Fünftens

Kirchweih

[103] Gen Padua, wenn Kirchweih ist,

Wallfahrten die Bruderschaften;

Denn da erlangt der fromme Christ

Einen Ablaß von großen Kraften.

Die Bruderschaft und den Jungfernverband

Die tut es gewaltig dürsten;

Drum ist ein Wirtshaus allda zur Hand

Mit Bier und schweinernen Würsten.

Und als man nachts zu Bette ging,

Nahm man sich nicht in achte;

Das Wirtshaus, welches Feuer fing,

Brann hell, als man erwachte.[103]

Das Kloster mit seiner Kellerei

Liegt nahe in großen Nöten;

Die Mönche erhuben ein groß Geschrei,

Antonio hub an zu beten:


Kirchweih

»Ave Maria mundi spes!

Erhalt uns armen Mönchen –

– Du weißt es ja, wir brauchen es –

Den Wein in unsern Tönnchen!«

Und sieh! Erloschen ist die Glut

Der gier'gen Feuerzungen;

Die frommen Brüder fassen Mut,

Sie waren so fröhlich und sungen:
[104]

Kirchweih

»Der Saft, der aus der Traube quoll,

Kann heut ja wohl nicht schaden!

Juhe! Wir sind ja wieder voll,

Ja wieder voller Gnaden!« –


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 103-105.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Der heilige Antonius von Padua.
Der heilige Antonius von Padua
Der heilige Antonius von Padua

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon