Zweites Kapitel

Zweites Kapitel

[11] Hans Dralle hat ein Schwein gar nett,

Nur ist's nicht fett.


Zweites Kapitel

[11] Es schnuppert keck in allen Ecken

Und schabt sich an den Bienenstöcken.


Zweites Kapitel

Die Bienen kommen schnell herfür

Und sausen auf das Borstentier.


Zweites Kapitel

U, ik! U, ik! – so hat's geschrien. –

Hans Dralle denkt: »Wat hat dat Swien?!«


Zweites Kapitel

Wie staunt Hans Dralle, als er's da


Schön abgerundet stehen sah! –


Zweites Kapitel

[12] Der Schweinekäufer geht vorüber:

»Was wollt Ihr für das Schwein, mein Lieber?«


»So'n twintig Daler, heb ick dacht!«

»Hier sind sie, fertig, abgemacht!«


Zweites Kapitel

Hans Dralle denkt sich still und froh:

»Wat schert et meck! Hei woll dat jo!«


Zweites Kapitel

[13] Er stellt sich flugs vor seine Bienen

Und pfeift ein altes Lied von ihnen:

Fliege, liebe Biene, fliege

Über Berg und Tal

Auf die Blumen hin und wiege

Dich im Sonnenstrahl!


Kehre wieder, kehre wieder,

Wenn die Kelche zu;

Leg' die süße Bürde nieder

Und geh auch zur Ruh'!


Zweites Kapitel

Ei, ei! Was soll denn dieses geben?!

Zwei Bienen schon mit Wanderstäben?!
[14]

Zweites Kapitel

Hans Dralle schaut ins Immenloch:

Wat Deuker! Hüte swarmt se noch!


Zweites Kapitel

Die Luft ist klar, die Luft ist warm;

Hans Dralle wartet auf den Schwarm.


Zweites Kapitel

Ihm wird so dumm und immer dummer;

Hans Dralle sinkt in sanften Schlummer.


Zweites Kapitel

[15] Tüt, tüt! Sim, sim! so tönt es leise

Im Bienenstocke her und hin;

Es sammelt sich das Volk im Kreise,

Denn also spricht die Königin:


»Auf, Kinder! schnürt die Bündel zu!

Er schnarcht, der alte Staatsfilou! –

Nennt sich gar noch Bienenvater!

Ein schöner Vater! Sagt, was tat er?

Und wozu taugt er?

Aus seinem Stinkehaken raucht er! –

Ist ein Gequalm und ein Geblase,

Ewig hat man den Dampf in der Nase! –

Da hält man sich nun im Sommer knapp,

Schleppt und quält und rackert sich ab;

Denkt sich was zurückzulegen,

In alten Tagen den Leib zu pflegen...

Ja wohl!

Kaum sind Kisten und Kasten voll,

Trägt uns der Schelm den Schwefel ins Haus

Und räuchert und bläst uns das Leben aus. –

Kurzum! er ist ein Schwerenöter!

Ein Honigdieb und Bienentöter! –

Drum auf und folgt der Königin!!«
[16]

Zweites Kapitel

Schnurrdiburr! da geht er hin!
[17]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 11-18.
Lizenz:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Die Familie Selicke

Die Familie Selicke

Das bahnbrechende Stück für das naturalistische Drama soll den Zuschauer »in ein Stück Leben wie durch ein Fenster« blicken lassen. Arno Holz, der »die Familie Selicke« 1889 gemeinsam mit seinem Freund Johannes Schlaf geschrieben hat, beschreibt konsequent naturalistisch, durchgehend im Dialekt der Nordberliner Arbeiterviertel, der Holz aus eigener Erfahrung sehr vertraut ist, einen Weihnachtsabend der 1890er Jahre im kleinbürgerlich-proletarischen Milieu.

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon