LXXXVII.


Der betriegliche Schatz-Zeiger.

[923] War güldne Worte seynd es / womit der alte Lehrer /Petrus Chrysologus / die Gold- und Geld-Liebe abmahlt: Auri furor ardentiùs humano fervet in pectore, quàm caminus totus ignescit incendiis; & acriùs homines dissolvit in terra, quàm solvitur in calore flammarum. Crudelitatis dominus, sævus hostis, amando lædit, nudat vitando, ipsum etiam captivat aspectum, fidem frangit, violat affectum, vulnerat charitatem, turbat quietem, adimit innocentiam, suadet fraudes, imperat latrocinium. etc.1 Die unsinnige Geld-Liebe glühet / im menschlichem Hertzen / hefftiger / als ein gantzer Camin / und Schlot / der in vollem Feuerstehet: und schmeltzt (oder trennet) die menschliche Gemüter auf Erden / viel kräfftiger / weder das Gold selbst durch die Hitze der Flammen geschmeltzet wird. Sie ist eine Herrscherinn in allerley Grausamkeit / und eine grimmige Feindinn / welche durch lieben verletzt / durch (gäntzliches) meiden entblösset; auch so gar den Anblick gefangen nimt / Treu und Glauben bricht / die Gunst versehrt (oder die Begierden schändet) die christliche[924] Liebe verwundet / die Ruhe zerstört / die Unschuld und Unsträfflichkeit wegreisst / zu allerley Betrug den Menschen beredet / ihn rauben / stehlen / und morden heisst.

Er hette billig hinzusetzen mögen: Die das Hertz abtrünnig von GOtt macht / und zum abgesagten Feinde GOttes / und aller Menschen / nemlich zum Satan / neigt / ja demselben gar vor die Füsse wirfft. Doch kann es füglich / unter dem / daß sie Treu und Glauben bricht / mit verstanden werden. Denn wie viel unbesonnene Geld-geyer / brechen den Bund mit GOtt / und verbinden sich / mit dem Teufel / daß er ihnen Schätze zeigen solle! welcher sie doch gemeinlich sehr kahl abfertigt / und betriegt; auch nicht allein um ihren unschätzbarsten Schatz /nemlich um GOttes Gnade / und ewige Seligkeit /sondern auch manches Mal damit in einen schmähligen Tod bringt.

Wir wollen den exemplarischen Beweis aus der Practica Rerum Criminalium, deß Weltberühmten Jurisconsulti, Hn. D. Benedict Carpzovs hernehmen. Ein gewisser Mann / welchen die von denen Scabinis eingeholte Belehrung mit den Anfangs-Buchstaben H.K. bezeichnet / hat bekannt / daß er etlichen Leuten / zugesagt / verlohrne Dinge wieder zu verschaffen /und daß er / vor ungesähr drey Jahren / einen Geist /mit Namen Sibylle / auff einem Freytags-Abend drey mal nach einander geladen: Welcher auch jedes mal /als ein kleines Kind / in menschlicher Gestalt / in weiß-grauen langen Kleidern / mit einem seltsamen wunderbarlichem Angesicht / und krummen[925] langen Nasen / auff dem Haupt lange dornerne Sträuche / in Gestalt einer Kron / habend / erschienen: Weil aber H.K. in denen ersten zweyen Malen / nichts erfragen können; habe er ihn / zum dritten Mal / geladen / und bey dem Gehorsam / womit er dem Obersten der Teufel / Beelzebub / verwant / beschworen: Worauff er erschienen / und / als er ihn willkommen heissen /auch nochmals / in vorangezeigtem Namen / beschworen / daß er ihm anzeigen sollte / an welchem Ort im Hause / der verborgene Schatz vorhanden /und womit er denselben bekommen könnte: Darauff hette ihm der erschienene Geist / Sibylle / mit kleiner subtiler Stimme / vermeldet; Er sollte nehmen geweihet Wax / dasselbe mit Myrrhen und Weihrauch vermischen / ein Licht daraus machen / solches anzünden / und einer kleinen unbefleckten Dirnen2 (oder Mägdlein) in die Hand geben / daß sie damit im Hause herum ginge; an welchem Ort dasselbe Liecht ausleschen würde / daselbst wäre das Geld / und der verborgene Schatz / vorhanden: Wie er solches / von dem Geist / Sibyllen / gehört / hette er ihn gebeten /daß er in dem Friede / darinn er gekommen / wieder von ihm scheiden sollte: Wie dann geschehn / und er darauff die Kunst gebraucht / und einen Thaler werth dafür empfangen: Mehr hette er nicht gethan: Er hette aber ein Glas zu Amsterdam /[926] das hiesse das Violen-Glas; wann er das hette / wollte er darein wol alle Böse (Geister) laden. etc.3

Ist der Mühe auch wol werth gewest / um eines einigen Thalers willen / so viel Zeremonien zu machen? Der Teufel hat vermutlich anderswo / von seinen Kreaturen / einen Thaler genommen / und daher gelegt: damit er nicht gar mit Schanden bestünde / noch der Lügen überzeugt würde / in dem / daß er gesagt / daselbst wäre das Geld / und der verborgene Schatz vorhanden. Hat also eine kleine Warheit /mit einer grossen Lügen / zusammen geknüpfft; indem er den einigen Thaler das Geld / und auch zugleich einen Schatz / getitulirt. Woferrn aber das /Thalers werthe / geringe Geld vorhin schon da gelegen; hat er solches betrieglich verschwiegen / daß es nicht mehr wäre: weil sonst der Beschwerer sichs nicht so sauer werden lassen / noch schier eben so viel Unkosten drauff gewendet hette.

Aber das Beste / und der fürnehmste Schatz / welchen ihm der Teufel aufgehebt / und endlich zugeschantzt / ist dieser / daß er ihm / durch die Beschwerungen / eine rote Korallen-Schnur von Blut um den Hals zuwegen gebracht / als den rechten Werth solcher Künste: Denn das gerichtlich ergangene Urtheil hat ihn / solcher Beschwerungen wegen / zum Schwert verdammt.

Fußnoten

1 Petr. Chrysol. Sermon. 19. fol. 48.


2 Durch eine Dirne wird in Sachsen / und Nider-Teutschland / gemeinlich eine ehrliche Jungfrau; in den Oberländern aber / hingegen eine liederliche und leichtfertige verstanden.


3 Benedict. Carpzovius Part. 1. Practicæ rerum criminal. Quæst. 50. fol. m. 330.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 923-927.
Lizenz:
Kategorien: