Einzug

[238] (20. September 1866)


Viktoria hat heute Dienst am Tor:

Landwehr, zeig deine Karte vor,

Paßkart' oder Steuerschein,

Eins von beiden muß es sein.«


»Alles in Ordnung. Jedenfalls

Zahlten wir Steuer bei Langensalz,

Wir zahlten die Steuer mit Blut und Schweiß« –


»Landwehr passier', ich weiß, ich weiß.«


Viktoria hat heute Dienst am Tor:

»Linie, zeig deine Karte vor,

Paßkart' oder Steuerschein;

Ein Paß, das wird das beste sein.«


»Wir haben Pässe die Hände voll,

Zuerst den Brückenpaß bei Podòll,

Dann Felsenpässe aus West und Ost:

Nachod, Skalitz und Podkòst,

Und wenn die Felsenpässe nicht ziehn,

So nimm noch den Doppelpaß von Gitschin,

Sind allesamt geschrieben mit Blut« –[238]


»Linie passier', is gut, is gut.«


Viktoria hat heute Dienst am Tor:

Garde, zeig deine Karte vor,

Preußische Garde, willkommen am Ort,

Aber erst das Losungswort.«


»Wir bringen gute Losung heim

Und als Parole 'nen neuen Reim,

Einen neuen preußischen Reim auf Ruhm


»Nenn' ihn, Garde!«

»Die Höhe von Chlum


»Ein guter Reim, ich salutier',

Preußische Garde passier', passier'.«


Glocken läuten, Fahnen wehn,

Die Sieger drinnen am Tore stehn,

Eine Siegesgasse ist aufgemacht:

Östreich'sche Kanonen zweihundertundacht,

Und durch die Gasse die Sieger ziehn. –

Das war der Einzug in Berlin.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 238-239.
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