Verloren?

[52] Wie versunkne Himmelreiche

Dir im Auge sah ich quellen

deiner Seele stille Quellen,

und es tauchte aus den Wellen

meiner Unschuld frühe Leiche.


Und von fern auf goldnen Wogen

kam ein Leuchten hergezogen,

und den bleichen Mund umschwebte

sanft ein Glühn, als ob er lebte

und noch Einmal Gott erbebte.


Doch im Wasser hört' ich's wallen,

hohl ein Qualgelächter schallen:

und ich sah mit schwarzen Krallen

drohn die Sünde, und im dunkeln

Schlund ihr grünes Auge funkeln.


Und es rauschte, und die Leiche

schwand hinab; der Glanz verglühte ...

Gieb mir Du zurück die Blüte,

meiner Reinheit tote Blüte,

die versunknen Himmelreiche!

Quelle:
Richard Dehmel: Erlösungen, Stuttgart 1891, S. 52.
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