[424] Ganz heimlich flüstern diese zwei,
Natürlich nur von Lumperei.
Da gehen sie in tiefem Schweigen,
Wohin? das wird sich später zeigen.
Ein Fenster, welches nicht verschlossen,
Erklimmen sie auf Leitersprossen.
[424]
Hier schläft ein reicher Privatier
Bei seinem Gelde in der Näh'!
Und als der Privatier erwacht,
Ein Messer ihm entgegenlacht.
[425] Schnell will er die Pistole kriegen,
Der Dieb mißgönnt ihm das Vergnügen.
Seht nur! wie die Pistole kracht,
Dem Lumpen hat es nichts gemacht.[426]
Der Privatier, ganz zornentbrannt,
Haut mit dem Säbel umeinand.
Und jeder haut und jeder sticht,
Und keiner trifft den andern nicht.[427]
Hier knebeln sie den dicken Mann,
Daß er nicht schrein und laufen kann.
Und hängen ihn, o Sünd' und Schand',
An einen Nagel an die Wand.
[428]
Da kommt, vom lauten Knack erwacht,
Die Köchin im Gewand der Nacht.
Und ruft mit bangem Wehgeschrei
Durchs Fenster nach der Polizei.
Da faßt der Dieb sie bei der Jacke
Und überzieht sie mit dem Sacke.
[429] Da liegt sie nun. Was hilft ihr Schrein?
Der Sack hüllt ihre Klagen ein.
Doch seht! Die brave Polizei
Kommt, wie gewöhnlich, schnell herbei.
Die Diebe sind im Schrank versteckt,
Die Polizei hat's gleich entdeckt.
[430]
Die Diebe sausen ins Gemach
Mit aufgespanntem Regendach.
Am Rücken liegt die Polizei,
Die Diebe stürmen schnell vorbei.
[431]
Da sieht man beide lustig fliegen,
Die böse Sache scheint zu siegen.
[432] Doch still: die Strafe fehlet nie!
Gesegnet sei das Paraplü!
Buchempfehlung
Ein alternder Fürst besucht einen befreundeten Grafen und stellt ihm seinen bis dahin verheimlichten 17-jährigen Sohn vor. Die Mutter ist Komtesse Mizzi, die Tochter des Grafen. Ironisch distanziert beschreibt Schnitzlers Komödie die Geheimnisse, die in dieser Oberschichtengesellschaft jeder vor jedem hat.
34 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro