Der 72. Psalm

[841] Deus, Judicium tuum Regi:


Salomons Weissagung vom Reich Christi:

Inn des 23. Psalmen weis.


1.

Got, gib dem König dein Gericht,

ja, gib des Königs Sone

Dein Grechtigkait, das er hie richt

vnd bei deim Völklin wone

Vnd pring es zur gerechtigkait,

rett deine Elenden aus laid,

sie aus gnaden belone.


2.

Die Berge werden pringen frid

deim Volk, davon zusagen,

Die Hügel auch zugleich damit

werden Grechtigkait tragen:

Das Ellend Volk er schützen würd

bei recht, abthun des Armen bürd

vnd die Lästerer zerschlagen.


3.

Man würd förchten vnd ehren dich

allweil Sonn vnd Mon leuchten.

Er würd herab fahrn süsiglich,

wie Tropfen dies Land feuchten,

Er würd sein so erwünscht vnn süs

wie der Than so aufs Fell sich lis

zu ainem Gnadenzaichen.


4.

Zu seiner zeit, wann er Regirt,

würd der Grecht plühen jmmer

Vnd groser Fride sein hinfürrt,

biß der Mon scheine nimmer:

Er würd herschen von ainem Mör

biß zu dem andern on aufhör,

vom Jordan zur Welt ende.


5.

Die inn der Wüsten wonen thun,

inn Morenlanden stecken,

Werden sich vor jm naigen nun

vnd sein Feind den Staub lecken,

König inn Jnsuln vnd am Mör

werden geschänk jm pringen her,

sich vor jm niderstrecken.


6.

König der Reichen Araben,

die von Saba vnd Seben,

Werden zufüren jr Gabē,

jr bestes Opfer geben.

All König werden jn betten an,

all Haiden dinen jm fortan

vnd jn für alls erheben.


7.

Dan er den Armen der da schreit

vnd dem kain trost mag glingen

Erretten würd zu seiner zeit

vnd gnädig sein den gringen,

Der armen Seln er helfen würd,

die Selen, welche warn verführt,

wider zur rechte pringen.[841]


8.

Er würd jr Sel aus trug vnd pracht

Erlösen vnd aus schaden,

Vnd würd werden bei jn geacht

jr Plut sehr theur aus gnaden,

Vnd werden alsdan mit jm leben

vnd jm das beste Gold gern geben

vnd preisen stäts sein thaten.


9.

Sein Gtraid wurd dick auf Bergen ston

vnd seine Frucht würd beben

Wie der Baumreich Wald Libanon

so sich die Wind erheben,

Würd grünen inn Stätten wie gras,

ain handvoll würd tragen on mas

vnd grosen Ruf weit geben.


10.

Sein Nam würd pleiben ewiglich,

so lang die Sonne pleibet,

Auf die Nachkommen strecken sich,

kain Wolk die Sonn vertreibet,

Sie werden inn jm gsegnet sein

vnd all Haiden jn preisen fein,

dan er jr König pleibet.


11.

Preis dem GOT Israel sein soll,

dem allain Wundersamen.

Das Land werd seiner Ehren voll,

gelobet sei sein Namen,

Der Namen seiner Herlichkait,

des Reich besteht inn ewigkait

wahrhaftig, Amen, Amen.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Leipzig 1874, S. 841-842.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Lieder
Geistliche Lieder Und Psalmen Aus Dem Strassburger Gesangbüchlin Von 1576: Auch Dessen Anmahnung Zu Christlicher Kinderzucht Und Ein Artliches Lob Der Lauten (German Edition)

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Camilla und Maria, zwei Schwestern, die unteschiedlicher kaum sein könnten; eine begnadete Violinistin und eine hemdsärmelige Gärtnerin. Als Alfred sich in Maria verliebt, weist diese ihn ab weil sie weiß, dass Camilla ihn liebt. Die Kunst und das bürgerliche Leben. Ein Gegensatz, der Stifter zeit seines Schaffens begleitet, künstlerisch wie lebensweltlich, und in dieser Allegorie erneuten Ausdruck findet.

114 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon