FLURGOTTES TRAUER

[15] So werden jene mädchen die mit kränzen

In haar und händen aus den ulmen traten

Mir sinnbeschwerend und verderblich sein.

Ich sah vom stillen haus am hainesrand

Die grünen und die farbenvollen felder

Zur sanften halde steigen und den weissdorn

Der blüten überfluss herniederstreun:

Als sie des weges huschend mich gewahrten ·

Verhüllte dinge raunten und dann hastig

Und lachend mir entflohn trotz meiner stimme ·

Trotz meiner pfeife weichem bitte-tone.[16]

Erst als ich an dem flachen borne trinkend

Mir widerschien mit furchen auf der stirn

Und mit verworrnen locken wusst ich ganz

Was sie sich zischend durch die lüfte riefen

Was an der felswand gellend weiterscholl.

Nun ist mir alle lust dahin am teiche

Die angelrute auszuhalten oder

Die allzu schwache weidenflöte lockend

Mit meinem finger zu betupfen · sondern

Ich will den abend zwischen grauen nebeln

Zum Herrn der Ernte klagen sprechen weil er

Zum ewigsein die schönheit nicht verlieh.

Quelle:
Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 3, Berlin 1930, S. 15-17.
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