9. Auf Herren Johan Behrs Leichbestattung

[265] 1632 November.


Daß doch der unverschämte Tod

nichts lässet lange sein,

was uns vor andern lieb und not

und sonst nicht ist gemein'!

Es ist bei ihm kein Unterscheid,

er fordert Alles rauß

und läßt vor andern seinen Neid

an werten Sachen aus.
[265]

Die Welt, die ist ein Glückestopf,

der stets herumher läuft;

da gilt es einen ieden Kopf,

wen das Verhängnüß greift.

Es geht blind zu, es gilt kein Wort;

nicht richtet, Niemand schreibt.

Gelückt's, so muß der König fort,

der Eseltreiber bleibt.


Wer sagt nicht, daß es Schade sei

um diesen tapfern Man,

der neulich solchen Nutz und Treu'

an unsrer Stadt getan?

Wer sich des Vaterlandes wehrt

und fürchtet keinen Stoß,

der ist im Leben wolgeehrt

und nach dem Tode groß.


Der tolle Mars erboste sich

und strengt' uns grimmig an;

du stundest steif und wagtest dich,

du teurer Bürgersman!

Daß diese Stadt noch steht im Heil

und fiel nicht allzusehr,

des dankt sie billich dir ein Teil

und klagt dich desto mehr.


Verlaßne Jungfrau, schützet diß

den starken Tränen für,

daß euer Vater ist gewiß,

wo ihr solt hin und wir!

Das Ander', das euch mehr betrübt,

das euch zur Waisen macht,

befehlt dem, der uns Eltern gibt

und nimt nach seiner Acht!


Was klagt ihr aber viel um euch?

Die ganze Christenheit

ist itzund einer Waisen gleich

und ächzet um ihr Leid.

Ihr Vater, Heiland, Schirm und Held,

ihr bester Trost nach Gott,[266]

der strengste Ritter von der Welt,

der liegt und ist nun tot!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 265-267.
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