XCVI

[102] Der sagt · dein fehl sei jugend · loser streich ·

Der sagt · dein reiz sei jugend · edles spiel ·

Und reiz und fehl liebt man bei arm und reich.

Du machst zum reiz den fehl der dich befiel.


Wie an der fürstin hand in voller zier

Das ärmste kleinod wird als wert betrachtet ·

So setzen sich die irrtümer an dir

In wahrheit um und sind als wahr geachtet.


Wie manches lamm der wilde wolf betröge ·

Könnt als ein lamm er seinen blick verdrehn!

Wie mancher schauende hintennach dir zöge

Wenn du die volle stärke liessest sehn!


Doch tu dies nicht – derart ist unser bund:

Mein da du mein bist ist auch dein leumund.[102]


Quelle:
George, Stefan: Shakespeare. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 12, Berlin 1931, S. 102-103.
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