alle Festen wanken

Vor dem Siegsschall Wellingtons.


Chor


Singen, klingen usw.


Trinkt dem Helden, ewig leben

David, Josua, Gideon,

Und die Pyrenäen heben

Dir das Denkmal, Wellington!


Chor


Singen, klingen usw.


Nun wollt voll den Becher gießen,

Daß er sühnend überrinnt,

Bayern, Schwaben, Baden, grüßen.

Alle sind nun deutsch gesinnt.


Chor


Singen, klingen usw.


Alle, alle sind berufen

Und es eilt die deutsche Schar

Auf des Rheines Rebenstufen

Zu des Bacchus Siegaltar.


Chor


Singen, klingen usw.


Seid gegrüßt ihr Rebenhügel,

Sei gegrüßt du frommer Rhein,[304]

Unter deutschem Adlerflügel,

Reife wieder deutscher Wein.


Chor


Singen, klingen usw.


Unsrer Sprache heil'ge Zungen

Stimmen all in einen Klang,

Und am Rheine voll erklungen

Ist der deutsche Siegsgesang.


Chor


Singen, klingen usw.


Goldorangen lass' ich schwimmen,

Höhern Glanz gewinnt mein Wein,

Und Oranje boven stimmen

Hollands freie Männer ein.


Chor


Singen, klingen usw.


Ha! wie feurig ihre Flagge

Schon von freien Festen flammt,

Freudenfeuer ist im Dache,

Auf! die Siegsflut frisch entdammt!


Chor


Singen, klingen usw.


Über Maas aus allen Banden

Trinkt und fliegt das freie Chor,

Und schon tauchen Niederlanden

Aus der Zornflut grün empor.


[305] Chor


Singen, klingen usw.


Nun sei treu von uns umschlossen,

Deutsche Eidgenossenschaft,

Auch in uns sind Eidgenossen

Sieg und Eifer, Mut und Kraft.


Chor


Singen, klingen usw.


Was ihr fest erstrebt im Kleinen,

Will in uns der große Krieg:

Einen Mittler nur, sonst keinen,

Kennen wir, er gibt den Sieg.


Chor


Singen, klingen usw.


Wollt drum mit uns niederknien,

Schweizer! über freien Grund

Will die Welt zur Freiheit ziehen,

Stimmet ein mit deutschem Mund!


Chor


Singen, klingen usw.


Heil ihm, der an Himmelszelten

Also stellt der Sterne Heer,

Daß der Siegskranz frommen Helden

Segnend fällt auf Schwert und Speer!


Chor


Singen, klingen usw.[306]


Heil und Ruhm dem Siegesfürsten,

Euch und uns und aller Welt,

Allen, die nach Friede dürsten,

Half und hilft der ewige Held.


Chor


Singen, klingen usw.


Unterm Siegesbundessiegel

Trink' ich nun Versöhnungswein,

Rausche deutscher Adlerflügel,

Ha! die Fessel klirrt zum Rhein.


Chor


Singen, klingen usw.


Treu umschlungen, frei gerungen,

Blut sei Wein und Wein sei Blut,

Nur den Thyrsus kühn geschwungen,

Ha, schon teilet sich die Flut!


Chor


Singen, klingen usw.


In der Franken schönem Reiche

Blüht der Ölbaum frei im Feld,

Auf, und brechet Friedenszweige

Der empörten armen Welt.


Chor


Singen, klingen usw.


Rinnet ab, ihr zorn'gen Wogen,

Erde, tauche grün empor,[307]

Unter Gottes Regenbogen

Klinget dann der Friedenschor.


Chor


Singen, klingen usw.


Und dann pflanze ein gerechter

Noah uns den Siegeswein,

Deiner Freiheit fromme Fechter,

Trag zum Sieg nun, Vater Rhein!


Chor


Singen, klingen, Fahnen schwingen,

Feinde zwingen, Sieg erringen,

Nach den Friedenskronen springen,

Und wenn sie am Himmel hingen,

Auf, es wird mit Gott gelingen!


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 298-308.
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