1806

[93] 19/5164.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 5. Januar 1806.

Es gehört mit zu dem verkehrten Weltwesen, daß Sie, da ich ihren Geburtstag feyern sollte, mir Ihren[93] Geburtstag feyern durch Übersendung köstlicher Naschwaaren. Ihnen wird aber auch dafür an unsrem Tische schon lange täglich gedankt. Wären wir nur nicht durch einen so großen Raum getrennt, daß wir hoffen könnten, Sie manchmal unter uns zu sehen.

Die guten Wirkungen Ihres Lauchstädter Besuchs haben lange angehalten und es kann Ihnen davon binnen den ersten sechs Monaten manches zu Gesicht kommen, das ich Ihnen zum voraus empfehle. Lieder vermuthete ich gleich, als ich so lange nichts von Ihnen vernahm, und das Zugesagte außenblieb, daß Sie sich diesen Winter nicht wohl befinden müßten: denn ich weiß, das Sie mir, selbst mit Ihrer Unbequemlichkeit, gern etwas zu Liebe thun. Lassen Sie aber doch deshalb das gute Werk nicht liegen und erfreuen mich später damit.

Sie haben doch das Wunderhorn im Hause und lassen sich dadurch wohl manchmal aufregen? Theilen Sie mir ja die Melodien mit, die gewiß dadurch geweckt werden. Soviel für heute, daß nur ein Zeichen des Andenkens sey und das Schweigen unterbrochen werde.

G.


19/5165.


An Johann Friedrich Fuchs

[Concept.]

So wenig Freunde wir bisher an dem anatomischen Museum erlebt, dergestalt daß wir kaum Serenissimo[94] die Fortsetzung des Versuchs hätten rathen können, so viel Hoffnung giebt uns nunmehr Ew. Wohlgeboren Gegenwart. Damit aber auch diese auf das reinste erfüllt werden könne; so ist eine genaue Auseinandersetzung der Verhältnisse nothwendig, damit das Geschäft, wenn es Serenissimo gefallen sollte, die Anstalt wirklich zu fundiren, zweckmäßig und ruhig fortgehen könne. Fürstliche Commission hat daher in beygehenden Aufsätzen ihre Ansicht der Sache hingestellt und wünscht, daß Ew. Wohlgeboren sich darüber gelegentlich äußern mögen.

Wie wir nun vor allen Dingen darauf zu sehen haben, daß nur 200 Thaler und zwar blos zur Vermehrung und Unterhaltung des Museums jährlich ausgegeben und berechnet werden; so sind wir doch nicht abgeneigt, Ew. Wohlgeboren wegen der zweifelhaften Puncte eine billige Abfindung zuzugestehen, wegen welcher sodann keine Rechnung verlangt würde.

Was die Anordnung wegen der Leichen betrifft; so bitte deshalb ein Paket Papiere nachzusehen, welches in dem anatomischen Cabinet lag und Ihnen wahrscheinlicher Weise mit übergeben worden ist. In demselben befanden sich die Abschriften sämmtlicher die Anatomie betreffenden höchsten Rescripte, wie sie Herr Geh. Rath Loder und Ackermann zurückgelassen hatten. Was fehlte, ließe sich alsdann wohl suppliren. pp.

W. d. 6. Jan. 1806.

G.[95]


19/5166.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

wünschten die versprochene Recension bald zu erhalten, ich sende sie deswegen hier gleich im ersten Concept, doch, denke ich, wird sich Setzer und Corrector wohl herauszuhelfen wissen. Ew. Wohlgeb. Leitung und Revision empfehle ich diese Blätter bestens.

Die eigentliche Charakterisirung wünschte ich so, wie sie geschrieben ist, in zwey Spalten gedruckt, wie bey fol. 2 ein sauberes Muster angesteckt ist. Es geht zwar etwas Raum verloren, aber die Aufmerksamkeit wird erregt und die individuelle Bezeichnung des Charakters von ein paar hundert Gedichten macht wohl einige Sensation.

Wollen Ew. Wohlgeb. das ganze überschlagen lassen und mir anzeigen, ob es hinreichend Manuscript für zwey Nummern Ihrer Zeitung sey. Wäre es nicht genug, so bitte mir nur zu schreiben, wie viel Sie noch etwa brauchen, und mir das letzte Blatt zurückzuschicken, daß ich wieder anknüpfen kann, da die Materie ohnehin unendlich ist. Zur letzten Revision möchte ich die Blätter wohl auch gern sehen; sie sollen nicht aufgehalten werden.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 12. Januar 1806.

G.[96]


19/5167.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

geruhen gefällig die Fuchsischen letzten Äußerungen, theils vor, theils nach unserm Erlaß, von Fol. 11 bis 17 anzusehen.

Sie sind keinesweges erfreulich, indem sie mich von dem, was ich schon früher bemerken konnte, noch mehr überzeugten, daß nemlich dieser Mann, bey sonst guten Qualitäten, keine Eigenschaften zu irgend einer Art Direction besitzt.

Wer an so einem bedeutenden und unabhängigen Posten sich nicht besser zu helfen weiß, mit solchen hypochondrischen Quängeleyen hervortritt, nicht uneigennütziger zu seyn den Muth hat, wer alles von andern fordert, alles auf andre schiebt, von seinen Bemühungen gleich matt und krank ist, so schnell versichert, daß er sein äußerstes thue, sich von Verantwortung lossagen will, dem ist nicht zu helfen und der Sache auch nicht, die unmittelbar unter ihm steht.

Hiervon, und was etwa räthlich zu thun sey, mündlich ein Mehreres. Indessen, damit er nicht neue Klagen anstimmen kann, könnten beygehende Ausfertigungen abgehen, welche, wenn sie Ew. Excellenz Beyfall haben, zu signiren, die Munda zu unterzeichnen und abzusenden bitte.

[97] Ist auf den unterthänigsten Vortrag eine gnädigste Resolution erfolgt? auch etwa an die überwiesenen Pensionen, sowohl an Geld als Naturalien, bey Fürstlicher Cammer gedacht worden? Worüber mir einige gefällige Nachricht erbitte, indem ich verschiedenes vorbereiten möchte, um vor einer nächsten Tour nach Jena mit Ew. Excellenz noch das nöthige schließlich verabreden zu können. Die Erlasse Fol. 4 und 5 bitte gefällig zu signiren.

Mich angelegentlichst empfehlend

Weimar den 17. Januar 1806.

G.


19/5168.


An Franz Kirms

[18. Januar.]

Der Tanzmeister L'Epitre wünscht seinen kleinen Sohn auf dem Theater zu produciren, welches wohl Zeit hat, bis der Erbprinz und die Erbprinzessin zurückkommen. Indessen wünscht er für sich und den Knaben freye Entrée, die wir ihm wohl nicht versagen können.

G.[98]


19/5168a.


An Johann Christian von Mannlich

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

In diesen unruhigen Zeiten so lange keine Nachricht von Ew. Hochwohlgebornen zu erhalten, hat mich um Ihrentwillen in Sorge gesetzt. Schon vor Monaten habe ich dem hiesigen Hoffactor Uhlemann den Auftrag gegeben meine Schuld abzutragen, aber bisher noch keine Quittung erhalten. Es wollte verlauten, als wenn Sie München verlassen hätten; allein ich sehe aus Ihrem letzten Briefe so wie aus dem damit übersendeten Werke, daß Sie auf Ihrem Posten geblieben und im Kriege wie im Frieden Ihrem schönen Geschäfte vorstehen.

Vorstehendes war einige Tage liegen geblieben, indessen ich unterrichtet wurde, daß die Kleinigkeit bey Ew. Hochwohlgebornen abgetragen ist. Nicht wie viel[26] man schuldig bleibt, sondern daß man schuldig bleibt setzt in Verlegenheit. Möchte doch die neue Sendung bald aus Italien herüber kommen. Seit der letzten die mir im Sommer zukam hat sich meine Sammlung um nichts Bedeutendes vermehrt.

Ich empfehle mich zu geneigtem Andenken und hoffe gütig Aufnahme des Beykommenden. Lassen Sie mich nicht, wenn es Ihre Zeit erlaubt, ohne Nachricht von Ihren weiteren Vorschriften, wozu ich besonders bey gegenwärtigen friedlichen Aspecten alles Glück wünsche.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 23. Januar 1806.

J. W. v. Goethe.[27]


19/5169.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar den 24. Januar 1806.

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey eine kurze Recension, wovon ich mir seiner Zeit einen Abdruck, allenfalls auch nur auf geringes Papier, erbitte.

[98] Die Recension von Hillers Gedichten soll sich auch, hoffe ich, bald auf den Weg machen.

Könnten Sie mir von dem Jacobischen Taschenbuch Iris die Jahrgänge 1804, 1805, 1806 verschaffen und mir dabey anzeigen, was etwa schon davon bey Ihnen recensirt ist, so hätte ich Lust, diesen Salbadern einmal etwas Lauge in die Wanne zu gießen. 1803 ist hier und die beyden folgenden Jahrgänge sind mir wieder abhanden gekommen.

Mich bestens empfehlend

G.


19/5170.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey mancherley zurück.

1. Die lustige Antikritik. Man könnte den Verfasser sehr zum besten haben. Am liebsten wäre mir's, wenn man gar nichts hinzufügte; doch da Sie es wünschen, so habe ich in der Beylage den glimpflichsten Weg eingeschlagen.

2. Die Mittheilung wegen Schiller ist zwar etwas barock, doch wie sie das Publicum gerne hat. Schiller selbst hat aus der Sache niemals ein Geheimniß gemacht und ich sollte denken, daß man diese Blätter wohl im Intelligenzblatt abdrucken könnte. Es muß doch zuletzt aus allem diesem eine tüchtige Darstellung seines Lebens hervorspringen.

[99] 3. Drey Bücher, welche leider bey mir nur allzulange liegen geblieben und in Ihre Expedition gehören.

Was die Iris betrifft, so wollen wir es dabey bewenden lassen; es war ein flüchtiger Einfall mehr, als ein Vorsatz.

Wegen Schlegels Rom weiß ich nicht recht, was man anfängt. Ich hatte Professor Voß gebeten, die rhythmischen Verdienste recht auseinanderzusetzen, und ich wollte versuchen, dem Werkchen von der poetischen Seite etwas abzugewinnen. Nun hat sich aber das Voßische Lob in das Falkische Blatt geschlichen, wo es dann anderseits mit Protest aufgenommen worden. Nun wird die Sache schwieriger, über ein Kunstwerk, das schon Elysium und den Tartarus passirt ist, etwas Neues zu sagen, umsomehr als das poetische Verdienst, das man heraussetzen soll, schon abgeleugnet worden. Fällt mir noch irgend eine Wendung ein, so theile ich sie mit.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und bald wieder in Jena aufzuwarten hoffe.

Weimar den 1. Februar 1806.

Goethe.


19/5171.


An Sara von Grotthuß

Weimar, den 1. Februar 1806.

Ihr lieber Brief mit der zugefügten Gabe hat mich auf das angenehmste überrascht und zugleich er-[100] innert, daß ich der guten Schwester auch noch eine Antwort schuldig bin, die mir Ihren glücklichen Eintritt in Italien notifizirte. Wie sehr freut mich's, das Sie noch an mich denken, und jetzt nicht verschmähen, als Mariannens Stellvertreterin, mir die gewohnten fremden Leckerbissen zuzusenden. Was ich von Ihren Zuständen bisher erfragte, hat mir immer viel Vergnügen gemacht, denn ich vernahm, daß Ihnen und Ihrem Herrn Gemahl manches gelungen ist, worüber Sie sich zu erfreuen haben, wovon mir denn auch Ihr Brief das beste Zeugniß giebt. Ich schreibe in diesen Tagen an Herrn von Humboldt nach Rom, und werde ein Blatt an unsre liebe Marianne mit beylegen. Ich wünsche, daß sie sich nach ihrer Art gesund d.h. leidlich befinde, um das manche lange ersehnte Gute genießen zu können, in dessen Nähe sie sich jetzt befindet. Fahren Sie fort meiner zu gedenken, und bleiben Sie überzeugt, daß ich mich sehr oft der guten Tage erinnere, wo wir zusammen an der Töpel manches nicht wieder zu erlebenden Vergnügens genossen. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und bleiben mir gewogen.

Goethe.


19/5172.


An Charlotte von Stein

[4. Februar.]

Von der sehr bösen Nacht von Sonntag auf den Montag habe ich mich zwar schon leidlich erhohlt,[101] doch traue ich mir den morgenden Vortrag nicht zu unternehmen. Mögten Sie wohl gefällig anfragen ob Durchl. ihn bis auf den Freytag auszusetzen geruhten. Das ab und umbestellen will alsdann besorgen. Zum heitern Tag Einen schönen guten Morgen.

G.


19/5173.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Die Recension, welche mit Dank hier zurückfolgt, könnte nach meiner Einsicht gar wohl aufgenommen werden; bey einer schönen Sachkenntniß hat der Recensent große Mäßigkeit, die zu loben ist.

Ich sage nichts weiter, damit dieses kleine Paket gleich wieder zurückgehe.

Kommen Ew. Wohlgeb. Sonnabend hierher, so erzeigen Sie uns das Vergnügen zu Mittage beym Essen. Um 1 Uhr soll Ihr Couvert parat liegen. Auch jeden andern Tag soll es mir angenehm seyn.

Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 8. Februar 1806.

Goethe.


19/5174.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

und Ihrem Freude bin ich für die mir neulich ge-[102] schenke Gegenwart recht vielen Dank schuldig, nur wünsche ich, daß man auf solche Weise öfter zusammenkäme. Nach mancherley Verlust bleibt uns in Weimar und Jena noch vieles übrig und wir würden uns darüber selbst verwundern, wenn wir uns wieder einmal Einheit fühlen könnten, welches freylich nur beym Zusammenleben und Zusammenwirken geschehen kann. Möge eine bessere Jahreszeit bald unsern Wünschen und unserm guten Willen zu statten kommen.

Der Aufsatz über Müllers Biographie folgt hierbey, hoffentlich auch bald jener über Hiller, der schon bis über die Hälfte geschrieben ist.

Für den Brief von Corai danke recht sehr. Wenn man doppelt giebt, indem man geschwind giebt, so giebt man hundertfach, wenn man dem Verlangenden giebt.

Die Biographie liegt hier wieder bey, ingleichen die philosophische Recension, wegen der ich mich auf meine neuliche Eröffnung beziehe.

Leider habe ich nur noch einen Rameau im Hause. Meine eigenen Sachen sind wie emancipirte Kinder: sie wollen nicht weiter bey mir aushalten.

Eine kleine Note wegen der pariser Collation liegt bey mit Bitte um gefällige Besorgung.

Empfehlen Sie mich Herrn Professor Göde vielmals. Sein Bleiben wird auch für mich ein bleibender Gewinn seyn, besonders wenn sich nun mehr[103] Gelegenheit findet, in dasjenige mit einzugehen, was ihn interessirt und was er leistet.

Das beste Lebewohl!

Weimar den 19. Februar 1806.

Goethe.


19/5175.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Weimar, den 24. Februar 1806.

Ihre Briefe, mein bester Tischbein, haben mir sehr viel Freude gemacht, wie alles übrige, was Sie schriftlich nach Weimar erlassen haben. Vorzüglich aber sey Ihnen Dank gesagt für die größern und kleinern Zeichnungen, die Sie uns mittheilten, die uns genugsam überzeugten, daß Ihr Sinn für die Natur noch der alte ist, daß Sie Ihre Arbeiten noch immer durch geistreiche Gedanken beleben und bedeutend machen, und daß die in Italien angezündete Flamme des guten Styls und eines freieren Lebens noch wacker bey Ihnen fortbrennt. Nächstens sollen in Ihr heiteres Buch auch einige Worte von uns eingezeichnet werde, und wenn sie diese schönen Blätter zurückhalten, so versäumen Sie ja nicht, uns von Zeit zu Zeit etwas Neues zu senden. Besonders verlangend wäre ich, Ihre Cassandra, auch nur in dem leichtesten Federumrisse, zu sehen, wodurch man sich doch wenigstens die Composition vergegenwärtigt. Ich habe alle Blättchen aufgehoben, auf[104] welchen Sie mit wenigen Strichen so viel Bedeutendes vor den Geist brachten. Herr Albers hat sehr viel Anlagen und ist von uns auf das Freundlichste behandelt worden. Ich danke Ihnen für die nähere Schilderung dieses werthen Mannes.

Lassen Sie mich doch manchmal etwas von Ihren näheren Umgebung erfahren. Es ist höchst erfreulich, zu empfinden, daß frühere gute Verhältnisse durch Zeit und Entfernung nicht, leiden, ja sich eher durch fortdauernde Mittheilung verbessern.

Goethe.


19/5176.


An Johann Friedrich Cotta

Mit der heutigen fahrenden Post wird der erste Band meiner Werke an Sie, werthester Herr Cotta, abgehen. Die erste Hälfte desselben kommt in Manuscript; bey der zweyten ist die Ungerische Ausgabe meiner kleineren Gedichte zum Grunde gelegt. Es findet sich ein Verzeichniß des sämmtlichen Inhalts dabey, so daß keine Unordnung oder Irrung möglich ist. Demungeachtet ersuche ich Sie, das Paket mit einiger Aufmerksamkeit zu eröffnen, damit die verschiedenen Abtheilungen nicht durch einander kommen.

Die Gedichte der geschriebenen Abtheilungen folgen, wie sie liegen, hinter einander; zwischen die gedruckten ist einiges einzuschalten, welches im Manuscripte bey-[105] liegt und sowohl nach dem Verzeichniß des Inhalts, als nach den, im gedruckten Bändchen beygefügten Bemerkungen, eingeschaltet werden kann.

Es versteht sich von selbst, daß jedes Gedicht auf einer neuen Seite anfängt. Wollte man bey kleinen, die unmittelbar auf einander folgen, eine Ausnahme machen; so müßte es mit guter Überlegung geschehen.

Die Ungerische Ausgabe kann im Allgemein hiebey als Muster dienen.

Ferner bitte, meinen Namen Goethe, und nicht Göthe drucken zu lassen.

Ist es Ihnen bequemer, und hoffen Sie dadurch die Correctheit und übrige Anständigkeit des Druckes besser besorgen zu können; so habe ich gar nichts dagegen, wenn Sie damit noch einige Monate zaudern, und sey Ihnen dieses ganz überlassen. Der vierte Band der ersten Lieferung soll auch in wenigen Wochen fertig sehn; doch laß ich ihn bey mir liegen, bis Sie ihn verlangen. Er wird den Faust enthalten, insofern dieser jetzt mittheilbar ist, dagegen aber auch der dünnste von den vierten werden, wie der dritte der dickste. Bey einer solchen Reihe von Bänden, wo es angenehm ist, das Gehörige beysammen zu haben, läßt sich's freylich so genau nicht einrichten.

An den Damen-Calender will ich denken. Vielleicht bring' ich wieder irgend so etwas zum Eingange wie vor dem Jahre. Das gute Glück muß es[106] aber herbeyführen: denn was alles noch vorräthig läge, paßt nicht in diesen Kreis.

Daß ich in der Zwischenzeit hundertmal an Sie gedacht habe, können Sie leicht denken. Ließe sich's denn nicht einrichten, daß Sie, zur Messe gehend, oder von der Messe kommend, sich nur so lange bey uns aufhielten, daß man in einigen ruhigen Stunden manches durchsprechen könnte?

Diesen Winter bin ich nicht von allem Übel verschont geblieben; doch geht es mir viel besser, als vor einem Jahre.

Von der Farbenlehre sind sechs Bogen gedruckt, drey des ersten und drey des zweyten Theils. Unter einem Jahre, sehe ich wohl, bringe ich das Werk nicht zusammen. Ich sage das voraus, damit es nicht etwas auf Ostern angekündigt werde.

Die dazu nöthigen Tafeln will ich nach und nach besorgen. Proben derselben und einen Abschlag über das Ganze sollen Sie auf Jubilate finden.

Wenn es ohne Ihre Beschwerde kann; so bitte ich um die mir fehlenden Nummern der allgemeinen Zeitung, ich möchte das interessante Blat gern binden lassen.

Herr Göschen hat an mich noch gar nichts gebracht, welches doch das erste gewesen wäre. Irre ich nicht, so fühlt er daß ich ihm eine Frage zu thun habe Die sich nicht gut beantworten läßt.

Und somit das beste Lebe wohl und die Versiche-[107] rung meines aufrichtigsten Antheils an allem was Ihnen begegnet.

Weimar d. 24. Febr. 1806.

Goethe.


19/5177.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Hierbey erhalten Ew. Wohlgeb. den Abdruck des Zeitungsblattes; es hat sich noch ein und das andere zu bessern gefunden.

Das Walchische Stammbuch, für dessen Übersendung ich vielmals danke, ist weit wichtiger, als ich mir vorgestellt habe, und ich würde es kaum annehmen dürfen, wenn ich nicht könnte, daß Ew. Wohlgeb. mir zunächst Gelegenheit geben würden, dem Verfasser dagegen etwas Angenehmes zu erzeigen. Könnten Sie mir etwa ein philologisches Buch von Bedeutung nennen, das Herrn Walch angenehm wäre, so würde ich sogleich anzuschaffen suchen. Statten Sie indessen demselben meinen verbindlichsten Dank ab.

Nächstens ein kurzer Auszug aus Humboldts akademischer Rede am 30. Januar mit einem freundlichen Wort für den Verfasser.

Nächstens nehme ich mir die Freyheit, ein Verzeichniß der Namen jener Männer zu übersenden, deren Autographa wir schon besitzen. Die von Ihnen genannten fehlen uns sämmtlich.

[108] Die Humboldtische Rede führt den Titel: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse.

Soviel für diesmal mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 25. Februar 1806.

Goethe.


19/5178.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey Anzeige und Auszug der Humboldtischen Rede. Ich sende diese Blätter geschwind, damit sie nicht wieder, wie das manchmal bey mir zu gehen pflegt, in Stocken gerathen. Sie haben wohl die Güte, mir den Abdruck zur Revision zu senden.

Haben Sie doch etwa die Gefälligkeit, voraus zu überlegen, wem man den angezeigten ersten Theil der Reisebeschreibung zur Recension gäbe. Ich wünschte, daß recht tüchtig, überschauend und zugleich kunstgerecht ausfiele.

Mit nochmaligen Dank für das schöne Stammbuch, das man oft genug durchblättern kann, ohne es zu kennen, bin ich so frey, das Verzeichniß eigenhändiger Briefe merkwürdiger Männer beyzulegen, die ich schon gegenwärtig besitze. Dichter und ehedem sogenannte Schöngeister deutscher Nation machen bis jetzt die größte Zahl aus; durch Ew. Wohlgeb. Gefälligkeit kann ich hoffen, auch mit den Sternen[109] mancherley Größe des philologischen Himmels näher bekannt zu werden.

Weimar den 26. Februar 1806.

Goethe.


19/5179.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 26. Febr. 1806.

Die Ankunft der schönen Vase mit allen freundlichen Beylagen will ich wenigstens sogleich melden und den Brief von Frau Hofrath von Schiller nicht einen Posttag zurückhalten, wenn ich auch gleich gegenwärtig nicht viel sagen kann, sondern gleich vom Anfang zum Schluß eile.

Das große Gemählde steht wohl eingepackt da, um mit dem nächsten Fuhrmann abzugehen. Es thut mir leid, mich davon zu trennen.

Daß aber Herr Albers sich über Mangel von Sorgfalt bey Zurücksendung seiner Gemählde beklagt, muß mich höchlich verwundern. Sie sind in meiner Gegenwart von Meister Johlern, den Sie kennen, ich mag wohl sagen mit pedantischer Sorgfalt eingepackt worden, so wie ich das Liebste, was ich besäße, eingepackt wünsche, um es um die Welt zu schicken.

Da mir aber bekannt ist, daß man gewissen Leuten nichts recht machen kann, so bin ich auch darüber beruhigt. Mit den besten Wünschen und Grüßen

G.[110]


19/5180.


An Charlotte von Stein

[4. März.]

Vom Donnerstag auf den Freytag habe ich mehr als billig ist gelitten und habe mich noch nicht ganz wieder zusammen gefunden. Ich wage nicht meinen verehrten Besuch auf Morgen Mittwoch einzuladen. Entschuldigen Sie mich, bedauren Sie mich.

Dienstag.

G.


19/5181.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar den 5. März 1806.

Schon lange habe ich, mein lieber und vortrefflicher Freund, nichts von Ihnen gehört, und begreife recht gut, daß es Ihnen geht, wie uns andern. Jeder hat soviel in seinem Kreise zu thun, daß er sich nach außer wenig umsehen kann. Indessen bin ich auf mancherley Art fleißig und hoffe Ihnen mit dem, was ich thue und vorbereite, wo nicht bald, doch auch nicht allzuspät einige Freude zu machen. Auch Sie sind gewiß zum Vergnügen und zur Erbauung mancher Menschen thätig, nur daß ich leider meinen Theil davon nicht so leicht nehmen kann.

Berlin und Sie zu besuchen was ich diese Zeit her manchmal angelockt, so manches aber hält mich[111] wieder unbeweglich an der Stelle, und da seh ich denn freylich nicht, wie es zu gesegneten Entschluß kommen könnte. Weil ich doch aber ein dringendes Bedürfniß fühle, nicht allein von Ihnen zu hören, sondern auch mir Ihre Zustände recht klar zu vergegenwärtigen und Ihnen die meinigen näher zu bringen, so bin ich auf den Gedanken gekommen, Ihnen meinen Sohn zu schicken, daß er Sie von mir herzlich grüße und in früher Jugendzeit, wo die weltlichen Dinge noch einen lustigen Eindruck machen, das Bild einer so großen Stadt in sich aufnehme und auch zu meiner Genusse lebhaft zurückbringe.

Ob er nun gleich schon ein gesetzter und gefaßter Knabe ist; so möchte ich ihn doch nicht ganz allein und sich selbst überlassen in diesem städtischer Strudel denken. Die Frage wäre also, ob Sie ihm in Ihrer Nähe eine Wohnung verschaffen und zunächst für seine Bedürfnisse sorgen möchten. Ich sende Ihnen eine Assignation, damit er nicht gerade alles nöthige Geld in der Tasche habe, Weiter sag' ich nichts: denn alles übrige bleibt den Umständen überlassen. Die Hauptsache ist, ob Ihnen ein solcher Besuch nicht lästig sey. An meine übrigen Freude in Berlin geb' ich ihm Briefe und Charter mit, und die Verhältnisse werden sich schon finden. Aber vor allen Dingen möcht' ich ihn an einem sicheren Platz etablirt wissen. Länger als vierzehn Tage oder drey Wochen dürfte der Aufenthalt nicht dauern. In der Char-[112] woche könnte er anlagen. Tausend Grüße und Bitte um baldige Antwort.

G.


19/5182.


An Charlotte von Stein

[6. März.]

Mit Übersendung unendlicher Miscellen dancke ich herzlich für Antheil und Anfrage. Die Erholung vom Übel ist selbst eine traurige Sache, wenn sie nur ein Acheminement zu neuen Übel zu seyn scheint. Ehstens komme ich angeschlichen.

G.


19/5183.


An Ludwig Achim von Armin

Weimar, d. 9. März 1806.

Man erzählt von dem bekannten Sekretär der Königlichen Societät zu London, Oldenburg, er habe nur dadurch seine unendliche Korrespondenz bestreiten können, daß er niemals einen Brief eröffnet als mit der Feder in der Hand und dem Briefblatt zur Antwort vor sich.

Hätte ich diesem guten Beyspiel folgen können, so würde ich bey meinen engern Verhältnissen gar manchem guten Manne geantwortet haben, den ich ohne Nachricht von mir ließ, weil ich zauderte; denn gewiß, man liest keinen Brief zum ersten Mal durch, ohne zur Beantwortung angeregt zu werden.

[113] Also diesmal will ich auf der Stelle für Ihren lieben Brief und für die artige Sendung danken. Es was mir sehr angenehm, durch Ihr Medium die große Stadt zu sehen, und wir haben uns lebhaft über die glückliche Darstellung so mancher wunderlicher Bilder gefreut. Mögen Sie so mancher wunderlicher Bilder gefreut. Mögen Sie mir auch wohl etwas von Ihrer reise durch Mecklenburg sagen; dies ist für mich völlig terra incognita, wo noch mancher wackre und bedeutende Mann wohnen muß.

Wahrscheinlich sende ich meinen August Ostern nach Berlin. Schade, daß er Sie nicht mehr antrifft. Indessen liegen hier ein paar Denkblättchen bey, die sich Ihrem erneuten Stammbuche empfehlen.

Die Eisengüsse sind in den Medaillenschrank gelegt worden, und der Löwenkopf prangt an der alten Thüre ins Speisezimmer, wo Sie ihn hoffentlich noch einmal bewundern sollen.

Allerley chemische Versuche und andere Nachforschungen haben mir mehr Beyspiele jener Farbenerscheinungen der alten Scheibe zugebracht; aber so schön und rein wie auf derselben zeigt sich das Phänomen doch nirgends.

Durch das Wunderhorn haben Sie uns eine so lebhafte und dauernde Freude gemacht, daß es wohl billig ist, nicht dem Urheber allein, sondern auch der Welt ein Zeugniß davon abzulegen, um so mehr da diese nicht so reich an Freuden ist, um reinen Genuß, den man leicht und reichlich haben kann, ent-[114] weder aus Unwissenheit oder aus Vorurtheil zu entbehren. So viel für diesmal mit den besten Wünschen und Grüßen von uns allen.

Goethe.


19/5184.


An Carl Ludwig von Knebel

Daß dir die Humboldtische Arbeit viel Vergnügen machen würde, sah ich voraus und schickte dir die kleinen Hefte um so lieber. Dießmal theile ich dir auch seinen Brief mit, nur mit der ausdrücklichen und inständigen Bitte, Niemanden nichts davon sehen, noch wissen zu lassen. Wie sehr wir Ursache haben, auf seine Naturgemälde der Tropenwelt zu verlangen, brauche ich nicht zu sagen.

Möchtest du mir zu meinen gegenwärtigen chromatischen Studien ein paar Bücher verschaffen, die wahrscheinlich Hofrath Voigt besitzt, so erzeigtest du mir einen besondern Gefallen. Erstlich Ritters Abhandlung vom Licht und den Farben, zu der ich durch den Buchhandel nicht gelangen kann; zweytens den Theil von Green's Journal, in welchem die Recension meiner optischen Beyträge steht. Sie findet sich wahrscheinlich in dem Jahrgange von 1792 oder 1793. Ich bin in Bearbeitung dieser Materie und in Redaction meiner älteren Papiere gegenwärtig so fleißig, als es nur gehen will, und hoffe, daß dieser sisyphische Stein mir dießmal nicht wieder zurückrollen soll.

[115] Ich freue mich, indem die Sonne höher rückt, schon auf die guten Tage, die ich in Jena mit dir zu verbringen hoffe, wenn die Bäume nach und nach ausschlagen und die Blüthen sich wieder einstellen.

Deiner lieben Ehehälfte danke zum schönsten für den nochmals überschickten Braten und sende mir doch gelegentlich die Rechnung. Da ich nichts mehr als Fleisch und Wein genieße, so ist es eine große Gabe, mich mit dem ersten zu versehen, das bey uns nicht immer mit dem ersten zu versehen, das bey uns nicht immer gut und hinreichend zu haben ist.

Lebe indessen recht wohl mit den Deinigen und bringe, da doch Wetter und Weg immer besser werden, deinen Knaben noch zu einigen bedeutendes Stücken herüber, womit wir uns dem Publicum noch zu empfehlen hoffen.

Weimar den 14. März 1806.

Goethe.


19/5185.


An Carl Friedrich Zelter

Da nicht Jedermann, wie Napoleon, sagen kann, welchen Tag er kommen, sehen und siegen will; so ergebe ich mich darein, daß eine kleine Hinderniß eintritt, und mein August nicht in der Charwoche bey Ihnen seyn kann. Haben Sie tausend Dank, daß Sie ihn aufnehmen und sich seiner annehmen wollen. Es ist ein bedeutender Schritt, den er in die Welt thut, und Sie verbinden mich aufs neue. Sollte[116] Ihnen irgend eine häusliche Unbequemlichkeit aus seiner Gegenwart erwachsen, so haben Sie die Güte, ihn in die Nachbarschaft unterzubringen. Der Gedanke, daß ich kommen soll, ihn abzuholen, muß so übel nicht seyn: denn ich hab' ihn auch gehabt. Doch wird wohl nichts daraus werden. Die Ärzte wollen mich ein für allemal nach Carlsbad haben und ich muß wohl hingehen, obgleich ohne Vertrauen zu dergleichen Mitteln. Indessen habe ich noch eine Menge zu thun und vorzubereiten.

Heute nichts, damit der Brief fortkomme, als das herzlichste Lebewohl und die besten Grüße.

Weimar den 22. März 1806.

G.


19/5186.


An Carl Friedrich Zelter

Kaum ist mein Brief abgegangen der die verspätete reise meines Augusts meldet; so kommt der Ihrige mit der unerwarteten traurigen Nachricht die mich ganz außer Fassung bringt. Eben zu der Zeit da ich mir Berlin mehr als je vergegenwärtige, da wir den Plan vor uns haben, die neue Münzstraße aufsuchen, eben da ich hoffe durch meinen Knaben Ihr Wesen, Ihre Umgebung mir näher gebracht zu sehen, wie er mir vorm Jahr das Bild meiner Mutter zurückbrachte; so erleben Sie den Gewaltsamen Riß den ich in jedem Sinne mitempfinde, ich mag mir[117] nun Sie einsam von einer großen Haushaltung und mancher schwierigen Geschäften umgeben dencken; oder ich mag auf mich zurückkehren und mir in meiner eignen Lage ein so schreckliches Ereigniß immaginiren. Leider ist das Hinderniß das meinen Abgesandten zurückhält nicht zu beseitigen, sonst fertigte ich ihn gleich ab weil die Gegenwart eines neuen freundlichen und liebenden Wesens Ihnen vielleicht heilsam würde und das daraus entspringende Gute die Unbequemlichkeit wohl es auch ein Trost einen Repräsentanten meiner Neigung und herzlichen Theilnahme bey Ihnen zu wissen; doch auch das soll nicht seyn und gerade trifft das alles zusammen in eine Zeit wo ich auch mancherley zu heben und zu schleppen habe. Nicht weiter! Bitte um baldige Nachricht.

W. d. 26. März 1806.

G.


19/5187.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 28. März 1806.

Das Kästchen, worin Henning der Hahn, die Zeichnungen dazu und das gestickte Käppchen sich befinden, geht mit der fahrenden Post ab, indessen der größere Kasten mit der Landschaft auf den Fuhrmann wartet.

Was Ihre Übersetzung betrifft, so dächte ich, Sie ließen solche drucken, wie sie dasteht. Bemerkungen[118] darüber, wie Sie wünschen, könnte ich Ihnen so bald nicht senden: denn einem halben Jahre komme ich selbst nicht an meine epischen Sachen, wo es alsdann wohl in Einem hinginge. Bey manchen Schriften kann und soll man mehr an die Lesenden als an die Urtheilenden denken, und wenn man überlegt, daß in Deutschland sich noch manche tausend Leser befinden, die mit dem bisherigen Hexameter noch ganz wohl zufrieden sind, so kann man sich um desto eher beruhigen, wenn eine neue Schule, oder vielmehr Familie, nach selbst gegebenen Gesetzen, gar wunderliche Forderungen auch an andre macht; wobey es besonders merkwürdig bleibt, daß wir Gedichte von der vollkommensten Technik erleben, welche völlig ungenießbar sind. Lassen Sie also Ihren Henning in der bassecour, wo er geboren und erzogen ist, sein Glück suchen, bis es Zeit wird, die Gesetze und Verordnungen, nach welchen die rhythmische haute cour ihre Urtheile fällt, näher zu prüfen.

Mehreres zunächst. Ein herzliches Lebewohl von uns Allen.

G.


19/5188.


An Johann Friedrich Blumenbach

Weimar den 4. April 1806.

Kaum war mein letzter Brief abgegangen, als ich schon wieder in Versuchung gerieth Ew. Wohlgeboren[119] zu schreiben und mir eine Belehrung zu erbitten. Die Sache ist diese: Ein preußischer General erzählte mir in diesen letzten Einquartirungstagen, daß er bey Dislocation eines ungeheuren Steins, der ihm auf einem Exercierfelde im Wege gelegen, welches aber durch die Rohheit der Arbeiter und andre Zufälligkeiten zerstört worden. Nach der Beschreibung müßte es unsere gegenwärtigen größten Pferde mehr als einmal an Maaß übertroffen haben. Von den Zähnen hatte er einige nach Berlin an die Academie der Wissenschaft geschickt.

Auch in unseren Gegenden deuten, wie Sie Wissen, größere Knochen, und besonders auch die aufgefundenen Kerne ungeheurer Ochsenhörner auf sehr große Thiere der Urwelt. Sollten aber solche riesenmäßigen Reste auch aus den Zeiten der bewohnten und doch schon einigermaßen cultivirten Welt sich finden? Von riesenhaften Menschenskeleten habe ich manches gehört. Vielleicht ist Ihnen von so einem ausgegrabenen Pferde schon etwas vorgekommen. Interessirte Sie es, so wollte ich das, was mir von der Erzählung erinnerlich ist, genauer aufzeichnen.

Für den übersendeten Hollmann danke zum allerschönsten. Es ist höchst merkwürdig, eine so wichtige Anstalt, wie die göttingische Academie, in ihren ersten aufkeimenden Zeiten zu sehen. Schon bin ich einigemal auf meinem Hollmannen begegnet und[120] habe ihm meine Hochachtung nicht versagen können; um so mehr danke ich Ew. Wohlgeboren, daß Sie mich mit einigen seiner besonders verdienstlichen Arbeiten bekannt machen. Wenn sich der Teich Bethesda Ihrer Bibliothek für Fremde wieder einmal aufthut, so haben Sie die Güte meiner zu gedenken. Nächstens komme ich mit einer andern Bitte, in meinem und August's Namen, der sich bestens empfiehlt, angetreten. Sein Stammbuch nemlich, das Sie mit jener allerliebsten Fabel einweyhten und in dieser Jahren sehr mit vortrefflichen Namen angefüllt worden ist, hat uns auf den Gedanken gebracht, Autographa zu sammeln, um uns Entfernte und Verstorbene zu vergegenwärtigen. Geben Sie mir nur Gelegenheit, Ihnen erst etwas Gefälliges zu erzeigen, sonst dürfen wir kaum wagen, unsre Bitte zu articuliren.

Goethe.

Tausend Grüße den lieben Ihrigen!


19/5189.


An Christian Gottlob Voigt

[11. April.]

Herrn von Faudel wäre ja wohl gefällig einen Danck seine obgleich unfruchtbare Bemühungen zu erstatten.

G.[121]


19/5190.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Wenn ich Ew. Wohlgeb. zu antworten bisher gezaudert, so war es nur um mich von dem Schrecken zu erholen, den Sie mir durch die Recension über Gall erregt haben. Gewiß hätten Sie mir solche vorher mitgetheilt, wenn Sie nur einen geringen Theil der unangenehmen Empfindung, die mir solche verursacht, geahndet hätten. Da mir aber so sehr an der Dauer unsers guten Verhältnißes gelegen ist, so erhole mich so geschwind als möglich und versichre Ew. Wohlgeb. unter Ankündigung eines weitläufigen Schreibens meiner aufrichten Theilnahme an allem, was Sie interessiren und berühren kann.

Weimar den 12. April 1806.

Goethe.


19/5191.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

für manches Übersende zu danken und nach einer kleinen Pause einiges von mir zu melden, ist dieses Blatt bestimmt.

Zuvörderst will ich bemerken, daß mir mehrere bisherige Recensionen sehr erfreulich gewesen. Die Bemühungen der hallischen theologischen Facultät, sich zu einer Gilde zu erheben, sind kräftig gewürdigt. Bey der Recension über die Kotzebuiana wundert man[122] sich nur, wie ein so trefflicher Kopf, als der Recensent ist, so niederträchtiges Zeug lange genug behandeln und dabey einen so guten Humor behalten können; denn jene schändliche Art, den Menschen, die ohnehin mit dem Edlen und Rechten nicht reichlich ausgestattet sind, das Bischen Gute und Achtenswerthe, was in der Erscheinung allenfalls noch vorkommt, verleiden zu wollen, kann doch eigentlich nur Abscheu erregen. Umdestomehr soll Recensent gelobt seyn, daß er seine Superiorität in der Heiterkeit bewiesen hat.

Die Beurtheilung von Fichte's Vorlesungen zeugt gleichfalls von einem sehr vorzüglichen und gebildeten Geist. Allenfalls könnte man sagen: Recensent habe Fichten zu strenge behandelt, wenn nicht die Lehre und das Wesen dieses außerordentlicher Mannes zu großen Forderungen berechtigte.

Daß Freund Jacobi den Abdruck der Heinseschen Briefe so tragisch nimmt, thut mir leid. Seine literarische Erfahrung sollte ihm so gut als uns die Lehre gepredigt haben, daß dergleichen Manifeste zu gar nichts führen. Gewiß wird ein jeder nun erst ungeduldig, den zweyten angeklagten Band zu sehen. Wenigstens mir geht es so, den ersten habe ich mit dem größten Vergnügen gelesen und es ist nicht zu viel gesagt, wenn man jedes Blatt Goldes werth nennt. Danken Sie unserm Müller in meinem Namen für seine schöne Erklärung, welche Körte in der Vorrede mit abdrucken lassen.

[123] Die Briefe des Ortis erhielt ich vor einigen Jahren vom Verfasser mit einem sehr lebhaften Briefe, der sich wohl noch unter sehr lebhaften Briefe, der sich wohl noch unter meinen Papieren finden müßte; vielleicht würde sich daraus erklären, warum mein Exemplar, welches geheftet ankam, nur 128 Seiten hat. Geschlossen ist der Roman nicht, das sieht man wohl. Schon damals war ich geneigt, einige Briefe zu übersetzen, und habe den Anfang jetzt wieder hervorgesucht, da Herr Cotta etwas für den Damenkalender wünscht. Zu dieser kleinen Redaction brauch' ich das Buch, sonst stünd' es zu Diensten.

Eine Recension über Riepenhausische Werk nebst einer über die Bußlerischen Verzierungen liegt hier bey. Jene Kupfer kommen bald mit Dank zurück.

Über die Recension des Werkes von Jänisch wüßte ich wirklich nichts zu sagen; Ew. Wohlgeb. sey überlassen, welchen Gebrauch Sie davon machen wollen.

Wenn ich einigermaßen glücklich bin, so erhalten Sie bald die Recension über Hiller, eine über die Bekenntniße einer schönen Seele (bey Unger 1806) und eine über Wilhelm Dumont. Gedacht sind sie und skizzirt; zur Ausführung gebe der Himmel Gedeihen!

Nächstens mehr! Mich bestens empfehlend

Weimar den 19. April 1806.

Goethe.[124]


19/5192.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey einige Stücke Schieferthon, wie sie hier bey Grabung eines Brunnens gefunden worden. Der Metallglanz des Beschlags hat die Menschen aufmerksam gemacht, und ob ich gleich keinen Metallgehalt darin vermuthe; so wünsche ich doch, weil die Sache vor Serenissimum gekommen ist, daß Sie mir ein mineralogisches und Herr Professor Göttling allenfalls ein chemisches Gutachten gäben. Der Aufsatz über den Voigtländischen Thon- Schiefer ist sehr gut geschrieben. Ich hoffe darin aufgeführte Suite bald selbst zu sehen, und wünsche recht wohl zu leben.

Weimar den 19. April 1806.

Goethe.


19/5193.


An Carl Friedrich Zelter

Die Abhaltung, warum August nicht kommen kann, dauert noch immer fort, und da es sich einmal so weit verzogen; so mag er eben so mehr warten, bis die Bäume grün sind, damit er doch auch die Berliner Linden wirklich als Linden schaue.

Ich danke Ihnen für Ihre Briefe. Schreiben Sie mir doch von Zeit zu Zeit. Ich will manchmal auch was von mir hören lassen, ob ich gleich jetzt nach außen nicht der communicativste seyn kann. Ich habe[125] mich indessen ganz leidlich befunden; doch muß ich Zeit und Stunde aussuchen, um mit der Redaction meiner arbeiten, die gedruckt werden sollen, vorzurücken.

Von meinen ästhetischen Werken erhalten Sie erst ein geringes Exemplar zum Gebrauch, und wenn ich erlebe, daß alle zwölf Theile fertig sind, ein gutes zum Andenken.

Nicht weniger sollen Sie von der Farbenlehre eins erhalten, um nach Belieben damit zu verfahren.

Da wir Herrn Bußler über seine Arbeit etwas freundliches mit gutem Gewissen sagen können; so soll es in der Jenaischen Lit. Zeitung und zwar in diesen Tagen geschehen. Die Recension geht heute schon ab.

Hören Sie Fichtens Vorlesungen dießmal wieder, so sagen Sie mir doch etwas darüber, oder wenn Sie nicht hineingehen, etwas von der Stimmung und dem Sinne der Bessern.

Und so heute nichts weiter, als einen herzlichen Gruß von den Meinigen, und die lebhaftesten Wünsche für Ihr Wohlbefinden.

Weimar den 19. April 1806.

G.


19/5194.


An Johann Friedrich Cotta

Erlauben Sie mir noch eine besondre Bitte bey dieser Sendung hinzuzufügen. Ich habe seit einiger Zeit eine Sammlung sogenannter Autographen an-[126] gelegt, daß ich nemlich suche und wünsche, von bedeutender Männern der gegenwärtigen und vergangenen Zeit ein eigenhändig Geschriebenes zu erhalten und zu besitzen; besonders in dem löblich pädagogischen Zweck, meinen Knaben durch diese sinnlichen Zeugnisse auf bedeutende Männer der Gegenwart und Vergangenheit aufmerksamer zu machen, als es die Jugend sonst wohl zu seyn pflegt.

Sie könnten mir daher eine besondre Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie ein Stammbuch, es wäre gebunden oder in Blättern, dergleichen auf Academien immer zu finden sind, anschafften und die würdigen Männer um sich her, in Stuttgart und sonst in Schwaben, um die Einzeichnung eines freundliches Wortes und ihrer Namens Unterschrift, in meinem Namen ersuchten. Sonst war es hergebracht, daß reisende dergleichen Bücher mit sich herumführten; warum sollte man sich nicht auch dergleichen aus der Ferne erbitten dürfen?

Könnten Sie mir auch außerdem noch alte Stammbücher um einen proportionirten Preis verschaffen; auch Briefe und was sich sonst für Denkmäler der Handschriften gelehrter und bedeutender Männer voriger Zeiten vorfinden; so geschähe mir ein besonderer Gefallen. Ein Blättchen von der Handschrift Herzog Carls würde ja auch wohl irgend zu haben seyn.

Verzeihung!

G.[127]

Da sich mir nach eingezogener Erkundigung eine Gelegenheit darbietet 3000 rh allhier ohne Verlust ausgezahlt zu erhalten, gegen Assignationen in der Letzten Leipziger Meßwoche zahlbar; so ersuche Dieselben mich besprochnermassen damit gefälligst zu versehen.

Zugleich wünschte zu erfahren ob ich das Manuscript zum 4. Ihnen bey Ihrer Rückreise zuzustellen; welches letzte mir soviel lieber wäre, da es mir ausser der Sicherheit noch die Hoffnung gewährte Sie wiederzusehen. Das beste wünschend W. d. Apr. 1806.

Goethe.


19/5195.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

sende den interessanten Brief dankbar zurück. Das an mich angekündigte Schreiben ist indessen auch angekommen. In dem Briefe an Ew. Wohlgeb. erscheint der Freund als Staats- und Weltmann und hat als ein solcher völlig Recht; denn es ist ja seine Pflicht, für den Augenblick, für eine gewisse Seite, um nicht Partey zu sagen, zu handeln und zu schreiben und eine ähnliche Handels- und Schreibensweise auch von denen zu erwarten, mit denen er in irgend eine Verbindung tritt. Der Literator aber, mehr noch der[128] Leiter eines literarischen Instituts wie das Ihrige, befindet sich in einer ganz andern Lage: er kann da ruhig seyn, wo jener unerträglich findet; ja er soll sogar nach meiner Überzeugung entgegengesetzte Parteyen reden lassen und dabey nur das Amt eines weisen Sprechers, wie im englischen Parlament, vertreten, welcher dazu da ist, im leidenschaftlichen Falle die Redner zur Ordnung des Tages zurückzurufen. Soviel diese Äußerungen, welche Sie gewiß mit Freundlichkeit und Klugheit erwiedern werden.

Erinnere ich mich recht, so sprachen Sie in einem frühern Briefe, der mir nicht zur Hand ist, von einem Bauverständigen, den Sie mir einmal bringen wollten. Sie mit ihm bey mir zu sehen, würde mir jederzeit angenehm seyn, nur wünschte ich von Ihrer Ankunft unterrichtet zu seyn.

Wenn ich sonst mit noch manchem zurückstehe, so verzeihen Sie: ich hoffe nach und nach meine Schulden abzutragen.

Weimar den 29. April 1806.[129]


19/5443.


An den Geheimen Rath von Braun

[Concept.]

[Anfang Mai.]

Da den sämmtlichen deutschen Theatern von der Wiener Schaubühne so manches Gute zugeflossen, wird es wohl nicht befremden scheinen, wenn Unterzeichneter eine Gelegenheit ergreift, um dem ersten Vorsteher jener Anstalten seine Dankbarkeit und Hochachtung auszusprechen.

Die Abreise des Herrn Doctor Stoll, der sich einige Zeit bey uns aufgehalten, veranlaßt mich zu dem Gegenwärtigen. Er ist der Verfasser einiger Stücke, die mit Beyfall aufgenommen worden, und hat sich auch sonst durch Aufmerksamkeit und Studium mit den theatralischen Angelegenheit dergestalt bekannt gemacht, daß er einer solchen Anstalt auf eine oder die andre Weise wohl nützlich werden könnte; welches Ew. Hochwohlgeboren am ersten zu beurtheilen im Stande sind.

Indem ich ihn deshalb zu gütiger Aufnahme und mich zu geneigtem Andenken empfehle, habe ich die Ehre, mich mit Versicherung der Vollkommensten Hochachtung zu unterzeichnen.[444]


19/5444.


An Joseph Friedrich von Retzer

[Concept.]

[Anfang Mai.]

Herr Capellmeister Eberle hätte sich bey mir nicht musikalischer anmelden können, als indem er mir einen Brief von Ew. Hochwohlgeboren überbrachte, wodurch ich Ihres fortdauernden gütigen Andenkens gewiß ward. Wir haben ihn bestens empfangen, sowohl um dieser Empfehlung als seines Talents willen, und ich hoffe, er soll nicht unzufrieden von uns geschieden seyn; obgleich ein empfindlicher Verlust, der unser fürstliches Haus betraf, bey Hof und im Publicum eine Traurige Stimmung verbreitet hatte. Indessen fand man sich durch sein schönes Talent erheitert, und ist seine Gegenwart uns dadurch doppelt bedeutend geworden.

Herr Doctor Stoll, der sich einige Zeit bey uns aufgehalten, wird diesen Brief überbringen. Er hat sich theoretisch und praktisch um das Theater bemüht und wird einer solchen Anstalt auf eine oder die andre Weise wohl nützlich seyn können.

Der ich, diesen jungen Mann Ew. Hochwohlgeboren Prüfung empfehlend, die Ehre habe, mich mit der Vollkommensten zu unterzeichnen.[445]


19/5196.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Eine Sendung, die heut an Sie abgeht, muß ich doch auch mit einigen Worten begleiten und Ihnen von meiner Seite für die Mittheilung so angenehmer[129] und lehrreicher Bilder meinen lebhaften Dank sagen. Fahren Sie so fort uns von Zeit zu Zeit einiges zu senden, denn noch zuletzt haben Sie durch die Schatzgräber und Hexenmeister mir und allen Kunstfreunden ein großes Vergnügen gemacht. Auch ist Ihre Entwickelung dieses schätzbaren Bildes erfreulich und gut gerathen und es wird mir eine frohe Stunde machen, wenn ich nächstens daran gehe und Ihnen auch einige Worte darüber sage. Eigenhändige Radirungen vorzüglicher Künstler schätze ich sehr hoch, wie Sie es thun, und eben denselben Ursachen. Auch sind sie noch fast das einzige, was ich anschaffe.

Von Bamboccio, den ich höchlich verehre, habe ich nur ein einziges Blättchen, da er doch etliche dreißig radirt hat. Vielleicht verschaffen Sie mir gelegentlich eins oder das andere. Ich will die Auslagen sogleich mit Dank ersetzen. Und so sag ich hiermit das beste Lebewohl, in Hoffnung eines baldigen Anlasses zu mehrerer vergnüglicher Mittheilung.

Weimar, den 5. May 1806.

Goethe.


19/5197.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

neulichem Besuch bey uns hätte ich einen erfreulichern Anlaß gewünscht; denn so lieb es mir war, Sie einmal wiederzusehen, so versäumte ich doch, durch die[130] Nachricht des unangenehmen Vorfalls verwirrt, verschiedenes Heitere mitzutheilen. Möchte sich doch die Spur zeigen, auf der Sie wieder zu dem Ihrigen gelangen könnten!

Der Brief des vortrefflichen Müller kommt hier mit Dank zurück. Seine ausgebreiteten Kenntniße, Sinnesart, Thätigkeit und Dienstfertigkeit machen ihn in jedem Momente lieber und werther.

Auch die Recension liegt bey, weder der ich mich auf meine neulichen Äußerungen beziehe. Hoffentlich kann ich bald selbst wieder etwas beytragen.

Mit lebhaftem Antheil mich bestens empfehlend

Weimar den 14. May 1806.

Goethe.


19/5198.


An Carl Friedrich Zelter

In etwa drey Wochen werde ich nach Carlsbad gehen. Vorher möchte ich noch ein Wort von Ihnen vernehmen und frage deshalb an, wie Sie befinden. Leider ist meines Sohnes Reise zu Ihnen durch den Aufschub auch aufgehoben worden und ich muß mir für dießmal die Freude versagen, durch seine Augen nach Berlin in Ihr Haus zu sehen. Ich habe mich die Zeit leidlich befunden und bin wenigstens mäßiger von meinen Übeln heimgesucht worden. Die Ausgabe meiner Schriften, die Redaction der Farbenlehre, ein Vortrag physikalischer[131] Gegenstände nach meinen Ansichten ist, was mich so von einem Tage zum andern beschäftigt. Außerdem was uns so nebenher interessiren mag. Auch haben wir einen angenehmen und hoffnungsvollen jungen Mann bey uns, einen Doctor Oehlenschläger aus Kopenhagen, den Sie vielleicht in Berlin gesehen haben. Er besitzt ein unverkennbares poetisches Talent und wird auch für uns Deutsche, da er unsre Sprache, zu bemeistern sucht, manches Angenehme hervorbringen. Da mich mein Geschick diesen Sommer noch weiter von Ihnen entfernt; so kann ich freylich auf glückliche und erquickende Augen blicke, wie die Lauchstädter vorigen Sommer waren, nicht rechnen. Schreiben Sie mir daher in diesen Tagen ein Wort, damit man sich wenigstens im Geiste wiedersehe. Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Weimar den 2. Junius 1806.

G.


19/5199.


An Philipp Otto Runge

Weimar den 2. Juny 1806.

Lange will ich nicht zaudern, werthester Herr Runge, Ihnen für die Blätter zu danken, welche mir sehr viel Vergnügen gemacht haben. Zwar wünschte ich nicht, daß die Kunst im Ganzen den Weg verfolgte, den Sie eingeschlagen haben, aber es ist doch höchst erfreulich zu sehen, wie talentvolles Indivi-[132] duum sich in seiner Eigentlich dergestalt ausbilden kann, daß es zu einer Vollendung gelangt, die man bewundern muß. Wir glauben Ihre sinnvollen Bilder nicht eben ganz zu verstehen, aber wir verweilen gern dabey und vertiefen uns öfter in Ihre geheimnißvolle anmuthige Welt. Dabey wissen wir besonders die bedeutende genaue und zarte Ausführung zu schätzen. Sagen Sie mir doch gelegentlich, ob Sie diese Blätter selbst auf Kupfer gebracht haben, wie wir an der Unmittelbarkeit des Ausdrucks vermuthen. Sagen Sie mir ferner, ob Sie nicht eins und das andere nur illuminirt und angefärbt, nicht ausgemahlt, mittheilen möchten. Das gäbe vielleicht Gelegenheit, sich über Farbe und ihren Sinn wechselseitig zu äußern. Mögen Sie mir aber hierüber auch nur etwas in Worten mit theilen, so sollte es mir sehr angenehm seyn. Noch einer Wunsch. Sie schneiden Blumen und Kränze mit so großer Leichtigkeit aus. Schicken Sie mir doch gelegentlich eine solche Arbeit, damit wir auch darin uns der Fruchtbarkeit Ihres Talents erfreuen können. Schließlich ersuche ich Sie um Ihre Silhouette und hoffe, für so manches Gute auch künftig etwas angenehmes erzeigen zu können.

Goethe.


19/5200.


An Christiane Vulpius

Statt des versprochnen Aales sende dir Dritthalbpfund frischen Lachs und sehe es als ein gutes Zeichen[133] an daß ich dich zum Abschiede so gut tracktiren kann.

Dagegen sende mir noch einige Würzburger; denn kein andrer Wein will mir schmecken und ich bin verdrüßlich wenn mir mein gewohnter Lieblingstranck abgeht.

Ich befinde mich recht wohl, und habe schon manches gethan. Sonntag d. 29. Juni früh 3 Uhr ist der Wagen bestellt, an diesem Tage kannst du mich mit deinen Wünschen begleiten. Grüße Augusten. Sage den Vorfall mit Carolinen doch dem Hofr. Huschke damit er sehe ob nicht Mariane was abgekriegt hat. Sey hierüber vorsichtig. Ein solches Übel kann auf die tollste Weise um sich greifen. Sodann aber lebe wohl und sey lustig und vergnügt biß wir uns Wiedersehen.

Jena d. 17. Jun. 1806.

G.


19/5201.


An Christian Gottlob Voigt

Jena den 17. Junius 1806.

Ew. Excellenz

danke zuvörderst für das übersendete Büchlein, welches auf alle Fälle dankenswerth ist, da Herr Ubique seine Collectaneen über Kunstgeschichte, theils nach historischer Ordnung, theils nach einer gewissen Folge seiner Überzeugungen hat abdrucken lassen. Selbst ein Academiker, der übrigens die Sache verstünde, könnte diese[134] Schrift zur Grundlage eines Vortrags recht gut brauchen.

Mit denen Dingen hier, die uns untergeben sind, steht es ganz gut. Lenz empfängt und rangirt ein, catalogirt, numerirt und dislocirt wie vor Alters. Indessen wird das Cabinet immer vollständiger und respectabler. Mit noch einigen Schränken und Repositorien wird ihm für die nächste Zeit geholfen seyn.

In dem zoologischen Cabinet füllt Dürrbaum die Gläser auf und die Conservation des Ganzen wird zwar nicht mit der größten Zartheit, doch mit leidlicher Aufmerksamkeit besorgt. Überhaupt denkt man gar nicht, was der Name Conservateur eines solchen Cabinettes heißen will, und was er für Kenntnisse voraussetzt.

Hofrath Fuchs fährt fleißig fort, die weiten Räume, die zum anatomischen Museum bestimmt sind, vorerst wenigstens dem Schein nach auszufüllen. Man kann mit ihm auch von dieser Seite recht wohl zufrieden seyn.

Wie es mit der Bibliothek aussieht, wird Vulpius referirt haben.

Auch im botanischen Garten habe ich alles reichlich besetzt und wohlerhalten gefunden. Das wenige, was nöthig ist, um nachzuhelfen, will ich auch besorgen.

Dagegen unserm retrograden Jena abermals ein neuer und bedeutender Verlust. Es ist derjenige, von dem ich neulich schon etwas erwähnte. Hofrath[135] Voigt hat nemlich für diesen Sommer zwar das Collegium der Experimentalphysik scheinbar zusammengebracht; aber er sieht jetzt schon ein, daß unter den Unterschriebenen sich wenig zahlende Mitglieder befinden, und berechnet, daß er diese Stunde vielleicht gar mit Schaden liest. Zu gleicher Zeit macht man ihm von Halle aus Anerbietungen, wo, wie ich schon früher wußte, Reil einen großen medicinisch-physischen Apparat zubereitet und also gleich die Hauptinstrumente irgendwo gern aufkaufen möchte. Da es sich mit einer Erklärung auf Hofrath Voigts Gesuch wohl noch einige Zeit verziehen möchte; so fürchte ich, er geht einen Handel ein und verkauft das Übrige an einen ehmaligen Schüler nach Ungarn, der ihm schon mehrmals Anerbietungen gethan hat. Nun weiß ich zwar wohl, daß wir uns über alle diese Sachen beruhigen müssen, weil es nicht an uns liegt, sie zu verhindern; allein der Verlust, der dadurch entsteht, ist so groß und dergestalt unersetzlich, daß die Unterhaltung der übrigen Museen und Anstalten darneben als eine Thorheit erscheint. Ich will daher einen Vorschlag thun, damit es wenigstens in solchen extremen Fällen nicht an Rath gebreche, und extrem ist der Fall, weil, wie ich wohl merke, die Frau dahinter steckt, die nach dem Ableben noch eines Gemahls lieber ein mäßiges Capital als ein weitläufiges physisches Gerümpel vorfinden möchte.

Ich erinnre daher an jene Gelder, welche zu Ab-[136] tragung des für die Büttnerische Bibliothek stipulirten Capitals jährlich ausgezahlt werden. Diese stehen denn doch einmal im Etat und ich äußerte schon früher den Wunsch, daß sie künftig zur nothdürftigen Lebendigerhaltung des glimmenden Jenaischen Dochtes möchten angewendet werden. In zwey bis drey Jahren sind die Büttnerschen Erben bezahlt und ich glaube, daß man mit Hofrath Voigt einen leidlichen Contract abschließen könnte, wenn man ihm ein Capital für seine Instrumenten- Sammlung bewilligte, dergestalt daß solches, nach Beendigung der Büttnerischen Abzahlung, successiv an ihn oder seine Erben gezahlt werde. Er machte ein ausführliches Verzeichniß, behielte den Gebrauch lebenslänglich, würde selbst nicht unbrauchbar: denn es ist das Collegium, das er am besten liest; und nach seinem Tode fände sich gewiß einer von denen jetzt reichlich auftauchenden jungen Physikern, der mit diesen vorgefundenen Instrumenten das Hocuspocus forttriebe.

Ich sehe nur an dem anatomischen Cabinette, dessen erste Epoche ich öfters verwünscht habe, was es doch für eine schöne Sache ist, dergleichen als der Academie angehöriges zu besitzen, und werde mir weder hierbey noch wenn jener Vorschlag beliebt werden sollte, irgend eine Mühe und Aussicht reuen lassen. Sollten Ew. Excellenz nun einige Hoffnung zu diesem Vorschlage machen können; so setzte ich deshalb ein eigenes Promemoria auf und bringe die Sache vor meiner Ab-[137] reise noch in Gang. Denn die Hallenser sind doppelt thätig, indem sie wohlhabend und übelwollend sind.

G.


19/5202.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Da ich bey meinem Hierseyn einige freye Stunden anzuwenden gedenke, die versprochenen Recensionen auszuarbeiten, so frage ich an, ob ein Roman Melanie, das Findelkind, Berlin 1804 bey Unger, schon recensirt sey. Ich finde diese Schrift gerade auf meinem Wege.

In Hoffnung, Ew Wohlgeb. bey meinem diesmaligen Aufenthalte zu sprechen

Jena den 18. Junius 1806.

Goethe.


19/5203.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[nach 18. Juni.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey die gewünschte Recension, ingleichen etwas unter den Strich. Vom letzten bitte einen Abdruck an Professor Meyer zu senden, der ihn nach Rom zu schicken Wünscht. Auch erlauben Sie, daß ich ein Blättchen von diesen Freundes Hand beylege.

Daß manche Recension von ihm noch ungedruckt sey, kam zur Sprache, als ich ihn zu einem Johannisprogramm aufforderte.

[138] In Hoffnung baldiger Unterhaltung wünsche ich recht wohl zu leben.

G.


19/5204.


An Johann Friedrich Blumenbach

Jena den 20. Junius 1806.

Zu den Carlsbader Quellen glaubte ich nicht mit gutem Zutrauen reisen zu können, wenn ich nicht meinen Dank für Ew. Wohlgeboren letzten Brief und für die demselben beygefügte angenehme Sendung abgestattet hätte. Haben Sie doch ja die Gefälligkeit, von Zeit zu Zeit an meine fromme Sammlung zu denken: denn fromm ist doch wohl alles, was das Andenken würdiger Menschen zu erhalten und zu erneuern strebt. Auch bloße Couverte und Namensunterschriften nehme ich sehr gern auf. Theilen Sie mir doch ja dergleichen von englischen und französischen merkwürdigen Männern mit. Auch ältere Deutsche sind mir sehr willkommen. Von Mitlebenden und Kurzverstorbenen besitz' ich viel. Komme ich zurück, so lasse ich vielleicht ein compendiöses Register meiner Sammlung drucken, um meine auswärtigen Freunde zu gefälligen Beyträgen. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit solchen Dingen unterhalte, da ich indessen von interessanteren Gegenständen sprechen könnte. Mit gewissen Theilen der Physik und Naturgeschichte habe ich mich indessen lebhaft be-[139] schäftigt. Doch wäre ich nicht im Stande, etwas Besonders mitzutheilen. Die Zoologie analytique von Duméril ist doch ein recht französisches, aber für mich recht brauchbares Buch, da es soviel Neuerfahrenes in sich faßt, und eine leichte Übersicht giebt, sobald man sich einmal mit der Manier bekannt gemacht hat.

Tausend Lebewohl und herzliche Grüße an die lieben Ihrigen.

Goethe.


19/5205.


An Johann Friedrich Cotta

Jena den 20. Junius 1806.

Die Probeblätter habe ich hier auf meiner Reise nach Carlsbad erhalten, nebst dem gefälligen Schreiben vom 12. Junius. Damit kein Aufenthalt geschehe, antworte ich sogleich, daß ich dabey nichts zu erinnern finde. Freylich wird es noch eine Zeitlang währen, bis die Süddeutschen Druckereyen in einer gewissen gelangen Art den Norddeutschen gleich kommen.

Doch ist mir vor allen Dingen, wie ich immer wiederholen muß, an der Correctheit des Druckes gelegen, und bitte nochmals inständig darüber zu machen: Ich erbitte mir die Aushängebogen auf Schreibpapier, doch nicht einzeln, sondern Parthieenweise. Wenn ich von Carlsbad glücklich wieder zurückkomme, gebe ich sogleich ein Lebenszeichen. Auch sollen alsdann die[140] nächsten Vier Bände bald nach einander im Manuscripte abgehen.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Goethe.[141]


19/5205a.


An Christian Heinrich Ramann

Wollten Sie wohl, werthester Herr Ramann, Einen halben Eymer Wirzburger Wein, wie ich ihn gewöhnlich trinke, hieher nach Jena sobald als möglich zusenden, solchen an Herrn Major von Hendrich adressiren, aber auf meine Rechnung schreiben; so würden Sie mir eine Gefälligkeit erzeigen, besonders[86] wenn der Wein noch vor Sonnabend den 28. hier ankommen könnte.

Der ich recht wohl zu leben wünsche

Jena den 20. Junius 1806.

Goethe.[87]


19/5206.


An Christian Gottlob Voigt

Schon als Herr Hofrath Voigt mir vor einiger Zeit eröffnete, daß man ihm sowohl von Halle aus, als von andern Orten her, seine Instrumente feil mache, sagte er zugleich, daß er sie gegenwärtig, wenn er sie sämmtlich weggäbe, im gewissen für 3000 Thaler anzubringen sich getraue.

Als ich ihm gestern die Eröffnung that, daß man sowohl um seinet- als um der Academie willen nicht abgeneigt wäre. Serenissimo den Vorschlag zu thun, diese Instrumente auf die Weise der Büttnerischen Bibliothek zu acquiriren, daß man nemlich eine gewisse Summe festsetzte, und davon jährlich bis zur Tilgung des Capitals einen bestimmten Theil abtrüge, ihm aber auf Lebenszeit die Aufbewahrung, Erhaltung und Benutzung überließe; so erkannte er diesen Antrag mit vielem Dank, und erklärte vorläufig, daß er, was die Bestimmung des Preises beträfe, sie am liebsten in Serenissimi Hände geben wollte, um sich einer solchen höchsten Unterstützung um desto würdiger zu machen.

Durch seine frühere Erklärung, der ich bey seinem[141] guten, durchaus aufrichtigen Character gar wohl traue, hat man wenigstens im Allgemeinen eine Basis, auf welche man eine weitre Überlegung gründen kann.

Ich habe gedachten Hofrath Voigt veranlaßt, ein Verzeichniß seiner Instrumente aufzusetzen und zwar zu besserer Übersicht, nach den Capiteln des Compendiums des Professor [Johann Tobias] Mayer zu Göttingen; da sich denn die Sammlung recht gut wird beurtheilen lassen. Dieses kann fertig seyn, bis ich wieder von Carlsbad zurückkomme.

In dem Museo der Naturforschenden Gesellschaft, welches nun auch in ein ander Local transferirt und aus dem Gröbsten geordnet worden, finden sich wenige, aber sehr schöne Instrumente, ingleichen ist manches, besonders für das optische Fach, bedeutende unter dem übrigen unbrauchbaren aus der alten Kunstkammer und dem Büttnerischen Nachlaß sich herschreibenden Gerümpel. Alles das vereinigt, wohl unterhalten, und insofern es nöthig completirt, würde einen sehr schönen und auf lange Zeit hinaus brauchbaren Apparat geben.

Das mannigfaltige Gute, das aus einer solchen Anstalt gegenwärtig und künftig entspringen könnte, werde ich bey weiterem Vorrücken des Geschäfts darstellen nicht ermangeln.

Jena d. 23. Jun. 1806.

Goethe.[142]


19/5207.


An Christiane Vulpius

Mittwoch den 25. Juni 1806.

Da ich eine Gelegenheit habe, dir diesen Brief bald zuzubringen, so gebe ich dir Nachricht, daß es mir die Zeit über recht wohl gegangen ist. Ich habe einiges thun und besorgen können, so daß ich die Zeit nicht unbenutzt zugebracht habe. Es bleibt dabey, daß ich Sonntags früh den 29. abreise, und ich hoffe, daß es dir indessen Wunsche gegangen ist. Vom Theater höre ich wenigstens alles Gute und hoffe, es soll so weiter gehen.

August war hier mit seinen Gesellen. Es hat mich gefreut zu sehen, daß es mit seinen körperlichen Kräften und seinem guten Muth so wohl steht. Ich habe mich einige Abende recht hübsch mit ihm unterhalten. Sie sind in allen Bergen und auf allen Schlössern herumgezogen, haben Aal in der Triesnitz gegessen und die Johannisfeuer haben wir zusammen von dem Altan des Daches gesehen. Einige waren hübsch; im Ganzen aber lange nicht so brillant als vor zwey Jahren. Gute Déjeunés und Bälle wünschend. Ich lege ein Zettelchen bey, das du Minchen gelegentlich zustecken magst.

G.[143]


19/5208.


An Franz Kirms

Wie Ew. Wohlgeboren selbst einsehen und sagen, so läßt sich in dieser Sache nichts Durchgreifendes rathen noch anordnen. Ich habe aber doch in beykommendem Blatt etwas aufgesetzt, das den Wöchnern bey ihrem Betragen zu einiger Leitung dienen kann. Ich habe es in der dritten Person abgefaßt und nicht unterschrieben. Doch ist ihnen durchaus nochmals zu empfehlen, daß sie es Niemanden sehen lassen.

Weiter weiß ich nichts zu sagen, als daß es mir die Zeit über ganz leidlich gegangen ist, und daß ich meiner Abreise Sonntag früh mit guter Hoffnung entgegensehe. Sonnabends mit dem Boten könnten Sie mir noch allenfalls etwas schicken.

Der ich von Herzen recht wohl zu leben wünsche.

Jena den 25. Junius 1806.

G.


In der Angelegenheit, worüber nachgefragt wird, ist es schwer, einen bestimmten Rath zu geben. Alles kommt auf die Umstände und auf den Augenblick an, wobey der Klugheit der Herren Wöchner die Hauptsache überlassen bleibt.

Anfangs könnten sie allenfalls erklären, daß sie beym Abschiede von Fürstl. Commission ausdrücklichen Auftrag erhalten, das Spielen von Gastrollen durchaus abzulehnen, weil in diesem Jahr die Gesellschaft vollständig und das Repertorium complet sey; welches[144] voriges Jahr nicht der Fall gewesen. Dießmal könne die Gesellschaft aus und durch selbst das Publicum contentiren. Sie seyen ja selbst in Lauchstädt Gäste und wünschten sich nicht aus ihren Rollen durch andre Gäste verdrängen zu lassen. In einer Stadt, wo man eine Gesellschaft das ganze Jahr, oder wenigstens den größten Theil über, sähe, sey es ganz was anders, indem man alsdann zur Abwechselung allenfalls eine Gastrolle gestatte. Doch lehne man auch in Weimar sie gewöhnlich ab u.s.w.

Sollten aber dergleichen Vorstellungen nichts fruchten, und das aufgeregte Publicum mit einigem Ungestüm die Erscheinung der Madame Unzelmann verlangen, so können die Herren Wöchner ihre Rolle fortspielen und mit Höflichkeit sagen, daß man freylich an eine Ankunft der Madame Unzelmann nicht denken können, und sie deshalb unter den vorkommenden Umständen wohl die Verantwortung auf sich nehmen müßten; so seyen sie doch nicht im Stande, ein höheres Honorar als 20 Thaler für die Vorstellung zu bewilligen. Eine Benefizvorstellung werde niemals wieder zugestanden werden.

Dabey können jene Anfangs angeführten Argumente immer wiederholt werden. Man kann sich auf den completten Zustand der Gesellschaft und das wohlversehene Repertorium immer wieder berufen.

Gegenwärtiges Blatt wird secretirt und kommt nicht aus den Händen der Herren Wöchner, um so[145] mehr, als sie die Abwesenheit des Herrn Geheimerath von Goethe als ein Hauptargument ihrer Weigerung zu brauchen haben.


19/5209.


An Christiane Vulpius

Jena den 26. Junius 1806.

Dein Brief war mir sehr angenehm, indem ich daraus ersah, was ich hoffte und vermuthete, daß in Lauchstädt für dieses Jahr von außen und von innen alles seinen guten Gang hat. Ich wünsche, daß es so fortgehen möge, und sage dir noch ein Lebewohl kurz vor unserer Abfahrt.

Ich lege einen Brief an Geh. Rath Wolf bey, den du nicht nach Halle schickst, sondern aufhebst, bis er einmal herüberkommt oder du ihm sonst persönlich begegnest. Grüße die ganze Gesellschaft von mir, besonders was dir zunächst steht, und mache dir mit der Brandt und der Elsermann gelegentlich einen guten Tag. Ich habe schon darauf gerechnet, daß du allenfalls etwas mehr ausgiebst. Mir ist diese Tage manches angenehme begegnet. Auch habe ich einen recht hübschen Brief von Herrn von Arnim. So viel für dießmal. Ich entferne mich nun weiter von dir und du wirst dich also gedulden, bis wieder eine Nachricht von uns ankommt.

G.[146]


19/5210.


An Carl Friedrich Zelter

Jena den 26. Junius 1806.

Ihr Brief, mein lieber Freund, hat mich noch in Jena getroffen, von wo ich in wenig Tagen nach Carlsbad gehe. Mögen Sie mir in der ersten Zeit direct dorthin schreiben, so wird es mir viel Freude machen. Später thun Sie es nicht: denn die Briefe gehen langsam und ungewiß auf diesen Straßen.

Endlich ist der Ihnen solang versprochene Ring fertig geworden. Der Carniol ist der beste, den ich in meiner Sammlung hatte; die Arbeit ist etwas deutsch gerathen, obschon die südliche Anlage noch immer durchsieht. Rechnen Sie den guten Willen und die Freundschaft des Gebers mit dazu, so werden Sie ihn nicht ungern tragen, und nicht ungern damit siegeln. Einen Wunsch hat mir der Goldschmidt verdorben. Er sollte den Musterring, den ich von Ihnen hatte, mit einschmieden, aber die Buchstaben sollten nicht verloren gehen. Das erste behauptet er gethan zu haben, die Buchstaben aber sind verschwunden.

Für die baldige Nachricht über Doctor Luthers Theatererscheinung danke zum allerschönsten. Ich sehe, es sind in diesem Stück gerade die widerlichen Entgegenstellungen, die einem in den Söhnen des Thals verdrießlich fallen. Das soll nun Ideen heißen und[147] sind nicht einmal Begriffe. Indessen werden die Menschen darüber confus, und da man ihnen etwas vorzeigt, was sie nicht beurtheilen können, so lassen sie's eine Weile gut seyn.

Da Iffland als D. Luther sich wohl behaben wird und die Casse wahrscheinlich auch keinen Schaden leidet; so ist übrigens alles in der Ordnung.

Ich denke sehr oft an Sie und Ihre Zustände. Sie haben eine schwere Aufgabe zu lösen. Möge Ihr Muth Sie immerfort begleiten. Für dießmal sag' ich nichts weiter, als daß es mir die Zeit über ganz leidlich gegangen ist, und daß ich gute Hoffnungen von meiner Badecur hegen kann.

G.[148]


19/5210a.


An Ludwig Achim von Armin

Jena den 26 Junius 1806.

Glücklicher Weise erhielt ich Ihre Sendung noch in Jena vor meiner Abreise nach Carlsbad. Sie machte mir um so mehr Vergnügen, als ich zugleich Ihre Wiederherstellung erfuhr. Ihr Unfall war uns früher durch Reichard bekannt worden, an dem wir aufrichtigen Theil nahmen.

Es ist eine schöne Sache, wenn man sich näher kennt. Ihre reichhaltigen Blätter, die manchem andern[139] ziemlich mysteriös vorkommen möchten, versetzen mich jedesmal in den Zustand in dem Sie sich befinden und geben mir ein erfreuliches Anschaun der wunderbarsten Umgebungen. Haben Sie recht viel Dank dafür, so wie für die überschickten Abgüsse. Man bedenkt nicht genug, was für ein unschätzbares Mittel der Gips ist, daß man durch ihn das plastische Beste gewissermaßen identisch in die Ferne senden und, ohne den ersten Besitzer zu beeinträchtigen, einen zweyten Besitz und einen verdoppelten Genuß verschaffen kann. Fahren Sie fort an uns zu denken, manchmal zu schreiben und etwas zu senden bis wir uns irgendwo wiederfinden. Sie vertrauen alles einem so dankbaren Boden, als der mecklenburgische mitunter nur seyn kann. Mein August grüßt zum Besten. Seine Reise nach Berlin ist durch ein wunderliches Zusammentreffen von Umständen vereitelt worden. Vielleicht findet er Sie künftig dort, wenn ihm diese Expedition ein andermal gelingt. Leben Sie recht wohl und ohne Nachwehen Ihres Sturzes.

G.[140]


19/5211.


An Marianne von Eybenberg

Wenn Ihnen, theuerste Freundin, Herr Professor Jagemann mit diesem Blättchen unterwegs begegnet, so nehmen Sie ihn auch um meinetwillen freundlich auf. Leider habe ich lange nichts von Ihnen vernommen, bin aber auch leider noch Schuldner für den letzten Brief. Meine Zustände sind zwar nicht schlimm; aber doch von der Art, daß meine Thätigkeit gerade für den inneren Kreis hinreicht. Möchten Sie recht wohl und vergnügt indessen gelebt haben. Wenn wir uns wiedersehen, oder wieder etwas näheres von einander erfahren; so ist doch in der Hauptsache nichts verändert. Ich bin auf dem Wege nach Carls-[148] bad und werde mich beym Anblicke der drey Karpfen an manche gute Stunde erinnern. Ich schließe mit einem herzlichen Lebewohl.

Jena den 27. Junius 1806.

Goethe.


19/5212.


An Franz Kirms

Jena d. 27. Junius 1806.

Ew. Wohlgeboren

Erhalten hierbey ein Blättchen, worauf ich meine unmaßgeblichen Gedanken wegen des Singmeisters eröffnet habe. Die Kürze der Zeit, die er bey uns zubringen soll, und die Sinnesweise der Theaterpersonen läßt von dieser Anstalt wenig Fruchtbares hoffen. Doch würde sie auf alle Fälle nicht ohne Nutzen seyn und leitete vielleicht für die Zukunft etwas anderes ein. Da uns dadurch keine neue Ausgabe zuwächst, so wollen wir abwarten, was etwa weiter beschlossen wird und was bey Serenissimi Anwesenheit in Dresden arrangirt werden kann.

Übrigens danke ich Ihnen, daß Sie sich in unsern Angelegenheiten männlich halten und verwenden, und hoffe auf ein glückliches und frohes Wiedersehen.

G.


[Beilage.]

Jena den 27. Junius 1806.

Ew. Wohlgeboren

ist bekannt, wie ich schon lange gewünscht habe, daß[149] Jemand unter unsern Musikern wäre, der sich mit unsern jungen Sängern beschäftigte und ihre Waldvögleinstimmen etwas kunstmäßiger zurichtete. Der Gedanke also, einen Singmeister herbeyzurufen, trifft mit meiner Überzeugung recht gut überein, Da Serenissimus die Gnade haben wollen, die desfalls nöthigen Unkosten zu bestreiten, so könnten wir es ohne weitres mit allem Danke annehmen. Nur gebe ich zweyerley zu bedenken, erstlich ob in drey Monaten, die ein solcher Gast-Lehrmeister bey uns zubringen könnte, hinreichendes Gute zu bewirken wäre; woran ich fast zweifle: denn von der Musik, besonders vom Singen kann man sagen, die Kunst ist lang. Zweytens wissen Sie, wie ungern die Theaterpersonen Unterricht annehmen. Meist hält sich Jeder auf jeder Stufe hinreichend gebildet. Wir haben es bey dem Fall mit dem Tanzmeister gesehen. Niemand will an seinem Unterricht theilnehmen, und man kann sich unmöglich mit den Leuten überwerfen, um ihnen wohl zu thun.

Wie geht es mir nicht selbst! Was muß ich nicht für allerley Künste brauchen, und doch zuletzt einmal auffahren, wenn sie nach meiner Einsicht und Überzeugung sprechen und agiren sollen! Und doch hat die ganze Gesellschaft Zutrauen und Liebe zu mir. Etwas Unbildsames liegt überhaupt im Menschen, besonders aber scheint es in dieser Classe sehr einheimisch zu seyn.

G.[150]


19/5213.


An Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Sehen Sie beykommendes, mein lieber Herr Doctor, wenigstens als einen Beweis an, daß ich nicht aufgehört habe im Stillen für Sie zu wircken. Zwar wünschte ich mehr anzukündigen; allein in solchen Fällen ist manches für die Zukunft gewonnen, wenn nur einmal ein Anfang gemacht ist.

Der ich recht wohl zu leben und Sie gesund und froh wiedersehen wünsche.

Jena den 27. Junius 1806.

Goethe.


19/5214.


An Christian August Vulpius

Eines Auftrags, der Herr Geheimrath von Gerning geschehen wäre, eine Kopie der Vasengemählde uns zuzuschicken, erinnere ich mich nicht. Von einem andern Werke ist einmal die Rede mit Herrn Fernow gewesen. Fragen Sie doch diesen und lassen Sie übrigens die Sache ruhen, bis ich wiederkomme. Weiter wüßte ich nichts zu sagen, als daß ich wohl zu leben wünsche, so wie gutes Vernehmen mit August und gefällige Sorgfalt für mein Haus.

Jena den 27. Junius 1806.

Goethe.[151]


19/5214a.


An Johann Christian von Mannlich

Hochwohlgeborner,

Insonders hochzuehrender Herr,

Mit Ew. Hochwohlgebornen Schreiben sind zugleich die Medaillen angekommen, die ich zwar nicht gesehen habe, weil ich mich in Jena auf der Reise nach Carlsbad befinde. Doch höre ich viel Gutes davon und bin Ew. Hochwohlgeb. aufs Höchste für diese Gefälligkeit verbunden. Die Auslage soll sogleich dankbar erstatten werden. Möchten Sie fortfahren dergleichen Commissionen nach Rom auch für die Zukunft zu ertheilen,[27] so würden Sie mich sehr verpflichten. Möge doch Ihre Gegend bald zur Ruhe und das schöne Reich Ihres Königs zur völligen Consistenz kommen. Ich habe manches, worüber ich mit Ihnen conferiren möchte, besonders über Ihre Gedanken von Provinzialgallerien. Doch wie darf man an so schöne Institute bey dem allzu sehr schwankenden Boden gegenwärtig denken. Mich hochachtungsvoll und dankbar empfehlend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Jena den 27. Junius 1806.

Goethe.[28]


19/5215.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Da ich nicht weiß, ob ich Ew. Wohlgeb. noch wiedersehe, so will ich schriftlich Abschied nehmen und zugleich die versprochene Recension überschicken. Auch liegt eine kleine Nachricht für das Intelligenzblatt bey.

Ich wünsche Ew. Wohlgeb. gesund wieder anzutreffen und hoffe für mich von dem Bade eine gute Wirkung. Inzwischen empfehle ich mich bestens zu geneigtem Andenken.

Jena den 28. Juni 1806.

Goethe.


19/5216.


An Johann Heinrich Meyer

Vor meiner Abreise will ich doch ein Wörtchen zu Ihnen hinübersenden und einiges mittheilen.

Die Steine der Fürstin Gallitzin sind nach ihrem Tode abermals angeboten worden, ich glaube aber schwerlich, daß man einen Käufer finden wird. Sprechen Sie wenigstens gelegentlich davon bey der Erbprinzeß. Zwar ist es bey den Großen durchaus schlimm vor einer Reise wie nach einer Reise. In jener Epoche hält man das Geld zusammen, weil man fort will, und dieser ist keins mehr da, weil man fort gewesen ist.

Auch lege ich eine Skizze bey, die Sie wohl verstehen werden und ich bitte ins Reine zu zeichnen.[152] Es soll ein Spiegel für die naturforschende Gesellschaft geben. Eine Doppelherme, wie Sie sehen, von alter und junger Bildung. Das junge Gesicht sieht nach Blumen, die ihm aus einem Füllhorn entgegen kommen, das andre nach Früchten. Dieser Kopf hat einen Eichenkranz, jener einen Blumenkranz. Der Kopf hat einen Eichenkranz, jener einen Blumenkranz. Der Blumenbekränzte ein langes Haar, das dem Barte das Gleichgewicht halten mag. An den Schulter, wo die Hermen zusammenstoßen, befindet sich ein Löwenkopf, oben sieht ein Adler herüber.

Die Blumenmasse ist nicht gut gerathen, so wie Sie auch den Füllhörnern eine bessere Form geben werden. Doch bitte ich diese auch, wie ichs gethan, von dem Rand einschneiden zu lassen, damit ja alles recht voll und dicht werde. Lassen Sie die Zeichnung bey sich liegen, bis ich wiederkomme. So übergiebt man sie alsdann Facius, der bald fertig damit werden wird.

Empfehlen Sie mich Herrn und Frau von Wolzogen vielmals und sagen Sie ihnen, daß ich mich sehr über die Besserung freue. Auch Frau von Schiller grüßen Sie schönstens, wenn Sie ihr begegnen.

Wenn Sie diesen Brief erhalten, bin ich auf dem Wege und hoffe das beste von der Heißen Quelle, da ich mich schon bisher ganz leidlich befunden, freylich bey einer etwas ängstlichen und genauen Diät. Leben Sie recht wohl und thätig, bis wir uns wiedersehen. Jena den 28. Junius 1806.

G.[153]


19/5216a.


An Franz Kirms

[29. Juni 1806.]

Sollte in meiner Abwesenheit eine Churfürstl. Resolution ungünstig eingehen; so erklären Sie nur daß man vorerst im Hause wenn der bisherige nicht gelitten werde sollte gar keinen Conditor aufnehmen.

G.[485]


19/5217.


An Christiane Vulpius

Carlsbad den 3. Julius 1806.

Ich will versuchen, dir eine Nachricht direct nach Lauchstädt zu schicken, weil ich vermuthen kann, daß sie dir eher zukommt als über Weimar. Du erfährst also durch Gegenwärtiges, daß wir glücklich in Carlsbad angekommen sind. Sonntag den 29. Jun. gelangten wir bis Schleiz. Den 30. bis Asch, wo wir um 9 Uhr abends, im Regen, eine Viertelstunde vors Thor gingen, um in einer Scheuer Die Hussiten vor Naumburg spielen zu sehen. Den 1 Juli kamen wir bis Eger, wo wir zu ausruhten und manches, was sich auf Wallenstein bezog, sahen. Gestern den 2. Abends kamen wir erst hier an. Die Wege waren mitunter ganz erschrecklich und es regnete auch von Zeit zu Zeit gewaltig. Zum Schlusse aber sind wir hier ganz angenehm logirt und befinden uns wohl. Das gewaltsame Rütteln und Schütteln auf der Reise hat, glaube ich, schon die Hälfte der Kur vollbracht.

Die Gegend ist hier, wie vor Alters, sehr schön. Das Städtchen, seitdem ich es nicht gesehen habe, viel besser aufgeputzt und außerordentlich angenehme Spaziergänge sind angelegt worden; woran wir uns schon sehr vergnügt haben. Es fehlt nichts, als daß wir nicht alle zusammen hier sind. Wir essen zusammen auf der Stube und werden gut bedient. Das[154] Essen ist hier besser als sonst. Das baare Geld steht sehr hoch, weil die Papiere immer mehr fallen. Das Kopfstück, das sonst 20 Kreuzer galt, wird nun für 32 genommen; und obgleich die Preise gestiegen sind; so zahlt man doch im Grunde nicht viel mehr als sonst. Noch ist kein Theater hier. Es kommt erst Sonntags den 6. Juli. Mehr sage ich nicht, und wünsche wohl und vergnügt zu leben. Notire doch den Tag, wo Du den Brief erhältst, damit man weiß, Wie lange er unterwegs gewesen ist. Wir grüßen alle zum schönsten. Mit dem herzlichsten Lebewohl

G.


19/5218.


An Christiane Vulpius

Carlsbad den 7. Julius 1806.

Da ich nur Gutes zu erzählen habe, so will ich heute zum zweytenmal schreiben. Mein Brief vom 3. wird angekommen seyn. Das Wasser hat recht gute Wirkung auf mich gemacht und ich denke, es soll so fortgehen. Seitdem ich den Sprudel trinke, habe ich keine Tropfen eingenommen und die Verdauung fängt schon an recht gut ihren Gang zu gehen. Ich werde nun so weiter fortfahren und abwarten, was es werden kann. Übrigens muthet man sich hier viel mehr zu, als zu Hause. Man steht um 5 Uhr auf, geht bey jedem Wetter an den Brunnen, Spaziert, steigt Berge, zieht an, macht Aufwartung, geht[155] zu Gaste und sonst in Gesellschaft. Man hütet sich weder vor Näße, noch Wind, noch Zug und befindet sich ganz wohl dabey. Ich habe alte Bekannte angetroffen und ihrer schon viele neue gemacht. Morgen beziehen wir ein besser Quartier als das bisherige. Die Bälle sind übrigens hier nicht sehr belebt. Von 50 Frauenzimmern, die in weißen Kleiderchen herum sitzen, kommen vielleicht 10 zum Tanz. Übrigens giebt es Pikeniks und Spazierfahrten, die in der schönen Gegend ganz angenehm sind. Ich wünsche dir viel Vergnügen und werde heut über 8 Tage wieder schreiben. Lebe recht wohl und liebe mich. Diese Tage will ich auch an August schreiben.

G.

Herr v. Hendrich und Herr Riemer grüßen zum schönsten.


19/5219.


An Christian Gottlob Voigt

Carlsbad den 12. Julius 1806.

Da sich eine Gelegenheit findet, durch einen Reisenden ein Blatt nach Weimar zu bringen; so will ich Ew. Excellenz nur wenige Worte hinüber rufen. Wir sind glücklich angekommen und bedienen uns des Bades nach alter Weise. Der Sprudel ist noch immer eben derselbige. Das Städtchen ist herausgeputzt, durch Anweißen der Häuser, Mauern des Flusses, so wie die Umgebung durch bequeme Wege zum Fahren und[156] Gehen. Mir bekommt das Wasser recht wohl und ich wünsche mich nicht besser zu befinden, wenn es so fortdauern könnte. Der Steinschneider und Steinhändler Müller ist noch immer der Alte und hat sich durch die neuern Mineralogen anregen lassen, immer auf etwas neues auszugehn; er hat wirklich recht hübsche Sachen zusammengebracht, davon ich eine Folge fürs Cabinet mitbringe. Bis gegenwärtig besagt die Badeliste 542 Personen, die wie vor Alters aus allerley Nationen, aus allen Ständen und Religionen gewischt ihr Heil an den warmen Quellen suchen. Der Neubrunn ist dieses Jahr besonders in der Mode, weil er dem zarteren Geschlecht mehr zusagt. Alte Bekannte habe ich gefunden, auch neue Bekanntschaften gemacht. Schon geh' ich der Hälfte meines hiesigen Aufenthalts entgegen. Die andere wird auch bald verlaufen, da ich denn unmittelbar nach Jena zurückzukehren gedenke. Darf ich bitten mich Durchlaucht dem Herzog zu Gnaden zu empfehlen und werthesten Ihrigen die freundlichsten Grüße auszurichten.

G.


19/5220.


An Christiane Vulpius

Carlsbad den 14. Julius 1806.

Ich schreibe sehr gern wieder, weil ich gute Nachricht von mir zu geben habe und weil die Briefe sobald[157] hin und wieder gehen. Der Deine vom 7. Juli ist in vier Tagen zu mir gekommen und hinwärts, wie ich sehe, bleiben sie auch nicht länger unterwegs. Die Cur schlägt ganz gut bey mir an. Ich habe die Zeit her keine Unbequemlichkeit gehabt und hoffe das beste, wenn ich regelmäßig fortfahre. Es giebt hier viel Unterhaltung mit alten Bekannten die man wiederfindet, so wie mit neuen, die man macht. Madam Unzelmann ist angekommen und wird sich vier Wochen aufhalten. Sonst ist niemand hier, den du kennst. Es wird aber täglich voller, besonders von Russen und Polen. Auf kurze Zeit möchte ich dich und August wohl hier sehen; aber im ganzen ist's nicht für euch. Ich freue mich, daß dir's in Lauchstädt wohlgeht. Bleibe nur daselbst, grüße Augusten, wenn er kommt, und macht euch lustig. So lange ich hier bin, will ich jeden Montag schreiben, da ihr denn etwa jeden Freytag etwas von mir empfangen werdet. Grüße die Brandt und die Elsermann und sage ihnen, daß ich etwas für sie mit bringe. Überhaupt, wer freundlich und artig von der Gesellschaft ist, soll etwas haben: denn ich bringe verschiedenes mit. Von dem hiesigen Theater, das noch nicht eröffnet ist, schreibe ich etwas an Genast, von dem du dirs kannst erzählen lassen. Lebe recht wohl und grüße Augusten, so wie auch Geh. Rath Wolf und Minchen. Noch setze ich eigenhändig hinzu daß ich Dich und August herzlich grüße und euch alles Vergnügen[158] wünsche. Wenn es dich auch etwas mehr kostet, so hat's nichts zu sagen. Dein Brief kam den 12ten an und war mir um so angenehmer und lieber. Nun sage ich dir das beste Lebewohl und hoffe bald wieder auf einen Brief von dir.

G.


19/5221.


An Carl Friedrich Zelter

Durch Madame Unzelmann habe ich Ihren ersten Brief vor einigen Tagen erhalten und sogleich darauf den zweyten mit der Post. Dieser letzte ist 11 Tage gegangen. Rechne ich nun auf den gegenwärtigen wieder eben so viel; so träfe mich eine Antwort auf diesen hier nicht mehr an. Schreiben Sie mir also nach Weimar, wo ich zu Anfang August wieder eintreffe.

Was den Ring betrifft, so habe ich in meinem letzten Briefe das beste vergessen; ich wollte nämlich fragen, wie ich Ihnen denselben zubringen soll. Man kann ja wohl dergleichen auf der Post schicken? denn auf eine Gelegenheit warten ist langweilig und es könnte doch wieder Händel geben, wie mit der Schachtel Spaniol. Schreiben Sie mir deshalb Ihre Meinung.

Für die Nachricht oder vielmehr für Ihre Gesinnungen über D. Luthers neue Erscheinung danke ich zum schönsten. Ich habe hier auch schon einige Personen gesprochen, die das Stück gesehen hatten. So wie mir auch Madame Unzelmann gestern davon[159] erzählte, daraus ich mir denn abstrahiren kann, daß es ein Werk von Herrn Werner ist, dessen Art und Kunst ich aus den Söhnen des Thals einigermaßen kenne.

Mein Befinden ist übrigens sehr leidlich, wo nicht gut zu nennen, doch muß man sich einer völligen Tagdieberey hingeben, weil man gar zu geschwind fühlt, daß man zu jeder Art von Thätigkeit untüchtig wird.

Die Lage von Carlsbad ist sehr interessant zwischen den alten Granitfelsen. Aus den nächsten Übergangsgebirgen entspringt das heiße Wasser, und die ganze umliegende Gegend fordert zum Mineralogisiren auf, das denn wieder sehr bey mir an die Tagesordnung getreten ist. Die nächsten Promenaden sind seit zehn Jahren vortrefflich eingerichtet worden, so daß man alles mit Bequemlichkeit besteigen, überschauen und genießen kann. Wie sehr wünschte ich Sie einige Tage hieher. Leider daß Ihr Rollwäglein Sie nicht so bequem durch diese Gebirge als nach Lauchstädt bringen würde.

Ich freue mich von Herzen, wenn ich höre, daß Sie nach dem großen Verlust sich wiederherzustellen anfangen, besonders auch, daß Sie Mittel gefunden haben, sich die Last des Hauswesens zu erleichtern.

Leben Sie recht wohl. Ihr Brief soll mich in Weimar freundlich empfangen.

Carlsbad den 14. Julius 1806.

G.[160]


19/5222.


An Christiane Vulpius

Montag den 21. Julius 1806.

Dieses ist nun der vierte Brief, den du von mir erhältst. Ich habe indessen nur einen von dir empfangen, und auf den gegenwärtigen antwortest du nicht. Indessen erhalte ich wohl noch einige Nachrichten von dir auf meine vorige Briefe. Heute über 14 Tage, als den 4. August, denken wir wieder abzugehen und können den 7. oder 8. wieder in Jena seyn. Bleibe indessen nur ruhig mit August in Lauchstädt, bis du Nachricht von mir erhältst.

Indessen ist es mir sehr wohl gegangen. Ich habe ohne Arzney mit Wassertrinken und Baden mich hingehalten und keinen Anfall von Schmerzen gehabt, und wenn ich die Cur noch so weiter fortbrauche; so denke ich, wird es von guten Folgen seyn. Es wird fleißig promenirt und an Gesellschaft fehlt es auch nicht. Die Badeliste steigt auf 650 Personen und ich habe manche Bekanntschaft gemacht. Wir essen gewöhnlich zu Hause. Manchmal sind wir zu Gaste geladen. Die hiesige Schauspieler-Gesellschaft hat etwa sechsmal gespielt, ich bin aber noch nicht ins Theater gekommen. Nach allen Erzählungen scheint es wenig erfreuliches zu leisten. Den Ball hab' ich ein einzigesmal besucht, der aber für mich auch nicht unterhaltend war. Von deinen Bekannten wüßt' ich[161] Niemand hier, außer den dicken Herrn von Oertzen, den die Frauenzimmer in Lauchstädt vor ein paar Jahren einander abspänstig machten. Er treibt sein altes Wesen fort, aller Welt die Cour zu machen. So viel für heute. Meine Reisegefährten grüßen. Es ist allerley eingekauft worden. Einen Brief Stecknadeln wirst du erhalten haben, den ich durch Gelegenheit nach Leipzig schickte. Geht wieder Jemand in jene Gegend, so folgt noch etwas.

G.

Lebe wohl und grüße Augusten vielmals. Auch Herrn Genast und Becker und die Frauenzimmer.


Donnerstag den 24. Julius 1806.

Dieser Brief ist einen Posttag liegen geblieben, welches mir jetzt angenehm ist, weil inzwischen dein Brief vom 17. Julius ankam. Ich habe zwar wenig hinzuzusetzen; aber doch freut mich's dir sogleich zu sagen, daß mir deine Nachrichten viel Vergnügen gemacht haben. Wenn es dir nach deinem Sinne wohlgeht und Augusten auch, so kann mir in der Ferne nichts erfreulichers begegnen. Dagegen kann ich sagen, daß ich mich von Tag zu Tag besser befinde und daß ich auch für die Folge das Beste hoffe. Wir leben, die kleinen Unbequemlichkeiten der Kur abgerechnet, zwar nicht herrlich, doch in Freuden. An Krebsen und Forellen ist kein Mangel und das übrige Essen ist nicht schlecht. Wir gehen und fahren spazieren;[162] wobey immer ein wenig gezeichnet wird und viel Steine zusammengeklopft werden. Fast täglich giebt es eine neue Bekanntschaft und man könnte lange hier seyn, ohne erschöpft zu haben, was sich alles hier befindet. Übrigens bleibt es bey dem, was auf der vorigen Seite geschrieben steht. Auch erhältst du von mir noch eine Nachricht vor meiner Abreise. Verweile nur in Lauchstädt, bis ich in Jena angekommen bin; und wenn du mit August einige mehrere Kosten hast, so nimm es nicht zu Herzen. Ich wünsche nur euch beyde wohl und vergnügt wieder zu sehen. Daß es mit dem Theater so gut geht, ist mir höchst angenehm. Grüße die Herren Genast und Becker, auch deine nächste Umgebung. Mehr sage ich nicht, damit der Brief geschlossen werde und nicht abermals in dieser Zerstreuung liegen bleibe.


19/5223.


An Charlotte von Stein

Montag den 21. Julius 1806.

Ihren lieben Brief, verehrte Freundin, hab' ich spät erhalten und eile dagegen einiges zu erwiedern. Mit meinem Befinden geht es recht gut. Ich habe mich ohne Arzney, blos durch Trinken und Baden, bis jetzt hingebracht und keine Erneuerung meiner Übel erlebt. Wir wollen die Cur noch vierzehn Tage fortsetzen und dann nach Jena zurückkehren. Die[163] Anzahl der Badegäste hat sich seit vierzehn Tagen sehr vermehrt. Die Liste geht bis auf 650. Unter die letzten Ankömmlinge gehört eine schöne Fürstin Nariskin, welche zum Beweise dient, daß Alexander der Erste keinen üblen Geschmack hat. Die Fürstin Solms ist schon länger hier und immer sehr anmuthig und freundlich. Der Landgraf Carl von Hessen, Fürst Reuß und andre vorzüglichere Männer minderen Standes sind gesprächig und unterhaltend und ich habe schon manche Bekanntschaft gemacht. Graf Lepel hat ein Portefeuil bey sich von schönen und bedeutenden Kupfern. Die Gegend ist die alte, nur ist sie viel genießbarer gemacht durch köstliche Wege zum Fahren und Gehen. Man kommt ziemlich bequem auf den meisten Höhen und Felsen herum. Daß wieder viel Steine geklopft worden sind, und daß eine ziemliche Parthie eingepackt und fortgeschafft wird, können Sie leicht denken. Ich wünsche Sie gesund wieder zu finden: denn mein Vorsatz, die Mittwoche die Geologie vorzutragen, ist in diesen Gegenden nur bestärkt worden. Es that mir sehr leid, Sie die letzte Zeit nicht bey uns zu sehen. Empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzogin und dem jungen Paare zu Gnaden. Für Prinzeß Caroline bringe ich ein Dutzend landschaftlicher Skizzen mit und empfehle mich ihr zum voraus zu Gnaden. Gedenken Sie mein bey den Freundinnen und erhalten sich gesund.

G.[164]


19/5224.


An Christiane Vulpius

Carlsbad Montag den 28. Juli 1806.

Schon vorgestern kam dein lieber Brief vom 22. hier an und war also nur vier Tage unterwegs gewesen. Ich schreibe heute zum vorletzten mal und heute über acht Tage wahrscheinlich zum letztenmal. Denn ich hoffe, daß unser Wagen richtig eintreffen soll. Es ist mir auch diese letzte Zeit ganz wohl gegangen und ich wünschte nur, daß ich mich eingerichtet hätte, länger hier zu bleiben, um ein 14 Tage weder zu trinken, noch zu baden, auf meine Natur Acht zu geben und doch in der Nähe der heilsamen Quelle zu seyn, wenn sich irgend ein Übel melden sollte. Doch kann das auf künftiges Jahr geschehen und wir wollen hoffen, daß wir indessen so durchkommen. Die Hauptsache, wie ich recht wohl bemerke, bleibt immer die Bewegung und wenn ich sie die nächsten acht Wochen auf eine oder die andre Weise fortsetze, so wird es wohl ganz gut werden. Daß du dich lustig machst, ist mir sehr angenehm und ich erwarte, daß du mir recht viel erzählst, wenn wir zusammenkommen. Hier geht im Ganzen alles steifer, als jemals zu, ob ich mich gleich persönlich keinesweges zu beklagen habe: denn es hinge nur von mir ab, meine Bekanntschaften und Gesellschaften viel weiter auszudehnen. Gestern begegneten mir ganz unerwartet Frau von Brösigke und[165] ihre Tochter, die von Egerbrunn herüberkamen, wo es auch nicht zum heitersten hergehen soll, weil die Österreicher und Polen zwey Partheyen machen, die gegeneinander wirken, beyde aber weder einen Sachsen noch einen Preußen unter sich aufnehmen. Frau von Levezow ist reizender und angenehmer als jemals. Ich bin eine Stunde mit ihr spazieren gegangen und konnte mich kaum von ihr losmachen, so artig war sie und soviel wußte sie zu schwatzen und zu erzählen.

Täglich kommen hier noch mehr Badegäste an. Die Nummern der Liste gehen schon bis 700. In diesen Tagen war das Papiergeld so gefallen, daß der Ducaten 8 Gulden und 30 Kreuzer galt, und das Silbergeld im Verhältniß. Gegenwärtig ist es wieder ein wenig gestiegen. Demungeachtet aber sind die Einwohner von Carlsbad, welche für alle ihre Mühe, Waaren und Auslagen fast nichts anders eingenommen haben, in einer Sorge, die ganz nahe an Verzweiflung gränzt. Was daraus werden soll, kann kein Mensch einsehen. Vorgestern bin ich auch in der Comödie gewesen und werde wohl nicht wieder hineingehen. Selbst diejenigen Schauspieler, die noch einige Gestalt und Stimme haben, zeigen sich fratzenhaft, affectirt und comödi antisch. Ich kann wohl sagen, daß ich in dem ganzen Stück nicht einen einzigen wahren Ton gehört habe. Die Weiber sind vollends ganz abscheulich. Eine einzige ist darunter,[166] die Verdienst hat. Sie spielt die Rollen der Beck, ist aber doch auch übertrieben und in ihrem Betragen geschmacklos wie die andern. Doch wäre diese noch wohl am ersten ins Rechte zu leiten, wenn sie eine gute Umgebung hätte. Das Stück, das ich sah, war Pinto, von Vogel bearbeitet. Grüße die Herren Genast und Becker und sage ihnen , sie möchten doch nachfragen, ob das Stück gedruckt ist, und sich Mühe geben, es bald beyzuschaffen. Wir können es sehr gut besetzen und kann bey uns eine sehr interessante Repräsentation werden. Gethan habe ich übrigens nicht viel, denn der Brunnen und die Zerstreuung des hiesigen Lebens lassen einen nicht recht zur Fassung kommen. Übrigens bleibt es im ganzen bey dem, was ich in meinem vorigen Briefe geschrieben habe. Bleibe nur in Lauchstädt, bis du einen Brief von mir aus Jena erhältst: denn erst dort wird sich zeigen, ob ich noch nach Lauchstädt gehen kann und mag. Grüße alles schönstens von mir, Herrn Geheimerath Wolf und Minchen, Herrn und Frau Geheimerath Loder und alle, die sonst meiner gedenken mögen, so wie das Theater-Personal, besonders die, welche dir zunächst sind. Lebe übrigens recht wohl bey deinen Frühstücken, Mittagsessen, Tänzen und Schauspielen.

G.[167]


19/5224a.


An den Herzog Carl August

Öfters bin ich in Versuchung gekommen in Teplitz aufzuwarten; doch da es in manchem Sinne das räthlichste zu seyn scheint gerade nach Weimar zu gehen, so wird unsre Abreise in diesen Tagen erfolgen. Mein Befinden war bisher ganz leidlich: denn obgleich die Symptome meiner Übel nicht ausgeblieben sind, so habe ich doch keine schmerzlichen Anfälle erlitten, weshalb ich denn ganz wohl zufrieden zu seyn Ursache habe. Seit meinem Letzten wurden mehrere interessante Bekanntschaften gemacht, andere mehr cultivirt. Wenn ich sie im Ganzen durchgehe, so bleibt doch immer Voght von Hamburg wohl die vorzüglichste. Hinter einer etwas rauhen bürgerlichen Schale, die man am reichen Reichsstädter wohl verträgt, zeigt sich große Kenntniß der weltlichen Dinge, der beste Wille fürs Gute Rechte und Wohlthätige und eine unermüdete Thätigkeit. Dabey ist seine Geisteskultur wirklich fein und auch in literarischen Dingen hat er schöne Kenntnisse. Man kann leicht mit ihm über alles reden, weil sich leicht bey ihm an alles anspielen[87] läßt. Der Landgraf von Hessen hat mich mit einigen Aussichten nach dem Orient bekannt gemacht, nicht weniger auch mir eröffnet, wohinaus die gegenwärtigen Überschwemmungen und Umwälzungen der Weltzustände endlich laufen würden. Von diesen Mysterien werde ich mündlich etwas mittheilen können.

Indem wir uns nun von einer Seite so ernsthaft unterhielten machten die schönen Frauen Solms und Nariskin im Ganzen und besonders auch auf die Mystagogen eine solche Wirkung, die man fast comisch nennen dürfte. Die Fürstinn Solms ist abgereis't und was sonst unsre Contemporanen sind, verlieren sich auch nach und nach. Polen und Juden haben jetzt durchaus das Übergewicht, und da sich in der Hälfte der Badezeit eines Jeden die Luft erschöpft, neue Bekanntschaften zu machen; so finde ich mich in diesen letzten Tagen am Sprudel und Neubrunn ganz in einem fremden Lande.

Eine überraschend angenehme Erscheinung war ein Portefeuille von Kupferstichen das Graf Lepel mit sich führt und worin er die Acquisitionen aufbewahrt, die er unterwegs macht. Die sieben Sacramente von Poussin waren mir fast ganz neu, und eine gute Parthie Rembrandts habe ich auch mit viel Vergnügen wiedergesehen. Indessen hat denn doch die Mineralogie innerhalb dieser Felsen auch ihre Rechte behauptet, und es ist auf allen Bergen genugsam gepocht worden. Das Übergangsgestein, das unmittelbar auf den[88] Granit folgt, und aus welchem der Sprudel eigentlich seine Kräfte nimmt, ist durch die Sorgfalt des alten Steinschneiders und Mineralienhändlers Müller mehr bekannt geworden, und giebt zu bedeutenden geologischen Bemerkungen Anlaß. So wie ich mir denn die frühere Natur und Gestalt jenes heißwässrigen Phänomens und den Zustand seiner frühern Umgebung deutlicher gemacht habe als sonst. Denn freylich ist gegenwärtig durch Anlagen und Gebäude alles theils verändert, theils zugedeckt. Ein Bruder des von Struve, der sich so lange bey uns aufhielt, ein passionirter Mineraloge, war dabey als Theilnehmer sehr erwünscht. Er hat die große Genauigkeit Wernerischer Schüler in Beschreibung dieser natürlichen Gegenstände, viel Kenntniß und Thätigkeit, wobey ihm denn freylich seine Taille zu statten kommt, die ihm besser als uns die Berge zu besteigen erlaubt. Doch sind wir in Engelhaus gewesen und ich habe mich auf dem immer noch hartnäckig bestehenden Felsen alter Zeiten erinnert. Aus allen diesen Wegen und Schritten ist denn doch zuletzt eine schöne Folge von Mineralien entstanden, welche dem Jenaischen Cabinet einverleibt werden soll. Vielleicht fände sich in Teplitz ein Kenner und thätiger Naturfreund, der von dortaus gleichfalls eine Kiste nach Jena schicke, so könnten wir die beyden Sammlungen aneinanderstoßen und das eine Ende von Böhmen hätten wir wenigstens geologisch in Besitz genommen.[89]

Vorstehendes nehmen Sie gnädig und freundlich auf, so wie die Versicherung einer ewigen Anhänglichkeit.

Carlsb. d. 4. Aug. [1806] an Morgen unsrer Abreise.

Goethe.[90]


19/5225.


An die Fürstl. Polizeicommission in Jena

[Concept.]

[8. August.]

Fürstliche Polizey Commission zu Jena hat wegen besserer Einrichtung des Gesindewesens um das Publicum so viele Verdienste, daß Sie nicht ungeneigt aufnehmen wird, wenn ich mich in einer solchen Angelegenheit an Sie wende, wozu ich meinen hiesigen Aufenthalt und die Lage der Sache genöthigt werde.

Mein Bedienter N.N. Gensler, welcher schon eine Zeitlang bey mir steht, auch noch auf eine Zeit gemiethet ist, hat zwar seine Schuldigkeit gegen mich zu meiner leidlichen Zufriedenheit beobachtet; dagegen aber von der ersten Zeit her sich gegen meine Familie und Hausgenossen äußerst rauh, störrisch, grob und auffahrend, sogar in meiner Gegenwart, betragen. Die ihm deshalb zugegangen bedrohlichen Verweise haben nur augenblickliche Wirkungen hervorgebracht, im Ganzen aber nichts gefruchtet; weshalb ich manche Verdrießlichkeit erlitten und nur durch Gewohnheit und Hoffnung bewogen werden können, ihn beyzubehalten.

Nun hat sich aber seine unbändige Gemüthsart auf meiner Reise nach Carlsbad ganz gränzenlos bewiesen, indem er nicht allein meinen Reisegefährten schnöde begegnet, wovon Herr Major von Hendrich das Nähere zu den Acten geben wird; sondern auch auf der Rückreise seine Bosheit und Tücke an dem[168] Kutscher auf allerley Weise ausgelassen, daß es zuletzt auf dem Bock zwischen beyden zu einem heftigen Wortwechsel und, ohnerachtet aller Herrschaftlichen Inhibition, endlich zu Schlägen kam; wobey, so viel mir bekannt ist, gedachter Gensler ausschlug, und ungeachtet aller Verweise und Bedrohungen sein gewöhnliches Betragen bis Jena auf eine dem Wahnsinn sich nähernde Weise fortsetzte.

Da ich mich nun in dem Fall sah, durch Zorn und Ärger die ganze Wirkung meiner vollbrachten Badekur zu verlieren, auch auf dem Punct stand, zu einer unschicklichen und sträflichen Selbsthülfe genöthigt zu werden; so blieb mir nichts übrig, als diesen Burschen bey meiner Ankunft in Jena in militärische Haft bringen zu lassen, den ich nach diesem Vorgang nicht mehr in meiner Diensten behalten kann.

Da jedoch bey Auseinandersetzung mit demselbigen noch manche ärgerliche Auftritte zu erwarten sind; so habe fürstliche Polizey Commission ergebenst ersuchen wollen, in diese Sache Einsicht zu nehmen und Jemanden abzuordnen, der die mehrgedachtem Gensler gehörigen nähme; wobey ich jedoch voraussetze, daß eine Herrschaft nicht gehalten seyn könne, ein so untaugliches und gefährliches Subject für eine allenfalls noch übrige Dienstzeit zu entschädigen.

Schließlich muß ich ergebenst bitten, gedachten Gensler bis zu völliger Beendigung der Sache in[169] Verwahrung zu behalten, damit sowohl ich als die Meinigen vor seinem, besonders in dieser letzten Zeit manchmal an Raserey gränzenden Betragen gesichert seyn können.

Da es übrigens in der Folge nothwendig seyn wird, diese Sache an Fürstl. General Polizey Direction zu Weimar zu bringe; so wollte ich hiesige fürstl. Polizey Commission auch hierum ergebenst gebeten haben.

Der ich mich u.s.w.


19/5226.


An die Fürstl. Generalpolizeidirection

[Concept.]

Gehorsamstes Promemoria.

In Gefolg des von Fürstl. General Polizey Direction an mich ergangenen verehrlichen Erlasses habe nachstehendes in Bezug auf mein früheres Jenaisches Promemoria zu erklären nicht ermangeln wollen.

Mit den Dienstleistungen meines gewesenen Bedienten Gensler habe ich persönlich zufrieden seyn können; allein er hat mir durch sein unartiges Betragen gegen meine Umgebung fortdauernden Verdruß gemacht. Daß diese Übel sich von ihm selbst herschrieben, zeigt sich daraus schon ganz deutlich, daß er die Veranlassung dazu im Hause auf meine Hausgenossen, auf der Reise auf meine Reisegefährten[170] schieben will. Von seinen sträflichen Unarten ist mir noch manches bey meiner Rückkunft bekannt geworden.

Die Händel mit dem Kutscher gingen schon den 6. bey der Abfahrt in Eger an, da er dem Kutscher zum Verdruß gepackt hatte; woher schon beym Aufsteigen ein lebhafter Wortwechsel zwischen beyden entsprang. Den 7., zwischen Hof und Schleiz, entstand ein ähnlicher Zank auf dem Bocke, welcher ohnerachtet aller bedrohlichen Zureden wohl eine Viertelstunde dauerte, bis sie sich zuletzt zu balgen anfingen, der Kutscher wie wüthend vom Bocke sprang, mit der Peitsche dem darauf sitzen bleibenden Bedienten drohte, daß dieser ausgeschlagen habe, mit Heftigkeit ausrief, und dadurch die Reisegesellschaft in nicht geringer Unmuth und Verlegenheit versetzte.

Daß der Kutscher bey seiner Aussage die Sache glimpflicher und vorübergehender darzustellen sucht, ist natürlich, weil er sich bey Bekenntniß des wahren Verhältnisses selbst schuldig darstellen müßte.

Die Genslerschen Effecten betreffend, so hat sich das Kästchen an Frau Räthin Jagemann unter dem Gepäck gefunden und ist schon abgegeben worden. Die Livréestücke können ihm nicht zugestanden werden, indem er sie erst künftige Ostern verdient hätte; vielmehr hat er noch einen Überrock, der ihm kurz vor der Reise geschafft worden, herauszugeben, wogegen ihm der braune Überrock und die Chenille nicht vorenthalten werden sollen.

[171] Auf den Monat Juli hat er noch 4 Thaler Lohn zu erhalten, wie ich ihm denn auch den angetretenen Monat August verwilligen und im ganzen 8 Thaler auszahlen will, zu etwas weiteren aber mich nicht verstehen kann.

Indem ich nun Fürstl. General Polizey Direction die Sache zu weiterer Leitung und endlicher Entscheidung überlasse, so wollte ich zugleich gehorsamst gebeten haben, Derselben möge gefällig seyn, Jemanden zu Übernahme der Genslern zugehörigen Dinge an mich abzuordnen, wobey nicht unbemerkt, an deren Befriedigung zu denken wäre.

Mich bey Rücksendung des communicirten Protokolls mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichnend.

Weimar d. 14. Aug. 1806.


19/5227.


An Carl Friedrich Zelter

Jena den 15. August 1806.

Von meiner Carlsbader Cur kann ich nur kürzlich soviel sagen, daß es mich reut, sie nicht früher angestellt zu haben. Der Gebrauch des Trinkens und Badens ist mir sehr wohl bekommen und da ich sehr auf mich diesem, und ich freue mich, daß ich meinen Unglauben aufgeben kann. In guter Reisegesellschaft habe ich ein ganz frohes Leben geführt, habe viele[172] Bekenntschaften gemacht und mancher ist mir persönlich begegnet, dessen Namen und Wirkungen ich sonst nur kannte. Die seltsame Quelle, die aus den urältesten Gebirgen heiß hervorspringt, hat uns dießmal so wie früher auf die Urdocumente hingewiesen, und wir verdanken der Zeit , die in Erfahrungen und Betrachtungen vorschreitet, auch hier gar manches. Da ich mit freyeren Empfindungen und besseren Hoffnungen zurückkehre, such' ich die Fäden anzuknüpfen, die ich gelassen hatte, und die mir entfallen waren, und so seh' ich in einem sehr engen Kreise einen sehr interessanten Herbst vor mir. Einiges höchst Erfreuliches habe ich bey meiner Rückkunft noch außer Ihrem Briefe vorgefunden, z.B. Die Äußerungen eines jungen Mahlers über Farbe, bestimmt und umständlich. Ein Theil seines kurzen Aufsatzes steht beynah wörtlich in meiner Farbenlehre. Zu einem andern Theil findet sich der Commentar in meiner Arbeit, und dann hat der Verfasser solche Stellen, die ich ihn ersuchen Werde, mir abzutreten, weil man das, wovon ich überzeugt bin, nicht besser sagen kann. Diese Zustimmung eines Lebenden, der bisher gar nichts von mir eine neue Lust, weiter fortzufahren und mein Pensum zu endigen. Soweit für dießmal. Der Ring folgt hierbey, dem ich Glück wünsche, daß er Ihnen so nah kommt, welches mir versagt ist. Lassen Sie bald von sich hören.

G.[173]


19/5228.


An Johann Friedrich Blumenbach

Jena den 15. August 1806.

Daß ich Ihrer an der Carlsbader Quelle, welche mir über Erwarten gut zu statten kam, recht lebhaft gedacht habe, möchte ich gern gleich durch Übersendung eines interessanten Päcktchens beweisen, da aber die schweren Steinkasten nur langsam nachrutschen, so braucht es wohl noch einige Zeit, bis ich das für Sie mitgebrachte überschicken kann, worunter, nach meinen Wünschen. Wenigstens einiger Neue seyn wird. Durch die Bemühungen eines zwar gekannten, aber doch verkannten und freylich schwer zu kennenden Mannes, des alten Steinschneiders Müller, ist das Übergangsgebirg, aus und an welchem die heiße Quelle entspringt, unserer Kenntniß viel näher gebracht worden, als es in früheren Jahren war, da ich auch wohl schon an demselben herumpochte. Eine vollkommene Folge in großen Stücken habe ich für das hiesige Museum angeschafft; und wenn ich gleich mich selbst und die Freude nicht ebenmäßig bedenken konnte, so hab' ich doch soviel Vorrath, daß ich das Bedeutendste doch mittheilen kann. Stänglichen Quarz, ganz von der Steinkohle durchdrungen und schwarz, rauchtopasähnliche Krystalle, aus demselbigen Gestein soll mitfolgen, nicht weniger kleine, erst neuerliche die Aufmerksamkeit erregende Feldspathkrystalle. Wenn die[174] Kiste ankommt, so soll vor allen Dingen ein Kistchen für Sie ausgesondert werden; wobey es mich recht verdrießt, daß ich von einem bedeutenden Mineral nur ein einziges Stück erhalten konnte. Es ist nemlich derber Granat in pyropischer Schönheit, der in Steinkohle eingefaßt ist. Wie manches hätt' ich noch zu sagen über das Vorwärtsgehen und Zurückbleiben unserer lieben Freundin, der Naturwissenschaft. Manches technisch erfreuliche ist mir auch begegnet, z.B. eine Steingutfabrik, welche ebenso gut Porcellan machen könnte, wenn es zum Vortheil gereichte, die alles, was sie braucht, in ihrem eigenen Bezirk findet und höchstens einige Stunden zu fahren braucht, um das Nöthige herbeyzuschaffen.

Noch am Rande meine besten Wünsche und herzlichsten Empfehlungen an die lieben Ihrigen.

Goethe.[175]


19/5228a.


An Johann Christian von Mannlich

Hochwohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr,

Bey meiner Rückkunft von Carlsbad finde ich die zuletzt übersendeten Bronce-Medaillen und verfehle nicht für die dabey gehabte Bemühung nochmals meinen gehorsamsten Dank abzustatten, indem ich hoffe, daß meine Schuld indessen abgetragen worden ist. Auch diese Sendung ist wie die vorhergehende sehr glücklich ausgefallen, indem ich dadurch abermals manches interessante Neue, und von dem, was ich schon besaß, bessere Exemplare erhalten habe. Möchten Ew. Hochwohlgebornen eine nochmalige Bestellung dieser Art gefällig lassen, so würden Sie mich dadurch besonders verbinden.

[28] Mit Sehnsucht erwart' ich den uns allen erwünschten und oft versprochenen Frieden um des allgemeinen Wohlseyns so wie besonders um die Künste willen, die uns zunächst interessiren. Möchte doch die Zeit bald kommen, in welcher die Besitzungen so sicher werden, daß man aus dem Mittelpuncte nach der Peripherie zu das Gute wirken kann. Die mit früher mitgetheilten Vorschläge liegen immer im Sinne und ich wünsche deren Ausführung zu erleben. Alles Gute anwünschend unterzeichne ich mich mit ganz besonderer Hochachtung

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamsten Diener

Jena den 15. August 1806.

J. W. v. Goethe.[29]


19/5229.


An Johann Friedrich Cotta

Jena den 18. August 1806.

Mit der fahrenden Post geht der vierte Band meiner Werke an Sie ab. Es fehlt daran nur noch Elpenor, ein Fragment, welches ich mit der reitenden bald nachschicke. Es liegt auch in dem Pakete ein Verzeichniß der Stück, welche in die vier Bände der zweyten Lieferung kommen. Der vierte, worin Faust befindlich, ist schon in Ihren Händen. Die drey ersten[175] erhalten Sie hoffentlich noch vor Michael, so daß, wenn Sie es räthlich finden, die acht Bände hinter einander fortgedruckt werden können.

Mit meinem Aufenthalt in Carlsbad habe ich Ursache zufrieden zu seyn. Die Anfälle meines Übels sind ausgeblieben, im Ganzen scheint sich die Natur wieder zu erholen und nach ins Gleiche zu kommen.

Von Ihnen und den Ihrigen wünsch' ich gleichfalls zu vernehmen, daß Sie sich wohlbefinden.

Ein dem Pakete beygelegtes Buch: Hübners Reimlexikon ist für Herr von Humboldt bestimmt. Möchten Sie wohl die Gefälligkeit haben, ihm solches mit Gelegenheit zu übersenden.

Die glückliche Ankunft des Pakets wünsche bald zu erfahren, sowie auch wieder von Ihnen einige Nachricht zu hören.

Das beste wünschend und mich angelegentlich empfehlend

Goethe.


19/5230.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz sage gehorsamsten Dank für die Mittheilung Grund habender Neuigkeiten. Die Unruhe des Publicums und ein besonderes, Mährchen producirendes Talent der Jenenser bringen täglich, ja fast stündlich, die allerseltsamsten hervor. Es giebt einem gar nicht Wunder, daß der Mensch sich in das[176] Unerhörte findet, da er selbst immer ins Ungeheure hofft und fürchtet.

Die Museumsrechnung von 1804 bis 1805 ist angekommen. Ich wünsche nun aber auch die von 1805 bis 1806, wenn sie auch nicht alle grade des revidirenden Fegefeuers durchgegangen wäre. Ich möchte mit meinem Aufborgen, Abzahlen etatsmäßigen Leisten und Amortisiren Ew. Excellenz nicht ungeschickt erscheinen. Es sind zwar nur Kleinigkeiten; es ist aber nicht übel, wenn man selbst in ältern Jahren Kleinigkeiten noch so behandelt, wie man das Große behandeln möchte und sollte.

Professor Luden ist heute eine Stunde bey mir gewesen. Er gefällt mir sehr wohl. Es sind aber schon äußere Dinge, die auf ihn eindringen, seine gute Natur verwirren und verlegen machen, die mir beym ersten Anblick nicht gefallen und die ich Ew. Excellenz vertraulich vertraulich mittheile, wenn ich sie nicht bey näherer Betrachtung anders finde.

Die Duplicate des Catalogen, welche aus Lenzens lobenswürdigen Fleiß in dieser Zeit entsprungen sind, sende ich nächstens zu gefälliger Einsicht und gefälliger Übergabe an die Weimarische Bibliothek.

Das lange Gewünschte und langsam Erreichte wird doch endlich dadurch erhalten und ein unbewegliches Inventarium festgestellt. Auf eine Remuneration für diesen Ehrenmann wäre auch zu denken. Ich werde sie mit unter den Ausgabeposten aufführen.

[177] Mein Befinden ist sehr leidlich, wenigstens bin ich nicht gehindert an dem, was zunächst zu thun ist. Was ich sonst zu bemerken finde, notire ich zu den Acten und erspare die Relation bis zu meinem schließlichen Vortrage.

Mich angelegentlich empfehlend

Jena d. 19. August 1806.

Goethe.


19/5231.


An Philipp Otto Runge

Jena den 22. August 1806.

Auf Ihren gefälligen Brief vom 3. July erwiedre ich sogleich nach meiner Rückkehr aus Carlsbad, daß er mir ein ganz besonderes Vergnügen gemacht hat. Denn wie nur dadurch eine sichre Schiffahrt nach allen Weltgegenden möglich ist, wenn man sich über die Weltgegenden selbst und über die andeutenden Nadeln vereinigt hat; so ist es auch in der Kunst. Ein jeder nehme die Richtung, die ihm der Geist eingiebt; aber er wisse wohin, und mit was für Mitteln er seine Fahrt einrichtet. Nicht wenig Freude war mir's zu sehen, daß Ihre Absichten der Farben völlig mit den meinigen übereintreffen. Mehrere Stellen mit Ihres Aufsatzes werden Sie beynahe wörtlich in meiner Abhandlung finden, zu andern den Commentar, und von mehreren wünschte ich, mit Ihrer Erlaubniß, Gebrauch zu machen, weil ich dasjenige, wovon ich[178] mit Ihnen überzeugt bin, nicht besser auszudrücken wüßte. Ich werde mit mehr Lust und Muth die Redaction meiner Arbeit fortsetzen, weil ich in Ihnen nunmehr einen Künstler kenne, der auf seinem eigenen Wege in die Tiefe dieser herrlichen Erscheinung eingedrungen Ist. Mehr sage ich heute nicht, damit der Brief nicht verweile, und wünsche Ihnen die Fortsetzung Ihres genossenen Wohlbefindens so wie des Glücks in Ihren Arbeiten. Lassen Sie von Zeit zu Zeit etwas von sich hören, bis die Herausgabe meines Werkes uns zu weitern, wechselseitigen Äuserungen aufruft.

Goethe.


19/5232.


An Christian Gottlob Voigt

Jena den 23. Aug. 1806.

Ew. Excellenz gefälliges Schreiben erhalte ich im Augenblicke, als beygehendes Paket schon gepackt ist, um es Dr. Seebeck mitzugeben, der nach Weimar fährt. Sie werden daraus ersehen, daß endlich unser alter Wunsch erfüllt wird, über die Museen vollständige Catalogen zu besitzen. Glücklicherweise ist Lenz eine Natur, die bey allen ihren Wunderlichkeiten durch Vernunft und Standhaftigkeit auf den rechten Weg einzulenken ist. An seiner Thätigkeit läßt sich nichts aussetzen; nur ist er freylich zu beweglich, da er von dem Freyberger Orakel abhängt, das von einer andern[179] Seite auch wieder gut seyn mag, wenigstens läßt er's nicht am Neuen und Neuesten ermangeln. Auch muß man mit zur Entschuldigung seines Zauderns anführen, daß seit vier Jahren kein ruhiger Augenblick auf dem Museum gewesen ist und daß uns die zuströmenden Steine gewissermaßen wie ein Hagelwetter zudecken. Ich habe, um für das nächste halbe Jahr eine schickliche Ordnung der auch schon wieder zudringenden Suiten möglich zu machen, die Ihren Beyfall haben wird; und so wäre denn seit langer Zeit zum ersten Mal in unsrer todten Natur Ordnung und Ruhe. Wir legen zurecht und schachteln ein, wie für die Ewigkeit, indeß die lebendige Natur in der Zeit sich sehr wild und ungestüm anläßt. Ew. Excellenz danke aufs verbindlichste, daß Sie mir einen Wink über die äußern Zustände geben wollen, da man bey der großen Schwankung der Gemüther sich selbst im Gleichgewicht zu halten Mühe hat. Serenissimo bitte mich bey seiner Ankunft zu empfehlen.

Goethe.


19/5233.


An Friedrich August Wolf

Jena den 24. August 1806.

Einen Brief von Ihrer verehrten Hand erwartete ich sehnlichst in Carlsbad, der mir besser als alle Magen Elixire hätte gedeihen sollen. Erst eine gute[180] Zeit nach meiner Rückkunst trifft mich Ihr liebes Blatt in dem alten Jenaischen Schlosse, wohin ich mich unter Steine und ausgestopfte Thiere zurückgezogen habe. Von den Wirkungen des Bades bin ich sehr wohl zufrieden. Ich habe mich dort leidlich befunden und besser bey meiner Zurückkunft. Künftiges Jahr hoffe ich die Reise mit besserm Zutrauen und besserm Erfolge abermals zu machen.

Unter den vielen dort versammelten Menschen habe ich manches interessante Individuum kennen lernen. Möchten wir doch unsre Badeabenteuer bald mündlich austauschen können!

Sehr angenehm ist mir's, daß mir meine Absicht, Ihnen durch das Bild Freude zu machen, gelungen ist. Lassen Sie sich's in hypochondrischen Stunden freundlichen zuwinken. Den lieben Minchen viel herzliche Grüße.

So viel für heute, damit nur ein Lebenszeichen gleich wieder zu Ihnen komme, wobey ich nur noch schließlich bemerken will, daß Freund Humboldt in Rom in Verzweiflung ist, daß kein Lebenszeichen von Ihnen zu ihm gelangen will. Er erinnert sich Ihrer Commissionen, und wünscht sehr wieder einmal ein Wort von Ihnen sehen.

G.[181]


19/5234.


An Christian Gottlob Voigt

Jena den 26. August 1806.

Indem Ew. Excellenz die wichtigsten Sorgen für Gegenwart und Zukunft übernehmen, so wälze ich auch mein Faß wenigstens immer fort und bin dießmal so frey, einige Concepte zu gefälliger Durchsicht zu übersenden. Finden sie Ew. Excellenz gut, so lassen Sie wohl solche drüben mundiren und senden sie mir unterzeichnet zurück. Würde in dem Laufe des Jahres unsere Supellex etwas gar zu knapp, so wäre es immer noch Zeit, allenfalls ein paar Hundert Thaler aufzunehmen. Soviel von diesen kleinen wissenschaftlichen Finanzen. Möge im Großen Alles gelingen, daß wir, wo nicht zu den Gewinnenden, doch wenigstens nicht zu den Verlierenden gerechnet werden. Serenissimo bitte mich zu Gnaden zu empfehlen. Bis auf den Sonntag ist mein Ziel gesteckt. Montag früh hoffe ich einzutreffen und alsdann Manches zu erzählen. Einige Zettel, deren Verzeichniß hier folgt, bitte bey Fürstlicher Cammer passiren zu lassen, wenn sie vorkommen. Es sind meistens Dinge, die sich auf die neue Einrichtung beziehen, die denn freylich aus unsern Mitteln nicht wohl zu bestreiten sind. Alles Gute wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend

G.[182]


19/5235.


An Franz Kirms

Da eine Gelegenheit nach Weimar geht, schicke ich sogleich die zu der Reinholdischen Sache gehörigen Papiere. Die Art, wie der Mann sich benimmt und ausdrückt, mißfällt mir nicht, und ich bin über seine Bedenklichkeiten nur leicht und im Allgemeinen hingegangen.

Wenn nichts dringendes vorfällt; so bleibe ich noch bis auf den Sonntag hier und komme Montag früh hinüber. Ew. Wohlgeboren haben die Gefälligkeit, mir indessen noch einmal zu schreiben, wie es allenfalls geht.

Der ich wohl zu leben wünsche.

G.


19/5236.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Wollten EW. Wohlgeb. wohl die Gefälligkeit haben, mir die Briefe des heiligen Bonifacius, die sich wohl in irgend einer Sammlung auf der hiesigen Bibliothek befinden, auf die Zeit meines Hierseyns zukommen zu lassen.

Jena den 28. August 1806.

Goethe.[183]


19/5237.


An Charlotte von Schiller

Ihr Brief, meine liebe verehrte Freundin, hat mich in meiner Jenaischen Einsamkeit sehr angenehm überrascht. Ich habe freylich keine so schönen Berge und Wälder zunächst um mich, wie die Ihrigen sind; doch wissen Sie wohl, wenn man einige hundert Schritte geht, so ist man in ganz anmuthigen Gegenden. In Carlsbad ist es mir und meiner Gesellschaft ganz gut gegangen und ich finde mich auch gegenwärtig sehr viel besser als vor der Cur. Wir wollen dieses gute Herbstwetter noch zu genießen suchen, um mit desto mehr Sicherheit dem Winter entgegen zu gehen. Da ich mich deshalb so viel als möglich in der freyen Lust aufzuhalten gedenke, so wird, wenn das Glück gut ist, Mittwoch den 1. October unsre erste Zusammenkunft seyn. Bis dahin sind Sie ja wohl wieder in Weimar. Ich wünsche uns allen gute Gesundheit, damit wir ununterbrochen unsre Reise fortsetzen können, die ich diesmal mit Ihnen über Berg und Thal, Erd' und Meer zu machen gedenke. Da wir uns so lange in dem Beweglichen aufgehalten haben, so ist es wohl billig, daß wir auch einmal uns zum Stehenden und Festen wenden, Die Gegenstände sind interessant genug und es läßt sich manches erfreuliche und unterrichtende anknüpfen.

[184] Ich lebe also, wie ich jetzt erst merke, zwischen zwey Vogelschießen in der Mitte, dem Weimarischen und dem Rudolstädtischen. Ich könne aber auch nicht sagen, daß ich besonders tentirt wäre, mich in diesen Schwarm zu mischen.

D. Meyer hat es sehr leid gethan, Sie nicht zu treffen. Er hat es sehr leid ausgebildet und brachte sein junges, hübsches, wunderliches Weibchen mit, von dem ich allerley zu erzählen habe.

Von Ihrem Herr Schwager habe ich lange nichts gehört; doch hoffe ich, daß er in der Besserung immer fortschreitet. Grüßen Sie mir Ihre lieben Kleinen vielmals und lassen Sie uns gesund und froh wieder zusammen kommen.

Jena den 29. August 1806.

Goethe.


19/5238.


An Christian Gottlob Voigt

Verehrter Freund,

Ihr herzliches Blat, die angenehme Gabe haben mich nicht überrascht aber von Grund aus erfreut. Je weniger meine Natur dazu gemacht ist aufmercksam auf Epochen zu seyn und meinem guten Willen auch einige Gefälligkeit zu geben, destomehr weiß ichs an andern zu schätzen, wenn die Stetigkeit eines fortdaurenden Gefühls einmal zur Blüthe kommt und zur gewissen Stunde das Ausspricht wovon man sich für alle Zeit überzeugt hat.

[185] Nehmen Sie meinen lebhaften Dank für die fürtreffliche, wunderbare und seltene Medaille. Centies dat qui optata dat. Und so auch hier. Lange ist mir nicht ein so räthselhaftes als die Rückseite vorgekommen.

Ich schweige von dem was mich zunächst umgiebt. Montag finde ich mich in Weimar. Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und lassen Sie unsre Freundschaft im Alten fortschreitend verharren.

J. d. 29. Aug. 1806.

G.


19/5239.


An Friedrich August Wolf

Jena den 31. August 1806.

Da es oft so große Pausen der brieflichen Unterhaltung geben kann, so will ich geschwind auf ihr werthes Schreiben vom 28. August aus meiner Jenaischen Muße einiges erwiedern. Ich würde mich hier noch länger aufhalten, wenn ich nicht in einigen Tagen, um des von Ihnen so sehr verschmähten Theaters willen, nach Weimar müßte. Ein paar Fahrten hätten Sie wohl, verehrten Freund, zur Aufmunterung dieser guten Leute thun können, welche nun sämmtlich die Flügel hängen, und sich noch für viel moderner halten, als sie vielleicht sind, weil der große Alterthumsforscher mit ihnen nichts zu thun haben will.

[186] Von wenig Personen, aber von manchen neuen und wunderlichen Büchern bin ich in meinem hiesigen Malepartus heimgesucht worden; unter andern trat, wie ein Sirius unter den kleinen Gestirnen, Herr Steffens hervor und funkelte mit cometenartigen Strahlen. Von seinem Buche habe ich freylich schon früher einige Blätter wehen und rauschen hören, als ich hinter der bewußten Thüre horschend saß. Mag's aber seyn, daß der Dreyfuß, auf welchem er sich damals nieder gelassen hatte, ihm etwas mehr Klarheit einflößte, oder daß man dem persönlichen Individuum seine Individualität eher verzeiht, als wenn sie in ein Buch gekrochen ist, oder daß dergleichen heilige Laute unter der Hand des Setzers gar nicht erstarren sollte; genug das Büchlein hat zwar an seiner Vorrede einen honigfüßen Rand, an seinem Inhalte aber würgen wir andere Laien gewaltig. Gebe nur Gott, daß es hinterdrein wohl bekomme. Vielleicht geht es damit, wie mit den Brunnenkuren, an denen die Nachkur das beste seyn soll, d.h. doch wohl, daß man sich dann erst wieder gesund befindet, wenn man sie völlig aus dem Leibe hat.

Sonst wüßt' ich von allerley kleinen Acquisitionen zu erzählen; aber das Steinreich, das man durch's Evangelium der äußern Kennzeichen so glücklich auf der Briefpost mittheilen kann, interessirt Sie nicht, und das Kunstgebilde läßt sich leider nicht wörtlich mittheilen. Eine schöne gleichzeitige Medaille auf[187] Ariost habe ich erhalten. Er zeigt eine sehr schöne, freye und glückliche Bildung. Wie zart, ja man möchte sagen, wie schwach er aber ist, sieht man nicht eher, als bis man ihm einen Tyrannen gegenüberlegt. Zufällig fand er sich in meinem Kästchen neben einem Domitian, und die über eine Kluft von mehreren Jahrhunderten.

Für alles Freundliche, was Sie den Meinigen er zeigt haben, danke ich zum schönsten. Würde die Zeit vor Winters nicht so knapp, so wäre ich gewiß gekommen, Sie zu besuchen; aber ich sehe im ganzen September wenig Ruhe vor mir. Es will manches Vergangene nachgebracht und gar manches eingerichtet seyn. Das beste Wohlergehen Ihnen und dem lieben Minchen und was Ihnen sonst zunächst wohnt. Mögen doch die militarischen Bewegungen uns durch ihre Abdeutung hinreichende Sicherheit geben. Bis jetzt wenigstens scheint es, daß der Norden politisch erstarren und nicht in die südliche Lava mit einschmelzen werde. Ein vielfaches Lebewohl.

G.


19/5240.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Ende August.]

Über eine Anzeige im Intelligenzblatt der Allgemeinen Nimmer 78 pag. 646 ist[188] eine Frage, ja eine Controvers entstanden. Beyliegend finden Ew. Wohlgeb. eine Abschrift davon mit Noten, ferner eine Emendation oder vielmehr Suppletion auf einem andern Blatte. Vielleicht könnten Sie durch Nachweis der Originalstelle, woher der Auszug genommen worden, die Entscheidung der ganzen Sache befördern.

G.


[Beilage.]


Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung, Nummer 78 pag. 646.

Der Berghauptmann zu Freyberg, Herr von Trebra, und der Professor Herr Lampadius haben durch verschiedene Versuche die relative Temperatur1 zum Innern der Erde klar an den Tag gelegt. In zwey verschiedenen Tiefen der Bergwerke brachten sie zwey Thermometer nach Réaumur an und vergleichen sie zweymal mit einem andern, das sie in freyer Luft hatten. Wie auch die Veränderung der Witterung über der Erde beschaffen war, so zeigte das eine der beyden Thermometer2 doch beständig 12 Grade über 0 und das andere 9 und 1/2.


[Noten]

1 der äußern Atmosphäre zu der, welche innerhalb der Erde möglich wird, endlich gezeigt

2 (welches? das oben oder das untere)[189]


19/5241.


An Johann Heinrich Meyer

[August.]

Für das Überschickte danke ich recht sehr.

Die Tusche fernt ganz vortrefflich. Von meinen Skizzen habe ich gesucht einige weiter zu bringen. Ich will daran thun, was ich kann und was mir die Zeit erlaubt. Alsdann werden Sie mir durch einige belehrende Worte schon weiter helfen.

Möchten Sie mir die Zeichnung zu dem Gesellschaft Siegel wohl überschicken, so könnt' ich von hier aus die Größe und die Umschrift angeben. Facius stäch' es indessen und wir wären wieder um so viel weiter. Unsre Museen und andre Anstalten stehen übrigens sehr gut.

Die contrahirte Schuld werde mit Dank abtragen; dagegen werd' ich wohl für diesmal von dem hiesigen Capital nichts benöthigt seyn, weil ich einen ziemlichen Cassevorrath gefunden habe.

Leben Sie recht wohl und vergnügt und empfehlen Sie mich des Erbprinzen und der Erbprinzessin Durchlaucht und Hoheit. Können Sie negociren, daß der Erbprinz das Amsterdamer Rathhaus nach Belvedere nimmt, so bereiten Sie ihm einen großen Genuß und retten das wirklich interessante Kunstwerk.

Zufälliger Weise findet sich ein Büchelchen, in welchem mehrere Amsterdamer Gebäude in Kupfer ge-[190] stochen und beschreiben sind. Ander ersten Stelle befindet sich das Rathhaus und man kann hinter dem Kupfer die Beschreibung lesen. Die großen Tapetengemählde sind in dem Modell sämmtlich und zwar von einer recht geschickten Hand ins Kleine gebracht. Major von Hendrich bietet Durchlaucht dem Erbprinzen dieses Büchlein zu einer gnädigen Aufnahme hiermit an. Der künftige Castellan dieses Zwergenschlosses könnte hiernach instruirt werden.

Nächstens mehr. Zum Schlusse ein herzliches Lebewohl.

G.


19/5242.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Weimar, den 13. Sept. 1806.

Ihrer verdienten Schauspielerin bin ich vielen Dank schuldig, daß sie mir einen Brief von Ihnen verschafft hat, aus dem ich sehe, daß Sie noch immer mit Neigung und Zutauen an mich denken. Leider kann ich Ihrer Empfohlenen nichts bestimmtes zusagen. Macht sie ohnehin eine Reise, etwa über Frankfurt nach Leipzig, Dresden, Berlin u.s.w., so führt sie ihr Weg nothwendig über Weimar, und sie soll von mir persönlich aufs freundlichste aufgenommen werden. Ob sie aber dazu gelangen kann, einige Gastrollen zu geben, das hängt bey unsern vorwaltenden Verhältnissen, Einrichtungen und Gebräuchen von so[191] mancherley Umständen ab, daß ich zum Voraus etwas bestimmtes zu erklären nicht im Stande bin. Mögen Sie ihr das mit einem freundlichen Gruße ausrichten, so werden sie mich verbinden.

Daß Sie nunmehr wirklich fixirt sind, freut mich ganz besonders, und ich gratulire vorzüglich den schönen Wissenschaften, die an Ihnen eine so gute Acquisition machen. Fahren Sie fort, auch aus einer größern Ferne an unsern literarischen und kritischen Bemühungen Theil zu nehmen, um so mehr als wir so gerne fördern, was Sie billigen mögen und Sie interessiren kann. Ich schließe mit dem freundlichsten Lebewohl.

Goethe.


19/5243.


An Johann Gottfried Werner

Da man die von Herrn Werner in seinem eingereichten Schreiben geäußerten Wünsche weder jetzt noch auch künftig erfüllen zu können glaubt, so hält man beiden Theilen für das vortheilhafteste, den bis Ostern nächstes Jahr bestehenden Contract aufzugeben und für Herrn Werners bisherige bereitwillige Bemühungen, aufzukündigen. Weimar, 22. September 1806.[192]


19/5216a.


An Carl Gottlob Rothe

[Concept.]

Hochwohlgeborner

Insonders hochzuehrender Herr.

Von Ew. Hochwohlgebornen mir schon früher bekannt Gefälligkeit darf ich hoffen, daß gegenwärtiges eine gleichfalls geneigte Aufnahme finden werde. Die Veranlassung zu demselben ist eine unterthänigste Bitte, welche an Ihro Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen von Seiten Fürstlicher zum hiesigen Hoftheater verordneten Commission um gnädigste Verlängerung der Concession für Lauchstädt vor kurzem ergangen.

[485] Wenn nun die hiesige Gesellschaft bisher, sowohl durch ihr Betragen an jenem Ort sich, so viel wir wissen, genugsam empfohlen, als auch durch ein sorgfältiges Spiel ausgewählter Stücke sich Ehre gemacht und einen nicht geringen Zufluß von Fremden herbeygezogen, nicht weniger das mit viel Beschweren und Kosten errichtete Schauspielhaus eine bedeutende, alle Rücksicht verdiente Unternehmung war; so können wir einer gnädigsten Gewährung unsres gegründeten Gesuches wohl mit Hoffnung entgegensehen, wobey wir uns jedoch wohl beschreiben, daß ein motivirtes gutes Zeugniß der einsichtsvolles näheren Behörden der Angelegenheit die Günstigste Wendung geben kann.

Im Namen Fürstlicher Commission nehme ich mir daher die Freyheit Ew. Hochwohlgebornen gehorsamst zu ersuchen, dieses billige Gesuch nach einiger Überzeugung um so mehr zu unterstützen, als eine frühzeitige Gewißheit einer fortgesetzten Concession für uns höchst wünschenswerth ist, indem eine solche theatralische Anstalt nur durch mancherley Vorarbeit, durch Vorsorge für die Zukunft und eine stetige Consequenz der Behandlung erhalten und verbessert werden kann, wovon, wie wir uns schmeicheln dürfen, unser Theater seit mehrern Jahren schon zum sprechenden Beweise dienen kann. Der ich diese Angelegenheit und mich selbst bestens empfehlend die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

W. den 23. Septbr. 1806.

G.[486]


19/5244.


An Christiane Vulpius

Jena, den 30. Sept. 1806.

Du erhältst hierbey einen Kasten mit Nüssen, wovon der größte Theil in der Schaale und also noch recht frisch ist. Sende mir der Schaale und also noch recht frisch ist. Sende mir dagegen ein Pfund Schokolade, und drey Flaschen von dem rothen Wein. Es giebt so schönes Ost hier, daß ich in Versuchungen gewesen bin, welches zu kaufen, wenn man nur wüßte, wie man es hinüber bringen sollte. Es geht mir ganz gut hier. Herr v. Tümpling hat mich mit einigen Flaschen Egerwasser versehen, die mir sehr wohl bekommen. Ich komme nicht viel aus dem Schlosse und treibe meine Geschäfte. Was ich von Herrn Riemer wünsche, steht auf beyliegendem Blatt. Lebe recht wohl, grüße August, schreibe mir was vorgeht, und schicke mir was von Briefen und Zeitungen angekommen ist. Dein Bruder kommt mit Herrn v. Tümpling und zwey Frauenzimmern hinüber, er hat sie zu sich eingeladen und wird dich auch dazu bitten. Sey freundlich, hilf ihm aus und laß sie den Caffee bey dir nehmen. Wenigstens lade sie auf künftige Zeiten. Lebe wohl und liebe.

G.[193]


19/5245.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Jena d. 30. Sept. 1806.

Da ich noch einige Zeit hier bleibe, so wünsche ich, Sie schicken mir die beyden Exemplare von Elpenor und was Sie allenfalls schriftlich dazu notirt haben. Ferner möchte ich das Heft vom Forstmeister Cotta erhalten; es ist in gelben Papier und liegt in meiner Stube; dazu aber auch die kleine Commode mit den Präparaten. Diese letzte würden Sie mit einer Schnur umziehen, auf einer Karte versiegeln und den Botenfrauen mitgeben, mit der inständigsten Warnung, daß das Ganze nicht gerüttelt noch geschüttelt werde. Ich befinde mich hier recht wohl bey dem schönen Wetter, doch komme ich wenig aus dem Schlosse. D. Seebeck hat die Versuche über die durch die Farbe bewirkte Erleuchtung, Erwärmung und Oxydation, nebst ihren Gegenständen, sehr hübsch mit großer Genauigkeit durchgeführt, so daß man dieses Kapitel für unsern Zweck schon als fertig ansehen kann. Haben Sie im Perioptischen etwas entdeckt, so theilen Sie es mit und grüßen August vielmals.

G.[194]


19/5246.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[September.]

Möchten Ew. Wohlgeb. etwa morgen früh gegen acht Uhr den Setzer zu mir beordern, denn ich das etwas undeutlich geschriebene Manuscript des mineralogischen Verzeichnißes, das Sie in das Intelligenzblatt aufzunehmen die Gefälligkeit haben wollen, übergeben und erklären kann.

G.


19/5247.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[September.]

Durch Versehen meines Dieners, hör' ich, ist ein gestriges Billet erst heut Ew. Wohlgeb. überbracht worden.

Dürft' ich Sie ersuchen mir den Setzer bald zu schicken?

G.


19/5248.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[September.]

Mit Dank folgt beyfolgende Wundergeburt zurück. Das Quartblatt, für das Intelligenzblatt bestimmt, ist corrigirt und revidirt. Beym Drucker habe ich hundert Exemplare auf ordinär Papier bestellt –[195] nämlich bloß von gedachtem Quartblatte, mit Weglassung der Seitenzahl. Ew. Wohlgeb. genehmigen es und senden mir gefällig das Paket.

Mich bestens empfehlend

G.[196]


19/5248a.


An Heinrich Steffens

[Concept.]

[Weimar, September oder Anfang October 1806.]

Eines der ersten Hefte, die mir bey meiner Rückreise aus Carlsbad durch den Buchhandel entgegenkamen, waren Ihre Grundzüge. Mit Hoffnung und zutrauen nahm ich es auf; aber ich muß gestehen daß mich das Lesen in einen bösen Humor versetze. Ob dieser Phänomen gegen Ihr Buch, oder gegen mein Befinden zeugt, will ich mir gern von der Zeit beantworten lassen. Ich würde ein so wunderliches Geständniß Ihnen nicht geradezu überschreiben, wenn nicht Ihre freundliche Sendung und Ihr zutraulicher Brief mir Offenheit zur Pflicht machte.

Bekenn' ich es aufrichtig! Anfangs wars mir ein peinlich Gefühl die ganze tausendfach bewegliche Erdennatur, von deren zwar partiellem, doch freyem Anschaun ich soeben zurückkehrte, an dem Kreuz der vier Weltgegenden zappeln zu sehen. Doch ist indessen die Empfindung viel gelinder geworden. Ich habe das[90] Werk in meiner Vorstellung von seinem dogmatischen Ernst einigermaßen entkleidet, und es als einen Halbscherz eines höchst geist- und wißreichen Mannes betrachtet, in welcher Ansicht es dann unschätzbar wird.

Nun scheint es sich bey mir auf diesem Wege immer mehr einzuschmeicheln und mich durch die Würde seiner Form, durch den Wehrt seines Gehaltes zu ernsthafteren Gesinnungen zu wollen, und wir wollen abwarten, inwiefern, indem ich mich mit Ihren individuellen Ansichten beschäftige, mein eignes Individuum sich nach und nach den Ihrigen sich anzubilden. . .

Dieser Conflict kann mir nicht anders als vortheilhaft seyn, und ich werde gern gestehen, wann und wie Ihr Genius den Sieg davon trägt.

Übrigens bleiben Sie überzeugt, daß ich an allem, was Sie lieben und leisten, wahren und lebhaften Antheil nehme und lassen mich Ihrem Andenken empfohlen seyn.[91]


19/5249.


An Johann Friedrich Blumenbach

Herr Osborne den ich auf dem Folgenden Blatte näher bezeichnete bringt Ihnen die kleinen aber wohlgemeynten und hoffentlich nicht uninteressanten Gaben von Carlsbad. In Eile bezeichne ich die Exemplare nur folgendermaßen:

1.) Granit von neuerer Bildung welcher braune Thonartige Flecken enthält, die sich wenn das Gestein einigermassen verwittert als völlig ausgebildete Chrystalle in sechsseitigen Tafeln darstellen.

2.) Eine verwandte Steinart in welcher sich gedachte Chrystalle, so wie der Feldspat in eine Specksteinartige Masse verwandelt haben.

3.) Lose Chrystallen aus diesem Gestein.

4.) Durch Kohle gefärbter fasriger Quarz zwischen welchem ein Trum dichter Quarz durch Kohle gefärbt liegt.

5.) Dichter, durch Kohle gefärbter Quarz, auf welchem in und auf Braunkohle eine Menge vollkommen ausgebildete Bergkrystalle liegen. Kohlengruben von Dalwitz.

[196] 6.) Augiten in einer basaltähnlichen Thonmasse. Mich bestens empfehlend, alles Gute wünschend. Jena d. 1. Octbr. 1806.

Goethe.


19/5250.


An Johann Heinrich Meyer

[15. oder 16. October.]

Sagen Sie mir mein werther Womit ich dienen kann. Rock, Weste, Hemd pp. soll gerne folgen. Vielleicht bedürfen Sie einiger Victualien?

G.


19/5251.


An Christian Gottlob Voigt

[16. October.]

In dem schrecklichen Augenblicke ergreift mich mein altes Übel. Entschuldigen Sie mein Außenbleiben. Ich weiß kaum, ob ich das Billet fortbringe.

G.


19/5252.


An Wilhelm Christoph Günther

[17. October.]

Dieser Tage und Nächte ist ein alter Vorsatz bey mir zur Reise gekommen; ich will meine kleine Freundinn, die so viel an mir gethan und auch diese Stunden der Prüfung mit mir durchlebte völlig und bürgerlich anerkennen, als die Meine.

[197] Sagen Sie mir würdiger geistlicher Herr und Vater wie es anzufangen ist, daß wir, sobald möglich, Sonntag, oder vorher getraut werden. Was sind deßhalb für Schritte zu thun? Können Sie die Handlung nicht selbst verrichten, ich wünsche daß sie in der Sakristey der StadtKirche geschähe.

Geben sie dem Boten, wenn Sie trifft gleich Antwort. Bitte!

Goethe.


19/5253.


An die Jenaer Freunde

Wir sind in der größten Sorge wegen unserer Jenaischen Freunde, indem wir noch gar nichts von ihnen vernommen haben. Ich bitte daher Nachverzeichnete, nur ein Wort auf dieses Blatt zu unserer Beruhigung zu schreiben. Was mich betrifft, so sind wir durch viel Angst und Noth auf das Glückliche durchgekommen. In meinem Hause ist nichts versehrt, ich habe nichts verloren. Die Herzogin ist wohl und hat sich auf eine Weise betragen, welche zur höchsten Bewunderung auffodert. Mit Wieland habe ich gestern beym Stadtcommandanten gespeist. Der gute Alte ist auch glücklich durchgekommen. Das Schloß ist unversehrt. Dieß verdanken wir allein unserer Fürstin. Nichts weiter bin ich im Stande hinzuzusetzen.

Herr Kirchenrath Griesbach.

Herr Professor Schelver auf dem Graben.

[198] Herr Frommann daselbst.

Herr Hofrath Fuchs im Schloße.

Herr von Hendrichs Hausgenossen.

Herr von Tümpling im Fischerschen Hause.

Herr Hofrath Eichstädt an der Kirche.

Herr Geheime Hofrath Starke auf dem Markte.

Herr Bergrath Lenz in der Johannisgasse.

Herr Doctor Seebeck ebendaselbst.

Herr Major von Knebel am Neuthore.

Herr Professor Hegel auf dem alten Fechtboden.

Übrigens sollte es mir angenehm seyn, durch diesen Boten von den Herrn Beamten, Burgemeistern, mir sonst bekannten Personen, Nachricht in Briefen oder mündlich zu erhalten. Alle versichere ich meines herzlichsten Antheil bey diesem traurigen Vorfalle.

Weimar, den 18. October.

J. W. v. Goethe.[199]


19/5255.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 20. Octobr. 1806.

Wir leben! unser Haus blieb von Plünderung und Brand, wie durch ein Wunder verschont. Die regierende Herzoginn hat mit uns die schröcklichsten Stunden verlebt, ihr verdancken wir einige Hoffnung des Heils für künftig, so wie für jetzt die Erhaltung des Schlosses. Der Kayser ist angekommen am 15. Octbr. 1806.

G.


Merckwürdig ist es daß diese Tage des Unheils von dem schönsten Sonnenscheine begleitet und beleuchtet waren.


Um diese traurigen Tage durch eine Festlichkeit zu erheitern, habe ich und meine kleine Hausfreundin gestern, als am 20. Sonntag nach Trinitatis den Entschluß gefaßt, in den Stand der heiligen Ehe ganz förmlich einzutreten; mit welcher Notification ich Sie ersuche, uns von Butter und sonstigen transportabeln Victualien manches zukommen zu lassen. Auf Ihren lieben Brief folgt nächstens in ruhigern Stunden eine umständlichere Antwort.[204]


19/5256.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar d. 20. October 1806.

Wir leben! unser Haus blieb von Plünderung und Brand, wie durch ein Wunder verschont. Die regierende Herzogin hat mit uns die schrecklichsten Stunden verlebt. Ihr verdanken wir einige Hoffnung des Heils für künftig, sowie für jetzt die Erhaltung des Schlosses. Der Kaiser ist angekommen am 15. October 1806.

G.


Merkwürdig ist es, daß diese Tage des Unheils von dem schönsten Sonnenschein begleitet und beleuchtet waren.


Meine größte Sorge in diesen schrecklichen Stunden war für meine Papiere und sie war nicht ohne Grund; denn in andern Häusern haben die Plünderer besonders Papiere durcheinander geworfen, zerstreut und verderbt. Sie schienen Geld und Kostbarkeiten dazwischen zu vermuthen. In den ersten ruhigen Stunden erhalten Sie das Fragment Elpenor zur ersten Lieferung.

Haben Sie das Paket vom 19. August erhalten, welches die Mitschuldigen, Geschwister, Mahomed und Tankred enthielt? Andre Correspondenzen werden Ihnen bald genug melden, wie übel es uns im ganzen ergangen ist.[205]


19/5257.


An Johann Friedrich Blumenbach

Weimar am 20, Octobr. 1806.

Wir leben! unser Haus blieb von Plünderung und Brand, wie durch ein Wunder verschont. Die regierende Herzogin hat mit uns die schrecklichsten Stunden verlebt. Ihr verdanken wir einige Hoffnung des Heils für künftig, so wie für jetzt die Erhaltung des Schlosses. Der Kaiser ist angekommen am 15. October 1806.

G.


Merkwürdig ist es, daß diese Tage des Unheils von dem schönsten Sonnenschein begleitet und beleuchtet waren.


Sonntag den 12. war ein sehr wilder Zwiebelmarkt, wobey Ihrer, wie immer, mit Anhänglichkeit gedacht wurde. Die folgenden Tage vermehrte sich die Verwirrung von Augenblick zu Augenblick. Nun stehen wir wieder auf Füßen; aber noch schwindelt uns der Kopf. Jena hat mehr gelitten, als Weimar.


19/5258.


An Christian Gottlob Voigt

[20. October.]

Von Jena habe ich ein Circular zurück, das ich an Freunde sendete. Zugleich sind mehrere Briefe an[206] mich gekommen. Alles theile ich mit, so bald ich es durchgelesen habe.

Eine Bitte wiederholen sie ernstlich. Sie bitten, daß man ihnen einen resoluten Mann, der deutsch und französisch könnte, hinüberschickte, um ihnen zu assistiren. Wäre nicht Brunnquell das Subject und hier entbehrlich?

Das Museum ist grettet. Die Bibliotheken und andre Institute auch. So bald man hier nur selbst sicher ist, will wohl hinüber. Nur obige Bitte haben Sie die Güte zu beherzigen.

Schelver ist ganz ausgeplündert und nebst seiner Frau mit einem französischen General als Arzt fortgegangen.

G.


19/5259.


An Christian Gottlob Voigt

[20. October.]

Lenzens Strudeley muß freylich in solchen Augenblicken aufs höchste geängstigt erscheinen. Hätte er geschrieben wegen des Cabinet wo oder wie; so konnte man irgend etwas thun. Gegenwärtig weiß ich nichts als ihm durch den sichern Boten Zwanzig Thaler zu schicken die ich mir aus der C. C. bald zurück erbitte weil wir nun alle für uns sorgen müssen. Ein Wort von Ew. Excellenz! Der Bote geht erst morgen früh um 8 Uhr.[207]


19/5260.


An Johann Heinrich Meyer

[20. October.]

Wenn es Ihnen möglich ist, lieber Professor, so verfügen Sie sich, wo nicht heute, doch morgen früh, zu Hofrath Wieland und zeichnen sein Profil mit der Calotte, in der Größe etwan eines Laubthalers. Denon wünscht es zu haben. Der Zweck ist, daß eine Medaille danach geschnitten würde. Es ist nur gut, daß unsre Überwinder wenigstens von einigen Individuen Notiz nehmen, da sie das Ganze nivelliren.

G.


19/5261.


An Christian Gottlob Voigt

[21. October.]

Sollten wir nicht etwa unserer Seits den jungen Müller nach Jena schicken, und ob sich die Ausräumung der Bibliothek und des Museums abwenden läßt. Es wäre was darum zu geben.

Denn nie kommen sie wieder zusammen. Bitte auch dies gefällig zu bedenken.

G.


19/5262.


An Carl Ludwig von Knebel

[21. October.]

Eben wird ein Viertels Eymer für dich abgezogen. Er liegt da und du kannst ihn abholen lassen. Sende einen sichern Mann mit einem Schubkarren herüber[208] und giebt ihm einen Brief an mich mit. Vielleicht ist es gut, wenn mehrere zusammengehen. Doch ist der Weg im Ganzen sicher. Schreibe mir, was du bey dieser Gelegenheit sonst noch möchtest. Kann ich es senden, so schicke ich es herzlich gern.

Ich habe Romann von Erfurt herüberbestellt. Auf alle Fälle erhalte ich Nachricht von ihm. Ich will auch etwas Wein für dich nehmen. Im nächsten Briefe schreibe mir wieviel.

Der Verlust von Schelvern und Seebeck thut mir sehr leid; aber was will man in den Momenten des Schiffbruchs anders erwarten! Möge es ihnen auswärts wohlgehn! Vielleicht stellen wir uns her, daß sie gerne wiederkommen mögen.

Von der Herzogin Mutter, dem Erbprinzen, der Prinzeß und also auch deiner Fräulein Schwester haben wir Spur bis Langensalza. Kein Unfall hat sie betroffen. Vom Herzog weiß man nichts, auch nichts vom Prinz Bernhard. Haltet euch, so gut es möglich ist. Nur die erste Zeit ist noch peinlich. Es werden auch Stunden der Genesung und des Wohlseyns wiederkommen.

Wegen unsrer wissenschaftlichen Anstalten schreibe ich dir nächstens und bitte dich auf alle ein Auge zu haben.

Daß ich mit meiner guten Kleinen seit vorgestern verehlicht bin wird euch freuen. Unsre Trauringe werden vom 14. Octbr. datirt.

[209] Die regierende Herzoginn ist an ihrem Posten.

Denon Direcktor aller Kayserlichen Museen, logirte zwey Tage bey mir. Ich hatte ihn in Venedig gekannt und viel Freude am Wiedersehen.

Lebe wohl. Grüße und schreibe oft.

Den Brief an deine Frl. Schwester laß ich bey mir liegen.

G.


Vorstehendes war gesiegelt. Dein freundliches, erwünschtes von gestern kommt an. Ich setze nur hinzu: Grüße Dr. Voigt. Sobald der gute sollst einen Gedancken wegen der botanischen Anstalt erfahren.

Lebe wohl mit den Deinigen.

d. 22. Octbr. 1806.

G.


19/5263.


An Carl Ludwig von Knebel

Durch einen Boten, der ohne dieß hinübergeht, sende ich dir zwey Nößel Dessertwein. Ich will sehen, daß ich bald etwas mehreres mittheile; wenn ihr die Botenweiber nur wieder heut Abend herüberschicken könntet! Ich will mich einrichten, morgen Mittag ihnen etwas mitgeben zu können. Unendliche Freude hatte ich, zu vernehmen, daß es euch leidlich gegangen ist. Haltet euch nur noch diese ersten Tage. Bis man selbst[210] wieder beysammen ist, und thätiger zu Hülfe kommen kann.

Weimar, 21. October 1806.

G.


19/5264.


An Johann Georg Lenz

Ich hätte gewünscht, mein lieber Herr Bergrath, daß Sie mir das, was an Sie wegen Räumung des Cabinets ergangen, näher angezeigt hätten, weil sich alsdann vielleicht einige Remedur hätte treffen lassen. Nun muß ich es Ihnen aber ganz anheim geben, wie Sie sich einrichten können. Herr Dr. Fuchs hat ja so manche Zimmer an der Seite, die nicht besetzt sind. Doch weiß ich überhaupt aus der Ferne nicht zu rathen. Was Sie selbst betrifft, so haben Sie nicht Ursache, so gar ängstlich zu seyn. Ich will in mehrere Zeitungen einen Aufruf an die Glieder der mineralogischen Societät einrücken lassen, daß man Ihnen zu hülfe komme, und es wird gewiß geschehen. Schreiben Sie an die Ungarn und Siebenbürger, die Lage von Jena überhaupt, besonders aber die ihrige, jedoch männlich und nicht abject, und Sie werden gewiß Beystand finden. Suchen Sie das Cabinet soviel als möglich zu erhalten. Wenn der Sturm vorüber ist, läßt sich bald alles wieder in Ordnung stellen.

Hier schick' ich einstweilen 10. Thaler zu den näch-[211] sten Bedürfnissen. Bald hören Sie mehr von mir. Nur haben Sie Muth und nehmen Sich indessen zusammen. Da Sie in der Welt als ein thätiger Mann bekannt sind und so viele Connexionen haben, so ist weniger Ursache, kleinmüthig zu seyn, als bey tausend andern. Bleiben Sie meiner dauernden Theilnahme gewiß für jetzt künftig.

Weimar d. 21. October 1806.

G.


19/5265.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Sie erhalten hiebey einen Brief an Herrn Denon, Generalinspector der kayserlichen Museen. Die Akademie schicke jemand an diesen Mann, der wahrscheinlich noch in Naumburg wird zu treffen seyn, um ihn um Empfehlung an Maret zu bitten. Der Abzuschickende müßte einen Passeport vom Commandanten mitnehmen. Wenn man eilt, so findet man den Regierungsrath Müller noch in Naumburg. Mehr weiß ich für diesmal nicht zu sagen, als daß ich guten Muth wünsche. Wenn man nur erst zur Besinnung kommt, läßt sich manches angeben, was nützlich und heilsam ist. Weimar den 21. October 1806.


Ich habe, um diesem Briefe sichere Sendung zu verschaffen, dem Manne, der ihn überbringt, versprochen,[212] daß er von Ihnen einen Conventionsthaler erhalten soll, da Ihr Bote sich nicht wieder gemeldet hat.

Goethe.


Ein Bruder des Herrn Regierungsrath Müller, der hier ist und in dergleichen Geschäften sich nützlich und klug bewiesen hat, spricht gut französisch und hat viel und wäre vollkommen der Mann für Jena im gegenwärtigen Augenblick. Nur müßte man ihn drüben bezahlen; denn hier ist kaum Rath für die Stadt. Da er ohnehin nicht eher hier abgehen kann, als bis sein Bruder zurückkommt, so können mir Ew. Wohlgeb. ihre Gesinnung darüber durch einen Boten äußern, der, wenn er heute Abend ankäme, zur rechten Zeit eintreffen würde.

Haben Sie die Güte nur immer, was Sie meisten interessirt, zu wiederholen; denn man vergißt eins über das andre. Ich will gern alles leisten, was in meinen Kräften steht.


19/5266.


An Dominique Vivant Denon

[Concept.]

[21. October.]

Je me fais des reproches, que pendant Votre présence, mon estimable ami, je ne sentis que la joye de Vous revoir, et que j'ai oublié la misere qui m'entoure. A peine êtes-Vous parti, que les maux, dont l'académie de Jena est accablée, me sont[213] représentés de nouveau, par quelques dignes membres, qui me prient de les recommander à votre protection. Ils vont à Naumbourg, ils désirent d'être présentés à son Excellence Mr. Maret, ce que Vous auriez fait surement, si c'étoit adressé à Vous même sans cette lettre. A présent comme j'espere, qu'ils pourront Vous trouver à Naumbourg, je Vous conjure, de faire pour eux et pour moi tout le possible, je dis pour moi, parceque les institution de Jena étoient en partie mon ouvrage, et je suis sur le point de voir un travail de trente ans perdu pour toujours, et vous trouverez bien qu'avant de se résigner, il faut faire tout le possible pour tacher de se sauver et les autres.


19/5267.


An Carl Ludwig von Knebel

[22. October.]

. . . deshalb schlage ich dir einen Fremden vor. Es ist der junge Hofgerichtsadvocat Müller, ein Bruder des geheimen Reg. Raths, ein guter Jurist, dabey ein gewandter, kluger, zuverlässiger junger Mann, auf den ich viel Vertrauen habe, ohne Pedanterie, mit viel Menschenkenntniß und Lebensart. Ich dächte den sprächst . . . legtest ihm die Sache vor, die freylich . . . . . . . ckelt und verwundet ist. De . . . . . . . . . s gesetzlichen Arztes . . . . . . . . . . . heute. Willst du so . . . . . . . . . . . . . führe ihn bey dir[214]


19/5268.


An Carl Ludwig von Knebel

Dem. Huber in Herrn v. Hendrichs Hause welche nicht gar einen halben Eymer Würzburger auf Bouteillen von mir im Keller hat, ist von mir angewiesen dir diesen sämtlichen Vorrath abfolgen zu lassen. Magst du ihr gegen Quittung etwa 6 rh. Geld geben; so stehe ich dafür. Das arme Mädchen ist ganz verlassen. Ich will sehen daß ich ihr eine Auszahlung von des Majors Tracktament verschaffe. Tausend Grüsse. Die Herzoginn Mutter, Prinzeß pp. sind in Göttingen. Vielleicht von da schon hierbey auf dem Wege. Ich habe einen Brief von Blumenbach.

W. d. 23. Octbr. 1806.

G.


19/5269.


An Carl Ludwig von Knebel

Herr Doctor Müller, ein Bruder unsres hiesigen Regierungsrathes, geht nach Jena, um sich unserer besondern, von der Academie separirten Institute anzunehmen. Haltet euch an ihn und steht ihm in allem bey. Wenn Professor Schelver schon abgereist ist, oder seine Wohnung gänzlich verlassen hat; so wird Doctor Müller Herrn D. Voigt ersuchen, sich der Sache einstweilen anzunehmen. Was euch sonst beygeht, bedenkt, beredet und richtet aus. Lebe tausendmal wohl.

[215] Habe ich dir schon geschrieben, daß ich einen Besuch von meinem alten Freund Denon hatte, der sich einige Tage bey uns aufhielt? So muß erst ein Gewitter vorbeyziehen, wenn ein Regenbogen erscheinen soll! Er war äußert munter und artig. Weimar den 23. October 1806.

G.


19/5270.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 24. October 1806.

Ich danke dir vor deinen umständlichen Brief und gratulire dir, daß du aus dem Wehrstande in den Lehrstand übergegangen bist. Jetzt nur das Nöthigste. Ich lege einen Brief von Blumenbach bey, woraus erscheint, daß wir die Herrschaften hier zu erwarten haben. Sobald sie ankommen, erfährst du's.

Schon gestern ist Mamsell Huber angewiesen, dir allen meinen Wein verabfolgen zu lassen. Auf einen Eymer rothen sollst du auch nicht lange mehr warten: denn die Communication mit Erfurt ist ziemlich wieder hergestellt.

D. Voigt soll in diesen Tagen von Fürstlicher Commission den Auftrag in forma erhalten, sich des botanischen Gartens anzunehmen, mit dem Versprechen, nach Schelvers endlicher bis jetzt noch nicht erfolgter Resignation die Stelle zu erhalten, insofern sie unter den neuen Umständen noch eine Stelle seyn wird.

[216] Bey uns ist es sehr still, außer daß preußische Gefangene in Unzahl durchgeführt werden.

Jeder muß sich nur in diesen ersten Augenblicken zusammennehmen und möglichst wiederherstellen, so wird auch dem Ganzen geholfen. Man kann nun schon wieder anfangen, um sich her und für andre zu wirken. Ich freue mich der tüchtigen und thätigen Menschen, die du mir nennst. Daß die morsche jenaische Verfassung bey dieser Gelegenheit zusammenbrechen würde, ließ sich voraussehen. Jämmerlicher konnte kein gemeines Wesen geführt seyn. Ich weiß, was es mir für Noth machte, meine wenigen Anstalten als ein gesundes Glied, innerhalb eines absterbenden Körpers zu erhalten. Lebe wohl und laß uns von Augenblick zu Augenblick das nöthigste thun.

G.


Bedarf Hegel etwas Geld so gieb ihm biß etwa auf 10 rh. 20 rh. habe ich von dir. Für das der Huber gegebene bin ich auch gut.


19/5271.


An Johann Friedrich Cotta

Die Druckproben zum vierten Bande sind glücklich bey mir angelangt und ich wüßte nichts weiter dabey zu erinnern. Auch mit dem übrigen, was schon in Aushängebogen bey mir ist, kann man im Ganzen wohl zufrieden seyn, und überhaupt wollen wir nur[217] Gott danken, daß wir soweit sind. In jener unglücklichen Nacht waren meine Papiere meine größte Sorge, und mit Recht. Denn die Plünderer sind in andern Häusern sehr übel damit umgegangen und haben alles wo nicht zerrissen, doch umhergestreut. Ich werde nach dieser überstandenen Epoche um desto mehr eilen, meine Manuscripte in Druck zu bringen. Die Tage des Zauderns sind vorbey, die bequemen Stunden, in denen wir uns mit Hoffnung schmeichelten, unsre Versuche zu vollenden, und was wir nur entworfen hatten, auszuführen.

Mit der montägigen fahrenden Post geht nicht allein Elpenor an Sie ab, sondern es folgt auch er 5. 6. u. 7. Theil meiner Werke. Der 8. ist schon in Ihren Händen. Sie können deswegen, wenn es Ihre Convenienz ist, mit dem Druck sogleich fortfahren, ja ich denke, in weniger Zeit das übrige dergestalt bereit zu halten, daß weiter kein Aufenthalt eintreten soll.

Sobald unsre guten Jenenser sich einigermaßen erholt haben, soll auch an der Farbenlehre fortgedruckt werden, um so mehr, als wir diesen Winter Ursache haben, uns im Stillen zu beschäftigen und wenig nach außen zu sehen.

Meine Ideen über organische Bildung, besonders am osteologischen Typus durchgeführt, wünsche ich auch noch diesen Winter drucken zu lassen. D. Voigt der jüngere zu Jena wird Noten und Zusätze dazu[218] liefern, um zu zeigen, wie brauchbar jener Leitfaden in der Erfahrung werden kann. Ich sollte nicht denken, daß es viel über 12 Bogen geben könnte. Mögen Sie es in Verlag nehmen, so dürften Sie nur an Frommann deshalb das nöthige besorgen. Mein Text könnte immer gedruckt werden: denn Noten und Zusätze kommen ans Ende, und die Einleitung, die ich dem ganzen vorsetzen will, läßt man zuletzt drucken. In dieser will ich meine Ansichten überhaupt geben und ich denke, sie soll auch für das allgemeine Publicum nicht ohne Interesse seyn.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein. Mit der montägigen Abendpost berichte ich nochmals den Abgang des oben gemeldeten Pakets und bitte mir nach dessen Ankunft, zu meiner Beruhigung, baldige Antwort aus.

Ein herzliches Lebe wohl!

W. d. 24. Octbr. 1806.

Goethe.


19/5272.


An Johann Friedrich Cotta

Da die fahrende Post noch nicht abgeht, so schicke ich den Elpenor einstweilen mit der reitenden. Die zweyte Lieferung ist auch schon durchcorrigirt und liegt parat, um mit dem ersten Postwagen abzugehen. Fahren Sie fort, mir die Aushängebogen zu schicken, damit ich von dem Fortgange der Arbeit immer benach-[219] richtigt werde. Bis jetzt ist es uns noch ganz leidlich gegangen. Freylich ist das Kriegswesen, seine Art und Folge Ihnen lange bekannt. Ich wünsche wohl zu leben und hoffe bald von Ihnen zu hören.

Weimar den 28. October 1806.

G.


19/5273.


An Carl Ludwig von Knebel

Demoiselle Huber, welche das Hendrichsche Hauswesen mit wahrhaften Amazonenmuth, soviel es mögen war, erhalten hat, nimmt diesen Brief mit hinüber, durch den ich dir die besten Grüße sende, wobey ich sagen kann, daß wir uns die besten Grüße sende, wobey ich sagen kann, daß wir uns eben auch nach und nach wieder herstellen. Demoiselle Huber hat Auftrag, dir meinen übrigen Würzburger noch zuzustellen, und wenn du etwas von dem Hendrichschen geretteten Vorrath, wovon man aber freylich nicht laut reden darf, wünschtest, dir es gleichfalls für meine Rechnung zu geben. Besuche diese gute, in mehr als einem Sinne schätzenswerthe Person, stehe ihr mit gutem Rath bey, denn sie steckt freylich in dem Schlosse sehr verlassen; und benutze wieder, was sie dir gefälliges und erfreuliches bezeigen kann.

Jetzt da die große Überschwemmung über uns weggegangen ist; so wäre nichts wünschenswerther, als daß von oben herein alles beysammen wäre: denn es seht nur ein kleiner Anstoß, der durchginge; so wäre[220] in wenig Tagen und Stunden alles auf dem alten Fleck. Indessen muß man den Einzelheiten nur Zeit lassen, so ziehn sie auch wieder ins Gleis.

Wenn ich dir auf einige Fragen nicht antworte, so verzeihe. Man ist denn doch im Grunde noch in einer sehr so thätig seyd, um zu erhalten und herzustellen.

Von der Herzoginn Mutter und allem, was in ihrem Gefolge ist, kann ich dir noch nichts bestimmtes sagen. Es scheint, die Eisenacher möchten, sie gern als ein Palladium bey sich behalten, und vermehren deshalb Sorge und Irresolution in der Gesellschaft. Von Pappenheim hat den Oberforstmeister von Stein nach Eisenach geschickt, um, wenn Herzoginn nicht wieder nach Weimar kommen will, wenigstens die junge Frau herzuholen. In einigen Tagen kann ich dir das nähere melden.

Von Könneritz wissen wir keine Nachricht zu geben. Sobald ich etwas erfahre, sollst du es wissen. Ich setze meine Arbeiten soviel wie möglich fort, und hoffe, in ein paar Tagen, Manuscript zu ein Paar Bogen der Farbenlehre abzusenden.

Ersuche D. Voigt alle Zeit, die er übrig hat, auf mein Manuscript zu wenden. Ich will es baldigst abdrucken lassen, damit nur nicht die Bemühungen eines ganzen Lebens an einem Hefte Papier hängen. Seine Noten und Bemerkungen, die er dazu manchen[221] will, werden ohnedem hinterdrein gedruckt, und meine Einleitung, die ich über Morphologie schreiben will, kann später gedruckt und vorgebunden werden.

Lebe recht wohl, gedenke mein und laß mich bald wieder von dir erfahren.

Weimar den 29. October 1806.

G.


19/5274.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Weimar, den 31. October 18006.

Indem ich Ihren so herzlich freundlichen Brief erhalte, mache ich mir Vorwürfe, daß ich mehrere Blätter nicht abschickt, die schon seit dem 16. auf meinem Tische liegen und davon auch eins nach München sollte. Das was geschehen ist, war leider ziemlich vorauszusehen; doch hatten wir nicht die stolze Furcht, einen Namen in der Weltgeschichte um solchen Preis zu gewinnen. Nun eil' ich, Ihnen, mit lebhaften Dank für Ihren treuen Antheil, von mir, meiner Umgebung und was mich sonst mittelbar berührt, gute Nachrichten zu geben. Die schrecklich dringenden Ereignisse waren durch ahndungsvolle Tage vorbereitet. Zwey und siebzig Stunden von Gefahr und Noth können wir ohne Übertreibung angeben. Den Aufwand an Geistes- und Körperkräften, an Geld und Vorräthen verschmerzt man gern, weil doch so vieles und darunter das wertheste erhalten ist.

[222] Meine Gesundheit hat kaum gewankt, und ich befinde mich seit meiner Rückkehr von Carlsbad unausgesetzt so wohl, als Weimar, der gute Schelver sehr viel, Frommanns und andere Freunde sind glücklich durchgekommen. Was von Wissenschafts- und Kunstanstalten in Jena und Weimar unmittelbar unter mir selbst steht, hat wenig gelitten. Jedermann sucht sich herzustellen. Die Collegia gehen den 3. November wieder an, und wenn der ungeheure Kriegsstrom uns nicht zum zweytenmal berührt, so sollen Sie bald hören, daß Leben und Thätigkeit bey uns noch nicht erloschen sind. Herzliche Grüße an Jacobi's, an die Ihrige und an alle mein Gedenkende.

G.


19/5275.


An Christian Gottlob Voigt

[October.]

Ein aufrichtendes Wort von Ew. Excellenz wird dem bedrängten Manne viel seyn. Leider wird man auch hier zur Betrachtung des vergangenen anarchischen Zustandes von Jena zurückgeführt. Jedes isolirte sich, alles haßte, verfolgte, hinderte einander, und nun treten mitten im Unglück die Folgen aller Mißverhältnisse und Feindschaften hervor. Doch wollen wir zu Beruhigung und Trost das mögliche thun, wie bisher zu Erhaltung eines fast unhaltbaren Zustandes.

G.[223]


19/5276.


An Carl Ludwig von Knebel

Daß die Herzogin Mutter und die Prinzeß und also auch deine Fräulein Schwester glücklich zurückgekommen, davon wirst du schon Nachricht erhalten haben. Wir hoffen auch von dir und von Jena überhaupt bald wieder Gutes zu vernehmen: denn leider hör' ich, daß ihr noch mit Blessirten sehr überhäuft seyd.

Ein halber Eymer rother Wein zu 14 rhn ist von Erfurt für dich angekommen. Wenn Jemand herüberfährt, so laß ihn abholen. Find' ich früher Gelegenheit ihn zu schicken, so thue ichs auch.

So eben erhalte ich deine beyden Briefe. Der zweyte gereicht mir zum Trost. Leider läßt sich wenig rathen und helfen. Fritsch ist gewiß ein tüchtiger Mann; aber ich weiß ja, wie mir's in Friedenszeiten bey meinen Anstalten ging. Ich hielt die größte Ordnung, und wenn ich den Rücken kehrte; so machten sie mir, aus den kleinsten persönlichen Rücksichten und Zwecken, die dümmsten Streiche. Überhaupt sieht man erst jetzt, wie sehr das Land von Männern degarnirt ist, die Sinn und Energie besitzen. Lasse daher nicht ab, in diesen kritischen Augenblicken durch dich und deine nächsten zu wirken.

Auch hier giebt es manches zu thun und zu bedenken; aber bey uns herrscht doch eine größere Ruhe,[224] ja man hat gewissenmaßen lange Weile, weil man zur Arbeit keine Sammlung und Stimmung findet. Indessen sende ich doch heute etwas Manuscript der Farbenlehre an Frommann. So wie jeder sein Gewerbe wieder anknüpfen muß, so wollen wir's denn auch an dem unsrigen wo möglich nicht fehlen lassen.

Viele Grüße von mir und den Meinigen mit dem Wunsche, daß wir uns bald, wo nicht in völligem Frieden, doch wenigstens in leidlichem Ruhezustande wiedersehen mögen. Auch an die Tümplingsche Familie viel Grüße und Wünsche.

Weimar den 1. November 1806.

G.


19/5277.


An Friedrich August Wolf

Weimar den 3. November 1806.

Ihr Brief von Leipzig, mein Werthester, hat uns die größte Freude erregt, und eine fast unerträgliche Sehnsucht gestillt. Bey ihnen, bey der guten Loder, auf dem Berge und selbst auf Reils Gipfel ist unsre Einbildungskraft gegenwärtig gewesen, immer aber in der peinlichen Lage, sich nichts bestimmtes ausbilden zu können. Seyn Sie daher, nach dieser Überschwemmung, auf dem Halbtrocknen gegrüßt, und lassen Sie uns nur immer fester zusammenziehen, Wir haben die ersten Stunden und Tage in einem Taumel ver-[225] lebt, so daß wir die Gefahr selbst beynahe da erst gewahr wurden, als sie fast schon vorübergegangen war. Ich habe erst den General Victor, dann die Marschälle Lannes und Augereaux im Hause gehabt, mit Adjutantur und Gefolge. Für 40 Personen Betten mußten in einer Nacht bereit seyn und unser Tischzeug ward als Leinlaken aufgedeckt. Was daran alles hängt, können Sie leicht denken. Indessen ist unser Haus dadurch erhalten worden, und ob wir gleich manches gespendet und ausgetheilt haben; so können wir wohl von Verlust, aber nicht von Schaden sprechen. So viel für heute, mit den besten Grüßen an Minchen, auch an Berger, für dessen Blättchen wir danken. Meine kleine Frau, August und Riemer grüßen schönstens. Beyliegenden Brief bitte bald möglichst nach Berlin, so wie das mystische Blättchen an die Behörde zu bestellen. Ein tausendfaches Lebewohl, mit Bitte um baldige Nachricht.

Wie sieht es in Giebichenstein aus. Ist jemand von der Familie daselbst?


19/5278.


An Aloys Hirt

Weimar, den 3. November 1806.

Ihren lieben und gehaltvollen Brief empfang' ich mitten unter den Kriegsunruhen. Was ist nicht seit dem 6. October, von dem er datirt ist, alles vorge-[226] gangen, und schon hat der Strom, der bey uns durchbracht, auch bis über Sie weggewälzt. Gerade in einem solchen Augenblick ist es ein schöner Trost, wenn man aufs neue überzeugt wird, daß nichts in der Welt beständiger ist, als frühe, auf Wissenschaft und Kunst und gründliche Thätigkeit gegründete Verhältnisse, und daß nichts erfreulicher bleibt, als mit seinem redlichen Streben dem aufrichten Streben anderer von Zeit zu Zeit wieder zu begegnen. Nehmen Sie meinen lebhaften Dank, daß Sie meiner in den akademischen Versammlungen gedenken wollen und sagen Sie mir mit einem Worte, ob es nöthig und schicklich ist, daß ich unmittelbar danke, und an wen ich mein Schreiben zu richten hätte, oder ob Sie sich zum Dollmetscher meiner Empfindungen, besonders in den gegenwärtigen Verworrenen Zeiten, wohl machen möchten. Ihre Aufsätze zu studiren ist mir immer eine sehr angenehme Unterhaltung, so wie ich Ihr Bilderbuch mit sehr Antheil aufgenommen, mich daran gern alter Zeiten erinnert und mich daraus über manches belehrt habe. Lassen Sie uns in diesen kritischen Momenten treu, wie immer, zusammenhalten, und wo möglich noch eifriger wirken. Was ächt ist, muß sich eben in einem solchen Läuter-Feuer bewähren. Erhalten Sie mir ferner Ihr Andenken und das Andenken der Trefflichen Männer, mit denen Sie in Verhältniß stehen.

G.[227]

Noch an der Seite meinen Danken für das übersendete Werk, dessen wir in unserm Neujahrsprogramm mit Vergnügen gedenken werden.


19/5279.


An Carl Ludwig von Knebel

Mir ist höchst erfreulich, die Versicherung zu erhalten, daß Ihr euch nach und nach zu einer ruhe und Heiterkeit wieder herstellt. Ich suche es auch durch innere Thätigkeit zu thun, und rücke täglich an meiner Fabenlehre ein wenig zu recht, damit sie nicht ganz unwerth sey, dem Druck übergeben zu werden. Doch habe ich einen Abschnitt gemacht und erklärt, daß ich's künftig mit der Redaction nicht so genau nehmen werde. Die Hauptsache kommt doch zuletzt darauf an, daß die Materialien in einer gewissen Ordnung ins Publicum kommen. Wie wir die Menschen kennen, besonders unsre Zeitgenosse, so macht sich doch jeder seine eigene Sauce dran.

Das Pferdeskelet schreibt sich von mir her. Es stand ehmals hier auf der Reitbahn, hernach über zwey Jahr, wohl eingepackt, in Jena, und mußte nun noch so einen glücklichen Effect hervorbringen.

Der Wein soll demjenigen sogleich überliefert werden, dem du eine Legitimation mitgiebst. Die 20 Thaler zahl' ich zurück, so bald du sie verlangst. Bemerk mir doch noch einmal, wie viel du an Mamsell Huber gegeben hast.[228]

Der Wein steht bey Ramann auf meiner Rechnung. Mit der Bezahlung derselben hat es keine Eile, da ich ohnehin immer nur abschläglich verfahre.

Wenn Ihr uns besuchen könntet, würdet Ihr sehr willkommen seyn. Der Herzogin Mutter würde diese Erscheinung gewiß auch Freude machen.

Lebe recht wohl und nimm Tausend Grüße von den Meinigen.

Weimar den 5. November 1806.

G.


19/5280.


An Christian Gottlob Voigt

Soeben vernehm' ich, daß Rath Kraus an den Folgen jener traurigen Tage verschieden ist. Da mir die Sorge für das Zeicheninstitut obliegt, so frage ich bey Ew. Excellenz an, ob es nicht wohlgethan sey, seine durch die Plünderung in Unordnung gekommen Wohnzimmer einstweilen versiegen zu lassen. Von unsrer Seite könnte Professor Meyer , von jener der jüngere Bertuch etwa gegenwärtig seyn, und der Kupferstecher Müller, der ein Vertrauter des Verstorbenen war, dabey assistiren. Man erwartete, ob ein Testament zum Vorschein kommt, und sonderte alsdann dasjenige, was den erben, und dasjenige, was dem Institute gehört, von einander ab. Zum großen Theile ist auch dieses schon früher separirt gewesen und, was dem Institut gehört, an Portefeuillen,[229] Vorzeichnungen, Kupfer, steht in dem Vorsäälchen nach der Regierung zu. Dieses und den großen Saal behielte man offen und setzte die Schule unter Direction des Professor Meyer fort, wie auch gestern schon der Anfang gemacht worden.

Den früher mitgetheilten Brief des Prof. Fuchs lege gleichfalls bey und stimme ganz in Ew. Excellenz Meinung, daß er mit dem Verlust der Stelle, wenn er seinen Posten gegenwärtig verlasse, zu bedrohen sey.

Mich zu fortdauernder Freundschaft und Theilnahme empfehlend

Weimar den 6. November 1806.

G.


19/5281.


An Christian Gottlob Voigt

d. 9. Nov. 1806.

Tausend Danck für das Übersendete. Carolus Burgundus soll mir ein ewiges Denckmal des 9. November bleiben. Nun da man wieder des Besitzes sich zu erfreuen anfängt denckt man an den Besitz der Freunde. Hierbey folgen einige Pappen von Jena noch glücklich geretteter Münzen. Lesen Sie, verehrter Freund, davon aus was Ihnen fehlt und behagt, ohne weitere Rücksichten. Die übrigen Pappen folgen nach und nach. Zugleich erwarte ich von Auswahl gleichfalls vorgelegt werden soll. Könnte doch die Epochen des[230] Übergangs von Schrecken, Furcht und Hoffnung besser noch feyern und ewig danckbares Gemüth an den Tag legen.


19/5282.


An Philipp Otto Runge

Weimar den 10. November 1806.

Ihre so angenehme als reichliche Sendung, mein werthester Herr Runge, kam in sehr bewegten Augenblicken in der ersten Hälfte des Octobers bey mir an und verschaffe mir eine sehr reine Freude: denn schon für einen Strauß würde ich dankbar gewesen seyn. So umgeben Sie mich aber mit einem ganzen Garten, mit dem ich so eben nebst Ihren vier Kupfertafeln und Ihrem Bilde ein Zimmer auszieren wollte, als der unglückliche Vierzehnte bey uns einbrach. Zwar ist in meinem Hause nichts zerstört; aber die Lust, seine Umgebung erfreulicher zu machen, kehrt erst langsam zurück. Ihre Blumen sind alle wohl erhalten und es ist mir eine angenehme Empfindung, durch die Freude an diesen bedeutenden und gefälligen Productionen eine frühere Epoche an eine spätere, die durch einen ungeheuren Riß von einander getrennt scheinen, wieder anzuknüpfen. Sie erlauben, daß wir auch von dieser Arbeit in unserm Neujahrsprogramm eine freundliche Erwähnung thun. Mögen Sie mir, wenn Sie diesen Brief erhalten, bald sagen, wie Sie sich befinden und was Sie zunächst vorhaben; so wird es mir sehr[231] angenehm seyn. Zugleich wünschte ich Nachricht, imwiefern Ihre vier Kupferblätter im Handel sind, wo und um welchen Preis man sie haben könnte. Es ist bey mir schon deshalb einigemale Nachfrage gewesen. Mich Ihrem Andenken bestens empfehlend

Goethe.


19/5283.


An Charles François Dominique de Villers

Ihr freundlicher Brief, mein werthgeschätzter Herr, lag auf meinem Tische, als die Adjutantur der französischen Generale bey mir eintrat, um Quartier zu machen. Durch die Adresse wurde ich diesen Männern bekannt, die sich sehr freundlich gegen mich bezeigten und mir in diesen bösen Tagen manches Gute erwiesen. Ihnen also, mein werthester Herr Villers, bin ich außerdem, daß Sie mich in ästhetischem Sinne bey Ihren Landsleuten eingeführt haben, auch noch eine Einführung ganz anderer Art schuldig, von der ich Sie zu benachrichtigen, wofür ich zu danken nicht unterlassen wollte.

Ihren kleinen Aufsatz hab' ich mit Vergnügen gelesen, wobey es mir ein nicht geringer Trost war, zu sehen, daß dasjenige, was man geleistet hat, für etwas gehalten wird, in einem Augenblicke, wo man kaum Hoffnung fassen kann, etwas weiter zu leisten.

Nehmen Sie für die letzte Sendung so wie die früheren, zu welchen ich geschwiegen habe, meinen auf-[232] richtigen Dank und erhalten mir eine fortdauernde Theilnahme.

Weimar. 11. November 1806.


19/5284.


An Gentzsch

Ich werde von mehreren Seiten angegangen mich für die sonst gegen den Winter gewöhnliche Überschwemmung der Schwanseewiesen zu verwenden und die Behörden um Vorbereitung dieses Wintervergnügens zu ersuchen; so thue ich es hiermit gern und es würde mir ein Gefalle geschehen wenn Sie Sich mein werther Herr Gensch für diese Sache interessiren und sie in Gang bringen wollten. Weimar d. 13. Novbr. 1806.

Goethe.


19/5285.


An Johann Georg Lenz

Möchten Sie wohl, werthester Herr Bergrath die ältere Wernerische Schrift über die äussren Kennzeichen der Mineralien schicken und mir zugleich wieder einmal anzeigen, wie es in dem Museum und sonst gegenwärtig steht.

W. d. 15. Nov. 1806.

Goethe.[233]


19/5286.


An Carl Ludwig von Knebel

Von deiner Fräulein Schwester vernahm ich gestern, daß du nicht ganz wohl seyst; um desto angenehmer ist mir's, daß du mir meldest, es sey bald vorüber.

Zu der successiven Wiederherstellung unsrer Zustände haben wir uns Glück zu wünschen. Freylich brauchen wir alle geistliche und öconomische Kräfte, um die vergangenen Übel zu heilen und die gegenwärtigen zu ertragen.

Was mich betrifft, so halte ich mich ganz ziemlich und suche besonders das chromatische Manuscript in die Druckerey zu schaffen, um endlich diesen sisyphischen Stein los zu werden.

Von Halle hab' ich Nachricht, daß wirklich dort alles Academische Wesen noch inhibirt ist und die Fonds vorerst in Beschlag genommen sind. Übrigens hör' ich aber nicht, daß dieses Unheil der Schwester, der almae Jenensi, zu Gute kommt.

Lebe recht wohl! grüße die Deinigen und laß mich bald hören, daß du völlig wiederhergestellt bist.

Weimar den 26. November 1806.

G.[234]


19/5286a.


An Christian Gottlob von Voigt?

[Weimar, 27. November 1806.]

Als in der Nacht vom 14. auf den 15. October das Haus des Herrn Rath Kraus mit andern geplündert worden war und der würdige Mann manches Unangenehme erlitten, entfernte er sich aus demselbigen und blieb, während seiner Krankheit bis an seinen Tod, in dem Haufe des Herrn Legationsrath Bertuch.[91] Noch in seinen letzten Tagen war die Sorgfalt für die Zeichenschule bey ihm lebhaft, und man ließ auf seinen Antrag, sobald die Ruhe einigermaßen hergestellt war, die Stunden sogleich wieder fortgehen. Herr Professor Meyer, assistirt von den Unterlehrern, Müller, Horny und Temler, übernahm die Besorgung der Anstalt und sie wurde einige Wochen völlig auf dem alten Fuß fortgeführt. Unterzeichneter nahm Gelegenheit mit Herrn Professor Meyer zu besprechen und zu überlegen, was allenfalls künftig zu thun seyn möchte. Indessen war der Tod des Rath Kraus erfolgt und ich begab mich am 26. November auf die Zeichenschule, wo mir beyliegende Liste überreicht wurde, welche die Namen von 149 Schülern enthält. Man sieht hieraus gar wohl, daß es der Mühe werth sey auch künftig dieser Schule alle Aufmerksamkeit zu widmen.

Zuerst wurde beliebt, daß die Stunden Mittwochs und Sonnabends Morgens, Wie bißher, von 9 bis 10 den Pagen und einigen erwachsenen Schülern, von 10 bis 12 hingegen den Frauenzimmer gegeben werden sollten. Nachmittags solle von 1-3 den Schülern männlichen Geschlechts die Zeichenschule, so wie einem Theil derselben die Stunde von 1-2 bey dem Architecten Steinert offenstehen.

Da nun durch diese Einrichtung den übrigen Lehrern, welche bisher von 1-2 nicht gegenwärtig gewesen, eine neue Arbeit zuwächst; so hat man dem[92] Professor Meyer überlassen, ein Arrangement zu treffen, so daß einer um den andern dispensirt werden könne; welches sich gar füglich thun läßt.

Bey den Stunden überhaupt ist beliebt worden, daß die Lehrer sich in gewisse Reihen von Tischen theilen, damit nicht jeder im Ganzen hin und wieder gehen, sondern eine besondre und bestimmte Aufsicht übernehme.

An neue und zweckmäßige Vorschriften ist auch gedacht worden. Das übrige wird man nach und nach einzuleiten wissen.

G.[93]


19/5287.


An Johann Heinrich Meyer

Bey der hiesigen freyen Zeichenschule ist wünschenswerth, daß künstighin die Stunde Nachmittags von[234] 1 bis 2 den Knaben gleichfalls im Zeichnen gegeben werde, und es hat deshalb der Herr Professor Meyer die nöthigen Anstalten zu treffen. Weil aber dadurch den Unterlehrern eine neue Last zuwächst, so bleibt demselben überlassen, einen Turnus einzufügen, sodaß überhaupt Ein Lehrer immer dispensirt werden kann; welches in manchem Betracht sogar vortheilhaft seyn wird. Auch wäre die Einrichtung zu treffen, daß der Unterricht nach gewissen Reihen von Tischen geschähe, so daß, wenigstens Stundenweise, sich ein Lehrer an diese oder jene Seite hielte, damit nicht durch das Hin- und Wiedergehen die Zerstreuung vermehrt werde. Was sonst noch und nach gefällig anzeigen.

Weimar den 27. November 1806.

Goethe.


19/5288.


An Friedrich August Wolf

Weimar den 28. November 1806.

Warum kann ich nicht sogleich, verehrter Freund, da ich Ihren lieben Brief erhalte, mich wie jene Schwedenborgischen Geister, die sich manchmal die Erlaubniß ausbaten, in die Sinneswerkzeuge ihres Meisters hineinzusteigen und durch deren Vermittelung die Welt zu sehen, auf kurze Zeit in Ihr Wesen versenken und demselben die beruhigenden Ansichten und Gefühle mittheilen, die mir die Betrachtung Ihrer[235] Natur einflößt. Wie glücklich sind Sie in diesem Augenblick vor Tausenden, da Sie so viel Reichthum in und bey sich selbst finden, nicht nur des Geistes und bey Gemüths, sondern auch der großen Vorarbeiten zu so mancherley dingen, die Ihnen doch auch ganz eigen angehören. Wäre ich also auf jene magische weise in Ihr ich eingedrungen, so würde ich es bewegen, seine Reichthümer zu überschlagen, seine Kraft gewahr zu werden und zu irgend einem literarischen Unternehmen, wäre es auch nur für die erste Zeit, sogleich zu greifen. Sie haben die Leichtigkeit sich mitzutheilen, es sey mündlich oder schriftlich. Jene erste Art hatte bisher einen größern Reiz für Sie, und mit Recht. Denn bey der Gegenwirkung des Zuhörers gelangt man eher zu einer geistreichen Stimmung, als in der Gegenwart des geduldigen Papiers. Auch ist die beste Vorlesung oft ein glückliches Inpromptu, eben weil der Mund kühner ist als die Feder. Aber es tritt eine andre Betrachtung ein. Die schriftliche Mittheilung hat das große Verdienst, daß sie weiter und länger wirkt, als die mündliche, und daß der Leser schon mehr Schwierigkeiten findet, das Geschriebene nach seinem Modul umzubilden, als der Zuhörer das Gesagte.

Da Ihnen nun jetzt, mein Werthester, die eine Art der Mittheilung, vielleicht nur auf kurze Zeit, verlangt ist, warum wollen Sie nicht sogleich die andre ergreifen, zu der Sie ein eben großes Talent und[236] einen beynah reichern Stoff haben. Es ist wahr und ich sehe es wohl ein, daß Sie in Ihrer Weise zu leben und zu wirken eine Veränderung machen müssten; allein was hat sich nicht alles verändert, und glücklich der, der, indem die Welt sich umdreht, sich auch um seine Angel drehen kann. Neue Betrachtungen treten ein, wir leben unter neuen Bedingungen, und also ist es auch wohl natürlich, daß wir uns, wenigstens einigermaßen, neu bedingen lassen. Sie sind bisher nur gewohnt, Werke herauszugeben, und die strengsten Forderungen an dasjenige zu machen, was Sie dem Druck überliefern. Fassen Sie nun den Entschluß, Schriften zu schreiben, und diese werden immer noch Werkhafter seyn, als manches andre. Warum wollen Sie nicht gleich Ihre Archäologie vornehmen, und sie als einen compendiarischen Entwurf herausgeben? Behandeln Sie ihn nachher immer wieder als Concept, geben Sie ihn nach ein paar Jahren umgeschrieben heraus. Indessen hat er gewirkt, und diese Wirkung erleichtert die Nacharbeit. Nehmen Sie, damit es Ihnen an Reiz nicht fehle, mehrere Arbeiten auf einmal vor, und lassen Sie anfangen zu drucken, ehe Sie noch recht entschlossen haben. Die Welt und Nachwelt kann sich alsdann Glück wünschen, daß aus dem Unheil ein solches Wohl entstanden ist. Denn es hat mich doch mehr einmal verdrossen, wenn so köstliche Worte an den Wänden verhallten. Auf diese Weise können Sie den Winter mit[237] sich selbst bleiben; welches das Beste ist, was man jetzt thun kann. Denn wo man hinsieht und hintritt, sieht es wild und verworren aus; und das allgemeine Übel zerspellt sich doch eigentlich nur in unzählige einzelne Mährchen, deren ewige Wiederholung die Einbildungskraft mit häßlichen und unruhigen Bildern anfüllt, und zuletzt selbst ein gesetztes Gemüth angreift. Haben wir ein halbes Jahr hin, so sieht man eher, was sich herstellt Jahr hin, so sieht man eher, was sich Stelle bleiben kann, oder ob man wandern muß; und das letzte sollte man gewiß nur äußersten Nothfall ergreifen. Denn der Boden schwankt überall und im Sturm ist es ziemlich gleich, auf welchem Schiff der Flotte man sich befindet.

Soviel über die wichtige Frage, vielleicht schon zuviel. Ich spreche freylich nur nach meiner Denkweise, die ich Ihnen wohl überliefen kann. Indessen handle ich selbst nach dieser Lehre. An dem Farbenwesen wird ziemlich rasch fortgedruckt. Einen Entwurf der Morphologie gedenk' ich auch bald unter die Presse zu bringen, und meine Träume über Bildung und Umbildung organischer Wesen, wenigstens einigermaßen, in Worten zu fixiren. An den Aushängebogen, von Tübingen her, sehe ich auch, daß die erste Lieferung meiner ästhetischen Arbeiten bald hervortreten wird; und so muß man denn, in Erwartung besserer Zeiten, die gegenwärtige nutzen und vertreiben, sogut man kann.

[238] Tausend Lebewohl, mit lebhaften Wunsch eines baldigen Wiedersehens und längeren Zusammenseyns, als das letzte antediluvianische war.

G.


19/5289.


An Johanna Charlotte Frommann

Meine Sehnsucht, die lieben jenaischen Freude wiederzusehen, wird immer größer und doch kann man sich nicht losmachen, einladen kann man auch nicht; denn jedes ist bey sich gefesselt. Darum will nur wieder einmal schriftlich anfragen und Sie abermals um ein Blättchen bitten, wie das tröstliche war, das Sie mir gleich in den ersten Tagen so freundlich zusendeten. Herrn Frommann und dem lieben Minchen viel Grüsse. An den letzten Abend, den wir noch so froh zusammen zubrachten, habe ich oft gedacht. Meine kleine Frau empfiehlt sich Ihrer Neigung und wünscht mit mir alles Gute.

W. den 28. Nov. 1806.

Goethe.


19/5290.


An Christian Gottlob Voigt

[November.]

Herzlichen Danck daß Sie meine Einsamkeit mit einem freundlichen Wort erheitern und mir die doch[239] einigermassen günstige Nachricht von der Annäherung des fürstl. Vaters und Sohnes zu dem allmächtigen mittheilen wollen.

Möge sich Ihre unschätzbare Gesundheit in diesen ernsten Tagen kräftigen erhalten. Was mich betrifft; war meine kaum dem Frieden hinreichend so ist sies noch weniger dem kriege. Ich bewege manches in der Seele über das ich seiner Zeit zu sprechen und mich zu berathen wünsche.

Von den Münzen waren ihnen nach meinem Sinne weit mehrere zugewiedmet; ich hebe sie Ihnen für bessere Zeiten auf. Gerade diese rein unschuldige Neigung und Liebhabereyen sind das nahrhafteste Öl für den Lebensdocht.

Wegekommissair Götze bittet mich ihn zu empfehlen. Er ist Ihnen gewiß durch seine Thätigkeit empfolen. Vielleicht findet sich ein Anlas ihn zu verbessern.

G.


19/5291.


An Christian Gottlob Voigt

[November.]

Hierbey zu so mannigfaltigen öffentlichen Sorgen die Bitte eines Freundes!

Vielleicht hätten Ew. Excellenz die Gefälligkeit, vorläufig einen Auszug machen zu lassen, was bisher an Steuern für das Haus uns sonst für Abgeben bezahlt worden, ich würde Donnerstags sogleich das[240] Duplum von jenem auf das Rathhaus schicken und wegen des Übrigen sodann weitere Abrede nehmen.

Verzeihung und Neigung.

G.


19/5292.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

ist nicht unbekannt daß Serenissimus mir im Jahre 1794 das ehmalige Helmershausische, von mir seit jener Zeit bewohnte Haus auf dem Frauenplane durch eine eigenhändige Schenckungs Urkunde zugeeignet, nachher aber im Jahre 1801 deshalb ein förmlicheres Document aufgesetzt worin die Ursache jener gnädigsten Gesinnungen auf eine für mich ehrenvolle Weise articulirt worden, welches Document nebst andern Dispositionen unter Höchst Ihro Papieren befindlich, eine Abschrift aber in meinen Händen ist.

Seit jener Zeit habe das Haus durch ansehnliche Baulichkeiten verbessert, die Reparaturen besorgt; sowie auch die Einquartierungs Lasten getragen. Fürstliche Cammer hingegen hat die Steuern gezahlt wofür sie jedoch durch den Genuß des dem Hause haftenden den Genuß des auf dem Hause haftenden Brauloses entschädigt worden.

Da nun aber gegenwärtig 12 Kriegssteuern von den Grundstücken abzutragen sind, so finde mich bewogen mich zu Zahlung derselben, so wie künftig zu Berichtigung der gewöhnlichen Steuern und andrer[241] Lasten hiermit zu offeriren und mir dagegen den Genuß des Brauloses gehorsamst zu erbitten.

Ew. Excell. ersuchend hiezu bey dem gegenwärtig dringenden Termin irgend eine vorläufige Anleitung zu geben, bis das Geschäft in gehöriger Form abgeschlossen werden kann.

Mich mit danckbarer Verehrung unterzeichnend

W. d. 2. Dec. 1806.

Goethe.


19/5293.


An Christian Gottlob Voigt

Nach Ew. Excell. gütiger Anleitung habe mir von Seideln einen Auswurf der gegenwärtigen Kriegssteuern auf mein Haus machen lassen und den Betrag von 20 rh. 2 gr. 6 pf. auf das Rathhaus geschickt welche dort aber nicht angenommen worden weil sie sich nach den bisherigen Steuerverzeichnissen richten.

Möchten daher Ew. Excellenz die Veranstaltung treffen daß in Gefolg Ihres Erlasses an die Kammer Seidel angewiesen würde bey den Steuerbehörden zu erklären daß ich künftig die Abgaben zu entrichten hätte; so wäre die Sache eingeleitet und das übrige könnte bey ruhiger und gelegner Stunde nachgebracht werden.

Verzeihung und wiederhohlten Dank.

d. 5. Dec. 1806.

G.[242]


19/5294.


An Johann Heinrich Meyer

Der Herr Professor Meyer erhält hierbey 300 Stück der künftig vor Annahme der Schüler zur freyen Zeichenschule auszufüllenden Blätter. Um jedoch sogleich vollständiges zu haben, wären den gedachte Schule gegenwärtig besuchenden Kindern jedem ein Blatt nach Hause zu geben, um solches von den ihrigen ausfüllen zu lassen. Doch müßte man dabey den Irrthum zu vermeiden suchen, daß verschiedene Personen nicht etwa dächten: man wolle die schon aufgenommenen Kinder unter 9 Jahren wieder hinausweisen; wie denn auch etwa bey vornehmenden Personen die Lehrer das Blatt etwa selbst hintragen und die Absicht noch mündlich erklären könnten.

Weimar den 7. December 1806.

Goethe.


19/5295.


An Johann Friedrich Cotta

Beyliegendes Verzeichniß enthält umständlicher, was gestern den 8. December an Sie, mein werthester Herr Cotta, abgegangen. Die zweyte Lieferung kommt Ihnen also nunmehr zu Handeln, und auch ein Theil der dritten. Das übrige wird nun auch besorgt. Wenn das Paket ankommt, bitte ich um gefällige Nachricht. Die Aushängebogen der vier ersten Bände[243] langen nach und nach bey mir an. Beym flüchtigen Durchsehen ist mir nur ein einziger Druckfehler aufgestoßen, der aber doch einen Carton nöthig macht. Ich will noch weiter nachsehen lassen und alsdann die Veränderungen melden. Bey uns ist es diese Zeit her ziemlich still gewesen, indem die Militärstraße nicht durch Weimar geht, das auf der Seite liegt. Demungeachtet haben wir immer Einquartierung und es giebt so mancherley Zerstreuung, meistens von unangenehmer Art, deshalb ich nicht weiß, ob ich etwas erfreuliches für Ihr Tagesblatt und für Ihre Almanachs zusammenbringe.

Die Farbenlehre ist auch noch eine schwere Aufgabe, indem es grade der letzte Entschluß ist, mit dem man so lange zaudert, der, wenn man auch noch so gut vorbereitet ist, selbst wieder neue Forderungen herbeyruft.

Ihr gefälliges Anerbieten einiges Geldvorschusses rührt mich um so mehr, als ich gern gestehe, daß ich in den schlimmen Augenblicken mich Ihrer freundschaftlichen Gesinnungen erinnert und im Fall der Noth auf Ihre Bereitwilligkeit gehofft habe. Gegenwärtig geht es noch so ganz erträglich mit mir und den Meinigen, so daß ich mich noch eine Zeit lang hinzuhalten denke, obgleich unter solchen Umständen, wie Sie wohl wissen, Einquartierung, Contribution, Requisition, Beyhülfen u.s.w. Keller, Boden und Beutel ziemlich leer machen. Sie im mittägigen[244] Deutschland sind schon gelehrte Doctoren in diesen Kenntnissen, da wir andern erst am ABC kauen.

Übrigens habe ich das Glück mich in diesem Winter wohl zu befinden, wenigstens von keinen Übeln beladen zu seyn, die mich zurückwerfen und unthätig machen.

Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich den Ihrigen und lassen mich von sich hören. Weimar den 9. December 1806.

Goethe.


19/5296.


An Johann Heinrich Meyer

Bey Fürstlicher freyer Zeichenschule wäre bekannt zu machen, daß künftighin keine Zeichnungen, welche zum Muster dienen, den Schülern ohne besondere Erlaubniß fürstlicher Commission mit nach Hause gegeben werden können; wie denn deshalb eine nähere Anordnung nächstens erfolgen soll.

Weimar den 9. December 1806.

Goethe.


19/5297.


An Carl Ludwig von Knebel

Die kurzen Tage gehn mir sehr geschwind in allerley Beschäftigungen vorbey; besonders ist die Farbenlehre starck auf dem Amboß. Das Manuscript zum eigentlichen didactischen Entwurf ist schon ganz abgesendet;[245] nun sind am polemischen Theile des ersten Bandes, bey welcher Arbeit gute Unterhaltung, ja sogar leidenschaftliche Gemüthsbewegung zu finden ist.

Die Abende habe ich mich gewöhnt in Gesellschaft zu gehen, und so hoffe ich über die nächsten sechs Wochen glücklich hinauszukommen.

Daß Prinz Bernhard und Herr von Hinzenstern angekommen sind, wirst du wissen; auch die Equipage des Herzogs und einige Husaren haben sich eingefunden. Der Herzog verweilt noch in Berlin und unsre Lage ist wie des sämmtlichen Deutschlandes ungewiß und precär. Doch scheint für das Nächste nichts zu fürchten, und ich vermuthe, daß das Weihnachtsquartal der Besoldungen und Pensionen nicht zurückbleiben werde. Verzeih mein kurzes Schreiben. Sollte ich manchmal auf eine Anfrage nicht antworten, so wiederhole sie doch: denn ich bin mitunter zerstreut. Lebe recht wohl und von uns allen mit den Deinigen herzlich gegrüßt.

Weimar den 13. December 1806.

G.[246]


19/5299.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

werden aus beyliegendem Brief ersehen, daß nun auch Herr Mounier botanische Requisitionen macht. Es sind freylich dieses die unschuldigsten, und diese ist vernünftiger als jene, da man gleich schicken sollte. Übrigens glaub' ich, daß es gut ist, diese Bestellung in der zweyten Instanz zu lassen. D. Voigt mag antworten, wie er vorschlägt, und wegen jener ersten Sendung verfolgen wir den Weg, den ich mit Hofgärtner Wagner schon eingeschlagen und mit Falk beredet habe, besonders da sich beyde Requisitionen auf verschiedene französische Anstalten beziehen, die eine auf die Gärten der Kaiserin, die andere auf den Jardin des plantes. Gefällt es Ew. Excellenz, so erbitte mir den Brief zurück und ich antworte D. Voigt mit dem rückkehrenden Boten. Auf der Zeichenschule möchten wir gern die Statuen wegnehmen, um Platz zu gewinnen. Auf der Bibliothek sind noch schöne[249] Räume, wo sie zieren und nutzen würden. Zu dieser Dislocation erbitte mir gleichfalls Ew. Excellenz Einstimmung. Das Beste wünschend und mich angelegentlich empfehlend

Weimar den 20. December 1806.

Goethe.


19/5300.


An Friedrich Siegmund Voigt

Weimar, den 20. December 1806.

Es wird Fürstlicher Commission ganz angenehm seyn, wenn Sie Herrn Mounier antworten, wie Sie in Ihrem Briefe vorgeschlagen haben, und es vorerst als eine Privatsache behandeln, ihm Nachricht von der Flora jenensis überhaupt geben und sich das Übrige vorbehalten.

Wenn Sie bey Entfaltung des Typus alle Bücher bey Seite legen und sich blos an die Natur halten, so werden Sie gewiß alles durchdringen. Zu dem Gedanken, das os temporum mit der scapula zu vergleichen, gratulir ich. Die basis cranii werden Sie gewiß auch bald entwickelt haben, wie ich denn auch besonders das os ethmoideum, das Siebchen selbst, die conchas und den vomer empfehle, an welchen die Grundgestalt sich am wunderbarsten aufschließt, dem Auge ganz verschwindet und nur vom Geiste verfolgt werden kann.

[250] Der ich recht wohl zu leben wünsche, Herr und Frau Major von Knebel viel Empfehlungen auszurichten bitte und bald wieder etwas von Ihnen zu hören hoffe.

Goethe.


19/5301.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

hätte so gern schon lange nach so manchen Übeln ein erfreuliches Wort zugerufen; aber erst heute gefällt es dem kleinen Ritter seinen Wolfsgang in's Leben anzutreten. Es scheint gesund und wacker, brav wird er auch werden; denn so hat er sich schon verbunden mit der Mutter in jenen Schreckenszeiten gehalten.

Da man der bösen Tage sich oft erinnert; so ist es eine Erheiterung auch der guten zu gedencken und mancherley Epochen zu vergleichen, so fiel mir auf daß heute vor siebzehn Jahren mein August mich mit seiner Ankunft erfreute. Er läßt sich noch immer gut an und ich konnte mir Ew. Durchl. Einwilligung aus der Ferne versprechen als ich, in den unsichersten Augenblicken, durch ein gesetzliches Band, ihm Vater und Mutter gab, wie er es lange verdient hatte. Wenn alle Bande sich auflösen wird man zu den häuslichen zurückgewiesen, und überhaupt mag man jetzt nur gerne nach sehen.

Blicken wir nach aussen; so sehen wir uns blos nach Ihnen um und wünschen daß Sie bald wieder[251] in unsrer Mitte und an unsrer Spitze seyn mögen, nur von diesem Augenblick werden wir die Epoche unsrer Wiederherstellung datiren. Manches werden Sie von unsern Schicksalen vernommen haben. Durchaus werden Sie die Spuren des Übels geringer finden als die Einbildungskraft sie in der Ferne zeigt. So würde ich zum Beyspiel sagen können daß die unter meiner Aufsicht stehenden Besitzungen Ew. Durchl. fast unangerührt sind, wenn nicht gerade das was Sie besonders interessirt, Ihre Carten Sammlung besonders gelitten hätte.

Doch alles läßt sich verschmerzen wenn Sie uns bleiben und wir Ihnen, darüber kann niemand eine innigere Freude empfinden als der der ihnen schon so lange und auf Zeitlebens angehört.

Weimar d. 25. Dec. 1806.

Goethe.[252]


19/5254.


An den Herzog Carl August

[zwischen 25. und 26. December.]

Das Eis des mittheilenden Schreibens ist einmal gebrochen und ich fahre bequemer fort noch einiges nachzubringen, wenn ich gleich, als handschreibend, mich immer mehr papalysirt fühle.

Den neuen, lange erwarteten Ankömmling habe ich gesehen, er ist wohlgebildet und hat eine gute Farbe und verspricht zu leben. Möge er wenn er[199] einst die Welt erkennt sie lustiger finden als sie uns nun erscheint! ich bin zu alt ihn einzuführen; doch vielleicht kann ich ihm noch etwas werden. Auch die Zimmer der Mutter sind wieder ordentlich hergestellt, und anständig und bequem, danck sey es der Tischlerfertigkeit, die das zerschlagne und zerstoßne Holz bald wieder in Restauration gebracht haben. Glücklich alle Handwercker! deren Arbeit ohne Verlust des zerstörten wieder hergestellt werden kann, durch Hans und Kunz und wie sie heisen.

Erlauben Sie daß ich so fortfahre! es würde besser werden es sich ziemte daß ich dicktirte. Wo wir jetzt einen Anfang des Lebens erblicken hat es einen besonderen Reiz der Hoffnung; kann sich nun die Liebe daran schliesen; so ist der Glaube sogleich unfehlbar da und die Sache ist gemacht, indem wir überzeugt sind daß alles zu Grunde geht.

Den Prinzen August hab ich einen Augenblick in einer für uns beyde peinlichen Lage gesehen. Er bestellte bey mir ein Monument für den Grafen Schmettau. Ich will gern, dieser Pietät im Eingang, ein Schickliches besorgen und habe die Anstalten gemacht daß ehrenvoll und geschmackvoll geschehe.

Wenn mann übersieht was verlohren ist; so freut man sich billig doppelt des Erhaltenen. Die Bibliotheck ist wundersam erhalten. Die Thüre konnten sie nicht einsprengen, sie sägten die Gitter entzwey, schlugen die Thüre der Communarchiv auf[200] und fanden die ihnen verwünschten Papiere und Acten, das hat den untern Stock gerettet.

Aufgebrochen haben sie die Expeditionszimmer, Kleinigkeiten entwendet; sie sind durch alle Etagen der Bibliotheck durchgestigen, haben nur einige Stücke grüner Leinwand mitgenommen. Nichts ist beschädigt, und wir sind für diese erste Zeit als wenn nichts gewesen wäre. Daß wir Denzel manches schuldig sind ist mir wahrscheinlich.

Bald hätte ich vergessen zu sagen daß das Münzkabinett in der Angst der letzten Tage nach Alstedt geflüchtet ward. Auch darnach war große Nachfrage. Nun kann es zurückkehren und soll hoffentlich Sie an Ort und Stelle begrüßen.

Der gute Kraus ist auch in diesen Schicksalen zerkniescht worden. Wir haben gesucht das Institut, das gewiß ein Lebenspunckt der Weimarischen Thätigkeit ist, frisch zu erhalten. Meyer zeigt seine alte didacktische Tugenden und die Schüler vermehren sich wöchentlich. Sie wollen das Unheil vergessen und etwas für die Folgezeit werden. Daß das nicht in's Blaue gehe dafür ist durch Ernst gesorgt.

Die hindernden Statuen, aus dem bekannten Saale, haben wir auf die Bibliotheck gebracht, wo sie zieren und erfreuen und wo sie sogar dem Nachzeichnenden mehr nützen könnten. Manche andere Anstalten innerhalb dieser werden Sie bey Ihrer Rückkehr gewiß erfreuen, es ist auf's nothdürftige Leben und beyher,[201] oder hinterher, oder wie man will auf's erfreuliche Leben angesehen.

Nach Jena zu gehen konnt ich mich nicht entschliesen, so wie ich manche Briefe an Sie wie diesen schon zerrissen habe. Die Umwendung der Dinge steht einem noch zu nahe, alles was man sagt ist unzulänglich oder unzulässig und so schweigt man lieber oder nimmt sich zurücke als daß man spräche.

Am Mineralogischen Kabinet ist nichts verrückt, Weniges entwendet. Die Büttnerische Bibliotheck in salvo und doch war ein Lazareth im Mittelstock, ist noch dort. Darüber freuen wir uns billig jetzt; denn bisher mußte man mit neuem Tage eine neue Requisition erwarten und oft eine närrische, worunter man litt, und zwar doppelt.

Der Botanische Garten hat wenig gelitten, das Haus mehr, am meisten der gute und man darf sagen treffliche Schelver er ward biß auf's Hemd a diverses reprises, ausgeplündert und ging mit einem blessirten Offizier, der Vertrauen zu ihm faßte, fort, und ich weiß nicht wohin.

Vom Theater als dem bedeutendsten sollt ich auch wohl was sagen. Was läßt sich aber davon sagen als was von der Welt zu sagen ist: Sobald die grimmige Noth vorbey war, da traten alle Leidenschafften, biß zur gemeinsten, in ihre Rechte. Wir erhalten das nie wieder herzustellende Ganze, biß die herrschenden Umstände eine Dauer oder eine Auflösung gebieten.

[202] Doch alles das muß Ihnen vorkommen, da Sie die größten Interesses erst Ihres Häufleins, und da das nicht mehr zu halten war, das Weitere und Grössre im Auge hatten. Und doch mache ich mir Vorwürfe daß ich nicht die früheren Blätter die ich vollschrieb abschickte , Freylich waren sie, noch mehr wie diese, einem aufgeregten und sorgenvollen Gemüth entquollen. Doch aber wäre es Ihnen vielleicht wenn auch schmerzlicher doch erquicklicher gewesen. Genug das Vergangene ist vorbey und ich muß mich hüten diese Scribalien nicht wie die vorigen in den Windofen zu stecken.

Besinn ich mich aber was ich Ihnen noch Angenehmes sagen möchte; so ist es das was mich, nach entsetzlichen Klagen der besten Freunde, immer noch erfreut, daß der Schaden im Park nämlich ganz null ist. Die Belvederische Chaussee unangetastet. Der Stern unverletzt und nichts abgehauen als was Sie gegenwärtig in vierzehn Tagen, vielleicht mit anmuthigern Pflanzungen, wiederherstellen würden.

Befehlen Sie nur daß man römische Haus zu Ihrem Empfang bereite! mit wenigem sind die Spuren des Unheils ausgelöscht.


Hätte ich nicht so manches an Sie geschriebene Papier vertilgt; so schickt ich sie jetzt alle, es wäre doch ein interessantes Tagebuch unsrer Leiden und[203] Gesinnungen. Diese Blätter will ich eilig numeriren und siegeln, sonst trag ich wieder Bedencken.[204]


19/5298.


An den Herzog Carl August

[zwischen 25. und 26. December.]

Indem ich Vorstehendes, wie so manches andre Hingeworfne, dem Papiere zumuthe erfahre ich in meiner Abgeschiedenheit daß wir Sie nicht, wie wir[246] hofften, bald wiedersehen, vielmehr daß Sie Sich ferner von uns wegbegeben wollen. Ich komme dadurch in eine kleine Verlegenheit, die klein ist; aber doch immer eine Verlegenheit, weil ich Ihnen erst später, und wenn Sie in unsre gegenwärtigen Verhältnisse scharf hinein gesehen hätten meinen Wunsch eröffnet haben würde.

Verzeihen Sie also: wenn ich von unsrer Lage und von mir selbst rede. Vorwärts geht niemand und sogar leider, jedermann zurück, und auch ich bin von allen Seiten angegriffen. Daß meiner Mutter Vermögen in Franckfurt sich verringre folgt aus der Lage; daß ich hier übel dran bin, der Nichtgeplünderte, weil man sich mit Geschencken und Gaben doch am Ende ins Gleiche setzen muß, ist eine eben so natürliche Folge. Darüber würde ich mich weiter nicht betrüben wenn ich nicht neben mir geliebte Figuren hätte, an die ich zu dencken genöthigt werde wenn Freund Hayn zu nächst an meine Thüre klopft.

Sag ich also geradezu! Um jene Wesen die mir so angelegen sind im Augenblicke auf irgend etwas anzuweisen hab ich nichts als das Haus das ich früher Ihrer vorsorglichen Güte verdancke und zu dessen Besitz mir im gesorglichen Falle nur noch ein Letztes fehlt. Damals walteten Bedencklichkeiten ob, mir es eigenthümlich zuzuschreiben, sie sind schon durch die Zeit selbst ausgelöscht. Jedermann hält mich für den Eigenthümer, ich habe in glücklichen (jetzt möchte[247] man beynahe sagen in Schlaraffen-) Zeiten, mehr als billig hinein verwendet, ich habe mich Ihrer Gabe würdig bewiesen daß ich es zum Wohlleben, sondern zu möglicher Verbreitung von Kunst und Wissenschaft einrichtete und benutze. Nun habe die derben Kriegeslasten deshalb getragen und es bedarf nur Ein Wort an Geh. R. Voigt um die Sache selbst im jetzigen Augenblick ganz in der Stille abzuthun. Sie kam bey Gelegenheit der Kriegssteuern zur Sprache, die ich abzutragen erbötig war. Dies ist also meine Bitte daß Sie mir das Gegebene geben, wofür ich mich doppelt und dreyfach zu erweisen hoffe. Es wird ein Fest für mich und die Meinigen seyn wenn die Base des entschiedenen Eigenthums sich unter unsern Füßen befestigt, nachdem es so manchen Tag über unserm Haupte geschwanckt und einzustürzen gedroht hat.

Hypochondrisch möchte ich nicht gern endigen, da es genugsam Anlässe zu traurigen Stimmungen giebt.

Gern sag ich deßwegen daß Carls-Bad mir sehr wohl gethan, daß ich keinen Haupt Anfall diesen Winter erlitten. Aber erlitten habe ich etwas vom 14. Octbr an, auch etwas phisisches das mir noch zu nahe steht um es ausdrücken zu können. Geb uns allen der Himmel Jahre um diesen Gegenstand in den Sehewinckel zu bringen.

Beym Sehen fällt mir ein und ich gedencke nicht ohne Rührung Ihrer Frage auf dem letzten Jagdgange[248] nach meiner Farbenlehre. Ich lasse daran fortdrucken und zwar mit leidenschaftlichen Eifer; denn in den schrecklichsten Momenten war mir der Gedancke an den Verlust dieser und andrer Papiere das schmerzlichste. Confiteor und so die tausendfältigsten Wünsche.

Goethe.[249]


19/5302.


An Johann Friedrich Cotta

W. d. 25. Dec. 1806.

Gestern dicktirte ich einen langen Brief an Sie, werthester Herr Cotta, den ich aber zurückhalte weil es nicht gut ist über unangenehme Dinge weitläufig zu seyn. Nur mit Wenigem will ich Sie aufmercksam machen, wie seit einiger Zeit, in Ihrer allgemeinen Zeitung, Weimar, seine Verhältniße, seine fürstl. Personen, seine Privatleute sehr unschicklich und un-[252] anständig behandelt werden. Davon mag 352 ein Zeugniß ablegen. Halten Sie das Gute was wir zusammen noch vorhaben für bedeutend, fühlen Sie die Schönheit unsres Verhältnisses in seinem ganzen Umfang, so machen Sie diesen unwürdigen Redereyen ein Ende, die sehr bald ein wechselseitiges Vertrauen zerstören müßten. Nicht weiter!

G.


19/5303.


An Carl Friedrich Zelter

Haben Sie, mein verehrter Freund, tausend Dank, daß Sie das peinliche Stillschweigen endlich brechen mochten. Seit dem 14. October bin ich täglich in Gedanken bey Ihnen gewesen, und noch eben, wie dieses geschrieben wird, steht ein zugesiegelter Brief an Sie auf meinem Schreibpult, den ich fortzuschicken nicht den Muth hatte: denn was soll man sich einander sagen? Um 12. December habe ich Ihren Geburtstag im Stillen gefeyert; und so werden wir wohl auch künftig nur das stille Gute im Stillen feyern können.

Durch die bösen Tage bin ich wenigstens ohne großen Schaden durchgekommen. Es war nicht Noth, mich der öffentlichen Angelegenheiten anzunehmen, indem sie durch treffliche Männer genugsam besorgt wurden; und so konnt' ich in meiner Klause verharren, und mein innerstes bedenken.

[253] In den schlimmsten Stunden, wo wir um alles besorgt seyn mußten, war mir die Furcht, meine Papiere zu verlieren, die peinlichste, und von der Zeit an schick' ich zum Drucke fort, was nur gehn will. Die Farbenlehre schreitet stark vor. Auch werden meine Ideen und Grillen über die organische Natur nach und nach redigirt und so will ich von meinem geistigen Daseyn zu retten suchen, was ich kann, da Niemand mehr weiß, wie es mit dem Übrigen werden wird.

Von meinen Werken bey Cotta sind Aushängebogen da. Einige Lieder des ersten Bandes sollen, hoff' ich, bey Ihnen Melodieen hervorrufen, damit wir fühlen und sehen, daß wir noch die Alten sind. Daß Sie Ihre Musikschätze unversehrt fanden, dazu wünsche ich Glück. Daß sie in die Administration mit verwebt sind, wie manches andre, was mir Herr Schmidt erzählt, bedaure ich. Doch ist es freylich in der jetzigen Zeit unserer Wahl nicht anheim gestellt, auf welche weise wir thätig seyn wollen. Der gute Geist wird Sie nie verlassen; möge der gute Muth auch nie von Ihnen weichen! Lassen Sie manchmal etwas von sich hören; ich will das gleiche thun. Ein herzliches Lebewohl.

Weimar den 26. December 1806.

Goethe.[254]


19/5304.


An den Herzog Carl August

Durchlauchtigster Herzog,

Gnädigster Fürst und Herr!

Euer Durchlaucht haben geruht, über das hier wieder beygebogene Gesuch der Intestat-Erben des jüngst verstorbenen Raths Kraus von Unterzeichnetem einen gutachtlichen Bericht zu erfordern, welchen derselbe nicht besser zu erstatten glaubt, als wenn er das ihm bekannte Verhältniß umständlich schildert.

Obgleich über die der Fürstlichen Zeichen-Schule zuständigen Musterzeichnungen und andre Kunstwerke niemals ein förmliches Inventarium gefertigt worden; so hat doch Rath Kraus selbst in der letzten Zeit, vor einer von ihm unternommenen Reise, alle dergleichen Blätter in einen Schrank gebracht und solche dem Kupferstecher Müller, welcher überhaupt mit seinen Verhältnissen bekannt gewesen, übergeben, wodurch denn die Hauptsache ziemlich ins Reine gekommen.

Jedoch befinden sich unter der Krausischen Verlassenschaft noch manche Dinge an Gemählden und Kupferstichen, vielleicht auch Zeichnungen, welche früher aus Euer Durchlaucht Schatulle angeschafft und bey demselben niedergelegt worden. Diese sind theils mir selbst, theils dem Legationsrath Bertuch, nicht weniger den Unterlehrern bekannt; und so würden sich die-[255] selben, bey der Entsiegelung, leicht von dem übrigen Nachlaß absondern lassen.

Was nun, wenn dieses geschehen, an Plänen, Zeichnungen und Musterblättern, welche dem Rath Kraus eigenthümlich angehört, noch übrig bleiben würde, und in wiefern die Abtretung derselben der Zeichen-Schule nützlich seyn könne, darüber läßt sich, ohne nähere Einsicht in die Dinge, kein Urtheil fällen.

So viel jedoch mir und andern von dem eigentlichen Kunstnachlasse des Rath Kraus bekannt ist, so möchte derselbe, außer dem was von seiner eigenen Hand sich darunter befindet, von keinem hohen Werthe seyn, auch eine Inventarisation und Taxation dieser Gegenstände Unbequemlichkeit und Zeit- und Kostenaufwand verursachen, ohne daß dadurch ein bedeutender Zweck erreicht würde; so daß man wohl anrathen kann, diesen Kunstnachlaß den Erben sogleich ohne Weiteres zu freyer Disposition zu überlassen.

Ob aber das übrige von dem verstorbenen Rath Kraus in hiesigen Landen besessene Vermögen von einiger Bedeutung sey, in wiefern solches durch die Plünderung vermindert worden, und ob die angeboten 100 Thaler Collateralgelder ein hinlängliches Äquivalent für den zu erlassenden zehnten Pfennig seyn möchten, darüber wagt Unterzeichneter, bey einem gänzlichen Mangel von Kenntniß, nicht zu entscheiden.

Es hängt daher ganz von euer Durchlaucht groß-[256] müthigen Gesinnungen ab, in wiefern die Verdienste des Verstorbenen, dem wir so Manches verdanken, auch seinen Erben zu Gute kommen dürfen; oder ob etwa eine nähere Einsicht in die Krausische Verlassenschaft vor allen Dingen noch zu verlangen wäre; welches aber außerhalb meines Kreises liegt. Was das eigentliche Interesse der Zeichenschule betrifft, werde ich bey Resignation des Krausischen Quartiers auf das gewissenhafteste zu besorgen nicht verfehlen.

Ew. hochfürstl. Durchlaucht

unterthänigst treugehorsamster

Joh. Wolfg. v. Goethe.

Weimar

den 26. Dec. 1806.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 19, S. 199-206,234-257.
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