Julian der Apostat

[245] (A. May zu eigen.)


Ich fass' es nicht, sie wollen mich nicht hören!

Ich rufe sie zum Leben und zum Glück –

Und Antwort geben sie in Grabeschören,

Und stoßen Kranz und Amphora zurück.


Ein finstrer Wahnsinn hat die Welt befallen!

Des Opfers darben Tempel und Altar:

Umsonst läßt Phöbos die Orakel schallen,

Umsonst bekränzt die Priesterin das Haar,


Die Schönheit selbst ließ ich in Marmor meißeln,

Es schäumt der Wein, es dampfen Myrrhendüfte:

Doch sie zerfleischen sich mit blut'gen Geißeln,

Und fliehn mit ihrem Gott in Totengrüfte.


Weh mir! mich scheltet ihr den Apostaten,

Und ihr nur habt des Abfalls Schuld zu tragen,

Die an den Schmerz ihr habt das Glück verraten

Und alle Freuden habt ans Kreuz geschlagen.


Nein, für die Mönche ward ich nicht geboren!

Und kann ich nicht den Gang des Schicksals wenden

Und ist der Jugendtraum der Welt verloren,

Will ich mit allem, was da schön ist, enden.


Horch! Hörnerklang! das sind Barbarenheere!

Nun folgt mir, Hellas' Schwung und Romas Tugend!

Phöbos Apoll, du Gott, den ich verehre,

Gib mir den schönen, raschen Tod der Jugend!


Triff mich im Heldenkampf, im Siegesflug,

Triff mich wie den Peliden am Skamandros:

Dann für den Griechen, der die Perser schlug,

Schafft Raum im Hades neben Alexandros!

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 245-246.
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