AN KALLIMACHUS

[35] Als deine treusten geleiter stehen wir im hafen ·

Zu des gerüsteten schiffes brüstung schauen wir

Trennungbeklommen dich teuren · unserm arm entrissen ·

Lang schon der unsre geworden ob auch fremden bluts.

Willst du den leuchtenden himmel · heitrer bildung wohnsitz ·

Wieder vertauschen mit küsten nebelgrau und kühl

Fern bei den äussersten menschen? schlichte rohe sitte

Wieder erlernen der heimat die dir's kaum mehr ist?

Dort müssen schrecklich und einsam deine tage fliessen ·

Freund unsrer frohen gelage · unsrer lehrer gast!

Dessen gesang der verwöhnten Phillis ohr gefallen ·

Der in geglätteten sprüchen es uns gleichgetan ·

Wirst du ein leben ertragen am barbarenhofe ·

Finstren gesetzen dich beugen · strengem herrscherwink ·

Zögling der losesten freiheit? uns erfasst die sorge.

Ruder und anker bewegt sich – o Kallimachus!

Schäumendes wasser beschwichtigt lezte segenrufe ·

Unser verhaltenes weinen mög es töricht sein.

Quelle:
Stefan George: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 3, Berlin 1930, S. 35-36.
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