Neue Fibelverse
A.

[46] Der Adler raubt und frißt gar viel;

Der Adel trieb ein arges Spiel.


B.

Der Bär liegt auf der Bärenhaut,

Der Bundestag ist bald ergraut.


C.

Ein Carcer ist ein finstres Loch;

Ein Mensch sogar wird Censor noch.
[47]

D.

Das Denken, oft dem Denker schadt's;

Der Dummkopf lebt in bona pac'.


E.

Das Eichhörnchen hüpft froh und nett;

Von Eisen fertigt man die Kett.


F.

Zum Flügel thuen Federn noth;

Die Freiheit gab der liebe Gott.


G.

Nicht gut ist oft Gold, Glanz und Gunst,

Göthe that viel für die Kunst.
[48]

H.

Der Herr zum Hund spricht: ducke dich!

Wer Herz hat, hebt zum Himmel sich.


I.

Die Ironie schafft Manchem Qual;

Iesuiten sind mein Ideal.


K.

Der König hat die Krone auf;

Die Krankheit geht den alten Lauf.


L.

In freier Luft die Lerche singt;

Das Lastthier auf der Erde hinkt.
[49]

M.

Millionen lenkt die Majestät;

Nach Mitternacht zeigt der Magnet.


N.

Die Noth bricht Eisen, heißt der Spruch;

Nun, Zweifler, sagt das nicht genug?


O.

Die Ochsen, die sind nicht gescheidt;

O schreit man, es ist noch nicht Zeit!


P.

Der Pudel geht im Pelz umher;

Ich haß' Pedant und Philister:
[50]

Q.

Suchst du die Q im Menschenstall,

Du find'st kaum mehr als Quark und Qual.


R.

Rückwärts geht immer nur ein Thor;

Revolutionen kommen vor.


S.

Das Schaf, das schweigt, wenn man es scheert;

Zur Schlacht benutzt man oft das Schwert.


T.

Trompet' und Trommel lustig tönt;

Der Teufel nur der Thränen höhnt.
[51]

U.

Vom Uebel ist, was drüber ist,

Und daß dies unten man vergißt.


V.

Die Vettern und Verwandten sind

Von Vortheil immer noch, mein Kind!


W.

Wahrheit verfliegt nicht in der Luft;

Wer nicht sein Wort hält, ist ein Schuft.


Z.

Der Zügel nützt bei Pferden viel;

Der Geist der Zeit kommt doch zum Ziel.

Quelle:
Adolf Glassbrenner: Verbotene Lieder, Bern 1844, S. 46-52.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon