Zwei Diebe

Zwei Diebe

[424] Ganz heimlich flüstern diese zwei,

Natürlich nur von Lumperei.


Zwei Diebe

Da gehen sie in tiefem Schweigen,

Wohin? das wird sich später zeigen.


Zwei Diebe

Ein Fenster, welches nicht verschlossen,

Erklimmen sie auf Leitersprossen.
[424]

Zwei Diebe

Hier schläft ein reicher Privatier

Bei seinem Gelde in der Näh'!


Zwei Diebe

Und als der Privatier erwacht,

Ein Messer ihm entgegenlacht.


Zwei Diebe

[425] Schnell will er die Pistole kriegen,

Der Dieb mißgönnt ihm das Vergnügen.


Zwei Diebe

Seht nur! wie die Pistole kracht,

Dem Lumpen hat es nichts gemacht.[426]

Zwei Diebe

Der Privatier, ganz zornentbrannt,

Haut mit dem Säbel umeinand.


Zwei Diebe

Und jeder haut und jeder sticht,

Und keiner trifft den andern nicht.[427]

Zwei Diebe

Hier knebeln sie den dicken Mann,

Daß er nicht schrein und laufen kann.


Zwei Diebe

Und hängen ihn, o Sünd' und Schand',

An einen Nagel an die Wand.
[428]

Zwei Diebe

Da kommt, vom lauten Knack erwacht,

Die Köchin im Gewand der Nacht.


Zwei Diebe

Und ruft mit bangem Wehgeschrei

Durchs Fenster nach der Polizei.

Zwei Diebe

Da faßt der Dieb sie bei der Jacke

Und überzieht sie mit dem Sacke.


Zwei Diebe

[429] Da liegt sie nun. Was hilft ihr Schrein?

Der Sack hüllt ihre Klagen ein.

Zwei Diebe

Doch seht! Die brave Polizei

Kommt, wie gewöhnlich, schnell herbei.


Zwei Diebe

Die Diebe sind im Schrank versteckt,

Die Polizei hat's gleich entdeckt.
[430]

Zwei Diebe

Die Diebe sausen ins Gemach

Mit aufgespanntem Regendach.


Zwei Diebe

Am Rücken liegt die Polizei,

Die Diebe stürmen schnell vorbei.
[431]

Zwei Diebe

Da sieht man beide lustig fliegen,

Die böse Sache scheint zu siegen.

Zwei Diebe

[432] Doch still: die Strafe fehlet nie!

Gesegnet sei das Paraplü!


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 424-433.
Lizenz:

Buchempfehlung

Haller, Albrecht von

Versuch Schweizerischer Gedichte

Versuch Schweizerischer Gedichte

»Zwar der Weise wählt nicht sein Geschicke; Doch er wendet Elend selbst zum Glücke. Fällt der Himmel, er kann Weise decken, Aber nicht schrecken.« Aus »Die Tugend« von Albrecht von Haller

130 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon