DER HERR DER INSEL

[19] Die fischer überliefern dass im süden

Auf einer insel reich an zimmt und öl

Und edlen steinen die im sande glitzern

Ein vogel war der wenn am boden fussend

Mit seinem schnabel hoher stämme krone

Zerpflücken konnte · wenn er seine flügel

Gefärbt wie mit dem saft der Tyrer-schnecke

Zu schwerem niedrem flug erhoben: habe

Er einer dunklen wolke gleichgesehn.

Des tages sei er im gehölz verschwunden ·

Des abends aber an den strand gekommen ·

Im kühlen windeshauch von salz und tang

Die süsse stimme hebend dass delfine[20]

Die freunde des gesanges näher schwammen

Im meer voll goldner federn goldner funken.

So habe er seit urbeginn gelebt ·

Gescheiterte nur hätten ihn erblickt.

Denn als zum erstenmal die weissen segel

Der menschen sich mit günstigem geleit

Dem eiland zugedreht sei er zum hügel

Die ganze teure stätte zu beschaun gestiegen ·

Verbreitet habe er die grossen schwingen

Verscheidend in gedämpften schmerzeslauten.

Quelle:
Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 3, Berlin 1930, S. 19-21.
Lizenz:
Kategorien: