Vertrauen auf Gottes Vorsehung

[291] Auf Gott, und nicht auf meinen Rat

Will ich mein Glücke bauen,

Und dem, der mich erschaffen hat,

Mit ganzer Seele trauen.

Er, der die Welt

Allmächtig hält,

Wird mich in meinen Tagen

Als Gott und Vater tragen.


Er sah von aller Ewigkeit,

Wie viel mir nützen würde,

Bestimmte meine Lebenszeit,

Mein Glück und meine Bürde.

Was zagt mein Herz?

Ist auch ein Schmerz,

Der zu des Glaubens Ehre

Nicht zu besiegen wäre?


Gott kennet, was mein Herz begehrt,

Und hätte, was ich bitte,

Mir gnädig, eh ich's bat, gewährt,

Wenn's seine Weisheit litte.

Er sorgt für mich

Stets väterlich.[291]

Nicht was ich mir ersehe,

Sein Wille, der geschehe!


Ist nicht ein ungestörtes Glück

Weit schwerer oft zu tragen,

Als selbst das widrige Geschick,

Bei dessen Last wir klagen?

Die größte Not

Hebt doch der Tod;

Und Ehre, Glück und Habe

Verläßt mich doch im Grabe.


An dem, was wahrhaft glücklich macht,

Läßt Gott es keinem fehlen;

Gesundheit, Ehre, Glück und Pracht

Sind nicht das Glück der Seelen.

Wer Gottes Rat

Vor Augen hat,

Dem wird ein gut Gewissen

Die Trübsal auch versüßen.


Was ist des Lebens Herrlichkeit?

Wie bald ist sie verschwunden!

Was ist das Leiden dieser Zeit?

Wie bald ist's überwunden!

Hofft auf den Herrn!

Er hilft uns gern:

Seid fröhlich, ihr Gerechten!

Der Herr hilft seinen Knechten.


Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 291-292.
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