1828

[219] 43/156.


An P. A. Skerl

[Concept.]

[1. Januar 1828.]

Wenn ich jede wackre Künstler-Bemühung von meiner Seite gerne zu fördern trachte, so habe ich besonders auf diejenigen zu merken, die von einem[219] freundlichen Wohlwollen gegen mich das Zeugniß ablegen. Hätte der junge Künstler bey seinem Hierseyn mich um Rath gefragt, so würde ich ihm einiges mitgetheilt haben, wodurch seine Blätter noch gefälliger geworden wären. Da sie sich indessen auf diese Weise auch gar wohl beschauen lassen, so hab ich Ihren Wunsch nicht ablehnen wollen und sende beyliegend was zur Unterschrift der Bilder wohl schicklich seyn möchte.

In solchen Fällen gereicht das Facsimile zu besonderer Empfehlung; deshalb lege ein Blättchen handschriftlich bey. Da der beengte Raum mich im Schreiben genirte, so finden Sie es doppelt. Ein geschickter Schriftstecher wird sich daraus das Charakteristische und zugleich besser in die Augen Fallende auszuwählen wissen.

Wollten Sie mir einige Abdrücke mit leichter bräunlicher oder bläulicher Farbe machen lassen, um die Blätter allenfalls hier illuminiren zu können, so würde es mir ganz angenehm seyn. Noch angenehmer, wenn Sie zugleich ein Exemplar durch einen Ihrer Dresdener geschickten Künstler illuminiren ließen, so daß ich ein Musterblatt zur Nachahmung erhielte.

Gegenwärtigem und allem übrigen guten Unternehmen das Beste Gedeihen wünschend.

Weimar den 31. December 1827.[220]


43/157.


An Thomas Carlyle

In diesen Tagen, mein Theuerster, geht abermals eine Sendung über Hamburg; sie enthält die zweyte Lieferung meiner Werke, worin Sie nichts Neues finden werden, der ich aber die alte Gunst auf's frische wieder zuzuwenden bitte. Dabey liegen fünf Bände Kunst und Alterthum, welche schwerlich vollständig in Ihren Händen sind; auch das erste Heft des sechsten Bandes. In dieser Zeitschrift, welche seit 1818 langsam vorschreitet, finden Sie manches, was für Sie und wohl auch für Ihre Nation interessant ist. Das Foreign Quarterly Review, wovon zwey Bände in meinen Händen sind, wird solche Notizen wohl aufnehmen.

In das Kästchen lege noch einige literarisch-sittliche Bemerkungen, und füge nur die Anfrage wegen eines einzigen Punctes, der mich besonders interessirt, hier bey; sie betrifft Herrn Des Voeux, dessen Übersetzung des Tasso nun auch wohl in Ihren Händen ist. Er verwendete seinen hiesigen Aufenthalt leidenschaftlich auf das Studium einer ihm vorerst nicht geläufigen Sprache und auf ein sorgfältiges Übertragen[221] gedachten Dramas. Er machte mir durch eine gedruckte Copie seines Manuscriptes die Bequemlichkeit, seine vorrückende Arbeit nach und nach durchzusehen, wobey ich freylich nichts wirken konnte als zu beurtheilen, ob die Übersetzung, insofern ich englisch lese, mit dem Sinn, den ich in meine Zeilen zu legen gedachte, übereinstimmend zu finden wäre. Und da will ich gern gestehen, daß nach einiger Übereinkunft zu gewissen Abänderungen ich nichts mehr zu erinnern wußte, was mir für das Verständniß meines Werkes in einer fremden Sprache wäre hinderlich gewesen. Nun aber möcht ich von Ihnen wissen, inwiefern dieser Tasso als Englisch gelten kann. Sie werden mich höchlich verbinden, wenn Sie mich hierüber aufklären und erleuchten; denn eben diese Bezüge vom Originale zur Übersetzung sind es ja, welche die Verhältnisse von Nation zu Nation am allerdeutlichsten aussprechen und die man zu Förderung der vor- und obwaltenden allgemeinen Weltliteratur vorzüglich zu kennen und zu beurtheilen hat.

An Ihre theure Gattin werden Sie mit meinen schönsten Grüßen das Adressirte gefällig abgeben.

Ferner habe ich sechs Medaillen beygelegt, drey weimarische, drey Genfer, wovon ich zwey Herrn Walter Scott mit meinen verbindlichsten Grüßen einzuhändigen, die andern aber an Wohlwollende zu vertheilen bitte.

Da ich die hier übrigen Seiten nicht leer abschicken[222] möchte, so füge noch einige vorläufige Betrachtungen über das Foreign Quarterly Review hier bey:

In diesem gleich vom Anfang solid und würdig erscheinenden Werke finde ich mehrere Aufsätze über deutsche Literatur: Ernst Schulze, Hoffmann und unser Theater; ich glaube darin den Edinburger Freund zu erkennen, denn es wäre doch wunderbar, wenn das alte Britannien ein paar Menächmen hervorgebracht haben sollte, welche gleich ruhig, heiter, sinnig, sittig, gründlich und umsichtig, klar und ausführlich, und was dergleichen gute Eigenschaften sich noch mehr anschließen, eine fremde, geographisch, moralisch und ästhetisch abstehende Mittellandscultur liebevoll darstellen könnten und möchten. Auch die übrigen Recensionen, insofern ich sie gelesen habe, finde ich auf einem soliden Vaterlandsgrunde mit Einsicht, Umsicht und Mäßigung geschrieben. Und wenn ich z.B. Dupins weltbürgerliche Arbeiten sehr hoch schätze, so waren mir doch die Bemerkungen des Referenten S. 496, Vol. I, sehr willkommen. Das Gleiche gilt von manchem, was bey Gelegenheit der Religionshändel in Schlesien geäußert wird. In dem nächsten Stücke von Kunst und Alterthum denke ich mich über diese Berührungen aus der Ferne freundlich zu erklären und eine solche wechselseitige Behandlung meinen ausländischen und inländischen Freunden bestens zu empfehlen, indem ich das Testament Johannis als das meinige schließlich ausspreche[223] und als den Inhalt aller Weisheit einschärfe: Kindlein, liebt euch! wobey ich wohl hoffen darf, daß dieses Wort meinen Zeitgenossen nicht so seltsam vorkommen werde als den Schülern des Evangelisten, die ganz andere höhere Offenbarungen erwarteten.

Das Weitere mit der in diesen Tagen abgehenden Sendung.

treu verbunden

Weimar den 1. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


Können Sie mir vertrauen, wer den Aufsatz: State of German Literature im Edinburgh Review, Nr. XCII, October 1827, geschrieben hat? Hier glaubt man, es sey Herr Lockhart, Herrn W. Scotts Schwiegersohn. Ernst und Wohlwollen sind gleich verehrungswerth.


43/158.


An Johann Friedrich Röhr

[Concept.]

Ew. Hochwürden

verzeihen einer treuen Gesinnung gegenwärtige Zudringlichkeit! Des Herrn Geh. Rath Schweitzers Krankheit beunruhigt mich nur zu sehr in diesem Augenblick, wo unser guter Huschke, sich selbst fühlend, außer Activität tritt.

Können Sie vermitteln, daß Hofrath Vogel mit zugezogen werde, so geschieht gewiß viel zu Beruhigung des Patienten, der Familie, aller Verehrer und Freunde, die Ihnen deshalb Verbunden bleiben.

[224] Der Zeit solle man eigentlich überlassen, das Vertrauen auf einen Arzt zu begründen; prägnante Momente jedoch sind geeignet, das höchst Wünschenswerthe zu beschleunigen.

In reinem Vertrauen.

Weimar den 2. Januar 1828.


43/159.


An Johann Joseph Schmeller

[Concept.]

Herr Schmeller wird hiedurch ersucht, sich mit Herrn Geh. Referendar v. Waldungen wegen des Porträtirens zu besprechen, welche Stunde derselbe diesem Geschäft widmen könnte; er ist geneigt, einige Sitzungen zu gewähren.

Weimar den 2. Januar 1828.


43/160.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Hof-Baudepot-Verwalter Reinhardt in Berlin die Summe von

Funfzig preußischen Thalern,

ingleichen an Herrn Artaria in Mannheim die Summe von

Vierundvierzig Gulden rhein.[225]

gefällig auszahlen zu lassen und einer alsbaldigen Wiedererstattung gewärtig zu seyn.

Weimar den 2. Januar 1828.


43/161.


An Marianne von Willemer

Ihrem neulich ausgesprochenen Wunsche, theuerste Freundin, kann ich leider nicht entgegen kommen, denn die Platte von jenen angenehmen Bildchen hat sich verloren, kein Abdruck ist mehr vorhanden; doch kann ich meine Bereitwilligkeit durch ein paar andere Aussichten mit Vergnügen beweisen, die freylich keinen freyen Fluß, keine bedeutende Stadt darzustellen hatten, vielmehr von Einfalt und Beschränkung das bescheidenste Zeugniß geben; vielleicht aber kann abgesonderte Ländlichkeit und gemäßigt-städtisches Wesen nicht besser ausgedruckt werden. Auch sehen Sie einige Reimzeilen von meiner Hand darunter geschrieben. Und so wird denn wohl dem guten Kinde, dem Sie jenes Christgeschenk zudachten, durch Gegenwärtiges zum neuen Jahr noch einige Freude.

Das Abscheiden unseres guten Riese mußte mir zu weiten Rückblicken Veranlassung geben; er war bis jetzt als mein ältester Freund stehen geblieben, bis er nun auch aus diesem Gänsespiel scheidet. Schön war es und völlig in seiner alten treuen Art, daß er sein Vermächtniß durch Ihre Hand gehen läßt; er[226] spricht dadurch rührend aus was Sie ihm waren und was Sie mir sind. Und so bleibe es auch fortan.

Eigentlich waren es uralte, redlich aufgehobene Briefe, deren Anblick nicht erfreulich seyn konnte; hier lagen mir eigenhändige Blätter vor Augen, welche nur allzudeutlich ausdrückten, in welchen sittlich kümmerlichen Beschränktheiten man die schönsten Jugendjahre verlebt hatte. Die Briefe von Leipzig waren durchaus ohne Trost; ich habe sie alle dem Feuer überliefert; zwey von Straßburg heb ich auf, in denen man endlich ein freyeres Umherblicken und Aufathmen des jungen Menschen gewahr wird. Freylich ist, bey heiterem innern Trieb und einem löblich geselligen Freysinn, noch keine Spur von woher? und wohin? von woaus? woein? deshalb auch einem solchen Wesen gar wundersame Prüfungen bevorstanden. Sie können selbst davon einiges Zeugniß abgeben, doch werden Sie ihm deshalb nicht feind geworden seyn.

Es verdrießt mich, daß ich dem Wunsche des Freundes nicht zuvor kam. Einleitung ist deshalb getroffen und ich darf erwarten, daß irgend eine Epoche zum Gelingen Gelegenheit gebe. Hiebey ein bildliches und reimliches Grüßlein zum neuen Jahr.


Wenn Phöbus Rosse sich zu schnell

In Dunst und Nebel stürzen,

Geselligkeit wird, blendend hell,

Die längste Nacht verkürzen.


[227] Und wenn sich wieder auf zum Licht

Die Horen eilig drängen,

So wird ein liebend Frohgesicht

Den längsten Tag verlängen.

treu gewidmet

Weimar d. 3. Januar 1828.

Goethe.


43/162.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

überzeugen sich, daß Brief und Sendung nach einer so langen Pause mir höchst angenehm gewesen. Das geognostische Heft zeugt mir von Ihren fortgesetzten Studien, die bedeutenden Mineralien von dauernder Neigung, mir etwas Angenehmes zu erzeigen; denn wenige Schubladen meiner Sammlungen kann ich auf ziehen, ohne mich jener erfreulich-belehrenden Stunden zu erinnern.

Einen Absatz Ihres gewiß bedeutenden Kabinetts wüßt ich in dem Augenblick nicht zu vermitteln; wollen Sie mir jedoch eine etwas nähere Anzeige des Inhalts mittheilen, so könnte eher dem und jenem Liebhaber, jedoch vorzüglich öffentlichen Instituten so davon Kenntniß geben, auch vor allen Dingen eine Anzeige in der Nationalzeitung veranlassen, um wenigstens einige dienstliche Erwiderung so mancher erwiesenen Gefälligkeiten zu erproben. Übrigens glaube[228] ich leider zu bemerken, daß die Leidenschaft für diese schöne Natureinsichten, die uns so viele Jahre beherrschte, in Deutschland abzunehmen scheint. Es ist wunderbar, daß ein fernes und fremdes politisches Interesse das Nächste verschlingt, wovon so mancher Nutzen jetzt und künftig zu hoffen wäre. In Amerika beschäftigen sich unsre Deutschen höchst lobenswürdig und setzen emsig fort, was Herr v. Humboldt so trefflich eingeleitet.

Mich bestens empfehlend und das Weitere nächstens zu vernehmen wünschend.

Weimar den 4. Januar 1828.


43/163.


An Johann Sckell

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

würden mir eine Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mir ein gesundes Blatt von Phönix dactylifera übersenden wollten, wäre es möglich, eines von denenjenigen, welche den von Serenissimo mir mitgetheilten halb monstrosen vorangingen, auch wenn in der Folge solche mißgestaltete Verbreiterungen vorkommen, mir solche geneigt abzugeben.

Weimar den 4. Januar 1828.[229]


43/164.


An den Großherzog Carl August

Königliche Hoheit!

Beyliegende Blätter geben mir die erwünschte Gelegenheit, Höchst Denenselben bey der eintretenden Epoche eines neuen Jahres in treuster Verehrung die reinsten Wünsche vorzulegen und mich Höchst Ihro Huld und Gnade für die Folgezeit angelegentlichst zu empfehlen.

Der Berg- und Gegenschreiber Schmid zu Altenberg hatte schon früher, indem er auf anbefohlene Sendung des Werkes von Villefosse den schuldigen Dank erwiderte, mich zugleich ersucht, die Erlaubniß von Ew. Königlichen Hoheit auszuwirken, sein Archiv für Bergwerkswissenschaften pp. Höchst Denenselben widmen zu dürfen. Wenn ich nun dieses Gesuch schuldigst anzubringen bis auf weiteres, den Umständen gemäß, ruhen ließ, so tritt nunmehr bey wirklich herannahender Erscheinung des gedachten Archivs der Fall ein, daß er nicht allein abermals geziemend anfragt, sondern auch ein Concept der Zuschrift beylegt, um vergewissert zu seyn, daß Höchst Dieselben diese Widmung und zwar in solcher Form zu billigen belieben.

Wenn nun hierauf, wie zu hoffen steht, eine gnädige Gewährung dieses löblichen Vorsatzes erfolgen dürfte, so würde ich nicht ermangeln, sie diesem wackern[230] Manne alsobald mitzutheilen und ihm mit den Seinigen dadurch eine frische Erinnerung der diesen Sommer genossenen frohen Stunden und zugleich die Aussicht auf ein ferneres günstiges Andenken zu gewähren und zu verschaffen.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 5. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/165.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Revision des Bogens 16, nicht weniger das fernere Manuscript.

Den Octavabdruck des Gedichtes an den König halt ich noch einige Tage zurück; diese Ihre Geneigtheit gibt uns die glückliche Veranlassung zu noch einer kleinen schicklichen Anfuge.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 9. Januar 1828.


43/166.


An Friedrich August Schmid

Euer Wohlgeboren

habe hiedurch zu vermelden nicht unterlassen wollen, daß Ihro Königliche Hoheit die Widmung Ihres für die Geschichte des Bergbaues so wichtigen Werks mit[231] Vergnügen annehmen und erwarten. Dabey bedarf es wohl nicht vieler Worte, um Dieselben zu versichern, daß Sie mir durch die übersendeten Stufen und durch den Aufsatz über den jetzigen Zustand des merkwürdigen, Ihnen anvertrauten Bergwerks vorzügliche Freude verschafft haben. Diese Gabe knüpft sich auf das interessanteste an jene Zeit an, deren Erinnerung mir immer werth bleiben muß, worin das Andenken an Ihre Gefälligkeit so innig verwebt ist.

Wie ich nun den Vorschritten Ihres Werks mit Antheil entgegensehe, so kann ich hoffen, bey dem Erscheinen desselben von Ihrem und der werthen Ihrigen Befinden abermals vergewissert zu werden. Der ich die Ehre habe, mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen

Euer Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 10. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/167.


An Johann Joseph Schmeller

[Concept.]

Herr Zeichenmeister Schmeller wird hiedurch benachrichtigt, daß Herr Geh. Regierungsrath v. Gerstenbergk so wie Herr Professor Weichardt einige Stunden zu Fertigung ihrer Porträte freundlich zu gewähren[232] bereit sind, und wird derselbe deshalb ersucht, mit genannten Personen das Weitere zu besprechen und nach meinen Wünschen auszuführen.

Weimar den 10. Januar 1828.


43/168.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übernehmen gefällig die Besorgung beygehender Einschaltung wie angedeutet und senden mir sodann noch eine Revision. Die allenfallsige Zahl der Abdrücke melde sodann.

Mich bestens empfehlend und um Verzeihung bittend.

Weimar den 12. Januar 1828.


43/169.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

Schreibe es, mein theurer Neffe, dem vielfachen Drang zu, mit dem ich am Ende des Jahres und dem Anfange des neuen zu kämpfen hatte, wenn du auf deine vielfachen guten Ausrichtungen und treulichste Besorgung bisher keine Antwort und Nachricht erhalten. Jetzt, da ich mich einigermaßen erleichtert fühle, verschiebe ich meinen Dank nicht länger, sondern entrichte ihn desto treulicher und lebhafter.

[233] Der wackre Heinrich, der uns durch seine Gegenwart sehr wohlthätig war, da wir aus seinen vertraulichen Mittheilungen so wie aus seinem Betragen das Beste für dessen Zukunft hoffen durften, indeß wir ihn in der Gegenwart liebten, wird schon von unsern bekannten und wenig veränderten Zuständen manches erzählt, besonders aber auch deinem Herrn Vater die dringende Bitte vorgetragen haben: es möge derselbe im Laufe des Jahres, etwa zu schöner Frühlings- oder Sommerzeit, sich zu einem geneigten Besuche bey uns die nöthige Muße bereiten. Dieser längst gehegte Wunsch ist mir durch den Besuch des Herrn Geheimde Rath Streckfuß erst wieder recht lebendig geworden, da ich durch persönliche Bekanntschaft zu diesem vorzüglichen Manne unmittelbar ein wahres Verhältniß gewonnen und dadurch für meine übrige Lebenszeit beruhigt bin. Da fand ich es doppelt und dreyfach wünschenswerth, in gleichem Sinne meinen Bezug zu einem nächsten Verwandten vollendet zu sehen, der mir schon so vielfach verbunden, werth und theuer war und nun durch seine Söhne mir und den Meinigen ganz eigentlich vereint worden. In einem früheren bewegten Leben entbehrt man manches und läßt es gut seyn; späterhin, wenn man tiefer fühlt und gründlicher einsieht, was besser hätte seyn können und sollen, wünscht man, daß das Ermangelnde wo möglich nachgebracht werde. Thue das Deinige zu diesem frommen Werke.

[234] Nun wieder zu unseren kleinen Geschäften. Herr Reinhardt ist nunmehr durch die Zahlung des dritten Termins für seine Forderung, die Stoschischen Abdrücke betreffend, völlig befriedigt, laß dir deshalb ein kurzgefaßtes schriftliches Bekenntniß ausstellen, die einzelnen Quittungen sind in meinen Händen. Zugleich möcht ich wohl in dem nächsten Stück Kunst und Alterthum etwas über seine neusten Fortschritte und Leistungen aussprechen. Es liegen zwar hiezu verschiedene von dir früher gesendete Blätter in meinen Tecturen, daraus müßt ich nun aber erst das Behufige ausziehen und zusammenschreiben und doch ginge das Neuste mir ab. Sage also das bündig und kürzlich, wie es um ihn steht, so wird mir dieß angenehm und ihm kein Schaden seyn. Über die große Sammlung, deren Verdienst, Nutzen u.s.w. werde ich mich besonders herauslassen, einige Beyspiele geben, wie ich mich deren zu meinen Zwecken bedient.

Alsdann habe die Gefälligkeit, einen Mann aufzusuchen, der sich G. Gerber unterschreibt sich Plastiker nennt und Neu-Kölln am Wasser Nr. 21 wohnt. Dieser hat mir schon im Monat August mein Profilbild in Elfenbein geschickt, und ich habe ihm hierauf, wie so vielen Zuschreibenden, nichts vermelden können. Nun wollte ich dich ersuchen, ihm die Medaille von Bovy einzuhändigen (ich schicke dir ein ander Exemplar) und ihn zu fragen, was er für[235] einen solchen Kopf in Elfenbein zu schneiden verlangt, da ich ihm denn vielleicht einige Bestellung machen, auch seine frühere Sendung vergüten könnte.

Ferner sollst du den schönsten Dank haben für die Granitmuster, auch für den lithographirten großen Felsblock; gib mir doch auch einige ausführliche Notiz von der Fabrik, in welcher man diesen festen Stein bearbeitet; man hat, wenn ich nicht irre, Säulen in's neue Museum daraus gedreht; eine Schale, sagst du, sey nach England bestellt. Fertigen sie wohl auch größere und kleinere Tischplatten? und um welche Preise? Auch solche Notizen würde ich in's nächste Stück von Kunst und Alterthum inseriren.

Noch aber sind meine Aufträge nicht alle; denn ich habe ferner zu wünschen, daß du den Herren Rauch und Tieck für die bedeutende Sendung dankest, womit sie mir das neue Jahr ausschmücken wollen. Herren Beuth würdest du das Gleiche ausrichten und so einem schuldigen Erwidern einige Stundung zu verschaffen wissen.

Hiemit sey denn geschlossen; manches Andere nächstens. Auch sende etwas Geld, damit du zu deinen freundlichen Bemühungen nicht auch noch Gläubiger werdest. Deinem Herrn Vater empfiehl mich wiederholt zum allerschönsten und gedenke mein zu guter Stunde.

Weimar den 12. Januar 1828.[236]


43/170.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

will sogleich zum neuen Jahre in freundlich-treuster Erwiderung des geneigten Schreibens vom 1. Januar zu vermelden nicht verfehlen, daß die mir gegönnte Sendung von einigen bedeutenden Feuerproducten glücklich seiner Zeit angekommen, kein Dolerit aber dabey gefunden worden, weshalb ich bitte, mir zunächst ein zugesagtes instructives Stück geneigtest zu übersenden.

Ob ich mich nun gleich, auf mannichfaltige Weise nothgedrungen beschäftigt, gegen die liebwerthe Natur kaum augenblicklich hinwenden kann, so rieselt doch, althergebrachter Weise, aus nie versiegenden Quellen immer etwas Zufluß in mein Bassin. Von den mexikanischen Bergwerkszuständen ist mir durch die Gunst der niederrheinischen Societät eine nähere Kenntniß geworden. Meine auf die Zinnformation angelegte Sammlung hat sich angenehm vermehrt. Mein Sohn, dessen Liebhaberey auf Fossilien vorzüglich gerichtet ist, hat durch eine treue Ordnung nach Ihren früheren Lehrschriften sich selbst zu einer rationellen Ausstattung unserer längstbegonnenen Sammlung befähigt und verdient, daß Herr Graf Sternberg bey seinem letztem Aufenthalt das Capitel der unterirdischen Flora epochenweis' zu ordnen die Geneigtheit[237] haben konnte. Können Sie zu solchem Behuf uns auch manchmal etwas Merkwürdiges, entweder Neues oder sonst Unterrichtendes, zuweisen, so würde auch gern eine mäßige Summe darauf verwenden. Sollte z.B. nichts von den Öhninger Schiefern und den darin enthaltenen organischen Resten irgendwo käuflich zu erlangen seyn? Mich muß es um so mehr freuen, an meinem Sohne die Fortsetzung meiner Studien zu erleben, da, wie ich leider zu bekennen habe, in Weimar das Studium der Mineralogie nach und nach völlig verlischt und in Jena nur durch die leidenschaftliche Thätigkeit unsres guten Lenz noch aufrecht erhalten wird.

Lassen Sie mich hierbey bemerken, daß die Forderungen der Crystallographie und Chemie jüngere Männer abschreckt, die wohl einigen Zutritt zu diesem schönen Weltrevier erlangen mochten, aber freylich durch die übrigen strengen und eiligen Forderungen des Welt- und Geschäftslebens verhindert sind, jenen Mysterien mit anhaltendem Ernst und ununterbrochener Zeitverwendung sich zu widmen. (Ich füge hinzu: doch das wird sich gleichfalls geben, wenn diese wichtigen Grunderfordernisse der Wissenschaft nach und nach in's Einfache und Faßliche geleitet werden.)

Herr Soret brachte von seiner letzten Reise mir sehr angenehme Exemplare von der Gegend um Genf, auch aus Savoyen mit. Die Unterhaltung mit diesem[238] so werthen, wohlunterrichteten Manne über solche Gegenstände ist höchst erwünscht, und so oft wir uns zusammen finden, sind Ew. Hochwohlgeboren in Kraft Ihrer Werke jederzeit in unsrer Mitte.

Womit ich mich bestens auf jede Zeit, besonders aber wenn der Frühling die Felsarten zugänglicher macht, zum allerschönsten empfehle.

gehorsamst

Weimar den 12. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/171.


An Thomas Carlyle

Fortsetzung

des mit der Post abgegangenen Briefes.

Sehen Sie Herrn Walter Scott, so sagen Sie ihm auf das verbindlichste in meinem Namen Dank für den lieben heitern Brief, gerade in dem schönen Sinne geschrieben, daß der Mensch dem Menschen werth seyn müsse. So auch habe ich dessen Leben Napoleons erhalten und solches in diesen Winterabenden und Nächten von Anfang bis zu Ende mit Aufmerksamkeit durchgelesen. Mir war höchst bedeutend zu sehen, wie sich der erste Erzähler des Jahrhunderts einem so ungemeinen Geschäft unterzieht und uns die überwichtigen Begebenheiten, deren Zeuge zu seyn wir gezwungen wurden, in ruhigem Zuge vorüberführt. Die Abtheilung durch Capitel[239] in große zusammengehörige Massen gibt den verschlungenen Ereignissen die reinste Faßlichkeit, und so wird denn auch der Vortrag des Einzelnen auf das unschätzbarste deutlich und anschaulich. Ich las es im Original, und da wirkte es ganz eigentlich seiner Natur nach. Es ist ein patriotischer Britte der spricht, der die Handlungen des Feindes nicht wohl mit günstigen Augen ansehen kann, der als ein rechtlicher Staatsbürger zugleich mit den Unternehmungen der Politik auch die Forderungen der Sittlichkeit befriedigt wünscht, der den Gegner im frechen Laufe des Glücks mit unseligen Folgen bedroht und auch im bittersten Verfall ihn kaum bedauren kann.

Und so war mir noch außerdem das Werk von der größten Bedeutung, indem es mich an das Miterlebte theils erinnerte, theils mir manches Übersehene neu vorführte, mich auf einen unerwarteten Standpunct versetzte, mir zu erwägen gab, was ich für abgeschlossen hielt, und besonders auch mich befähigte, die Gegner dieses wichtigen Werkes, an denen es nicht fehlen kann, zu beurtheilen und die Einwendungen, die sie von ihrer Seite vortragen, zu würdigen. Sie sehen hieraus, daß zu Ende des Jahrs keine höhere Gabe hätte zu mir gelangen können. Es ist dieses Werk mir zu einem goldnen Netz geworden, womit ich die Schattenbilder meines vergangenen Lebens aus den letheischen Fluthen mit reichem Zuge herauszufischen mich beschäftige.

[240] Ungefähr dasselbige denke ich in dem nächsten Stücke von Kunst und Alterthum zu sagen, wo Sie auch einiges Heitere über Schillers Leben und German Romance finden werden. Melden Sie mir die Ankunft des Kästchens und sagen Sie mir dabey, was Ihnen sonst zu Ihren Zwecken allenfalls wünschenswerth wäre; denn so schnell bewegen sich jetzt die Mittheilungen, daß mir wirklich die Anzeige von dreyßig deutschen Taschenbüchern für das Jahr 1828 im zweyten Bande des Foreign Review ein Lächeln abgewinnen mußte.

Wenn nun Bücher und Zeitschriften gegenwärtig Nationen gleichsam auf der Eilpost verbinden, so tragen hiezu verständige Reisende nicht wenig bey. Herr Heavyside hat Sie besucht und uns von Ihren Um- und Zuständen das Angenehmste berichtet, so wie er denn auch von unserm weimarischen Wesen es an Schilderung gewiß nicht fehlen ließ. Als Führer der jungen Hope's hatte er in unserm zwar beschränkten, aber doch innerlich reich ausgestatteten und bewegten Kreis glückliche Jahre nützlich verlebt; auch ist, wie ich höre, die Hope'sche Familie mit der Bildung zufrieden, wozu die jungen Männer hier zu gelangen Gelegenheit fanden. Es kommt freylich vieles hier zusammen, Jünglingen, besonders Ihrer Nation, vortheilhaft zu seyn; der Doppelhof der regierenden und Erbgroßherzoglichen Personen, wo sie allgemein gut und mit Freysinnigkeit aufgenommen[241] werden, nöthigt sie durch Auszeichnung zu einem feinen Anstand bey mannichfaltigen Vergnügungen. Die übrige gute Gesellschaft hält sie gleichmäßig in heiterer Beschränkung, so daß alles Rohe, Unschickliche nach und nach beseitigt wird; und wenn sie in dem Umgange mit unsern schönen und gebildeten Frauenzimmern Beschäftigung und Nahrung für Herz, Geist und Einbildungskraft finden, so werden sie abgehalten von allen den Ausschweifungen, denen sich die Jugend mehr aus langer Weile als aus Bedürfniß hingibt. Diese freye Dienstbarkeit ist vielleicht an keinem andern Orte denkbar; auch haben wir das Vergnügen, daß dergleichen Männer, die es in Berlin und Dresden versuchten, gar bald wieder hieher zurückgekehrt sind. Wie sich denn auch eine lebhafte Correspondenz nach Britannien unterhält, wodurch unsere Damen wohl beweisen, daß die Gegenwart nicht ausdrücklich nöthig ist, um einer wohlgegründeten Neigung fortwährende Nahrung zu geben. Endlich darf ich auch nicht unbemerkt lassen, daß vieljährige Freunde, wie z.B. gegenwärtig Herr Lawrence, von Zeit zu Zeit wiederkehren und sich glücklich finden, den schönen Faden früherer Verhältnisse ungesäumt wieder aufzufassen. Herr Parry hat einen vieljährigen Aufenthalt mit einer anständigen Heirath geschlossen.

Fortwirckender Theilnahme sich selbst, freundlicher Aufnahme die Sendung lebhaft empfelend

Weimar d. 15. Jan. 1828.

Goethe.[242]


Inhalt

der gegenwärtigen Sendung.


1) Zweyte Lieferung von Goethe's Schriften, 6. – 10. Band incl.

2) Kunst und Alterthum, fünf Bände, des sechsten Bandes erstes Heft;

3) Vorwort zu Alexander Manzoni's poetischen Schriften;

4) Der 28. August 1827;

5) Hermann und Dorothea, für Madame Carlyle;

6) Ingleichen Almanach des Dames;

7) Auch ein Kästchen für dieselbe;

8) Ein Päckchen für Herrn Thomas Wolley – ein junger Mann, der vergnügte und nützliche Tage bey uns verlebte und in gutem Andenken steht, sich gegenwärtig in Edinburg befinden soll;

9) Sechs Bronze-Medaillen;

10) Fortsetzung des Schreibens vom 1. nebst einigen poetischen und sonstigen Beylagen im Couvert.

Weimar den 15. Januar 1828.

G.


43/172.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Zum neuen Jahr haben Sie mir, theuerster Herr und Freund, ein ganz besonderes Vergnügen durch Ihre werthe Zuschrift verschafft, indem ich daran erkenne,[243] daß Sie noch, meiner in alter Freundlichkeit gedenkend, sich überzeugt halten, ich könne und wolle noch wie jederzeit Ihnen irgend etwas Dienstlich-Angenehmes erweisen. Da ich nun voraussetzen konnte, daß Sie nach Kenntniß Ihres Publicums es für schicklich und thunlich hielten, jene meine frühere belobende Darstellung Hans Sachsens und seiner Verdienste von Ihrem Theater herab vortragen zu lassen, so hab ich mir bezeichnetes Gedicht mit der größten Gemüthsruhe vorgetragen, wie es allenfalls von dem Beauftragten vor dem Publicum gesprochen werden könnte. Es dauerte diese Recitation etwa zwölf Minuten, welche man, da an dem Gedicht nichts verändert werden kann, demselben zu widmen hätte. Allein da das Gedicht die Beschreibung eines Gemähldes enthält, so wäre wohl an einige Einleitung zu denken, damit man nicht unverständlich durch unerwartetes Eintreten werden möge. Dazu kommt noch, daß die ersten Worte oft durch Geräusch und sonst unterbrochen und dem Ohr entwendet werden. Ich erbiete mich daher, eine kurze Einleitung in gleichem Sinn und Styl niederzuschreiben, worin Vorhaben und Absicht erklärt würden und zugleich der übrige Vortrag anschaulicher. Und so könnte das Ganze ohngefähr in einer Viertelstunde abgethan seyn, ein Zeitraum, während dessen die Aufmerksamkeit der Zuhörer wohl gefesselt würde. Sagen Sie mir hierüber Ihre durch Einsicht in die näheren Umstände[244] bestimmtere Meynung. Auch wünscht ich zu erfahren, wem Sie dieses artige Geschäft übertragen wollen; da mir die Eigenschaften des Berliner Theaterpersonals wenigstens im Allgemeinen bekannt sind, so war ich dadurch in den Stand gesetzt, einigermaßen gehöriger in die Ferne zu wirken.

Mich Ihnen, Ihrer theuren Frau Gemahlin und auch Ihrem lieben Sohne, dessen Bildniß uns noch oft an die schnell vorübergehende, höchst angenehme Gegenwart erinnert, bestens empfehlend.

Unwandelbar

treu angehörig

Weimar den 17. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/173.


An Carl Semler

Ew. Wohlgeboren

sind versichert, daß ich jedes Merkmal von Zutrauen und Neigung, welches mir von Berlin zu Theil wird, zu würdigen und zu schätzen weiß. Mit gleich dankbarem Sinne habe ich das Schreiben gelesen, welches Dieselben unter'm 10. Januar an mich erlassen wollen; allein ich muß zugleich gestehn, daß ich solches zu beantworten bedeutend schwierig finde. Zwar habe ich über zwanzig Jahre einem Theater vorgestanden und habe meine Bemühung mit Beyfall belohnt gesehn, wie denn Schauspieler, die von uns ausgegangen, auch in Berlin mit Geneigtheit aufgenommen worden.[245]

Eben diese lange Erfahrung jedoch hat mich überzeugt, daß vielleicht kein ander Geschäft so vom Tage, ja vom Augenblick abhängt als dieses; es macht nur einen Theil des großen Weltwesens und participirt, willig oder unwillig, an dem guten oder verdorbenen Geschmack der Menge, welche wiederum ihrerseits von den mehr oder weniger energischen und Beyfall gewinnenden Autoren bestimmt wird; es hat den Neigungen und Eigenheiten des Publicums sich einerseits zu bequemen, indem es andererseits denselben widersteht; es leidet und zieht Vortheil von der allgemeinen Richtung der vaterländischen, ja der ausländischen Sinnesart und ist den Forderungen ausgesetzt, die es selbst erregt. Dieß alles ist so unstät und dahinfließend, daß es am Tag, an der Stunde schwierig ist zu beurtheilen, wo und wie man eingreifen soll, wie dasjenige was man möchte mit dem was man kann einigermaßen in Einstimmung zu bringen wäre. Dieß alles ist von so großer Mannichfaltigkeit und Bedeutung, daß ich es gegenwärtig nicht wagen würde, an der Führung des weimarischen Theaters, das mir doch immer zur Seite geblieben ist, wieder Theil zu nehmen, weil in dem Verlauf so weniger Jahre Ansicht und Ausübung, dramatische Werke und theatralische Erfordernisse auf einen solchen Grad sich verändert haben, daß ich nicht wüßte, wo mich anzuschließen, daß ich mich im Fall fände, wieder von vorn anfangen zu müssen.

[246] Ew. Wohlgeboren sind der Berliner Bühne, ihren Leistungen und Wirkungen seit einer langen Zeit gefolgt, und es werden Ihnen soviel besondere Maaßregeln an Hand gehn, die mir, der ich diese Angelegenheit nur im Allgemeinen überschaue, nicht zu entdecken wären. Ob die Wahl der Stücke durch eine Jury, durch einen Verein mehrerer zu bestimmen sey, wie es mit der Austheilung zu halten, die sich unmittelbar an die Wahl anschließt, indem die Möglichkeit einer Ausführung noch immer vom gegenwärtigen Personal abhängt, davon ist im Allgemeinen nichts zu sagen. In der besten und thätigsten Zeit unserer Bühne geschah alles im Einklang mit Schiller, ferner dem thätigen und einsichtigen Regisseur Genast und dem strengen Cassenführer Kirms, von welchen Verhandlungen gar manches Heitere in meinem zum Druck bereit liegenden Briefwechsel mit Schiller zu lesen seyn wird.

Wie der Autor zu honoriren, ließe sich eher etwas Behufiges vorschlagen. Man gestehe ihm die Einnahme der dritten Vorstellung zu, ohne Abzug der Kosten; von den ferneren Vorstellungen gewähre man ihm ein gewisses Procent. Die Franzosen sind uns hierin gesetzlich vorgegangen, man mache sich mit ihren Einrichtungen bekannt und befolge was räthlich und den besonderen Umständen gemäß ist. Beide Theile haben hiervon den billigen Vortheil: die Direction honorirt nur Stücke, die sich halten, und es ist des Autors[247] Angelegenheit, sein Publicum für den Augenblick zu gewinnen und sich in dessen Gunst zu befestigen.

Ew. Wohlgeboren verzeihen, wenn diese meine Antwort Ihren Anfragen und Wünschen nicht entspricht; ich mußte wagen, aus dem Stegreife das Vorliegende aufzusetzen, bey längerem Nachdenken würde man es immer bedenklicher finden, über eine so mißliche Sache sich auszulassen. An diesen meinen Äußerungen überzeugen Sie sich jedoch von meinem besten Willen und von meinen redlichen Wünschen, daß es Ihnen gelingen möge, Ihre durch vieljährige Erfahrung erworbenen schönen Einsichten auch zu den löblichen Zwecken, denen Sie entgegensehen, glücklich zu verwerthen.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 17. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/174.


An Johann Heinrich Meyer

Nichts Nothwendiges liegt vor. Nur der Wunsch nach freundlicher Unterhaltung und die Absicht das Sicilianische Werck nochmals durchzugehen lies mich die Einladung senden. Möge es bey Hofe wohl ergehen.

d. 17. Jan. 1828.

G.[248]


43/175.


An Friedrich Jacob Soret

Ew. Wohlgeboren

übersende abgeredetermaßen die mexikanischen Bergwerkscharten und füge die Exemplare der Felsarten hinzu, damit Sie solche bey Tage noch näher beschauen und bestimmen können und unsre Kenntniß jener interessanten Gegenden durch Ihre gefällige Aufmerksamkeit recht festen Grund fasse.

Mich einer fernern Unterhaltung hierüber im voraus erfreuend.

ergebenst

Weimar den 17. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/176.


An Kaspar von Sternberg

Gegenwärtiger Sendung füge nur weniges hinzu mit dem Wunsche, daß das darin enthaltene Alte und Bekannte nicht veraltet und unbedeutend möge geworden seyn. Von dem Augenblicke aber habe ich zu vermelden, daß wir heute, den 18. Januar, bey 28 1/2 Barometerstand, also beynah dem höchsten unseres Ortes, 20° Kälte haben, welches sehr empfindlich absticht gegen bisherige laue Witterung. Nun würde ich bitten vorerst um die Barometer – und Thermometerstände des Januars von Prag oder Brzezina, sodann aber um die Barometerstände des[249] letzten Ortes von 1827 allenfalls in graphischer Darstellung, wogegen ich die dießseitigen im Parallelism zu erwidern nicht ermangeln würde; wie sich denn auch die graphischen Darstellungen der nächst vergangenen Jahre nach und nach einstellen werden.

Bey der Unmöglichkeit, die Naturbetrachtung anders als im Einzelnen fortzusetzen, habe doch einiges Bedeutende im Laufe dieser Monate erhalten: durch die Vermittlung der Elberfelder deutsch-amerikanischen Bergwerks-Direction erhielt ich jenseitige geologische Charten, sowohl als Darstellung der Fläche wie auch der Durchschnitte. Man ist auf dem v. Humboldtischen Wege mit Vorsicht weiter gegangen und hat uns dadurch ein wahrhaft erfreuliches Geschenk gemacht. Nicht weniger hat man mir ein Dutzend Bergarten, meist Porphyre, mitgetheilt, wodurch denn eine gewünschte Kenntniß immer mehr erweitert wird.

Ferner muß ich von einer artigen Pflanze sprechen, die gewiß auch schon in Ihren Besitz gekommen, ein Blümchen füge bey. Die Stengelblätter verläugnen die Lilienart nicht, man hält sie dem Anthericum verwandt, konnte aber noch nichts Genaues bestimmen. Die Pflanze treibt einen fadenartigen Blüthenstengel, an welchem die Blümchen erst seltener, dann gedrängter vorkommen, bis sie sich endlich quirlartig entwickeln und ganz abschließlich einen Blätterbüschel treiben. Aus diesem entwickelt sich eine derbe Masse Luftwurzeln, und wenn sie der neuen Pflanze Nahrung[250] gegeben haben, treibt auch diese im Schweben abermals einen Fadenstengel u.s.w. Es kommen also gewissermaßen Luftstolonen zur Erscheinung, deren verbindende Fäden jedoch blühen und an ihrem Geburtsort wohl Frucht tragen. Der Botaniker, der diese Pflanze selbst beobachtet hat, wird über meine Beschreibung lächlen; ich habe mir die botanische Terminologie, so sehr ich sie bewundere, niemals zueignen können.

Manches Andere mitzutheilen verspare, damit diese Sendung nicht aufgehalten werde. Nur füge noch hinzu, daß unsre gnädigsten Herrschaften sich für den Moment sämmtlich wohl befinden, wobey wir uns desto zuverlässiger beruhigen, als ein erprobter Arzt überall zur Seite steht und die Folgen unvermeidlicher Zufälligkeiten klüglich abzuwehren weiß.

Mich zum allerbesten und schönsten empfehlend

treu angehörig

Weimar den 18. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/177.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten anbey den siebzehnten Bogen revidirt zurück, auch das Gedicht an den König, mit vielem Dank für eine so aufmerksam fortgesetzte Bemühung. Wegen dieses letztern bitte aber um eine kleine Note, was[251] wir schuldig geworden, damit wir nicht allzu tief in's Debet gerathen.

Anerkennend Ihre zuvorkommende Bereitwilligkeit, zum schönsten dankend, empfehle mich Ihnen und den lieben Ihrigen zum allerbesten.

Weimar den 19. Januar 1828.


43/178.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

[19. Januar 1828.]

Sie haben, mein Theuerster, meinen Wunsch, die früheren Skizzen zu erhalten, vollkommen richtig ausgelegt. Es ist und war allerdings nur die Rede von solchen Blättern, die als Supplemente von Tages- und Reiseheften konnten von einiger Bedeutung seyn. Ich danke daher verpflichtet für die gefällige Übersendung und freue mich, daß Sie [sie] den übrigen Bildern, auf welchen so lange der Blick Ihrer verehrten Mutter geruht, in Ihrer Umgebung gleich werth schätzen und so wohl der theuren Frau als meiner dabey zum besten gedenken.

Den Breslauer Freunden, die meiner auch in ihrer literarischen Laufbahn gedenken wollen, die aufrichtigsten Grüße. Ich bitte noch um einige Stundung, um meine Dankbarkeit auf irgend eine Weise ausdrücken zu können.[252]


43/179.


An Auguste Pattberg

[Concept.]

[20. Januar 1828.]

Die Unmöglichkeit, ein Geschäft, auch nur das kleinste, bey meinen hohen Jahren und sonstigen Obliegenheiten von frischem zu übernehmen, möge zur Entschuldigung dienen, wenn das Übersendete uneröffnet hiebey wieder zurückkommt.

Weimar den 14. Januar 1828.


43/180.


An Ernst August von Beust

[Concept.]

[20. Januar 1828.]

Hochgeborner Graf,

hochzuehrender Herr!

Ew. Hochgeboren habe verpflichteten Dank abzustatten für die geneigte Mittheilung der mexikanischen geologischen Charte. Es ist eine Freude zu sehen, wie die nun überfunfzigjährige Wirkung der sächsischen Bergschule sich immer ferner und ferner bethätigt und unsre Kenntnisse nach und nach über den ganzen Erdball verbreitet. Möge diese gute Einsicht der Angestellten dem Unternehmen selbst zu Gute kommen und alle die Hindernisse beseitigt werden, welche größer sind bey einem durch Krieg und Unruhen beschädigten und unterbrochenen Bergbau als bey einem neu anzugreifenden.

[253] Die verehrliche Elberfelder Gesellschaft hat mir in diesen Tagen auch einige Beyspiele der gewünschten Felsarten zugesendet; ich werde sie in Vergleichung mit den übrigen mir bekannten und in meiner Sammlung befindlichen aufmerksam betrachten und solche alsdann zurückzusenden nicht ermangeln, wobey ich mir vorbehalte, einige Anfragen hinzuzufügen, deren Beantwortung mir zu weiterer Aufklärung dienen würde. Erlauben Ew. Hochgeboren, daß ich Hochdenenselben sie gleichfalls mittheile und zu fernerer geneigter Mitwirkung bestens empfehle.

Alles Glück und Gedeihen den bedeutenden Anstalten wünschend, denen Sie so muthig und kräftig vorstehen.

In vollkommenster Hochachtung, der ich zur Ehre rechne, mich unterzeichnen zu können.

Weimar den 13. Januar 1828.


43/181.


An Carl Christian Friedrich Glenck

[Concept.]

[20. Januar 1828.]

Ew. Wohlgeboren

haben bey Ihrer mir sehr willkommnen Gegenwart sich unmittelbar überzeugen können, wie interessant es mir sey, diejenigen Naturerscheinungen im Einzelnen und in mannichfaltiger Folge zu übersehen, die mir bey meinen bisherigen Studien nur im Allgemeinen[254] bekannt geworden. Die so schnell als ausführlich von Meisterhand aufgesetzte Tabelle habe ich einem geschickten, in solcher Arbeit gewandten Manne übergeben, der mir sie auf's klarste niederschrieb, so daß sie hinfort mir und anderen Naturfreunden klar vor Augen gestellt ist.

Ich werde nunmehr die von Ihnen bezeichneten Formationen auch in Musterstücken zu sammlen trachten, wie unsre Gegend hiezu den besten Anlaß gibt; doch würden Sie mich besonders verbinden, wenn Sie mir von den merkwürdigem oder seltnern, es sey von Nord- oder Süddeutschland, wollten zukommen lassen, besonders was sich auf die Keuperformation bezieht, welche in früherer Zeit nicht genug beachtet worden. Sehr angenehm war es mir, in diesen Tagen von Paris ein Stück Liais (englisch Lias) zu erhalten, wodurch auf der Stelle mir ein bedeutender Anhaltpunct gewährt war. Zunächst, wenn wir das Vergnügen haben, Sie wieder zu sehen, wird sich aus den hiesigen Sammlungen, theils meiner eignen, theils bey dem Wegebau befindlichen, das Behufige aussuchen und die überschauliche Tabelle mit hinreichenden Belegen aufklären lassen.

Jenes Zugesagte soll ohne weiteres an dem hoffentlich mit Glück zu erlebenden Festtage bereit seyn.[255]


43/182.


An die Directiondes Deutsch-Amerikanischen Bergwerk-Vereins

[Concept.]

[20. Januar 1828.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht, hiedurch dankbarlichst anzuzeigen, daß die Musterstücke amerikanischer Berg- und Felsarten, welche Sie mir mitzutheilen die Gefälligkeit hatten, wohl und zu rechter Zeit angekommen sind. Wenn ich dieselben nunmehr mit den mir bekannten und in meiner Sammlung befindlichen Beyspielen anderer Zonen vergleichend betrachten werde, so habe ich mich dabey der Freundlichkeit zu erinnern, mit der Sie mir Gelegenheit geben, meine Kenntnisse auf eine so erwünschte Art zu erweitern.

Wenn ich sodann in einiger Zeit das mir Anvertraute dankbar zurückzusenden nicht verfehlen werde, so sey mir erlaubt, noch irgend eine Anfrage, einen Wunsch hinzuzufügen, dessen gleichfallsige geneigte Gewährung mich auf's neue verpflichten würde. Dem großen und höchst bedeutenden Unternehmen, welchem vorzustehen Sie sich zur Pflicht machen, alle Förderniß wünschend, rechne ich mir zur Ehre und zum Vergnügen, mich unterzeichnen zu können.

Weimar den 17. Januar 1828.[256]


43/183.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben vergangenen Sommer die Gefälligkeit gehabt, ein von mir gesendetes Kästchen Bücher nach Edinburg zu spediren, und ich finde mich gegenwärtig in gleichem Falle, Dieselben um eine abermalige Geneigtheit zu ersuchen.

Mit dem Postwagen ist unter Ihrer Adresse ein Kästchen abgegangen, eingenäht in graue Leinwand, signirt H. P. & Comp., Hamburg, und wenn solche abgetrennt wird, findet sich darunter schwarzes Wachstuch um das Kistchen gezogen mit der Signatur H. Th. C., Edinburg, welches dahin an Herrn Thomas Carlyle, 21. Comley Bank, portofrey abzusenden bitte.

Die frühere kleine Schuld von [1 rh. 12 gr. sächs.] habe Ew. Wohlgeboren zu restituiren zwar Ordre gegeben, da mir der Posten aber noch nicht von meinem Beauftragten zugerechnet worden, so muß ich vermuthen, daß Sie die Zahlung noch nicht erhalten haben, und bitten, in geneigter Rückantwort mir zu vermelden, was mir sowohl für das Gegenwärtige als für das Vergangene zu entrichten obliegt, da denn solches alsobald dankbar erstattet werden wird.

Der ich mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 21. Januar 1828.[257]


43/184.


An Friedrich Jacob Soret

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den gewünschten Erlaubnißschein für Herrn Ponton; er ist schon angemeldet und gibt nur das Blatt oben an die Behörde, man wird ihm freundlich entgegenkommen.

Den besten Dank sage bey dieser Gelegenheit für die schöne Katalogirung der mexikanischen Gebirgsarten. Ich glaube, wir thun wohl, wenn wir die Profile auf der Meeresfläche durchschneiden und horizontal hinter einander kleben lassen, um eine freyere Übersicht zu gewinnen. Sodann würde ich auch die Landcharte, welche aus zwey Blättern besteht, zusammenfügen lassen, um alles einem bequemern Studium vorzubereiten. Sind Sie hierin mit mir einverstanden, so haben Sie die Gefälligkeit, mir die mitgetheilten Blätter zurückzuschicken.

ergebenst

Weimar den 21. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Herr Ponçon von Genf, welcher die Frau Generalin Rapp als Hofmeister ihres Sohns begleitet, wünscht die Erlaubniß, von Großherzoglicher Bibliothek während seines hiesigen Aufenthalts Bücher zu erhalten. Er ist von Herrn Hofrath Soret besonders[258] empfohlen und wird ihm die Benutzung des Großherzoglichen Bücherschatzes in Gemäßheit vorliegender Gesetze durch Gegenwärtiges zu seiner Legitimation gerne zugestanden.

Weimar den 19. Januar 1828.


43/185.


An Friedrich Theodor von Müller

Nachstehende Anfrage unseres freundlichen Frommanns läßt sich ja wohl am besten nach mündlicher Besprechung beantworten.

Mich bestens empfehlend und das anmuthige Schreiben der Frau v. Ringseis zurücksendend.

Weimar den 21. Januar 1828.

G.


43/186.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

auf Ihr gefälliges Letztes habe dankbar zu vermelden, daß einhundert Exemplare des abgesetzten Gedichtes auf dem herkömmlichen Papiere angenehm seyn würden, sodann aber fünfundzwanzig auf Velin, wodurch denn dieses kleine Geschäft feine Endschaft erreichen würde. Gedachte Exemplare bitte herüberzusenden, da man denn in dem Paquet nach München auch Herrn v. Cotta bedenken würde.[259]

Nehmen Sie meine wiederholte Anerkennung für alle dabey bewiesene Sorgfalt und empfehlen mich bestens den werthen Ihrigen.

Weimar den 22. Januar 1828.


43/187.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

habe zuvörderst anzuzeigen, daß die durch ein Schreiben vom 10. Januar angekündigte Sendung vor einigen Tagen wohlbehalten angelangt, wornach ich denn eine weitere Mittheilung der folgenden Aushängebogen seiner Zeit erwarte.

Mit dem nächsten Postwagen gehen die ersten Scenen des zweyten Theils von Faust an Dieselben ab, und ich bin überzeugt, daß Sie bey'm Abdruck dieses Gedichtes den maître en page eben so wie bey Helena gefällig dirigiren werden. Im Ganzen läßt sich wohl soviel davon sagen, daß dasjenige, was von einzelnen Personen gesprochen wird, hervorzurücken, dagegen, was von einer Masse und Menge gesprochen wird, wie z.B. das Gemurmel, welches auch kürzere Verse sind, hineinzurücken sey. Eben so ist auch alles, was als Lied erscheint oder lyrisch vorgetragen wird, wie der größte Theil des Carnevals, gleichfalls einzurücken. Allein es kommen zweydeutige Fälle vor, wo der Geschmack das Urtheil zu leiten[260] hat, inwiefern nämlich aus irgend eine Stelle die Aufmerksamkeit des Lesers zu heften seyn möchte, welche denn hienach einzurichten wären. Doch kommen dergleichen selten vor und ich überlasse sie gänzlich Ihrer Dijudicatur.

Auch überlasse, die Rechtschreibung, wenn sie etwa von der eingeführten abwiche, vorkommenden Falls abzuändern.

Die angeführte Stelle aus Epimenides Erwachen sollte freylich halte und nicht hatte gedruckt seyn.

Die angekündigte Novelle folgt nächstens; mir ist sehr daran gelegen, daß bey obwaltenden Umständen sie die dießmalige Sendung schließe.

ergebenst

Weimar den 22. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/188.


An Carl Friedrich Zelter

Ob ich gleich der Makkabäischen Familie niemals feind gewesen bin, vielmehr gefunden habe, daß die liebe Judenschaft sich auf diesem Punct der Geschichte am besten ausnimmt, so darf ich mich wohl dießmal über sie beklagen, indem du, beschäftigt, sie mit allem musikalischen Prunk einzuführen, schon seit zwey Monaten versäumst, deiner auswärtigen Freunde zu gedenken.

Zwar wenn ich mir vorstelle, was alles über[261] deinem Haupte vorgeht, dessen Einfluß du doch nicht ganz abwehren kannst, so wundere ich mich nicht, daß du, in dem Strudel von musikalischen, ästhetischen, physikalischen, naturphilosophischen Exhibitionen hingerissen, kaum zu dir selbst kommen könntest, wenn du gleich nicht eine so bedeutende Rolle dabey selbst durchzuführen hättest. Blick aber einmal wieder frey um dich her und vermelde einiges, damit der Jahrgang 1828 künftighin nicht allzu mager ausfalle. Sende mir meine Briefe von 1827, auf daß ich die Codices fortsetzen könne; auch lege das Büchlein von Kandler abermals bey; die Art und Weise dieses Mannes, musikalisch zu leben und leben zu lassen, hat auf mich einen besondern Eindruck gemacht.

Ich habe mich die Zeit ganz leidlich gehalten und meine Stunden zu allerlei guten und bedeutenden Zwecken verwenden können. Drey bis vier Scenen des zweyten Theils von Faust sind nach Augsburg abgegangen; möchtet ihr, wenn sie gedruckt erscheinen, in den Strömungen des Lebens diesen Darstellungen so einige Augenblicke widmen können! Ich fahre fort an dieser Arbeit, denn ich möchte gar zu gern die zwey ersten Acte fertig bringen, damit Helena als dritter Act sich ganz ungezwungen anschlösse und, genugsam vorbereitet, nicht mehr phantasmagorisch und eingeschoben, sondern in ästhetisch-vernunftgemäßer Folge sich erweisen könnte. Was gelingen kann, müssen wir abwarten.

[262] Manches andere Hübsche, Muntere und Zweckmäßige ist auch die Zeit her gut gerathen; ferner habe ich zu verschiedenen Sammlungen sehr angenehme Beyträge erhalten; an einem Stück Kunst und Alterthum wird gedruckt, und so haben wir bis Ostern soviel zu thun, daß wir uns nach weiterer Unterhaltung nicht umzusehen brauchen.

In meiner Umgebung, wie du sie kennst, hat sich nichts verändert; Ottilie beschäftigt sich, das Töchterchen heranzufüttern, das vor der Hand ganz niedlich und freundlich aussieht. Unsere junge Frauenwelt ist durch frisch angekommene englische Recruten nicht wenig in Bewegung gesetzt, macht sich mit allerlei Liebschaften Lust, damit es ja an einem leidenschaftlichen Capital nicht fehle, wovon man später, bey'm Abschied und endlicher Entbehrung, die Schmerzesinteressen reichlich einzunehmen habe.

unwandelbar

Weimar den 24. Januar 1828.

G.


43/189.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Haben Sie die Gefälligkeit, mein Bester, beykommendes wunderliche Opus mit Geneigtheit anzusehen, damit wir es etwa morgen Abend näher beleuchten. Einige abstruse Stellen werden sich ja wohl noch in's Klare hervorziehen lassen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 24. Januar 1828.

G.[263]


43/190.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Gleich nach dem Abgang meines letzten Briefes, theuerster Herr und Freund, bedacht ich, was zu thun seyn möchte; und da schien mir den Umständen ganz angemessen, daß wir einen Nürnberger Bürger in seiner alten Tracht austreten ließen. Dieß trifft denn glücklicherweise, da sie alle Meistersänger waren, mit Ihrem Vorsatze zusammen, und also paßt auch wohl die Einleitung, wie ich sie indessen schrieb und wie sie hier sogleich erfolgt. Ich darf nicht bemerken, daß der Anfang etwas moderner ist, damit der Zuhörer nicht gleich von etwas Fremden getroffen werde; sodann geht der Ton in's Ältere hinüber und wird sich ganz wohl an die Beschreibung des Bildes anschließen.

Ich mußte mich sehr zusammen nehmen, um nicht weitläufig zu werden; denn hier fand sich Stoff zu einem selbstständigen Prolog: denn ich durfte nur den Namen Nürnberg aussprechen und von den dortzeitigen Kunst- und Handwerkstugenden etwas erwähnen, so lag der Preis von Berlin an der Hand, wo man jetzt im Hundertfachen dasjenige leistet, was damals an jenem Orte billig sehr hoch bewundert ward und uns immer noch mit Ehrfurcht erfüllt.

Jene berührte Stelle kann gar wohl mit wenigem umgeändert werden, denn es wäre nicht wohl gethan, wenn wir die Art des sechzehnten Jahrhunderts, in[264] unsrer Zeit als Unart erscheinend, freventlich produciren wollten. Man sagte, dächt ich:

Ohne mit langer Schleppe zu schwänzen.

Und so möchte denn das zartere Ohr nicht beleidigt werden.

Weiter füge ich nichts hinzu, als daß es mich freut, mit diesem Wenigen eilig und zeitig bewiesen zu haben, wie angelegen es mir sey, zu zeigen, daß ich immer der Alte geblieben. Lägen unsere Kreise näher beysammen oder griffen gar in einander ein, so würde das öfter und bedeutender geschehen können. Lassen Sie mich in Ihrem Kreise bestens empfohlen seyn.

treulichst

Weimar den 26. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/191.


An Carl Friedrich von Reinhard

Vor allen Dingen, verehrter Freund, lassen Sie mich die Freude treulich aussprechen, die ich bey'm Erblicken Ihres erwünschten Schreibens gefühlt, indem ich daran erkannte, daß Ihnen der Gebrauch Ihrer theuren Hand wieder gegönnt ist, welche als Vertraute Ihrer Geschäfte, Gedanken und Empfindungen Ihnen so nöthig als uns werth und wichtig seyn muß.

Sodann füge unmittelbar hinzu, daß jenes an[265] den unglücklichen König erinnernde Blättchen meiner Sammlung zur besten Vorbedeutung geworden; denn kaum hatte ich solches erhalten, so kam aus Ostpreußen ein ganzes Paquet, bezüglich auf die Zeiten Friedrichs des Großen. Nun bringt mir Frau Generalin Rapp von Paris den deutlich und klar unterschriebenen Namen Napoleons so wie die Handschriften seiner Marschälle, und ich sehe mich dadurch auf einmal in alte und neue hochbedeutende Zeiten versetzt. Einen solchen Segen hat zur Folge das Andenken eines Freundes, deshalb ich denn auch alle diese Blätter zu einem erfreulichen Zeugniß dieser Epoche meiner Sammlung ungetrennt verwahre, das Blatt an der Spitze, das ich Ihrer Geneigtheit verdanke.

Das vorige Jahr hob ich meist in unverrückter Thätigkeit geschlossen und bin, ich dürfte fast sagen, zufälligerweise in eine Jugendepoche zurückgekehrt, von welcher unser Canzler schon, wie ich sehe, gemeldet hat. Ich mag mich gern wieder der alten leichten losen Sylbenmaaße bedienen, an denen der heitere Reim gefällig widerklingt, und unter solcher Form, in solchem Klang nach echter Poetenart dasjenige heiter vor den Geist zurückführen, was uns im Leben erfreuen und betrüben, verdrießen und aufmuntern konnte. Wunderbarerweise fügt sich's auch, daß die Außenwelt sich in gleichen Bewegungen hervorthut,


Daß hinten weit in her Türkey

Die Völker auf einander schlagen,[266]


die Siege von Lepanto, Tschesme u.s.w. sich erneuern und wir uns also mit der Weltgeschichte wie mit dem Erdball auf unserer eignen Achse herumzudrehen scheinen. Eben so erneuert sich in England und Frankreich die alte Verlegenheit, daß schon wieder niemand regieren kann oder mag, da sich denn ein Mal über's andere für einen Usurpator gar vortheilhafter Raum fände.

Zu diesen mir sonst nicht gewöhnlichen Betrachtungen werde ich geführt durch mein letztes sorgfältiges Lesen des Walter Scott'schen Napoleons. Alle neun Theile habe ich in den letzten Wochen des Decembers mit aufmerksamem Wohlwollen durchgelesen und zwar in englischer Sprache, welches nothwendig ist, weil es doch eigentlich immer ein Engländer ist der spricht, auf dessen einseitigen Vortrag man gefaßt seyn muß. Denn daß er die große Symphonie des wundersamsten aller Heldenleben durchaus mit Sordinen abspielt, thut nicht wohl, wenn man nicht belehrt seyn will, wie diese großen Angelegenheiten über den Canal herüber angeschaut worden oder wie man dort will daß sie angeschaut werden sollen. Ich habe das Werk als ein wohlgestricktes Netz betrachtet, womit ich die Schattenfische meiner eignen Lebenstage aus den anspülenden Wellen des letheischen Sees wieder herauszufischen in den Stand gesetzt ward, und wirklich dadurch mehr Interesse an denen sich anschließenden und entwickelnden Weltbegebenheiten gewann.

[267] Auch Ihrer, mein Theuerster, mußt ich dabey gedenken, denn Sie waren gegenwärtig und theilnehmend und sind es noch; deshalb denn freylich sich das alles für Sie ganz anders und bedeutender gestalten mag als mir, der ich, in meinen Klostergarten schauend, jene wichtigsten Ereignisse nur als phantasmagorische Wolken über mir vorbeyziehen sehe. Wozu ich aber Glück wünsche ist, daß die neuen Veränderungen in Paris Ihren Lebens- und Geschäftsgang, wie Sie mir andeuten, nicht stören werden.

Überdem ist dieser Winter auch für mich nicht ungesegnet: wenige Freunde wechseln ab, meine Mittage belebt und die Abende belehrend zu machen. Kunsterzeugnisse drängen sich häufig herbey, unter welchen die Jügelischen Frankfurter Prospecte so lobenswürdig als angenehm erschienen. Bezeichnen Sie mir doch gefällig auf der dritten Platte das Haus näher das Sie bewohnen, damit ich genau wisse, zu welchen Fenstern ich heraussehen möchte, um mit Ihnen der unvergleichlich heitern und lebendigen Aussicht zu genießen und mir die Augen wie die Einbildungskraft wieder einmal auszuwischen und anzufrischen.

Indessen nöthigt mich meine örtliche Umgebung, welche weder ästhetisch noch romantisch genannt werden kann, hereinwärts zu sehen, in's Innere der Wohnung und des Geistes, da ich denn zu vermelden habe, daß Ottilie ein zierliches Mädchen mit Sorgfalt heranfüttert[268] und alles Übrige gut und glücklich, jedoch nach irdischer Weise nicht ohne irgend einen Mißklang ruhig dahin gleitet.

Den 30. Januar haben unsre Fürstlichkeiten in gutem Befinden herangelebt; die Niederkunft der Prinzeß Marie steht bevor; die Frau Erbgroßherzogin wird diese Epoche wohl in Berlin feyern.

Von durcheilenden Fremden hätte manches zu er zählen. Herr v. Nagler, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, hat mich durch feine Gegenwart erfreut.

Und so will ich denn aufhören, um nicht wieder von vorn anzufangen. Möge das was zunächst von meinen prosaischen oder poetischen Arbeiten zu Ihnen gelangt, eine frohe Unterhaltung geben und das Andenken eines Treu-Angehörigen lebhaft erneuern.

angelegentlichst

Weimar den 28. Januar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/192.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

danke verpflichtet für den so heiter und schön ausgedruckten Antheil an meiner zuletzt mitgetheilten Arbeit. Wenn ich Ihnen die vorhabende Reise von Herzen gönne, so wünsch ich doch dagegen eine glückliche Wiederkehr um desto sehnlicher, als ich gar manches in dem, was mich so eben beschäftigt, Ihnen gleichfalls[269] mitzutheilen und mir Ihre geneigten Bemerkungen darüber zu erbitten wünsche; wie ich denn für die so treulich durchgesehenen Bändchen zum allerbesten danke.

Mögen Sie Ihre Reise, die Sie mit so gutem Muthe antreten, glücklich vollführen und so das Complement Ihrer ernsten und treuen Studien gewinnen und auch unsere Zustände damit bereichern.

Nächsten Montag, den 4. Februar, wird mein Sohn Sie besuchen, um die allenfalls nöthigen Verabredungen, wie eins und das andere in Ihrer Abwesenheit einzurichten sey, noch specieller zu benehmen und zu hören, wie Sie im Ganzen das Geschäft vor Ihrer Abreise zu stellen die Sorgfalt gehabt haben. An Herrn Grafen Cicognara und Herrn Manzoni erhalten Sie nächstens einige Worte zu desto schnellerer Einführung. Ich bin überzeugt, daß diese Männer, so wie jedermann, sich freuen werden, unsere wackern deutschen Gelehrten kennen zu lernen. Auch ich hoffe, Sie vor Ihrer Abreise noch einmal bey uns zu sehen und meine Glückwünsche in Gegenwart auszusprechen.

ergebenst

Weimar den 1. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/193.


An Friedrich Theodor von Müller

Darf ich bey dankbarer Rücksendung eines höchst interessanten Briefes an die noch in Händen habenden[270] Hefte der Berliner Jahrbücher bescheidentlich erinnern? Den ganzen Jahrgang jetzt beysammen zu sehen, wäre mir eben von großer Bedeutung.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 1. Februar 1828.

Goethe.


43/194.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

legt unser geschickter und allzeit fertiger Handelsmann und Dichter Gerhard in Leipzig zwey Bände seiner serbischen Übersetzungen vor, in Hoffnung, daß diese reiche Nachlese eben so günstig als die von Fräulein Jacob geleistete Vorernte von Höchst Denenselben werde aufgenommen werden.

Er macht sich fürwahr dadurch viel Verdienst um die serbische Literatur, indem man immer mehr den großen Reichthum dieser in einem engen Kreise auf das mannichfaltigste sich bewegenden Poesie kennen lernt, welche ihre alten Gesinnungen, Sangweisen und Vorträge immerfort beybehält und solche bis auf die neuste Zeit kräftig durchzuführen weiß. Auch an einem zu unmittelbarem Verständniß so nöthigen Glossarium hat er es nicht fehlen lassen.

Der ich diesen Anlaß ergreife, auch mich zu ferneren Hulden und Gnaden andringlichst zu empfehlen.

Weimar den 1. Februar 1828.[271]


43/195.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für das so schön und stattlich abgedruckte Gedicht, es wird nunmehr seinen Weg nach München antreten und hoffentlich auch seiner äußern Gestalt wegen freundlich aufgenommen werden.

Sodann, um einstweilen wenigstens etwas Unterhaltendes zu erwidern, übersende ein Gedicht, welches jedoch nicht aus Händen zu geben bitte; der Titel spricht die Veranlassung aus: daß nämlich der Salinendirector Glenck die mit einem Bohrloch von 762 Fuß Tiefe gewonnene Soole zu Stotternheim unsern Erfurt, in reines brauchbares Kochsalz verwandelt, in schönen geschliffnen Glasschalen zum Feste dargebracht. Für's Leben so wie für die Wissenschaft ist dieß von großer Bedeutung, und ich enthielt mich nicht, auch ein Wort mit einzusprechen, welches denn auch meinen Freunden willkommen seyn möge.

Mit einem in's Ganze gehenden: Glück auf! abschließend und mich bestens empfehlend

Ew. Wohlgeboren

ergebenster

Weimar den 3. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.[272]


43/196.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

versäume nicht, die zuletzt eingereichten Arbeiten Schröns hiedurch vorzulegen; sie zeugen abermals von der fleißigen Genauigkeit dieses Angestellten. Da er wünscht, daß beykommende Exhibita Serenissimo baldigst vorgelegt werden, so übernehmen Sie wohl dieses Geschäft und haben zugleich die Geneigtheit, ihn, wenn er sich anmeldet, höchsten Ortes einzuführen.

Mit den treusten Wünschen

ergebenst

Weimar den 3. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/197.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

Ew. Excellenz

beykommenden unterthänigsten Bericht unmittelbar zuzusenden, werde veranlaßt durch die Nachricht, daß die fraglichen Bücher wirklich schon in Jena angekommen und von dem Bibliothekar in Empfang genommen worden sind. Da die Acquisition derselben wünschenswerth, so kann es nicht unangenehm seyn, daß wir den Abschluß des Geschäftes dergestalt beschleunigt sehen.[273]

Zu fernerem wohlwollendem Andenken mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 6. Februar 1828.


43/198.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflich ersucht, an Herrn Parish, angesehenen Handelsherrn in Hamburg, die Summe von

vier Thaler sächs.

für meine Rechnung gefällig auszahlen zu lassen.

Weimar den 6. Februar 1828.


43/199.


An den Grafen Leopold Cicognara

Monsieur le Comte!

Dans une lettre écrite il-y-a quelque tems par ordre de Madame la Duchesse Hereditaire de Saxe Weimar j'ai pris la liberté de me reserver la permission d'adresser à Votre Excellence quelque voyageur qui seroit digne de Vous être connu.

Esperant que la dite lettre avec la somme annoncée par elle sera parvenu à temps, je me sers de l'occasion du voyage de deux savans de nôtres pour renouveller mon souvenir auprès de Votre Excellence.

[274] C'est Mr. Göttling Professeur et Bibliotecaire de l'université de Jena, très versé dans les anciennes langues et les antiquités, accompagné de Mr. Huschke, Professeur d'Anatomie, s'occupant avec succès de la Zootomie.

Voudries vous bien, Monsieur le Comte, honorer ces deux personnes éstimables d'une réception gracieuse, Vous les obligeries infi[ni]ment comme en même tems celui qui avec la plus parfaite éstime a l'honneur de se souscrire

de Votre Excellence

le tres humble et tres obeissant Serviteur

Weimar le 12. Fevrier 1828.

de Goethe.


43/200.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

empfangen durch die Botenfrauen morgen ein Paquet, enthaltend:

1) einen Brief an den Grafen Cicognara,

2) eine Karte an Manzoni,

3) vier Bronze-Medaillen (zwey von Bovy aus Genf, zwey Jubiläumsmedaillen von Brandt). Nehmen Sie solche mit über die Alpen, wo Sie wohl irgend einen Freund finden, dem Sie damit Vergnügen machen, z.B. dem hannövrischen Abgeordneten in Rom, Herrn Kestner, den ich schönstens zu grüßen bitte.

[275] 4) Beyliegend in einem Brieftäschchen einige Talismane, welche zu rechter Zeit und Stunde ihre Wirkung nicht verfehlen mögen.

Und so nehmen Sie mit den besten Glückswünschen meinen schönsten Dank mit auf den Weg, daß Sie sich meiner Ausgabe so geistreich und treufleißig annehmen wollen. Möge mir das Glück werden, Sie nach erreichtem Zweck gesund und froh, wie Sie uns verlassen, wieder zu begrüßen.

ergebenst

Weimar den 12. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/201.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen beykommende, von Heinrich Müller eingesendete, wohlgerathene Lithographien. Ein beyliegender Brief gibt nun wohl Veranlassung, sich nach Höchst Ihro Willen deutlich zu erklären und die Sache zu beendigen. Wahrscheinlich hat er Notiz von dem durch Canzler v. Müller geschriebenen Brief und sucht selbst die Angelegenheit zur Entscheidung zu bringen. Das Concept meines an ihn zu richtenden so Schreibens verfehle nicht, zu gnädigster Approbation vorzulegen.

Ein an mich gelangtes Büchlein, wovon der erste[276] Theil sich schon auf Großherzoglicher Bibliothek befindet, liegt gleichfalls bey.

So wie auch dankbar das schöne Beyspiel eines mexikanischen Opals, welcher wohl jenem früher bekannt gewordenen Feueropal ganz nahe kommt. Wobey ich jedoch bemerke, daß dieses Mineral besonders vor Sonnenlicht zu bewahren ist, indem sich durch dasselbe die Sprünge vermehren, so daß es zuletzt wohl gar aus einander fallen möchte.

Mich zu ferneren Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 14. Februar 1828.


43/202.


An Carl von Holtei

[Concept.]

Sie haben, werthester Mann, wohl die Gefälligkeit, dem Überbringer dieses, Herrn Schmeller, einem sehr geschickten Künstler, einige Stunden zu gönnen, damit wir auch Ihr Bildniß in guter Gesellschaft bey uns bewahren.

In Hoffnung und Wunsch, die schon stark angewachsene Sammlung bey angenehmem Wiedersehen und vergnüglicher Unterhaltung nächstens vorzuzeigen.

Weimar den 15. Februar 1828.[277]


43/203.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

[16. Februar 1828.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey noch einiges Manuscript, damit, wenn es gelegen wäre, der Druck nicht aufgehalten würde.

Mich aber- und abermals empfehlend.

Weimar den 15. Februar 1828.


43/204.


An Carl Friedrich Zelter

Zu dankbarer Erwiderung deiner beiden so löblich auf einander folgenden Schreiben erhältst du ein halb Dutzend Exemplare des Gedichtes, welches an Ihro Majestät von Bayern erst schriftlich, nun im Druck von uns ausgegangen ist. Ein solches, von einem Freunde (Herrn v. Müller) verfaßt, ward für schicklich gehalten, gleichsam anzudeuten, was man Ihro Majestät für so große Auszeichnung schuldig bleibe. Zug vor Zug mit dem Könige Handelschaft zu treiben, wollte sich nicht schicken; das Capital, das er uns anvertraut, muß eine Zeitlang wuchern, bis wir ihm die geziemenden Interessen abtragen, und ob du mich gleich durch die Gezweige des gegenwärtigen poetischen Lauberhüttenfestes gar wohl erkennen wirst, so wollte doch schicklich erscheinen, gleichsam durch einen Dritten[278] auf die Geschichte der Veranlassung einer so seltenen Erscheinung hinzudeuten und sie in einen gewissen natürlichen Gang der Dinge einzuführen. Da übrigens über alles und jedes ein jeder anders als der andere denkt, so wollen wir auch diesen Versuch der allgemeinen Meynung überlassen. Verlangst du einige Aufklärung, so steht sie zu Diensten.

Der Deine

Weimar den 16. Februar 1828.

G.


Nachschriftlich.

Beygehendem und Vorgesagtem schließe Folgendes an: Wenn das Brett, worauf du dich postirt hast, weder gepolstert noch mit Sammet überzogen ist, so wünsch ich doch und sehe voraus, daß du den Besitz besser als jene mögest und werdest zu behaupten wissen. Schreibe fleißig, so wird gar manches mitzutheilen seyn; gegenwärtig aber allem Guten empfohlen.

G.


43/205.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

Schreiben vom 7. Februar zu Folge ist die angezeigte Sendung richtig angelangt, welchem Vermelden ich Nachstehendes hinzufüge.

Zu Fausts zweytem Theile sende noch einiges mit der gestern abgegangenen fahrenden Post, welches denn[279] als Abschnitt für dießmal gelten mag. Wunsch und Hoffnung ist, daß die nächsten Lieferungen mit den sich anschließenden Scenen sollen ausgestattet werden.

Die Novelle ist gleichfalls gestern abgegangen und bleibt bey derselben nichts weiter zu bemerken.

Wegen der nächsten Lieferung schlage einstweilen Nachstehendes vor:

Den bisher als XVI. Band bezeichneten, Epische Gedichte enthaltenden ließe man weg und es folgte nun:


bisherkünftigBogen

XII. BandXVI. BandWerthers Leiden

Schweizer Reise pp.19 1/2

XIV. –XVII. –Die Wahlverwandt-

schaften, welche nicht

zu trennen sind26

III. –XVIII. –Wilhelm Meisters

und XIX. –Lehrjahre, die zwey

IV. –XX. –Bände in drey getheilt

32

29 61

106 1/2

Wodurch denn die Gleichheit mit den vorigen Lieferungen ziemlich hergestellt wäre. Sind Sie mit dieser Eintheilung zufrieden, so kann das Original alsobald abgehen.

ergebenst

Weimar den 16. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.[280]


43/206.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verpflichten mich auf's neue durch die mir gegebene Kenntniß von fünf echten Majolika-Schalen. Auf Ihre Empfehlung bin ich nicht allein geneigt, die taxirten 55 Gulden dafür zu entrichten, sondern auch dasjenige, was Sie über die Summe darauf zu bieten für billig halten. Zahlung erfolgt sogleich.

Der ich, dieses eilig vermeldend, um sorgfältige Packung, welche Sie immer so pünctlich zu besorgen wissen, nicht zu bitten brauche und mich Ihnen zu geneigtem Andenken bestens empfohlen wünsche.

Weimar den 18. Februar 1828.


43/207.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

mit einiger Anfrage zu begrüßen war schon längst meine Absicht, die in dem Augenblicke lebendiger wird, wo unsre Gedanken, Wünsche und Hoffnungen so eifrig nach Berlin gewendet sind. Zuvörderst also trage Folgendes vor: Bey uns lebt ein Hauptmann v. Ekendahl, welcher die Geschichte des schwedischen Reichs und Volks geschrieben hat, die im vorigen[281] Jahr herausgekommen ist. Erlauben Sie, wenn Sie solche noch nicht kennen, daß ich Sie darauf aufmerksam mache und Sie ersuche, wenn etwas Gutes davon zu halten ist, ihm eine freundliche Recension zu geben. Ich habe das, was vom alten Heidenthum, von den fehlgeschlagenen und endlich gelungenen Versuchen, das Christenthum einzuführen, gesagt ist, mit Vergnügen gelesen; das Übrige liegt gegenwärtig so weit von mir ab, daß ich mich daran weder erfreuen noch sonstigen Antheil nehmen kann.

Hieran schließt sich nun die zweyte Frage, die mir durch den abgeschlossenen Jahrgang Ihrer Jahrbücher der wissenschaftlichen Kritik abgelockt wird: ob Sie nämlich eine Recension brauchen können des ersten Jahrgangs der Monatschrift der vaterländischen Gesellschaft in Böhmen? Meine vierzigjährige Bekanntschaft mit diesem Lande würde mich in den Fall setzen, bey dieser Gelegenheit gar mannichfaltiges Lesbare darüber auszusprechen. In meinem neusten Stück Kunst und Alterthum kann ich nur das Allgemeinste sagen und es würde mir angenehm seyn, meine Leser dorthin zu verweisen.

Soviel für dießmal, ob ich gleich noch manches mitzutheilen hätte.

Es sollte mich freuen zu vernehmen, daß Sie unsrer Frau Erbgroßherzogin aufgewartet haben, die sich zu so löblichen mütterlichen Zwecken in Berlin befindet. Herrn Professor Hegel empfehlen Sie mich bestens[282] und gedenken mein in Gesellschaft Ihrer Frau Gemahlin zu guter Stunde.

gehorsamst

Weimar den 19. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/208.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Den besten Dank, theuerster Herr und Freund, daß Sie mir Nachricht geben von der guten Aufnahme meiner alterthümlich-neuen Bestrebungen; ich achte es schon für Verdienst, in einem so schweren und bedenklichen Geschäft Ihnen auch nur Einen heitern Augenblick verschafft zu haben: die Zeitungen werden mir schon das Nähere vermelden. Nun aber äußre ich den Wunsch, daß Sie mir gefällig einige Exemplare Ihres Abdrucks zusenden mögen, damit ich meine Freunde, für welche diese Sache ein Geheimniß geblieben, zur Theilnahme heranrufen könne.

Hiernach nichts weiter als die treusten Wünsche und Begrüßungen.

Unwandelbar

Weimar den 20. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/209.


An Carl Friedrich Zelter

Und nun noch ein Wort über den vielbesprochenen und noch zu besprechenden Walter Scott'schen Napoleon: Das Werk sey wie es wolle, ich bin ihm[283] Dank schuldig; denn es hat mir über die letzten sechs Wochen des vergangenen Jahres glücklich hinausgeholfen, welches keine Kleinigkeit ist, wenn man die einsamen Abende bedenkt, die unsereiner mit Interesse zubringen will, indessen alles, was nur Leben hat, sich hinzieht nach Theater, Hoffesten, Gesellschaften und Tänzen. Das Werk fand ich sehr bequem als Topik zu gebrauchen, indem ich Capitel nach Capitel beachtete, was ich allenfalls Neues empfing, was mir in die Erinnerung hervorgerufen ward, sodann aber nie vergessenes Selbst-Erlebtes hineinlegte an Ort und Stelle, so daß ich jetzo schon nicht mehr weiß, was ich im Buche fand und was ich hineingetragen habe. Genug mir ist der lange, immer bedeutende und mitunter beschwerliche Zeitraum von 1789 an, wo, nach meiner Rückkunft aus Italien, der revolutionäre Alp mich zu drücken anfing, bis jetzt ganz klar, deutlich und zusammenhängend geworden; ich mag auch die Einzelnheiten dieser Epoche jetzt wieder leiden, weil ich sie in einer gewissen Folge sehe.

Hier hast du also wieder ein Beyspiel meiner egoistischen Leseweise; was ein Buch sey bekümmert mich immer weniger; was es mir bringt, was es in mir aufregt, das ist die Hauptsache. Du machst es wohl auch nicht viel besser, und ich hindere niemand wie er es halten will.

Daß Walter Scott gesteht: der Engländer thue keinen Schritt, wenn er nicht ein english object vor[284] sich sieht, ist ganz allein viele Bände werth. Selbst in den neusten Tagen sehn wir, daß die Engländer kein rechtes Object in der Schlacht bey Navarin finden können; wir wollen erwarten, wo sich's eigentlich hervorthut.

Unsere theure Frau Erbgroßherzogin ist nun in Berlin angelangt; ich habe sie noch zuletzt gebeten, deine Singakademie nicht zu versäumen, und da man weiß, wie mannichfaltig die Zeit solcher hohen Personen in Anspruch genommen wird, so hab ich Herrn Cammerherrn v. Vitzthum gebeten, auch dieses Wunsches eingedenk zu seyn; und da du ohnehin aufwarten und selbst einladen wirst, so hab ich dieses Vorgängige nur vermeiden wollen.

treulichst

W. d. 20. Febr. 1828.

Goethe.


43/210.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hiebey das von dem immer ergebenen Nees v. Esenbeck eingesendete Exemplar des neusten Theils der Acten der Gesellschaft, der er so glücklich und treulich vorzustehen weiß. Ich füge die in einem Schreiben an mich beygelegten Blätter hinzu, wovon die Lit. A den glücklichen Ausgang eines bedeutenden Vorschlags, welcher bey der letzten Zusammenkunft an die deutschen Naturforscher gebracht worden, bekannt[285] macht. Es ist freylich ein großer Vortheil für die Societät und das Ganze, daß die Forschungen und Erfahrungen sich hier um einen Mittelpunct versammeln.

Die Beylage B ist freylich für einen Nothschuß zu achten. Vielleicht wären Ew. [Königliche] Hoheit nicht abgeneigt, gelegentlich dem Präsidenten oder der Societät etwas Angenehmes zu erzeigen. Der Aufwand überhaupt, besonders auf die Tafeln, ist freylich sehr groß.

Mit Vergnügen werden Höchst Dieselben sehen, daß auch des jenaischen Alt-Ochsen Abbildung und Würdigung hier zum Vorschein kommt. Eine Vergleichung der Knochen-Theile mit denen des Auerochsen auf der ersten Tafel ist wirklich höchst merkwürdig. Dieser ist durchaus viel svelter als jenes frühere Thier, dessen stämmiges und derbes Wesen an die Sumpfgeschöpfe der Urwelt schon näher heranrückt.

Die Sippschaft der Opale, deren gestern nicht erwähnt ward, verschafft mir vielleicht das Glück, Ew. Königlichen Hoheit nochmals bey mir aufzuwarten. Zunächst aber frage bescheidentlich an, ob es Höchst Dieselben billigten, wenn ich die Thorwaldsen'sche Statue mir in's Haus bringen ließe? Jene Werkstatt würde mit einiger Apprehension besuchen und nur auf kurze Zeit, da ich das wichtige Gebilde zu Haufe zu jeder Zeit, bey gutem Licht und Stimmung betrachten könnte.

[286] Verzeihung dieses Ansuchens, wozu mich eine neuerwachte Kunstbegierde treibt.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 22. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/211.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey das Verzeichniß der von mir zurückbehaltenen Zeichnungen und Kupferstiche; den Betrag derselben an

54 rh. 14 gr. sächsisch

hat Herr Banquier Elkan den Auftrag auszahlen zu lassen. Da Ihnen nunmehr im Ganzen bekannt ist, wohin meine Wünsche und Liebhabereyen gerichtet sind, so werden Sie geneigt seyn, mich von dem allenfalls Vorkommenden in Kenntniß zu setzen. Indem ich nun versichern kann, daß es mir sehr angenehm gewesen, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, so empfehle ich mich und was sich auf mich bezieht zum schönsten und besten.

Alles Günstige wünschend

ergebenst

Weimar den 26. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.[287]


43/212.


An Julius J. EIkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichste ersucht, an Herrn Börner, Mahler und Kunsthändler in Leipzig, abermals die Summe von

54 Thaler 14 gr. sächs.

gefällig auszahlen zu lassen und die Wiedererstattung dieser Summe so wie der letzten von 4 rh. 20 gr. sächs., nach Verabredung mit meinem Sohne, dem Cammerherrn, gewärtig zu seyn.

Das Beste wünschend.

Weimar den 26. Februar 1828.


43/213.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey abgeredtermaßen zehn Stücke der Prager Monatschrift. Ich werde die Gefälligkeit anzuerkennen wissen, wenn Sie meinen Wunsch erfüllen und über den Bestand des dortigen botanischen Gartens, insofern er aus den Blüthenverzeichnissen erscheint, ein ostensibeles Wort sprechen wollen. Übrigens werden Sie bey Durchblätterung dieser Hefte auch gern in die Zustände der in der Hauptstadt Böhmens obwaltenden Literatur hineinblicken.[288]

Der ich mich bestens empfehle und den Wunsch nicht verberge: Ew. Wohlgeboren mögen einen freundlichen Sonnabendsbesuch gelegentlich erneuern.

ergebenst

Weimar den 26. Februar 1828.

J. W. v. Goethe.


43/214.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[26. Februar 1828.]

Bey dem günstigen Sonnenschein der gestrigen Mittagstunde durfte ich mich nicht länger enthalten, dem benachbarten jungen Halbgotte meine schuldige Aufwartung zu machen; auch ward ich nicht wenig für meine Schritte belohnt, als ich ihn ganz allerliebst und seinen Anblick höchst ergötzlich fand. Die neuste Zeit hat alle Ehre von diesem Erzeugniß und wir dürfen uns glücklich schätzen, dasselbe durch Höchst Ihro Fürsorge nächstens bey uns im Doppel-Bilde aufgestellt zu sehen. Dergleichen Vollkommenes gibt zu den allerbesten Gedanken Anlaß.

Sollte beykommendes Büchlein noch nicht bekannt seyn, so gibt es wohl eine augenblickliche Unterhaltung; es ist anzusehen als Romanpasquill, das Gemein-Wahre mit weniger Fiction. Auch ist der Verfasser zu drey Monat Hausvogtey-Arrest verdammt worden auf Klage des diplomatischen Corps, wie denn freylich der englische Gesandte und seine Händel mit den Artilleristen nicht zu verkennen sind.

[289] Das Redouten-Blättchen ist freylich sehr artig, einige andere lege bey und werde suchen, noch mehrere zu versammeln; es ist nicht unangenehm zu sehen, wie sich denn doch ein gewisses geistreiches Wesen im Allgemeinen hervorthut, sobald nur Anlaß gegeben ist.

Den Weiskunig mit den Abdrücken ohne Text zu vergleichen ist Schuchardt beschäftigt; er sucht das Verhältniß in einer Tabelle anschaulich zu machen; die Sache ist doppelt und dreyfach verwickelt.

Mit Vorbehalt ferneren schuldigen Vortrags.


43/215.


An Carl Friedrich Zelter

Dein Brieflein kommt, wie immer, entweder zu guter Stunde oder macht sie. Eben war ich beschäftigt, eine Anzahl zwar leichter, aber echter und meisterhafter Handzeichnungen und Skizzen, die ich für leidlichen Preis erhandelt, einzuordnen. Bey dieser Gelegenheit erinnere ich mich einiger lange schon dictirten Worte, die ich aufsuche und dir abschreiben lasse:

»Die Dilettanten, wenn sie das Möglichste gethan haben, pflegen zu ihrer Entschuldigung zu sagen, die Arbeit sey noch nicht fertig. Freylich kann sie nie fertig werden, weil sie nie recht angefangen ward. Der Meister stellt sein Werk mit wenigen Strichen als fertig dar, ausgeführt oder nicht, schon ist es[290] vollendet. Der geschickteste Dilettant tastet im Ungewissen, und wie die Ausführung wächs't, kommt die Unsicherheit der ersten Anlage immer mehr zum Vorschein. Ganz zuletzt entdeckt sich erst das Verfehlte, das nicht auszugleichen ist, und so kann das Werk freylich nicht fertig werden.«

Unser Vorleser macht seine Sache gut; ich habe ihn bey mir einmal zu Tische gesehn, wo er als angenehmer Gesellschafter erschien. Es sey mit ihm wie es will, er bringt eine gewisse allgemeine geistige Anregung in unseren Kreisen hervor. Ein wirklich gebildetes Publicum muß doch einmal Stand halten, hören, was es sonst nicht vernähme, und gewinnt dadurch ein neues Ingrediens zu seinem Stadt-, Hof- und Engländerklatsch; wodurch denn der Augenblick einigermaßen bedeutender wird.

Einige Privatredouten gaben Gelegenheit, das wirklich hier wundersam im Stillen waltende poetische Talent zu offenbaren. Durch Briefträger, Zigeunerinnen und sonstige Welt- und Schicksalsboten wurden kleine Gedichte zu Hunderten an bestimmte Personen vertheilt, worunter sich manche, wegen des à propos beneidenswerthe Einfälle hervorgethan. Bey'm Nachforschen fand man Personen, an die man gar nicht denken konnte.

Mein Leben führ ich fort wie du es kennst; der Frühling scheint mich mehr als jemals zu erfreuen, meine Sehnsucht geht wenigstens in den Kreis der[291] Umgegend, wenn mich die steigende Sonne nicht gar wieder nach Böhmen hineinführt. Verschiedene Anlässe haben meine früheren Bezüge dorthin in den letzten Tagen gar freundlich wieder aufgeregt.

An Kunst und Alterthum wird immer fortgedruckt; dabey ist nur das Schlimme, ich habe immer mehr Materien als Raum, und bis zum nächsten Stücke scheint mir das Vorräthige veraltet.

Die nächste Osterlieferung meiner Werke bringt dir auch wohl etwas Neues; zwar weiß ich nicht, was du bey mir gelesen hast, doch wollen wir auch das Bekannte dir empfohlen wissen.

Daß du über das Ausbleiben der gewünschten und brauchbaren Gäste verdrüßlich bist, finde sehr natürlich; über die trüben Gäste wollen wir kein Leid haben, ob es gleich schwer ist, daß jemand ein Lied gerne singt, ohne die letzte Zeile begreifen zu können.

Ferdinand Nicolovius, der eine Oberförsterstelle in Schleusingen, ohnfern Ilmenau, erhalten hat, hat mir von dem laufenden Berlin viel und recht sinnig erzählt. Er hatte bey uns in der Ruhl auf dem Thüringer Wald bey einem sehr tüchtigen Manne seine Forststudien begonnen und es ist glücklich für ihn, daß er sich so nahe und an bekannter Stelle, zwischen Thüringen und Franken in Thätigkeit gesetzt sieht.

Es freut mich gar sehr für unsern Coudray, daß sein Pentazonium dort Gunst findet; der Gedanke ist glücklich, auf's Alterthum gegründet. Man findet[292] wohl angenehm, dasjenige was sie Ungeheures in die Wirklichkeit hineinsetzten, wenigstens im Bilde dem Auge und der Einbildungskraft überliefert zu sehen. Es ist eine unglaubliche Arbeit darin, wie du als Baukundigster gar wohl beurtheilen wirst. Das an sich Mögliche, oder der Bedingung nach Unmögliche als vorhanden uns hinzustellen, ist kühn und wacker. Gelang es vor den Verständigen, so ist aller Zweck erreicht.

Auch der Kupferstecher an seiner Seite ist lobenswürdig, unser Schwerdgeburth, daß er es wagte, aus dem Taschenformat, in welchem er excellirt, herauszutreten und in einem Fache zu arbeiten, welches ohne technische und mechanische Hülfsmittel kaum zu betreiben ist.

Zum Schluß noch den lebhaftesten Dank von unserm wackern Coudray. Dein Glück auf! hab ich ihm alsbald schriftlich mitgetheilt, das ihm die größte Freude machte. Es ist das erste freye, treue, so einsichtig- als lebhafte Zeugniß, das seiner wahrhaft ernsten und mühsamen künstlerischen Leistung zu Gute kommt. Bey solchen Gelegenheiten fürchten die Beschauer, sich durch irgend ein geradmüthiges Lob zu compromittiren; entweder sie machen Phrasen oder sie verstummen. Für ihn freut mich dein Wort um desto mehr. Es ist nicht leicht ein so gründliches Luftschloß gebaut worden.

beharrend

Weimar den 28. Februar 1828.

G.[293]


43/216.


An Carl Friedrich Zelter

Laß dir, mein Theuerster, Überbringern empfohlen seyn; es ist Herr Cammerrath Thon, der sich einige Zeit Geschäfts wegen in Berlin aufhalten wird, einer unserer tüchtigsten Männer, weil man ihn sonst nicht senden würde. Vergönne ihm den Zutritt zu deinem Heiligthum und laß es, wenn du ihn siehst und sprichst, auch zu einem freundlichen Andenken an mich gedeihen.

Das Beykommende lies und studire zu guter Stunde und bedenke wohl dabey, daß die Soole, woraus das gefeyerte Festsalz gewonnen und gesotten ward, durch ein Bohrloch von 762 Fuß erreicht und auch durch dasselbe heraufgefördert worden. Die Kenntniß der Gebirgslagen, zu der man sich nach und nach erhob, die Kunstgriffe der Mechanik, die auch immer gescheiter und pfiffiger werden, erreichen das Wundersame in unsern liberalen Tagen, daß man das Salz so wie die Luft allgemein genießbar machen will, da es den guten Menschen fast eben so unentbehrlich ist. Der Überbringer wird dir, wenn es dich, wie ich hoffe, interessirt, hierüber nähere Auskunft geben.

Soviel für dießmal mit dem schönsten Lebewohl!

treulichst

Weimar den 29. Februar 1828.

Goethe.[294]


43/217.


An Joseph Sebastian Grüner

[Concept.]

[29. Februar 1828.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich so lange ohne Nachricht von sich gelassen, daß es beynahe aussieht, als sollt ich in dem lieben Böhmen gänzlich vergessen seyn und daselbst als ein Fremdling angesehen werden. Ermannen Sie sich daher gegenwärtig, denn ich kann versichern, daß bey eintretendem Frühjahr Lust und Liebe, die wohlbekannten feststehenden Gebirge wieder zu besuchen, auf's neue sich regen und wachsen will.

Hat sich in Geologicis und Mineralogicis irgend eine frische Entdeckung hervorgethan? gelingt Fund und Tausch wie vormals? befinden Sie sich mit den lieben Ihrigen wohl? und was haben Sie für Aussichten auf den nächsten Sommer?

Ein Besuch des Herrn Grafen Sternberg Excellenz hat uns höchlich erfreut, und durch die Zeitschrift, welche die Gesellschaft des Prager Museums herausgibt, werden wir auf mannichfache Weise von den interessanten Zuständen Böhmens belehrt.

Die eigentliche Anregung aber zu Gegenwärtigem habe ich nunmehr vorzutragen und diese zwar ist der bedenkliche Zustand des älteren Rehbeinischen Sohnes. Dieser Knabe macht schon seit des Vaters Tod seinen Vormündern und allen Freunden des Verstorbenen,[295] sogar unserm gnädigsten Herrn manche Unruhe und Bekümmerniß. Man hatte ihm durch besondere Gunst eine Stelle in einer preußischen Klosterschule verschafft, deren er sich durch mancherley Unfertigkeiten verlustig machte. Ihro Königliche Hoheit übergaben ihn darauf einem tüchtigen Amtmann, daß ihn derselbe beaufsichtigen und zu Canzleygeschäften anführen sollte; allein auch da thut er nicht gut, und besonders scheint ihm die Natur ein gewisses Organ verliehen zu haben, das in ihm einen unwiderstehlichen Appetit nach fremdem Eigenthum aufregt.

Unter militärischer Pädagogik ist schon mancher Bursche der Art gebessert worden, und es entsteht nun die Frage, ob es nicht möglich wäre, denselben unter ein kaiserlich österreichisches Jägercorps zu bringen, damit eine strenge Aufsicht und gebührende Strafe ihn zu einer besseren Sinnes- und Handelsweise fördern könnte.

Ich habe den ausdrücklichen Auftrag von meinem gnädigsten Herrn, Ew. Wohlgeboren um die Gefälligkeit zu ersuchen: Sie möchten sich umthun und erkundigen, inwiefern obiger Wunsch zu erfüllen seyn möchte. Ihnen sind die dortigen Verhältnisse genau bekannt, aus welche Sie eher als irgend ein anderer Einfluß haben dürften. Man ist zu diesen Extremen genöthigt, nachdem man diese Jahre her mit möglichster Geduld, mit Antheil und ich darf wohl sagen mit Liebe und Pietät gegen den wackern Verstorbenen[296] verfahren, der Ihnen ja auch werth und empfohlen gewesen. Seine Witwe lebt hier von einer mäßigen Pension im Stillen, im Verhältniß zu guten Menschen und, soviel mir bekannt worden, in einer dem Zustande gemäßen Zufriedenheit.

Sie aber, mein Theuerster, begrüßen die lieben Ihrigen zum schönsten und geben auf diese Veranlassung ein freundliches Lebenszeichen. Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen, grüßen Sie Herrn Huß zum schönsten und sagen mir etwas über sein Behaben und seine Sammlung.

Nicht ganz ohne Hoffnung, Sie in diesem Jahr und wär es auch nur auf wenige Stunden wiederzusehen.


44/1.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

wollte zuvörderst andringlich bitten, Herrn Grafen Reinhard meinen besten Dank abzustatten. Die Briefe waren höchst willkommen und haben sogleich, mit der Chiffre des edlen Gebers bezeichnet, in der schönen Brieftasche der Frau Gräfin Rapp einen würdigen Platz bezogen.

Nun folgt denn auch die Abschrift des merkwürdigen Briefes. Es ist wohl die einzig geistige Erwiderung auf ein Gedicht dieser Art. Wenn man das Geschriebene lesen kann, so kann man nicht aufhören es zu lesen; es ist wirklich so heiter als grandios.

Sodann werden Sie verzeihen, auch das zweyte Schreiben in Abschrift zu erhalten. Der Gewinn dieser Tage macht mich geizig, wie es dem Sammler geht. Auch dieser Brief ist in allen seinen Theilen bewundernswürdig fruchtbar; der Werth desselben wird meine Habsucht entschuldigen.

gehorsamst

Weimar den 2. März 1828.

J. W. v. Goethe.[1]


44/2.


An Sulpiz Boisserée

Vor allen Dingen will ich Ihnen, mein Theuerster, herzlich danken, daß Sie mich aus der Verlegenheit reißen, in welche mich die Ungewißheit über Ihren Zustand versetzte. Ich hörte wiederholt, daß Sie sich nicht wohl befänden und daß Sie zugleich mit neuen Geschäften belästigt seyen, welches mir um so unangenehmer war, als ich hoffen durfte, daß die Beendigung der großen, Ihre künftige Lebensweise bestimmenden Angelegenheit, zugleich Ihre frische Ansiedlung Sie sollten beruhigt und beglückt haben. Möge zu Ihren Gunsten und zu Ihrer Zufriedenheit sich alles einleiten! Lassen Sie mich künftig darüber nicht im Dunkeln.

Die ausführliche Schilderung der Münchner vielfachen Thätigkeit trifft überein mit allem was man hört und lies't; einige geistreiche Züge jedoch vergegenwärtigen mir dieses sonderbare Leben und Treiben viel deutlicher und kräftiger.

Nun aber mag ich es überdenken wie ich will, so find ich keine Form, wie in Kunst und Alterthum hierüber etwas zu äußern wäre. Alles was man sagen darf ist schon gedruckt, und das Schornische Kunstblatt ist im Falle, diese Gegenstände vollkommen zu erschöpfen. Anderes, was bedenklich und zweifelhaft ist, wird man freylich nicht aussprechen.

[2] Indessen steht das Gedicht an den König im neusten Stücke voran; einige Noten zu nothwendigster Aufklärung desselben werden gegen das Ende eingeschaltet, da es denn wohl Gelegenheit gibt, etwas Bescheiden-Sinniges über das einzige Ereigniß auszusprechen.

Übrigens werden Sie mir zutrauen, daß ich im tiefsten ernstesten Sinne dasjenige in seinem ganzen Umfang empfinde, was ich Ihro Majestät dem Könige schuldig bin, und daß es mein angelegenster Wunsch ist, es auf eine würdige Weise öffentlich darthun zu können. Der Gedanke hat schon geblüht und Frucht angesetzt, die nächste Zeit, hoff ich, soll ihn zur Reise bringen.

Mein nächster Brief wird eine unerfreuliche und eine erfreuliche Seite haben: die erste gibt Nachricht von einem höchst unschicklichen Betragen, die zweyte eröffnet eine Aussicht auf einen Abschluß des fraglichen Geschäftes; sodann wird Ihre Vermittlung abermals angerufen, und man wird sich, wie auch gegenwärtig, Ihrer fortgesetzten, treu-ernsten Theilnahme andringlichst empfehlen.

unwandelbar

Weimar den 2. März 1828.

Goethe.


44/3.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein Werthester, die Titel der wenigen Bücher, deren Anschaffung Herrn Weigel[3] aufzutragen bitte. Was den Preis betrifft, so wird der redliche Mann selbigen nach dem innern Werth und den Umständen ermäßigen.

Hab ich wohl heute Abend das Vergnügen Sie bey mir zu sehen?

Weimar den 2. März 1828.

G.


44/4.


An Kaspar von Sternberg

In Hoffnung daß meine Sendung vom 27. November vorigen Jahres glücklich angelangt und von dem verehrten Freunde geneigt aufgenommen sey, äußert Gegenwärtiges nur eine bescheidene Bitte, um die zwey letzten Monate nämlich der vorjährigen Zeitschrift. Ich habe mich diese Tage her mit den zehn ersten Stücken beschäftigt, ihren Inhalt methodisch geordnet und den Werth des Ganzen dadurch an den Tag zu stellen gesucht. Nun wünscht ich den vollen Gehalt des Jahrganges und wohl findet sich gerade [noch] etwas Günstiges zu Bereicherung meines Cadres.

Hiezu füge ich die angenehme Nachricht, daß unsre gnädigsten Herrschaften eines erwünschten, ihren Jahren zukommenden Wohlseyn genießen. Frau Erbgroßherzogin ist nach Berlin und wir erwarten und wünschen jeden Augenblick Nachricht von der glücklichen Niederkunft der Prinzeß Carl. Auch der treue Angehörige findet sich noch immer in dem Falle, seine[4] Tage nützlich und fruchbar zubringen zu können. Nach Ostern wartet abermals eine Lieferung meiner Bändchen geziemend auf. Möge das Neue, was ich dem Bekannten hinzugefügt, zu guter Stunde behaglich genossen werden.

Verehrend, stets eingedenck,

angehörigst

Weimar den 2. März 1828.

Goethe.


44/5.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchten Sie wohl nachsehen, ob der Professor der Philologie an der Akademie zu Kopenhagen F. C. Petersen als Philolog sonst schon durch Schriften bekannt sey? Das Leben des Libanius ist ganz allerliebst, mit großer Klarheit und Mäßigung geschrieben.

Prüfen Sie beygehende Stelle; ich wollte die Lücke Seite 284 damit ausfüllen.

Weimar den 3. März 1828.

G.


44/6.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

habe nicht verfehlen wollen anzuzeigen, daß ich Gelegenheit habe etwas nach England zu senden; da ich denn ein paar Medaillen an Herrn Robinson zu schicken[5] gedenke. Hiezu aber bedürfte ich seiner genauen und auslangenden Adresse. Wollten Sie einige Zeilen hinzufügen, so wird es ihm gewiß sehr angenehm seyn und auch mir erwünscht, indem ich ihm nicht verschweigen kann daß diese Sendung auf Ihre neuerliche Anregung geschehe. Ich bitte jedoch um baldigste Rückantwort, weil der Freund schon Ende dieser Woche abgeht.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 3. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/7.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

lege zugleich mit dem gedruckten Exemplar des Weißkunig und den neulich angekommenen älteren Abdrücken eine hübsche Arbeit von Schuchardten vor, wodurch die Vergleichung beider Exemplare sehr erleichtert wird.

Genehmigen Höchst Dieselben dieses Verfahren, so kann der Band Holzschnitte auf dem Museum niedergelegt werden. Irgend eine Freundlichkeit für den Übersender dieser wirklich bedeutenden Sammlung wird sich ja auch wohl finden.

Weimar den 3. März 1828.[6]


44/8.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zuvörderst dankbar anzuzeigen, daß die zwey Exemplare, welche an der letzten Sendung der Subscribenten fehlten, glücklich angekommen sind. Wegen der andern Anfragen erwidere Folgendes:

Nach dem Schluß der Rede des Plutus:

Soll sich die Magie bethätigen

folgt allerdings die neue Scene:

Lustgarten

Morgensonne

welche schließt:

Wie's oft geschieht, mir widerlichst mißfällt.

Worauf denn die Notiz folgen kann:

(Ist fortzusetzen.)

Die Überschrift der kleinen Erzählung, welche das Ganze schließt, hieße ganz einfach:

Novelle.

Ich habe Ursache, das Wort Eine nicht davorzusetzen.

Die angezeigten Aushängebogen werden denn auch wohl zu rechter Stunde ankommen.

Mich und diese Angelegenheit auch fernerhin bestens empfehlend.

Weimar den 4. März 1828.[7]


44/9.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[4. März 1828.]

Ew. [Königliche Hoheit]

werden gnädigst beurtheilen in wie fern ich in dieser zwar nicht bedeutenden, doch zart zu behandelnden Sache Maas und Ton getroffen habe und fernere Leitung anordnen.

Das Schreiben an Rath Grüner ist abgegangen, wegen des Sendens der Holzschnitte wünsche mit GHR. Helbig einige Worte zu sprechen.


44/10.


An Franz Heinrich Müller

[Concept.]

[5. März 1828.]

Die von Ihnen, mein Werthester, eingesendeten lithographischen Blätter haben Ihro Königliche Hoheit mit Vergnügen betrachtet, so wie die Weimarischen Kunstfreunde denselben ihren Beyfall nicht versagen konnten. Mir besonders haben Ihre glücklichen Fortschritte, nicht weniger Ihr günstiges Verhältniß zu Herrn Velten besondere Freude gemacht, da ich bisher wegen Ihrer künftigen Lage hier am Orte nicht ohne Sorge war.

Wie Sie die technischen Hülfsmittel zu einer so schwierigen Arbeit hier verlassen, ist Ihnen am besten[8] bekannt, auch nicht verborgen, wie das Bestreben, Sie in Thätigkeit zu setzen, keineswegs geglückt, indem von dem sämmtlichen Verlag der sechs Blätter nichts abgesetzt worden, da ich denn schon längst anfragen wollte, ob Herr Velten den ganzen Verlag in Commission zu nehmen nicht geneigt wäre?

Haben Sie nun in dieser Zeit aus eigner Erfahrung und Behandlung gewiß eingesehen, daß für einen Künstler Ihrer Art nur in einer großen Anstalt eine Existenz zu finden sey, wo er, übrigens unbekümmert um alles Mechanische, Chemische, Technische, ruhig das Talent eines Zeichners ausüben könne; finden Sie sich nun gegenwärtig in solcher Lage, zeugen Ihre Arbeiten von einem geschickten selbstständigen Künstler, ist Ihnen das Glück eines günstigen Verhältnisses zu Herrn Velten geworden und schon so lange dauernd geblieben, so möchte nach meiner Ansicht das Vortheilhafteste seyn, sich an einem Ort zu fixiren, wo es Ihnen so wohl ergeht und wo ein Fürst regiert, der, wie Herrn Veltens Unternehmungen selbst ausweisen, Künste und Gewerbe in allen Zweigen zu fördern sich angelegen seyn läßt.

Kann ich Ihnen nun hier am Orte zu einer ähnlichen Anstalt keine Hoffnung machen, verhindern mich die mäßigen Einkünfte der mir anvertrauten freyen Zeichenschule, Ihnen eine hinreichende Besoldung auszusetzen, werden zu andern dringenden Erfordernissen Ihr bisher offenstehendes Quartier und sonstigen Emolumente höchst nöthig, so muß ich freylich wünschen,[9] daß Sie über Ihre Lage baldigst Entschluß faßten und mich davon in Kenntniß setzten.

Es ist wohl schon mehrmals geschehen, daß Ihro Königliche Hoheit junge Männer, die sich durch Ihro Gunst bedeutend heranbildet, auch außerhalb Landes ein erwünschtes Glück finden sahen und sich an dem Dank erfreuten, der Höchst Denenselben dagegen entrichtet wurde. Und so werden auch Sie als ein zartfühlender Mann das Andenken vieljähriger Begünstigung und Förderniß gewiß nicht verlieren.

Nehmen Sie diese aus aufrichtiger Gesinnung, bey obwaltenden Umständen, entsprungene Erklärung ebenmäßig an und überzeugen sich daß es mir wehe thut, nicht im nahen Geschäftskreise einen dergestalt ausgebildeten Künstler aufnehmen und zu den nächsten Zwecken mich seines erprobten Talentes erfreuen zu können.

Empfehlen Sie mich Herrn Velten zum schönsten, dessen Thätigkeit und Charakter ich um so mehr schätzen werde, als er zum Glück eines jungen Manns, der mir längst empfohlen ist, so wie bisher also auch für die Zukunft beyzutragen geneigt seyn wird.

Weimar den 27. Februar 1828.


44/11.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

die letzte Revision zurücksendend, melde was erfreulich und vielleicht noch nicht bekannt ist, daß unsere Vorrede[10] zu Manzoni's Werken unter dem Titel: Interesse di Goethe per Manzoni, Lugano in 8. herausgekommen. Ich kenn es nur noch aus einem geborgten Exemplar, sobald ich ein eigenes erhalte, theile es mit.

Mich bestens empfehlend und alles Gute wünschend

ergebenst

Weimar den 5. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/12.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[7. März 1828.]

Ew. Königlichen Hoheit

habe im Namen aller Naturfreunde verpflichteten Dank zu sagen für die wichtige Acquisition des Flügelmanns des ganzen Vögelgeschlechtes. Wie leid thut es mir, daß ich bey der Section nicht gegenwärtig seyn kann, denn man würde sich gleich an dem kolossalen Beyspiel über die Verhältnisse der Eingeweide dieser merkwürdigen Classe am besten und schnellsten belehren. Mit Professor Renner ist indessen die Abrede genommen worden, daß er, da [sich] ein vollkommnes Skelett dieses Geschöpfes in dem Museum befindet, hauptsächlich dahin wirke, daß die Haut bestmöglich ausgestopft und die äußere Bildung naturgemäß aufgestellt werde, welches um so glücklicher geschehen kann, als die Federhülle des Thiers, seit wir es hier geschehen, sich sehr verbessert haben soll. Vorzüglich wird er sodann seine[11] Sorgfalt auf die Eingeweide wenden und solche möglichst in Branntwein zu erhalten suchen, auch was von Knochen nicht den Zwecken des Ausstopfens aufgeopfert werden muß, conserviren, weil ja auch die einzelne Betrachtung derselben in Vergleichung mit den schon vorhandenen immer interessant bleiben muß.

2) Sodann lege ein sehr anmuthiges und belehrendes Schreiben unsres Grafen Sternberg bey, welchem hinzugefügt sind

a) drey Blätter meteorologische Darstellungen,

b) zwey Blätter, die unternommene Eisenbahn von Pilsen nach Prag vorstellend. (Hat G. H. R. Helbig schon überbracht.)

3) Eine Beschreibung, die ich diesem Freunde von der wunderbar prolifiken Pflanze machte, interessirt ihn, wie man sieht; ich darf mir wohl im Frühjahr von Belvedere einen Sprößling dieses gar leicht sich vermehrenden botanischen Wunders für den edlen Mann erbitten.


44/13.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Auf die geneigte Anfrage, theuerster Herr und Freund, erwidere nur eiligst soviel, daß ich mich zwar mit solchen zerstückten Theater-Vorstellungen niemals befreunden kann, daß ich Sie aber in diesem Falle doch davon nicht geradezu abmahnen will, da Sie so[12] wackere Gewährsmänner für sich haben und selbst dazu geneigt sind. Das Hauptargument wäre denn freylich wohl, daß Sie alle Ihre Schauspieler zu Gunsten des Einzelnen und des Ganzen an einem solchen Abend vorführen können.

Die Stelle in Ihrem Abdruck Seite 9 Zeile 3 und 4 könnte wohl allenfalls heißen:

Da seht ihr allerlei Thiergestalten

Auf Gottes frischer Erde walten.

Die zwey letzten Zeilen in dem ursprünglichen Gedicht bleiben denn auch ganz billig weg; allein es schnappt alsdann gar zu unerwartet ab und man thäte wohl, noch etwas anzufügen, vielleicht wie folgt:

Wirksame Tugend nie veraltet,

Wenn das Talent verständig waltet.

Wer Menschen gründlich konnt erfreun,

Der darf sich vor der Zeit nicht scheun.

Und möchtet ihr ihm Beyfall geben,

So gebt ihn uns, die wir ihn frisch beleben.

Soviel für diesmal,

für's Leben

der Ihrige

Weimar den 8. März 1828.

Goethe.


44/14.


An Sulpiz Boisserée

Der von Ihnen, mein Werthester, angekündigte Brief des Herrn v. Cotta ist angekommen, aber leider[13] von der Art, daß man mit Ehren darauf nicht antworten kann. Da sich jedoch daraus ergibt, daß die Angelegenheit wegen der Schillerischen Correspondenz sich gar leicht beendigen läßt, so darf ich Sie wohl ersuchen, nach soviel Anderem auch dieses gefälligst zu übernehmen.

Man hat auf eine unverantwortliche Weise gehandelt, daß man mir die an die v. Schiller'schen geleisteten Vorschüsse und Stückzahlungen verheimlichte und mich dadurch in dem Irrthum ließ, als sey ich gegen jene noch wegen des ganzen Betrags ihres Antheils am Honorar verpflichtet und responsabel, weshalb ich denn auch mit allem Recht das Manuscript zurückhielt, bis ich nicht sowohl mich als vielmehr sie befriedigt wüßte.

Jedermann wird diese Vorsicht billigen, über welche Herr v. Cotta sich höchst unanständig gebärdet, indem er zugleich gestehen muß, daß er selbst durch jene Verheimlichung Schuld an der ganzen Verzögerung sey; denn warum geht er nicht eher mit diesem Bekenntniß hervor?

Doch ich muß inne halten, um nicht die tiefe Indignation wieder aufzuregen, die ich bey Lesung jenes Schreibens heftig empfand; ich eile vielmehr, Ihnen beyliegenden Aufsatz zu empfehlen, welcher, wenn ich nicht irre, alle Theilnehmer zufrieden stellt, wie es schon vor zwey Jahren hätte geschehen können, wäre man nicht, und zwar ganz ohne Noth, gegen mich rückhaltig gewesen.

[14] Übrigens werden Sie, mein Freund, gewiß billigen, daß ich nachstehenden Vertrag als mit der J. G: Cottaischen Buchhandlung abzuschließen behandle. Denn diese ist es ja allein, welche bisher von Frege und Comp. in Leipzig anerkannt und auf deren Credit gezahlt worden.

Auch bleibt das mercantile Verhältniß unverrückt, wie sich das persönliche auch gestalten mag, und wird ja wohl die Correspondenz künftighin in einem schicklichen Geschäftsstyl zu führen sey.

Mit herzlichem Bedauern, Ihnen wieder lästig zu werden,

unabänderlich

Der Ihrige

Weimar d. 8. März 1828.

Goethe.


[Beilage.]

Übereinkunft wegen Herausgabe der Goethe-Schil lerischen Correspondenz.


1) Das Honorar für das redigirte Manuscript wird auf

Acht Tausend Thaler

festgesetzt.

2) Die J. G. Cotta'sche Buchhandlung erklärt: daß man nach Ausweis ihrer Bücher und Rechnungen die v. Schillerische Erben für die denenselben gebührende Hälfte von Vier Tausend Thalern durch Vorschlüsse und Stückzahlungen vollkommen befriedigt sind.

[15] 3) Gedachte Buchhandlung verpflichtet sich, hierüber ein legales Zeugniß von Seiten der Schillerischen Erben beyzubringen, wodurch zugleich Unterzeichneter aller ferneren Ansprüche entbunden, auch gebilligt würde, daß der Verlagshandlung das gesammte Manuscript inzwischen eingehändigt worden.

4) Die J. G. Cotta'sche Buchhandlung zahlt die auf die Goethesche Seite fallende Hälfte an

Vier Tausend Thalern

in zwey Terminen, den ersten Ostern, den zweyten Michael 1828.

5) Das Verlagsrecht wird auf zwölf Jahre zugestanden und zwar von der Erscheinung an des Werks im Publicum.

6) Die erste Ausgabe wird in Octav veranstaltet; sollte man jedoch in der Folge eine Taschenausgabe belieben, so wird man alsdann über den zu entrichtenden Nachschuß des Honorars Übereinkunft zu treffen haben.

7) Frey-Exemplare erhalten

die Goetheschen:

Velinpapier 12.

Gewöhnlich Papier 8.

Mit den Schillerischen wird die Verlagshandlung unmittelbar deshalb übereinkommen.

8) Sobald Unterzeichneter eine mit dem Vorstehenden übereinstimmende schriftliche Zusicherung erhält,[16] geht alsobald das vollständige Manuscript an die Verlagshandlung ab.

9) Die Aushängebogen werden successiv, wie sie die Presse verlassen, anher gesendet.

Weimar den 8. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/15.


An Adele Schopenhauer

[8. März 1828.]

Sie sind recht lieb und gut, theurstes Adelchen, daß Sie mich an meine alte Schuld erinnern und mir die Säumniß einer Antwort so freundlich in's Gedächtniß bringen. Dagegen lasssen Sie mich sagen, daß ein gegenwärtiges Heute mich so bedrängt, um ein ferneres Morgen oder Übermorgen ganz vor meinen Blicken zu verhüllen. Ihr Schreiben hat mir viel Freude gemacht, denn es versetzte mich auf eine so treue klare Weise ganz nah an Ihre Seite und mitten in Ihre Zustände, daß ich recht eigentlich daran theilzunehmen im Falle war. Möge Ihnen auch alles inzwischen zum Guten und Genüglichen gedeihen.

Nächstens erhalten Sie die verlangte Handschrift, wozu sich ja wohl ein heiteres Verslein finden wird; sehr gern trag ich dazu bey, wenn Sie einem neuerworbenen Freunde etwas Angenehmes erzeigen wollen.

Die von Ihrer Frau Mutter mitgetheilten Cölner Thorheiten erscheinen mir wirklich wie aus einem[17] andern Planeten; die Thorheiten die sich um mich her ereignen verlieren dagegen Glanz und Bedeutung. Im Ganzen aber freut es mich zu sehen daß jene Cölnischen Feste eher im Zunehmen als im Abnehmen sind; dießmal war auch der Gedanke gut und gab durch seinen Gegensatz Gelegenheit zu mancherlei Verbildung.

In Nürnberg hat man auch etwas Ähnliches versucht, es scheint aber viel mäßiger und beschränkter gewesen zu seyn.

Nun aber will ich enden, damit dieses Blatt noch heut abgehe, am Tage wo ich das Ihrige empfangen habe.

herzlichst

Weimar den 7. März 1828.

Goethe.

Vorstehendes hielt ich noch einen Tag zurück, damit die gewünschten Blättchen alsobald hinzugefügt würden welche sonst wieder zu zögern drohten.


44/16.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

um eine kleine Gefälligkeit zu ersuchen veranlaßt mich nachgemeldeter Fall. Indem ich mich nämlich in Gefolg Ihrer vorgestrigen Zustimmung zu meinen vorseyenden Planen für die Akademische Bibliothek in Jena einen unterthänigsten Bericht mit Beylagen des abgeforderten Etats zu erstatten anschicke, trifft sich gerade daß das kleine Acten-Fascikel, welches meine[18] Berichte und die gnädigsten Rescripte vom Jahre 1827 enthält, wie es leider bey sonst auch guter Ordnung wohl zu geschehen pflegt, sich irgendwo untergeschoben hat, wo es nicht gleich zu entdecken ist.

Mein Wunsch wäre daher, die dieses Geschäft betreffenden Staatscanzley-Acten mitgetheilt zu erhalten, um dessen Erfüllung Ew. Hochwohlgeboren Geneigtheit wohl ansprechen darf.

Mich fernerem freundlichen Andenken bestens empfehlend

gehorsamst

Weimar den 10. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/17.


An Georg Friedrich Conrad Ludwigvon Gerstenbergk

Ew. Hochwohlgeboren

wollte durch Gegenwärtiges geziemend anzeigen, daß ich so eben in Begriff bin, das vielleicht zu lange bey mir behaltene Fossil nebst den Zeichnungen wieder zurückzusenden, da ich denn zugleich anfrage, ob Dieselben vielleicht etwas hinzuzufügen hätten, mit der Bitte um vollständige Adresse des mittheilenden Freundes, die mir entgangen ist.

Zu geneigtem Andenken mich bestens und schönstens empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 10. März 1828.

J. W. v. Goethe.[19]


44/18.


An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

nach Ihrer Rückkehr nach Berlin freundlichst begrüßend, verfehle nicht anzuzeigen, daß das von Leipzig aus an mich gesendete Trauerspiel von Herrn Beer bey mir glücklich angelangt sey, ich auch solches an Herrn v. Holtei, dem es angemeldet worden, abgegeben habe; wie er es denn wohl bey seinem hiesigen Aufenthalt nächstens zur Vorlesung befördern wird. Dieser gute Mann gewinnt hier allgemein erwünschten Beyfall, wie mir alle Freunde versichern die ihn hören und gehört haben.

Nun aber darf ich nicht versäumen, freundlichst für die angenehme Gabe zu danken die Sie mir so wohlwollend gönnen mögen. Das wohlgedachte Basrelief hat unsern Kunstfreunden heitern Beyfall abgelockt und wohlgesinnte Patrioten an die zwar gefahrvolle aber doch glücklich vorübergegangene Epoche tröstlich erinnert. Auch Herrn Tieck danken Sie schönstens für die Mittheilung seiner so wohl angelegten und künstlerisch ausgeführten Statue. Erst wenn die Jahreszeit meine Kunsträume zugänglicher macht, werden die Glieder unserer Gesellschaft sämmtlich daran theilnehmen und ich es als eine entschiedene Zierde meiner Sommerwohnung begrüßen können.

[20] Nunmehr aber hoff ich, Sie werden mir auch geneigte Nachricht geben von dem was Sie in München und Nürnberg veranstaltet und vorbereitet, wovon im deutschen Vaterlande das Stattlichste zu hoffen ist.

Indessen aber haben Sie sich durch vieljährigen treu-liebevollen Fleiß den schönsten Beyfall erworben, wie uns die neusten Briefe aus Berlin umständliche Nachricht geben. Das zweyte Bild der verewigten Königin ist mit der größten Theilnahme aufgenommen und das im manchen Sinn bedenkliche Unternehmen mit allgemeinem Beyfall gekrönt worden, wozu ich von Herzen Glück wünsche, denn das erste hatte sich so viele Neigung erworben, Erinnerungen so vieler Jahre waren daran geknüpft, daß es viel heißen will, wenn sich das Doppelgebild nur daneben halten, geschweige denn den Vorzug darüber gewinnen soll.

Und so ist denn auch in diesen Tagen meine Büste, von dem jungen Meyer nach Ew. Wohlgeboren Arbeit gebildet, zu mir gekommen; es ist bewundernswürdig und zeugt von dem entschiedenen Talente des jungen Mannes, daß er in kurzer Zeit soviel gewonnen, ja es würde unglaublich scheinen, wenn nicht Ihre Werkstatt schon selbst ein Element wäre, das den Schüler in die Höhe trägt und ihm zum Schwimmen behülflich ist, indessen der Geist des Meisters oben überschwebt, Muth und frische Kraft dem Strebenden zuzustrahlen.

In Hoffnung, Sie werden mir nun bald von den Begebenheiten und Erfolgnissen Ihrer Münchner Reise[21] einige Nachricht geben so wie auch die Skizze zu der v. Humboldt'schen Medaille geneigt mittheilen, schließe mit dem freundlichen Ersuchen um Fortsetzung einer lebhafteren Correspondenz.

In der Beylage versäume nicht, dem jungen Meyer einzuschärfen daß Technik und Handwerk dem höchsten Gedanken des Künstlers zuletzt erst die Wirklichkeit verleihen kann.

Gegenwärtiges in vielfältiger Beschäftigung und Zerstreuung ablassend, hoffe zunächst in besserer Fassung mich aussprechen zu können, in jeder Stimmung jedoch im Gefühl der aufrichtigsten Theilnahme, in welcher ich mich auch Ihrer lieben Tochter zum erheiterten Andenken empfehle.

treu ergeben

Weimar den 11. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/19.


An Carl Victor Meyer

Die mir zugedachte Büste, mein lieber junger Freund, ist glücklich angekommen, und ich habe Ihnen zum Gelingen dieser Arbeit auf's freundlichste Glück zu wünschen. Ihr angebornes Talent gab schon früh in seinen ersten kindlichen Versuchen die schönste Hoffnung, die sich nun auf's vollständigste realisirt.

Herr Professor Rauch gab mir schon seine Zufriedenheit über Ihren Fleiß und Application zu[22] erkennen; dabey wünscht er mit mir und allen Kunstfreunden, Sie mögen sich auf's eifrigste der Technik, dem eigentlichen Handwerke hingeben. Denn die durch Übung zu erlangende Fertigkeit ist es eigentlich, die das Talent endlich zur Meisterschaft erhebt.

Betrachten wir z.B. den Musiker, welche gränzenlose Bemühungen diese Männer anwenden, um ihre Finger in dem Grade gelenk zu machen, daß diese Glieder zuletzt gleichsam für sich selbst arbeiten und ohne die mindeste Anstrengung mit fertiger Behaglichkeit den Willen und den Sinn des Geistes ausüben, der ihnen zu gebieten hat. Eben so müssen auch des Plastikers Finger Stäbchen, Meißel und was für Instrumente sonst noch anzuwenden sind, eins wie das andere sich zu eigenlebendigem Organ ausbilden, dessen eigenthümliche Beweglichkeit des Künstlers Willen unmittelbar und ungesäumt erfüllt, von dem ersten Kneten des rohen Thons an bis zur letzten Epiderme des vollendeten Marmors. Sodann ist der Künstler glücklich zu preisen, der in Zeiten gewahr wird, was von dem übrigen Weltwissen zunächst an seine Kunst gränzt und seiner Thätigkeit zur Förderniß dient, der dagegen abweis't was darauf keinen Einfluß hat.

Sie leben in einer großen Stadt, von gebildeten Menschen umgeben; ergreifen Sie dasjenige was Ihnen frommt. Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit von Ihren Arbeiten sehen. Der Vortheil, in Gypsabgüssen nicht etwa blos Nachbildungen, sondern die Sache selbst verschicken[23] zu können, ist ein bedeutender Vorzug dieser Kunst. Fahren Sie fort, Ihre würdigen Eltern, Ihren Lehrer und jeden Wohlwollenden zu erfreun, der Ihrer Persönlichkeit, Ihren natürlichen Gaben und wackern Gesinnungen gern den herzlichsten Antheil schenkt, worunter ich mich denn auch wohl rechnen darf; der ich recht wohl zu leben wünsche.

In der freudigen Aussicht, ein entschiedenes, unbedingtes Vertrauen auf Rath und Anleitung eines trefflichen Lehrers werde fortan Ihre merkwürdigen und erwünschten Fortschritte von Station zu Station auf das heiterste beleben,

treu gesinnt

Weimar den 11. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/20.


An Carl Georg Ludwig Schottin

[Concept.]

Dem verbindlichsten Danke für die Geneigtheit, mit der Sie mir das hier zurückkommende merkwürdige Fossil und die bedeutenden Zeichnungen haben mittheilen wollen, muß ich die Entschuldigung hinzufügen, solche allzu lange behalten zu haben.

Indem ich nun hoffen darf, daß beides wieder glücklich bey Ihnen einlangen werde, kann ich den Wunsch nicht bergen, Sie möchten mir einiges bey der nächsten Ausgrabung zu Gewinnendes in meine[24] Sammlung gefällig stiften, wobey es mir sehr angenehm seyn würde, wenn Sie Knochenreste, von welcher Art sie auch seyen, so wie sie gefunden werden, umgeben von irgend einem Gyps oder Sinter, gefällig überlassen wollten. Die Entdeckung ist höchst interessant, und Ew. Wohlgeboren machen sich um die Naturfreunde sehr verdient, wenn Sie das Begonnene auch zunächst immer weiter fördern wollten.

Da die Grube, wie ich höre, zusammengestürzt ist und sich einiger Aufwand nöthig macht, solche wieder zu räumen, so wäre ich geneigt, zu deren Eröffnung beyzutragen, und würde Sie ersuchen mir anzuzeigen, wieviel ich etwa zu übersenden hätte.

Ich darf kaum versichern daß es mir sehr angenehm war, bey dieser Gelegenheit Ihre Theilnahme an den edlen Naturwissenschaften und ein gründliches Nachdenken, welches mir schon früher bekannt geworden, abermals zu bemerken.

Ich füge der Rolle einige Medaillen hinzu, welche zu meinem Andenken geneigtest zu bewahren bitte.

Weimar den 11. März 1828.


44/21.


An Friedrich Ludwig von Froriep

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche um die Gefälligkeit, mir den Namen des Freundes in Frankfurt am Mayn anzuzeigen, an[25] welchen ein Beytrag zu dem Sömmerringischen Jubiläumsfeste zu übersenden wäre.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 13. März 1828.


44/22.


An Thomas Carlyle

Wenn Beykommendes, schon vor acht Wochen Gewünschtes noch zu rechter Zeit ankommt, so soll es mich freuen. Das lange Außenbleiben zu entschuldigen, müßt ich viel von verketteten Arbeiten und Aufforderungen berichten und beschreiben und könnte Ihnen doch keinen Begriff von allen denen Obliegenheiten geben, die sich durch so lange Jahre an mir herangehäust und sich noch täglich eher vermehren als vermindern.

Ein Kästchen mannichfaltigen Inhalts, abgegangen von hier den 20. Januar d. J., von Hamburg durch Vermittlung der Herren Parish den 1. Februar, wird längst in Ihren Händen und ich hoffe gut aufgenommen seyn.

Geben Sie mir einige Nachricht deshalb, wie auch, ob Gegenwärtiges einigermaßen gefruchtet.

Grüßen Sie mir Ihre liebe Gattin von mir und den Meinigen und erhalten mit Ihre treuen Gesinnungen, wie ich sie auch lebenslänglich zu hegen gewiß nicht unterlasse.

theilnehmend und mitwirckend

Weimar den 14. März 1828.

J. W. v. Goethe.[26]


[Beilage.]

Wahre Überzeugung geht vom Herzen aus, das Gemüth, der eigentliche Sitz des Gewissens, richtet über das Zulässige und Unzulässige weit sicherer als der Verstand, der gar manches einsehen und bestimmen wird ohne den rechten Punct zu treffen.

Ein wohlwollender, auf sich selbst merkender Charakter, der sich selbst zu ehren, mit sich selbst in Frieden zu leben wünschte und doch so manche Unvollkommenheit die sein Inneres verwirrt empfinden muß, manchen Fehler zu bedauern hat der die Person nach außen compromittirt, wodurch er sich denn nach beiden Seiten hin beunruhigt und bestritten findet, wird sich von diesen Beschwernissen auf alle Weise zu befreyen suchen.

Sind nun aber diese Mißhelligkeiten in treuer Beharrlichkeit durchgestochen, hat der Mensch erkannt, daß man sich von Leiden und Dulden nur durch ein Streben und Thun zu erholen vermag, daß für den Mangel ein Verdienst, für den Fehler ein Ersatz zu suchen und zu finden sey, so fühlt er sich behaglich als einen neuen Menschen.

Dann aber drängt ihn sogleich eine angeborene Güte, auch anderen gleiche Mühe, gleiche Beschwerden zu erleichtern, zu ersparen, seine Mitlebenden über die innere Natur, über die äußere Welt aufzuklären, zu zeigen woher die Widersprüche kommen, wie sie zu[27] vermeiden und auszugleichen sind. Dabey aber gesteht er, daß dem allen ungeachtet im Laufe des Lebens sowohl Äußeres als Inneres unablässig im Conflict befangen bleibe und wie man sich deshalb rüsten müsse, täglich solchen Kampf wiederholt zu bestehen.

Wie sich nun ohne Anmaßung behaupten läßt, daß die deutsche Literatur in diesem humanen Bezug viel geleistet hat, daß durch sie eine sittlich-psychologische Richtung durchgeht, nicht in asketischer Ängstlichkeit, sondern eine freye naturgemäße Bildung und heitere Gesetzlichkeit einleitend, so habe ich Herrn Carlyle's bewundernswürdig tiefes Studium der deutschen Literatur mit Vergnügen zu beobachten gehabt und mit Antheil bemerkt, wie er nicht allein das Schöne und Menschliche, Gute und Große bey uns zu finden gewußt, sondern auch von dem Seinigen reichlich herübergetragen und uns mit den Schätzen seines Gemüthes begabt hat. Man muß ihm ein klares Urtheil über unsere ästhetisch-sittlichen Schriftsteller zugestehen und zugleich eigene Ansichten, wodurch er an den Tag gibt daß er auf einem originalen Grund beruhe und aus sich selbst die Erfordernisse des Guten und Schönen zu entwickeln das Vermögen habe.

In diesem Sinne darf ich ihn wohl für einen Mann halten, der eine Lehrstelle der Moral mit Einfalt und Reinheit, mit Wirkung und Einfluß bekleiden werde, indem er nach eigen gebildeter Denkweise, nach angebornen Fähigkeiten und erworbenen Kenntnissen[28] die ihm anvertraute Jugend über ihre wahrhaften Pflichten aufklären, Einleitung und Antrieb der Gemüther zu sittlicher Thätigkeit sich zum Augenmerk nehmen und sie dadurch einer religiosen Vollendung unablässig zuführen werde.


Dem Vorstehenden darf man wohl nunmehr einige Erfahrungsbetrachtungen hinzufügen.

Über das Princip, woraus die Sittlichkeit abzuleiten sey, hat man sich nie vollkommen vereinigen können. Einige haben den Eigennutz als Triebfeder aller sittlichen Handlungen angenommen; andere wollten den Trieb nach Wohlbehagen, nach Glückseligkeit als einzig wirksam finden; wieder andere setzten das apodiktische Pflichtgebot oben an, und keine dieser Voraussetzungen konnte allgemein anerkannt werden, man mußte es zuletzt am gerathensten finden, aus dem ganzen Complex der gesunden menschlichen Natur das Sittliche so wie das Schöne zu entwickeln.

In Deutschland hatten wir schon vor sechzig Jahren das Beyspiel eines glücklichen Gelingens der art. Unser Gellert, welcher keine Ansprüche machte ein Philosoph vom Fach zu seyn, aber als ein grundguter, sittlicher und verständiger Mann durchaus anerkannt werden mußte, las in Leipzig unter dem größten Zulauf eine höchst reine, ruhige, verständige und verständliche Sittenlehre mit großem Beyfall und mit dem besten[29] Erfolg; sie war den Bedürfnissen seiner Zeit gemäß und wurde erst spät durch den Druck bekannt.

Die Meynungen eines Philosophen greifen sehr oft nicht in die Zeit ein, aber ein verständiger wohlwollender Mann, frey von vorgefaßten Begriffen, umsichtig auf das was eben seiner Zeit Noth thut, wird von seinen Gefühlen, Erfahrungen und Kenntnissen gerade dasjenige mittheilen, was in der Epoche wo er auftritt die Jugend sicher und folgerecht in das geschäftige und thatfordernde Leben hineinführt.

Weimar den 14. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/23.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit dem Überbringer irgend ein Zeugniß mitzugeben, worauf er bey Mad. Günther das bewußte Porträt in Empfang nehmen könnte. Das Copiren desselben wird wohl ohne Unstatten zum erwünschten Zwecken führen.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 14. März 1828.


44/24.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit gehabt, einen dem Anblick und Zweck nach sehr interessanten Apparat zuzusenden,[30] aber ich will nur gestehen, daß ohngeachtet der genauen beygefügten Beschreibung ich doch das Experiment nicht zu unternehmen getraue. Deshalb liegt hier eine Zeichnung bey, an welcher die verschiedenen Theile des Apparats mit Buchstaben bezeichnet zu näherem Aufschluß und zu Direction eines Versuchs behülflich seyn könnten. Darf ich darum höflichst ersuchen, so würde mit vielem Vergnügen des Anschauens einer so bedeutenden Erscheinung mich und meine Freunde theilhaftig machen.

Dankbar und hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 16. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/25.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

letzte gehaltreiche Sendung hat an alles Gute freundlich erinnert, wofür wir seit so vielen Jahren Dank schuldig geworden. Mein gnädigster Herr, der Großherzog, diese Gelegenheit ergreifend, übergibt mir Beykommendes mit dem Wunsche, daß Sie daran die Gesinnungen erkennen mögen, welche er Denenselben seit langer Zeit gewidmet hat. Um diese Sendung nicht aufzuhalten, schließe ich hier vorläufig, in der Absicht, ein längst vorbereitetes kleines Paquet nachfolgen[31] zu lassen. Mit dem angenehmen Gefühl, Sie näher an uns geknüpft zu sehen, empfehle ich mich zu fernerem wohlwollenden Andenken.

Weimar den 16. März 1828.


44/26.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

lege das schon früher angekündigte, nunmehr angelangte dritte Heft von Dr. Pohl, Flora brasiliensis schuldigst vor, und die Fortsetzung wird allerdings zu erwarten seyn. Die Resolution jedoch wegen der andern in dem v. Schreiberischen Briefe angebotenen Werke und des zu entrichtenden Vorschusses werden Höchst Dieselben wohl durch Geh. Hofrath Helbig an mich gelangen lassen.

Von Christiania ist denn auch Nachricht wegen des fraglichen Seeungeheuers eingegangen; es zeigt sich daraus daß es auf einer vor vierzig Jahren umhergegangenen Sage beruhe, die in der neuern Zeit wieder aufgefrischt worden.

Auszug aus einem Briefe des Herrn Reinhard zu Christiania:

»'Das was ein gewisser Herr Moe hier in unserm Hause erzählte, nämlich es sey seinem Onkel, einem Schiffscapitän hier, in der Nordsee begegnet, daß ein solches Ungeheuer sich über den Hintertheil dessen[32] Schiffs geworfen und solches beynahe zertrümmert habe, gründet sich leider auch nur auf eine mündliche Aussage von Zeugen, die längst verstorben sind, während jedoch behauptet wird, daß bey der Ankunft des Schiffs in England die Mannschaft darüber eine eidliche Aussage gemacht habe, welche zu erlangen nach einem Verlauf von beynahe vierzig Jahren nun freylich unmöglich ist.' Wollten Sie wohl diesen Umstand zur Kenntniß seiner Königlichen Hoheit bringen? Ich denke, wenn wirklich eine Aussage gemacht wurde, so möchte sich in den Philosophical Transactions eine Spur davon finden.«

Verehrend, gegenwärtige Mittheilung beeilend

unterthänigst

Weimar den 16. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/27.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Bemühungen wegen der dort verkäuflichen Majolika erkenne dankbarlichst. Sollten die fünf Schalen für 50 bis 60 Gulden zu erhalten seyn, so würde sie gern dafür mein eigen nennen.

Ob ich mich gleich über meine alten Tage nicht zu beschweren habe, so thut es mir doch doppelt und dreyfach leid, dem schönen allgemeinen vaterländischen[33] Fest nicht beywohnen zu können, welches in Nürnberg mit so vielen herrlichen Erinnerungen und Aussichten gefeyert wird. Gedenken Sie mein bey dieser frohen Gelegenheit und überzeugen sich, daß ich an dem bestimmten Tage mich in Ihrer Mitte befinde.

Weimar den 18. März 1828.


44/28.


An Kaspar von Sternberg

Weimar den 22. März 1828.

Mit dem morgenden Posttage geht auf Anordnung und Befehl meines gnädigsten Herrn, welcher zugleich die lebhaftesten Grüße sendet, ein Kästchen ab, enthaltend die problematische Pflanze.

Ich sende sie nach Dresden an Obrist v. Verlohren, welcher das Weitere besorgen wird. Das Exemplar ist auf der Stelle belehrend, indem die wieder pflanzenbringenden Blüthenfäden daran befindlich sind.

Nach meiner Erfahrung verlangt sie eine sehr einfache und mäßige Behandlung; sie will mehr kühl als warm stehen, scheint eine feuchte Atmosphäre zu lieben, Licht, ohne gerade Sonne zu verlangen; keine weitere Aufmerksamkeit fordert sie, aber Geduld, bis es ihr einfällt, ihre Eigenheiten an's Licht zu bringen.

Die Quasi-Stolonen an dem übersendeten Exemplar wollen mir nicht recht gefallen, sie scheinen mir durch feuchte Wärme übertrieben und beynahe etiolirt,[34] doch wird sich das alles bey ruhiger Wartung herstellen.

Mehr sage nicht für heute als den besten Dank für die neuliche Sendung der vier Zeitschrifts-Hefte, um deren successive Fortsetzung ich angelegentlich bitte.

treu angehörig

Weimar den 22. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/29.


An Heinrich Ludwig Verlohren

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

übersenden mit dem morgenden Postwagen auf Anordnung und Befehl meines gnädigsten Herrn ein emballirtes Kästchen, worin eine Pflanze befindlich ist, welche Höchst Dieselben an Herrn Grafen Kaspar Sternberg nach Prag überschicken.

Ew. Hochwohlgeboren werden beurtheilen, ob solche Sendung, woran viel gelegen, durch Vermittelung einer ansehnlichen Österreichischen Gesandtschaft oder auf sonstige Weise dorthin zu senden sey, und mir, wie solches geschehen, gefällige Nachricht geben.

Der ich diese Gelegenheit ergreife, mich Denenselben bestens zu wohlwollenden Andenken zu empfehlen.

Weimar den 22. März 1828.[35]


44/30.


An Carl Ludwig Philipp Troß

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch zu berichten, daß die unter'm 13. Februar d. J. abgesendeten alten, zu dem Weißkunig gehörigen Holzschnitte glücklich angekommen und Ihro Königlichen Hoheit alsobald übergeben worden sind.

Hierauf habe sodann den Befehl erhalten, Denenselben zu melden, daß diese schätzenswerthe Gabe Höchst Denselben angenehm gewesen und in die reiche Sammlung ähnlicher Gegenstände günstig aufgenommen worden.

Möge ein mit der fahrenden Post nachkommendes Paquet hievon ein Zeugniß geben, dessen Inhalt sich sowohl auf die im Jahre 1825 gefeyerten Jubiläen bezieht als zugleich ein zweytes Bildniß unsers gnädigsten Herrn darlegt, welches verdienten Männern zu besonderer Auszeichnung angeeignet wird.

Der ich mit dem höflichsten Ersuchen um baldige Nachricht über die Ankunft der Gesendeten die Ehre habe, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den [22.] März 1828.[36]


44/31.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

[23. März 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

beeile mich dießmal von der Ankunft des dritten Heftes der Brasiliensischen Flora Nachricht zu geben, um desto eher Vergebung zu erlangen, daß ich das vorige Mal gehörig damit aufzuwarten versäumt. Die vielfachen Obliegenheiten, die mit unsern Jahren zugleich heranwachsen und zu welchen sich immer wieder neue gesellen, sind denn auch wohl einmal an irgend einem Versäumnisse Schuld, dessen man sich am wenigsten hätte sollen anklagen lassen. Gegenwärtige Anzeige begleite sodann mit zwey Wechseln, jeden zu hundert Gulden Conventionsmünze, damit bey vorkommenden Fällen Hochdieselben etwas in Cassa haben.

Was jedoch die beiden angezeigten Werke betrifft, das über Pelargonien so wie die Monographie der Weiden, so sind Ihro Königliche Hoheit solche anzuschaffen vorerst nicht geneigt, auch wegen Dr. Pohls Reisebeschreibung noch nicht entschieden, deswegen die gegenwärtig übermachte Summe auf die fernere Fortsetzung der Brasiliensischen Flora zu bewahren seyn möchte.

An einer zwecksmäßigen Vermehrung schon so reicher Sammlungen, wie die kaiserlichen sind, kann es nicht[37] fehlen, so lange Männer wie Ew. Hochwohlgeboren ein Auge darauf haben was hie und da durch Privaten zusammengebracht und mit Sorgfalt vereint worden. Dieses sind die wahrhaften Schätze, weil sie gewöhnlich unterrichteten Kennern und leidenschaftlichen Liebhabern ihren Ursprung verdanken; sie aber beysammen zu erhalten hat meist der Souverän allein nur die Kräfte. Verspätet sich auch die Ausführung, so kommt doch zuletzt das voraussehende und vorbereitende Verdienst zu Erfüllung und Ehren.

Der ich mit höflichster Bitte um baldige Nachricht über die Ankunft des Gegenwärtigen die Ehre habe, mich fernerem wohlwollenden Andenken zu empfehlen und mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 21. März 1828.


44/32.


An Johann Carl Ludwig Schorn

Euer Wohlgeboren

hatten die Gefälligkeit, mir durch Vermittlung des Herrn Canzler v. Müller eien Anzahl lithographirter Umrisse zu übersenden, welches theils zu einem Werke des Herrn Zahn, theils zu dem des Herrn Gerhard gehörten, für deren Mittheilung ich verbindlichst zu danken zögerte, eine geneigtest zugesagte Fortsetzung erwartend.

Da ich aber gegenwärtig in den Fall komme, solcher schätzenswerthen Unternehmungen in allem Guten zu[38] gedenken, so will ich nicht länger aufschieben zu versichern, wie angenehm mir diese vielversprechenden Erstlinge gewesen und welche Hoffnungen für das Nächste sie bey mir erregt.

Indem ich daher Dieselben höflichst ersuche, mir dasjenige, was bis jetzt von diesen beiden Werken gefördert worden, gefällig zuzusenden, vermelde zugleich, was Sie vielleicht schon unmittelbar erfahren haben, daß es Herrn Zahn in Berlin nach Wunsch zu ergehen scheint, indem er zu mannichfaltiger Thätigkeit aufgefordert wird.

Indem ich nun für manches Gute und Vorzügliche was ich von München vernehme mich eines wahren Antheils zu erfreuen habe, so bedaure nur, daß meine Jahre mich verhindern, an dem höchst erfreulichen Kunstfeste zu Nürnberg theilzunehmen. Dagegen habe Denenselben Glück zu wünschen, daß Ihre Häuslichkeit, wie mir Herr Canzler v. Müller berichtet, auf eine so erwünschte Weise vollständig und gesegnet worden.

Und so werde ich denn auch noch auf eine Angelegenheit geführt, die unsere Gedanken gegenwärtig sehr oft in München verweilen läßt: es ist das von dem vorzüglichen Künstler, Herrn Flachenecker, zu lithographiren übernommene Porträt unserer Frau Großherzogin.

Es kommt hiebey soviel zusammen, daß die sämmtlichen Weimarischen das schönste Gelingen wünschen[39] und hoffen. Die abgebildete Dame, die Künstlerin, das wohlgerathene Bild und was sonst noch Verschiedenes zu erwähnen wäre, alles hält uns aufmerksam auf ein Gelingen, das nicht fehlen kann und das uns durch jede lithographische Arbeit, welche von dorther zugesendet wird, immer auf's neue versichert wird. Die Neigung welche, wie ich höre, der Künstler selbst für diese Arbeit ausspricht, erfreut uns daher doppelt und dreyfach, und ich sehe schon mit Vergnügen der Zeit entgegen, da ich auch Euer Wohlgeboren für die dabey bewiesene Theilnahme verpflichtet werde danken können.

Der ich mich allseits bestens zu empfehlen und mein Andenken unter sich als eines Angehörigen geneigtest zu erhalten bitte.

Euer Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 24. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/33.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den sechsten Band der Taschenausgabe zum Behuf der in Octavo. Die Correcturen sind mehrerer Bequemlichkeit wegen beygeschrieben. Die vier übrigen folgen ebenmäßig nächstens zugleich mit dem Original der vierten Lieferung.

[40] Mit Freuden, das Geschäft so weit vorgerückt zu sehen, weitere gefällige Theilnahme erbittend und hoffend.

ergebenst

Weimar den 24. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/34.


An Johann Heinrich Meyer

Schuchardt sagte mir vor einigen Tagen daß Herr Rath Laun ein Exemplar unsrer lithographischen Versuche zu besitzen wünsche. Ich sende hier eins schon dergestalt aufgerollt daß es sogleich fortgesendet werden kann. Übergeben Sie es ihm als eine freundliche Verehrung zum geneigten Andenken.

Dann hab ich anzuzeigen daß Herr v. Sartorius bey uns angelangt ist und heute Mittag mit uns speis't; Sie können ja einmal Ihre ereachsenen Schüler sich selbst überlassen und uns mit Ihrer Gegenwart erfreuen. Es bleibt ein Couvert für Sie offen, wenn Sie auch später kommen sollten.

Die besten Grüße.

Weimar den 26. März 1828.

G.


44/35.


An Christian Daniel Rauch

In meinem letzten Schreiben vom 11. März habe, wie es wohl zu geschehen pflegt, eines Hauptpunctes[41] vergessen, welchen gegenwärtig nachzubringen ich mich daher beeile. Die schnelle Entwicklung des angebornen Talentes unsres jungen Freundes Meyer, davon ich den Beweis, bey nunmehrigen heitern Tagen, unter manchen andern aufgestellten Kunstbildungen mit Vergnügen betrachte, erinnert mich an unsre gute Facius, welcher gleichfalls ein angebornes Talent nicht abzusprechen ist und die Ew. Wohlgeboren bisher schon soviel schuldig geworden.

Unser gnädigster Herr, der ihr den Aufenthalt in Berlin möglich macht, so wie die sämmtlichen Weimarischen Kunstfreunde überzeugen sich, daß ein gründlicher plastischer Unterricht, eine fortschreitende künstlerische Ausbildung vorzüglichst in Ihrem Atelier, unter Ihrer geneigten Aufsicht zu hoffen und zu gewinnen sey. Sie darum schuldigst zu ersuchen wird das holde Kind sich bey Ihnen zunächst melden und der allgemeine Wunsch der Theilnehmenden ist hiebey: daß Sie derselben einen Platz in Ihrer Nähe gönnen, damit sie sich mit Sicherheit glücklich fortbilden möge.

Mit den schönsten Wünschen

und treusten Grüßen

ergebenst

Weimar d. 27. März 1828.

J. W. v. Goethe.[42]


44/36.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[28. März 1828.]

Ew. Königlichen Hoheit

habe dießmal Verschiedenes vorzulegen.

A. Des Dr. Paulus zu Heidelberg Leben Jesu, an Höchst Dieselben überschrieben.

B. Des Prof. Walch in Berlin Übersetzung des Tacitus Agricola; ist ein Exemplar mir übersendet, mit der Anfrage, ob er Höchst Denenselben eins dergl. Vorlegen dürfe.

C. Über die Preußische Städte-Ordnung, bezüglich auf des Prof. v. Raumer gleiche Schrift, von Streckfuß, legt der Verfasser zu Füßen. Die Raumer'sche Schrift ist Höchst Denenselben wahrscheinlich schon zu Handen gekommen; es wird hier ein wichtiger Punct behandelt und die darüber verfaßten und zu verfassenden Schriften sind aller Aufmerksamkeit werth.

D. Der Titel eines Werks, welchen der Mahler Zahn, wie er bey seinem Hierseyn zugesagt, schuldigst vorlegt.

E. Prospectus über das Werk, welches genannter Zahn herauszugeben im Begriff ist.[43]


44/37.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

versäume nicht hiedurch anzuzeigen, daß mit der gestrigen fahrenden Post der corrigirte Originaldruck unsrer vierten Lieferung abgegangen, nicht weniger, daß die vier Bände der zweyten, zum Behuf der Octav-Ausgabe gleichfalls mit den nöthigen Correcturen versehen, beygelegt worden, wovon ich zunächst glücklichen Empfang zu erfahren hoffe.

Auch darf ich nicht unbemerkt lassen, daß die Abtheilung der verschiedenen Dichtarten, aus welchen der zweyte Theil des Faust besteht, abermals glücklich gelungen sey, für welche Ihre Sorgfalt und Aufmerksamkeit ich hiedurch abermals bestens zu danken habe.

Von der Octav-Ausgabe wünsche vorerst:

Velin, vier Exemplare,

Schweizerpapier, vier Exemplare,

womit ich bey Versendung mich zu versehen höflichst bitte.

Und so wollen wir denn in das nächste halbe Jahr getrosten Muthes, mit fortgesetztem Fleiß und Sorgfalt eintreten und so weiter ein gutes Glück hoffen und erwarten.

Der ich mich auf das beste zu geneigtem Andenken hiedurch empfohlen wünsche.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 28. März 1828.

J. W. v. Goethe.[44]


44/38.


An Frau Dreyßig

Indem ich, meine wertheste Madame Dreyßig, für die übersendeten Georginen danke und die dafür schuldigen 6 rh. 4 gr. Sächs. beylege, entsag ich nicht der Hoffnung, bey schöner Sommerzeit Sie in Ihrem so wohl versehenen und besorgten Garten gesund und thätig zu finden und Sie freundlichst zu begrüßen.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 29. März 1828.

J. W. v. Goethe.


44/39.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

finde mich veranlaßt vorläufig zu vermelden, daß ich auf den bevorstehenden Ostertermin von der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart die Summe von Acht Tausend Thalern zu beziehen habe, mit der geziemenden Anfrage, ob der mir bisher gegönnte Credit hinreicht, daß Dieselben gedachte Summe gefällig auszahlen, oder ob deshalb neue Anweisung nöthig sey.

Der ich, zu geneigtem Andenken mich bestens empfehlend, mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 29. März 1828.[45]


44/40.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ermangele nicht anzuzeigen daß ein bedeutender Druckfehler sich in den funfzehnten Band eingeschlichen hat:

Seite 306 Zeile 10 v. u. ist zu lesen statt Holländer: Hochländer.

Sollte diesem nicht noch durch einen Carton zu helfen seyn, so müßte man wenigstens Sorge tragen, das Publicum zugleich mit der Sendung davon auf irgend eine Weise zu benachrichtigen. Ew. Wohlgeboren werden wie dieß geschehen kann am besten zu beurtheilen wissen.

Weimar den 31. März 1828.


44/41.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

freundliche Anzeige des Empfangs meiner letzten Sendung regt mich auf, das längst Vorbereitete und immer unschlüssig zurückgehaltene Paquet abzusenden. Es ist so manches darinne durch eine Folge von Zeit veranlaßt, wie ich es jetzo kaum übersehen und überdenken könnte, und doch hab ich wohl eins und das andere vergessen, was Sie näher berühren könnte; haben Sie die Güte, was es auch sey, mich fernerhin[46] zu erinnern und mir manches Gute und Aufregende mitzutheilen. Heute nur die besten Grüße und Versicherung unverbrüchlichen Antheils.

unwandelbar

Weimar den 2. April 1828.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Nachstehendes einzuleiten halte ich ein kurzes Vorwort für nöthig. In freyen Stunden, wenn Geschäft und Correspondenz beseitigt sind, pflege ich zu dictiren was mir eben im Sinne schwebt, in Bezug auf's Publicum für meine Druckschriften, im Andenken an Freunde als Stoff der Mittheilung. Dergleichen mißfällt denn manchmal bey der Revision; ja sogar, wenn es abgeschrieben ist, erscheint es mir nach einiger Zeit verltet, überflüssig, launig oder unzulänglich, und da häuft sich dergleichen bey mir unvergohren, ungenossen und ungenutzt. Solche Blätter auch an Sie, theurer verehrter Mann, liegen von vorigem Sommer her noch bey mir, die zurückblieben als ich Ihre Reise nach München vernahm. Da mögen sie denn auch bleiben, nur will ich gegenwärtige fortschicken, die ich, durch Ihre letzte Sendung erregt, niederschrieb und an welchen wo möglich fortfahren werde, wenigstens einige Confessionen des Augenblicks in Ihre Hände zu legen. Daß die Wolken über uns wegeilen, sind wir von jeher gewohnt, aber jetzt scheint sich der Boden unter uns wegzubewegen, so daß wenn wir[47] den Fuß aufheben, die Stelle schon entrückt ist, wohin wir ihn zu setzen gedachten. Und in diesem Sinne darf ich wohl die gegenwärtigen Blätter und die ihnen folgen möchten auf das bescheidenste empfohlen haben.

Ob ich gleich gegen die liebe Natur, am wenigsten gegen die verführerische Botanik meine Blicke wenden darf, so hab ich doch immer einige Repräsentanten der Pflanzenwelt neben mir, und das ist denn dießmal ein Pflänzchen, von dem ich das Nähere zu erfahren wünschte. Einige Blüthenkelche liegen abgetrocknet zwischen den Papieren des Paquets. Der Blätterbüschel, woraus der Blüthenstengel hervortreten soll, verläugnet die Lilienart nicht, und unsere Gartenfreunde sind zwischen Anthericum, Liliago und Herreria zweifelhaft. Mir ist sie höchst interessant wegen ihrer unglaublichen Prolificität, die das ganze Leben einer Pflanze von unsern Augen vorgehn läßt. Sie treibt einen fadenartigen herabhängenden Blüthenstengel, an welchem die sechsblättrigen Blümchen erst seltener, dann gedrängter hervorkommen, bis sie sich endlich quirlartig entwickeln und ganz abschließlich einen Blätterbüschel.

An diesem haben die Blattenden etwas Fettes, Zwiebelartiges, und indessen die Blätter selbst wieder aufwärts streben, zeigen sich unten kleine Wärzchen, die an Licht und Luft zu vertrocknen scheinen, unter[48] günstigen Umständen einer feuchten Umgebung jedoch sich zu Luftwurzeln entwickeln, in der Stärke eines schwachen Federkiels über einen Zoll lang, worauf denn die schwebende Pflanze abermals einen Fadenstengel treibt und so immer weiter fort. Es kommen also gewissermaßen Luftstolonen zur Erscheinung, deren verbindende Fäden jedoch blühen und, wo sie zu Hause sind, gewiß Frucht tragen.

Bringt man einen solchen Blätterbüschel mit seinen Luftwurzeln in die Erde, so zeigt sich ein sonderbares Ereigniß; diese Luftwurzeln streben wieder aus dem Boden nach Luft und Licht, schwellen auch wohl stärker an, begeben sich aber mit ihren Enden wieder in die Erde, verdünnen sich und werden zu den allerfeinsten sich verzweigenden Fäden.

Wenn Sie diese Pflanze, wie höchst wahrscheinlich, in Ihrem Gartenschatze schon besitzen, so werden Sie über meine Darstellung lächeln, aber meiner alten Aufmerksamkeit auch Gerechtigkeit widerfahren lassen und mir um desto mehr kunst- und wissenschaftsgemäße Aufschlüsse geben.

Wie sehr mich nun die Vergleichung gemeldeter Pflanze mit dem alten Drachenbaum in Ihren Acten interessirt hat, ist leicht abzunehmen. In der Erscheinung findet sich hier der größte Gegensatz von körperlicher Ausdehnung und Lebensdauer, im Innersten aber die entschiedenste Verwandtschaft; denn auch er soll den Spargelblüthen ähnliche Blümchen hervorbringen.[49] Auch von ihm sondern sich gewissermaßen lebendige Pflänzchen ab, und ein vegetabiler Thurm muß die Vetterschaft eines Tabakspfeifenstiels anerkennen.

Um aber noch von einem Gegensatze zu sprechen, so kamen letzten Sommerfrische wohlschmeckende Datteln zu uns; ich pflanzte deren und sie gingen frisch und muthig auf und sind schon bis zum dritten Blatte gediehen, indeß die ersten Blätter die Höhe einer Elle erreicht haben; und so stehen in zwey Blumentöpfen das Ernste, Langsame, künftig Stämmige neben dem Schmächtigen, Fortstrebenden, Schwankenden unmittelbar zusammen; indessen eine lebhafte Einbildungskraft mir so vieles andere Dazwischenliegende vergegenwärtigt.

Damit aber nicht allzu räthselhaft scheine, wie ich mich in der Nähe von den Belvederischen Schätzen so kümmerlich behelfe, muß ich sagen daß ich mich vor den warmen Häusern und vor der Abwechselung der Temperatur fürchte, die mich schon manchmal übel behandelt haben. Das Frühjahr lockt mich nun wohl schon wieder in's Freye und zu Betrachtung jener Mannichfaltigkeit, die mir doch nicht viel hilft, indem in meinen Jahren die Resultate sich immer mehr in's Enge ziehen müssen.

Nun liegen aber auch noch in dem Paquetchen Ahornblätter mit merkwürdigen schwarzen Flecken; ich fand sie letzten Sommer in meinem Garten vorn am Gebüsche, wo in der Nachbarschaft keine Spur[50] dergleichen auf irgend einem Blatt anzutreffen war; zu welcher geheimen Entwicklung oder äußeren Veranlassung werden diese gerechnet? davon Ihnen ja unzählige bekannt sind.

Auch das Mikroskop wage ich nicht mehr aufzustellen; was der Geist in seiner Concentration vermag muß man noch zu hegen und zu üben suchen.

Auch ein Blättchen liegt bey, worinnen drey Pflanzenarten aufgezeichnet sind, wie sie nach und nach an frisch aufgeschwemmten Ufern der Elbe unter Hamburg sich entwickeln sollen. Findet sich etwas dergleichen am Rheine? wo sich doch auch manche bedeutende Alluvion ereignet. Das Entstehen von Pflanzen, ohne daß man die Abkunft ihres Samens ausmitteln könnte, macht uns ja nicht mehr bange.


Die schon längst bey mir liegenden schönen Aufsätze über die Fliegenverstäubung und deren Folgen im Trocknen und Feuchten sende anbey zurück. An ein morphologisches Heft darf ich nicht denken. Wollten Sie jedoch diese wirklich theuern Bemerkungen in den Acten zu Tage fördern, würden Sie mich abermals und gewiß jeden Naturfreund erfreuen. Auch die Müllerische Arbeit mikroskopischer Erscheinungen erfolgt zurück; sagen Sie mir doch gelegentlich etwas von dem guten jungen Mann; ich kann der Entwickelung solcher nachgebornen guten und schätzenswerthen Geister nicht mehr folgen; mit meiner eigenen[51] Methode komm ich noch allenfalls durch, aber in fremde Vorstellungsarten kann ich mich nicht mehr versetzen.

Unsern jenaischen Urstier in Ihren Acten geehrt zu sehen macht mir viel Freude; merkwürdig ist es, das Skelett mit dem noch vorhandenen Auerochsen zu vergleichen; diese Sumpfthiere wie sie auch seyn mögen gehören doch einer schon trockeneren Welt an, sie sind viel schlanker und leichter gebaut; jene erinnern schon mehr an jenes kolossale Faulthier und den Sumpfelephanten. Von Crefeld aus hat man uns eine lithographische Abbildung eines solchen Schädels gesendet, welche gut gerathen ist; nur find ich die Augenhöhlen nicht so weit vorstehend und so bedeutend als an dem unsrigen, worauf mir viel anzukommen scheint. Der leicht radirte Umriß von dem Quedlinburgischen ist darin charakteristischer, nur die Beugung der Hörner kann man nirgends recht sehen, auch nicht an Ihrer Abbildung, weil der Kopf gewendet ist; sie gehen von ihrem Ursprung an horizontal hervor, so daß sie, wären sie fortgewachsen, über der Stirn hätten zusammentreffen müssen; ich will sorgen daß Sie eine Abbildung von dem unsrigen erhalten gerade von vorn gesehen; der untere Theil fehlt zwar, aber das Obere ist gut erhalten.


Daß Sie die Abhandlungen der deutschen Societäten auf Ihre Acten als einen tüchtigen Mittelpunct[52] vereinigt, dazu wünsche Glück; wenn Sie gleich im Sondern und Ablehnen manches Unerfreuliche werden zu erfahren haben.

Inwiefern jene wandernde Societät, durch mehrere Jahre fortgesetzt, auf das ungesellige Deutschland einigen Einfluß haben wird, muß sich zeigen; es ist wunderbar genug, aber ganz naturgemäß: das Mindeste, was ein Franzos nur schreibt und vorträgt, ist als an eine große Gesellschaft gerichtet, der er zu gefallen, die er zu überreden wünscht; der Deutsche, wenn er es sich selbst recht macht, glaubt alles gethan zu haben.

Lassen Sie mich zu Ihren Acten zurückkehren und nach meiner Überzeugung versichern, daß Ihnen ein wichtiger Schatz in die Hände gegeben ist. Sie klagen über einen gewissen Mangel der Darstellung, dessen einige Mittheilende sich schuldig machen; leider ist dieses nicht nur ein Mangel an Geschmack, sondern das Übel liegt viel tiefer: es ist ein mangel an Methode, an diesem aber ist Schuld Mangel der Anschauung, Mangel daß man nicht recht deutlich weiß, was man und wohin man will. Dagegen werden z.B. die Aufsätze unsres Carus, unsres d'Altons immer gehaltreich, abgeschlossen und hinlänglich seyn.

Ihr künftiges Geschäft, die Naturforscher zu übersehen, zu controlliren, zu redigiren, wird Ihnen Männer[53] der Art immer schätzenswerther machen, andern werden Sie nachhelfen und sie auf den rechten Weg leiten.

Das Unglück ist bey den Selbstwollen unsrer Zeit, das durch die ganze Welt geht, daß niemand den gebahnten Weg verfolgen mag (zum praktischen Ziel, worauf doch alles ankommt, damit Erkennen und Wissen in That verwandelt werde), daß niemand zu denken scheint, die Chaussée sey dazu da, um vom Fleck zu kommen. Jeder sucht sich ein Abweglein, aals wenn das Leben ein Spazierengehen wäre. Eigentlichst aber ist dieß der Fehler der Deutschen, in welchen die Engländer niemals verfallen, auch machen sich die Franzosen der neusten Zeit desselben nicht schuldig. Man darf nur sehen, was im Globe, in der Revue encyclopédique pp., in den Werken des Baron Dupin für ein ungemessenes Treiben in's thätige und wirkende Leben obwaltet.

Lassen Sie mich jetzt nähere Veranlassung nehmen! Wenn Sie für gerathen halten, die mitgetheilten Zeichnungen des Os intermaxillare verkleinern, stechen und drucken zu lassen, so will ich meine Gedanken gern einmal wieder auf diesen Gegenstand wenden, um bey dieser Gelegenheit den Begriff des Typus, nach dem sich alles bildet, wieder in Anregung zu bringen. Denn es scheint wunderbar, ist aber den Beschränkungen des menschlichen Geistes ganz gemäß, daß man die Consequenz der Idee nicht in der Erscheinung verfolgen mag, sondern daß man sich an Ausnahmen ergötzt,[54] in ihnen ergeht und die Wissenschaft wie das Leben verschleifet. So lies't man in einem beyliegenden Heftchen das ich übrigens nicht schelten will, Seite 6 der angestrichenen Stelle, das in Wien ausgegrabene urweltliche Thier habe »acht Mahlzähne in den Kinnladen, keine Eck- oder Hundszähne und zwey Stoßzähne in der obern Kinnlade, welche eben so wie bey dem Elephanten in dem Zwischenkiefer-Knochen eingekeilt sind, welcher bey andern Thieren die Schneidezähne trägt.« Kann man unbestimmter, ja ungeschickter sprechen? Es ist bey dieser Art Menschen, als wenn die Worte gar keinen Werth hätten; es mußte heißen: »acht Mahlzähne in den Kinnladen, zwey ungeheure Eckzähne in der obern Kinnlade wie der Elephant, deren weite Alveolen zu bilden der Zwischenkiefer-Knochen, welcher selbst keine Schneidezähne hervorbringt, eine Lamelle hergibt.«

Was soll in obiger Stelle »eingekeilt« heißen? Ein Keil wird von außen eingetrieben, ein solches Wort paßt nicht dahin, wo vom Organismus die Rede seyn soll.

Bey Ausbreitung des Wissens und der Wissenschaft ist nicht zu hindern, daß sich halbfähige Menschen damit abgeben, und bey diesen verwandelt sich aller Gehalt sehr schnell in Worte, in welchen zuletzt weder Anschauung noch Gedanke noch Begriff noch Wissen übrig bleibt, sondern deren man sich zu leerem Spiel als Rechenpfennigen bedient. Dagegen habe ich mich[55] mein ganzes Leben gewehrt, aber nur mein Inneres zu vertheidigen; das Beharren, Schweben und Schwanken des Äußern rührt mich wenig. Daher möchte ich wohl Zeit erübrigen, um den Abschluß meiner Überzeugungen nicht als Lehre, sondern als Bekenntniß hinzulegen, und wo möchte dieß wohl sicherer geschehen als bey Ihnen? Farbenlehre, Meteorologie, Geognosie, Verwandtschaft der physikalischen Erscheinungen unter sich, auch herauf- und herabwärts in die materiellere und geistigere Welt.

Hiezu werden neu Auftretende höchst förderlich seyn; wie uns denn in den Berliner Jahrbüchern ein trefflicher Recensent, das Werk des Dr. Ohm [besprechend]: Die galvanische Kette mathematisch bearbeitet, Muth und Anlaß gibt, die Physik mit Ernst von der Mathematik zu trennen und sie ihr selbstständig gegenüber zu setzen, um eine reinere, beiden Theilen vortheilhaftere Verbindung und Wechselwirkung dadurch zu gewinnen.


44/42.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

[Concept.]

Indem ich sowohl für die früheren als späteren angenehmen Sendungen zum schönsten danke, auch mich eben bereite, meinen Antheil an Ihrem wichtigen Unternehmen in dem neusten Stücke von Kunst und[56] Alterthum auszusprechen, sende hiebey die Subscription auf Ein Exemplar Ihres großen Werkes. Möge das Publicum dasselbe günstig, wie es sein innerer Werth verdient, aufnehmen und befördern.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 3. April 1828.


44/43.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

danke verpflichtet für gefällige Mittheilung, vorzüglich aber für eine diesem Geschäft gegönnte Aufmerksamkeit. Indem ich nun mir vorbehalte, nächstens hierüber das Weitere zu besprechen, empfehle ich mich bey Zurücksendung der Acten und neusten Communicationen zu geneigtem Andenken und fernerer Mitwirkung.

gehorsamst

Weimar den 3. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/44.


An Sulpiz Boisserée

Da sich, mein Theuerster, soviel Ungeschicktes in der Welt ereignet, wodurch unvermeidliches Unheil nur vermehrt und verdoppelt wird, so war es billig, daß auch gute Geister aufträten welche mit klarem Bewußtseyn das Verschobene wieder in's Gleiche brächten.

[57] Mit dem besten treusten Danke vermelde daher daß Sonntags den 6. dieses, als am heiligen Ostertage, die Schillerische Correspondenz an die J. G. Cotta'sche Buchhandlung mit der fahrenden Post abgegangen, und ich dagegen eine Anweisung auf Frege auf 10000 Thaler ausgestellt als:

Vierter Termin der Werke

7500.-

Kunst und Alterthum VI, 2

500.-

Schillerische Briefe, erster Termin

2000.-

ut supra

Hiedurch wäre also dasjenige berichtigt was real an der ganzen Sache ist. Das Übrige sey der Zeit und guten Geistern empfohlen.

Lassen Sie mich nun auch von meiner Seite ganz aufrichtig erklären: daß es wirklich Wunsch und Absicht war, über die Münchner Thätigkeiten in Kunst und Alterthum irgend etwas Freundliches auszusprechen, deshalb ich Sie um einige Notizen bat, auch Herrn v. Müller ersuchte, die Angelegenheit zu erinnern; wie ich aber bey fernerer Überlegung, besonders auch bey genauem Betrachten Ihrer Mittheilungen gar wohl einsah, daß dergleichen nicht wohl thulich sey, indem ja vom Gelingen und Mißgelingen eines incalculablen Bestrebens nicht wohl im Laufe des Tags zu sprechen ist; daher ich denn jenen Vorsatz aufgebe, jedoch mit wiederholter Bitte: mich von Zeit zu Zeit von den dortigen Zuständen und Vorfallenheiten zu unterrichten, zu dem einzigen Zweck, mich über ein[58] gleichzeitig wichtiges Beginnen immerfort im Klaren zu erhalten. In meinen Jahren hat man nichts weiter zu thun, als seine Existenz, der Naturnothwendigkeit gemäß, nach bestem sittlichen Wissen und Gewissen fortzusetzen, so wenig als möglich ungethan zu lassen, ohne sich wegen des Vielen was zu thun übrig bleibt in Sorge zu setzen. Erhalten Sie mir freundschaftliche Theilnahme, lassen Sie mich aber zunächst auch erfahren was Sie betrifft und beschäftigt; man spricht mir von Veränderung Ihrer häuslichen Zustände, geben Sie mir auch davon Kenntniß.

Den theuren Gatten v. Ringseis empfehlen Sie mich zum besten als einen Dankenden. Sie haben mir von Herrn Eberhard den erfreulichsten Gesang und die angenehmsten Zeichnungen gesendet; mir war höchst eindringlich, wohl darf ich sagen rührend, zu sehen wie ein so frühes, gewissermaßen altes Gedicht sich immer wieder auf neue Weise in guten und schönen Geistern reproducire, ausweite, vermannichfaltige, vervollständige und so zuletzt dem Unermeßlichen sich nähere. Wiederholten Dank, woran sich die besten Grüße an die lieben Ihrigen treulich anschließen.

Die dritte Sendung, die ich möglichst zu schmücken gesucht, wird Ihnen gewiß nicht unbeachtet und ungenossen bleiben.

treu angehörig

Weimar den 7. April 1828.

J. W. v. Goethe.[59]


44/45.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

vermelde im Gefolg meines Letzten und Ihrer gefälligen Antwort, daß ein so eben anlangender Brief des Herrn v. Cotta mir anzeigt, daß ich diesen Termin Zweytausend Thaler mehr zu erhalten habe, deshalb ich denn auch die Summe von Zehntausend Thalern auf den Banquier Herrn Julius Elkan hier gestellt, welche gefälligst zu honoriren und der J. G. Cottaischen Buchhandlung zu Stuttgart in Rechnung zu stellen bitte.

Anbey habe sodann Herrn C. A. Mayer Glück zu wünschen, daß er nunmehr in gesetzlicher Form an einem Geschäfte theilnimmt, welches zu führen er sich schon längst befähigt hat; möge ihm gleicherweise wie Ew. Wohlgeboren jeder guter Vorsatz gelingen und er, wie Dieselben bisher, auch mir und den Meinigen günstig bleiben, nicht weniger die allenfalls vorkommenden Geschäfte geneigt seyn ebenmäßig zu fördern.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 7. April 1828.

J. W. v. Goethe.[60]


44/45a


An Samuel Thomas von Sömmering

Seinem

erprobten Freunde

und

Studien-Genossen

Sömmering


an dessen Jubeltage

7. Apr. 1828

widmet

die Denkmale

des

Weimarischen Jubeljahres

1825

in treuer Anhänglichkeit

Goethe.[57]


44/46.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die besprochenen Papiere zu weiterer gefälligen Betrachtung. Nicht weniger das Concept der Tabelle, indem die Correctur des Mundums länger als ich dachte aufhalten müßte. Auch so ist sie schon vollkommen brauchbar und vielleicht lassen Serenissimus davon eine Reinschrift nehmen; wobey nur zu beobachten daß sie auf einen größern Bogen, zu besserer Übersicht, auf Eine Seite geschrieben werde.

Mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 9. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/47.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche hiedurch um einige Gefälligkeiten.

1) Wünschte nachstehendes Buch bald zu erhalten:

Précis de Minéralogie moderne, par J. O. Desnos. Deux volumes, avec planches, grand en 32. Au bureau de souscription, rue du Jardinet.

2) Sodann wünschte zu erfahren, welche Bände des Globe wieder abgedruckt worden. Wenn ich nicht[61] irre, der erste und zweyte. Ingleichen bitte mir den Preis zu melden.

3) Wollen Sie sodann die Gefälligkeit haben, gegen beyliegende Scheine zwey Exemplare:

Recueil des Travaux de la Société des Sciences, de l'Agriculture et des Arts de Lille, pour l'année 1826

durch Ihre Handelsfreunde in Empfang nehmen zu lassen und mir solche zu übersenden.

Einiges Weitere mir zunächst vorbehaltend.

Weimar den 11. April 1828.


44/48.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Geneigtheit unserm gnädigsten Herrn aus beyliegendem kleinen Acten-Fascikel unterthänigsten Vortrag zu thun, wie es mit unserer Restaurations-Angelegenheit gegenwärtig stehe und wie auf diese Weise fortfahrend man wohl gesichert seyn könne, daß das Beabsichtigte zur Ausführung komme.

Die gestellte Rechnung ist höchst billig und so möchte es wohl auch künftig zu halten seyn. Wollten Soe aber dem guten Künstler zu seiner Aufmunterung vielleicht noch ein Gratial verschaffen, so könnte man ihn desto ernstlicher anhalten, sich diesem Geschäft mit Fleiß zu widmen; wie er denn überhaupt so[62] zu stellen wäre, daß er nicht nöthig hätte, sich nach anderweitem Verdienst umzusehen.

Mich bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 11. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/49.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

beygehendes Mitgetheilte hierdurch zurücksendend vermelde zugleich, daß ich das unsrer Bibliothek zugedachte Werk in Empfang zu nehmen den Frankfurter Buchhändler Herrn Jügel autorisirt habe.

Mich an der fortdauernden Vermehrung unsers durch Ihre große Aufmerksamkeit und Thätigkeit so hoch gestellten Museums höchlich erfreuend, gute Gesundheit und fortdauerndes Glück wünschend.

ergebenst

Weimar den 11. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/50.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, beykommende Aufsätze, welche zunächst für Kunst und Alterthum bestimmt sind, gefällig durchsehen und ein besseres Befinden mir bald die Freude bereiten, mich mit Ihnen mündlich über gar manches indessen Eingekommene zu unterhalten.

Weimar den 13. April 1828.

G.[63]


44/51.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

für die heutige Sendung des fünften Theiles unseres auf's neue so schön ausgestatteten Ariosts zum schönsten dankend, versichere zugleich, daß die neuliche Mittheilung Ihrer dem Freunde Manzoni gewidmeten Bemühungen höchst angenehm gewesen sind, und ich würde Sie ersuchen, auch noch der v. Bülow'schen Übersetzung eine Columne zu gönnen, wenn ich für räthlich hielte davon öffentlich Gebrauch zu machen. Nach manchen Vorarbeiten getraue ich mir doch nicht von Übersetzungen Kenntniß zu nehmen; man kommt in ein zu weites Feld, gewinnt keinen Dank und macht es niemanden recht. Indessen lege ich doch den ersten und dritten Theil der Leipziger Verlobten bey, indem es Sie wohl interessiren möchte, auch hier eine Vergleichung anzustellen. Das größte Unglück ist die Eile, womit ein so wichtiges Geschäft durchgeführt werden soll. Worum der Autor sich mehrere Jahre befleißigt hat, soll nun in wenigen Wochen abgethan werden. Käme irgend etwas der Art mir wieder zu Handen, so würde nicht ermangeln, solches vorzulegen.

Wahrscheinlich haben dringende Meßarbeiten Kunst und Alterthum bey Seite gedrängt; kommt dieses Heft wieder an die Reihe, so wird es desto rascher gehen.[64] Manuscript ist genugsam vorbereitet und erbitte mir deshalb das Nähere.

Herrn Dr. Gries mich dankbar empfehlend, bitte die Ihrigen auf's beste zu grüßen und mein Andenken in Ihrem Kreise lebendig zu erhalten.

ergebenst

Weimar den 16. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/52.


An Friedrich Bußler

[Concept.]

[18. April 1828.]

Ew. Wohlgeboren

sehe mich genöthigt, zwar höchst ungern zu vermelden, daß ich das mir übersendete und so wohl empfohlene Werk, ohne Ihren Wunsch erfüllen zu können, zurückgeben muß. Meine Jahre und gar manche schweren, unvermeidlich mir obliegenden Pflichten werden hoffentlich zur Entschuldigung dienen.

Das vorliegende Werk redlich und gründlich zu beurtheilen, müßte ich erst jene uralte Überlieferung mir völlig vergegenwärtigen und in ihre Natur und Eigenschaft wieder auf's neue einzudringen suchen, um sodann erst mit Wohlwollen und Genauigkeit zu ermessen, wie der spätere poetische Arbeiter jene Angelegenheit und die davon zu uns gelangte Kenntniß angesehen, auch wiefern er dem würdigen Original neuen dichterischen Gehalt zu verleihen und das Ganze in glücklicher Sprache mitzutheilen gewußt habe.

[65] Hiezu bedürfte es Stunden und Tage, Absonderung und Sammlung, die mir nicht gegönnt sind; wenn ich schon dankbar anzuerkennen habe, daß ein günstiges Geschick mich noch immer auf irgend eine Weise nützlich bleiben läßt.

Ihre früheren Mittheilungen angenehmer Arbeiten, der bildenden Kunst gewidmet, liegen mir noch immer vor, und ich hatte des sinnigen Zeichners bey mannichfaltigem Gebrauch der schönen Muster mehrmals dankbar zu gedenken. Wie leid thut es mir daher, nicht auch in gegenwärtigem Falle irgend etwas Angenehmes zu erwidern!

Weimar den 15. April 1828.


44/53.


An Ernst Friedrich von Schlotheim

[Concept.]

[20. April 1828.]

Ew. Excellenz

für die angenehme, sowohl dem Natur- als Kunstfreunde, letzterem wegen der vorzüglich gut gerathenen lithographischen Blätter, höchst interessante Sendung auf das verbindlichste zu danken, gewährt mir zwar ein besonderes Vergnügen, aber es erneuert auch den Schmerz, daß ich nicht längst an Ihrer Seite mich an der durch große Sorgfalt und Einsicht zusammengebrachten und -gestellten Fossiliensammlung habe belehren können.

[66] Hält mich nun das Alter an der mir einmal angewiesenen Stelle jetzo leider zurück, so hab ich desto mehr Ursache, meinen Sohn zu empfehlen, welcher sich vielleicht dieses Frühjahr die Freude machen kann, Hochdenenselben aufzuwarten. Er hat in der neueren Zeit die von mir seit Jahren neben manchen andern oryktognostischen Exemplaren aufbewahrten Fossilien gesondert, mit Fleiß und Neigung geordnet und möchte sich durch die erworbenen Kenntnisse wohl einigermaßen werth machen, bey einer vielleicht bald zu übernehmenden Reise einer freundlichen Aufnahme theilhaft zu werden.

Der ich in dieser Hoffnung mich und ihn bestens empfehlen und die ungeheuchelte Verehrung ausdrücken darf, welche mich Dero seit langen Jahren für die Naturlehre so höchst schätzbare Bemühungen unwandelbar empfinden lassen.

Weimar den 12. April 1828.


44/54.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten auf gestrige Verabredung das fernere Manuscript zu weiterer Fortsetzung des Drucks, in Hoffnung, bey schönem Wetter und bedeutenden theatralischen Vorstellungen Sie und die werthen Freunde bald wieder einen Sonnabend hier zu sehen.

Weimar den 20. April 1828.[67]


44/55.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit, die erwartete Kiste alsobald zu mir bringen zu lassen, da ich denn die Fracht und was sonst zu berichtigen sogleich besorgen und das Bild selbst zu freundlicher Beschauung ungesäumt aufstellen werde.

gehorsamst

Weimar den 21. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/56.


An den Magistrat von Nürnberg

Bey der vor einiger Zeit mir gefällig zugegangenen, höchst ehrenvollen Einladung empfand ich ein innigstes Bedauern, daß meine hohen Jahre mich verhinderten, derselben Folge zu leisten und an einem so schönen Feste mich theilnehmend einzustellen.

Wie gern hätte ich an jenem feyerlichen Tage die alte, ehrwürdige, unter einer neuen fördernden Regierung frisch belebte Stadt wieder besucht, die von mir schon oft betretenen Localitäten mir auf's neue vergegenwärtigt, die trefflichen Kunstschätze mit Behagen und Nutzen betrachtet und zugleich an frisch erworbener Bekanntschaft so vieler zusammentreffender Männer von Bedeutung mich erquickt und besonders[68] an den jüngeren frische Hoffnungen für unser Vaterland geschöpft, im Augenblicke, wo es dankbar voriger Zeiten und außerordentlich wirksamer Vorfahren mit Freuden und Jubel gedachte.

Halten Sie sich überzeugt, daß ich zu Tag und Stunde in Gedanken gegenwärtig war, mich an den Zug anschloß, welcher sich zu einem so edlen Beginnen in Reihen stellte, besonders auch Ihro Majestät dem Könige, welchem ich so vielfach dankbar verpflichtet bin, ein frohes Lebehoch im Chor seiner Getreuen zu bringen nicht ermangelte; wie ich denn auch an Zweck und Vorhaben, welches sich durch diese Feyer so lebhaft und energisch ausgesprochen, fortan theilzunehmen nicht unterlasse.

Hochachtungsvoll wie ergeben

Weimar d. 21. Apr. 1828.

J. W. v. Goethe.


44/57.


An Carl Friedrich Zelter

Wie gern hätte ich, mein Theuerster, deiner Anforderung Genüge geleistet und zu der Feyer unsrer wackern und verdienten Milder ein freundliches poetisches Wörtchen gesagt; auch trug ich den Vorsatz mit mir herum bis zum letzten Termin, es wollte aber nichts werden, denn ich bin lange nicht so zerzupft worden als diese letzten Wochen her. Wollte ich sagen wie, so würdest du das wunderlichste Quodlibet vernehmen.

[69] Dein Oster-Concert ist glücklich vorüber gegangen; bey unsrer Frau Erbgroßherzogin hast du dich vorzüglich insinuirt und mir dient es zum ganz besonderen Troste, daß diese treffliche Dame über deine Bestrebungen und Leistungen auch nunmehr in Klarheit versetzt ist. Somit wäre denn was die Wirkung betrifft das Wünschenswertheste gelungen; mögen dir die Mittel zu so schönen Zwecken nicht allzu sauer werden.

Auf die Messe erscheint denn die dritte Lieferung meiner neuen Ausgabe; einiges Frische hie und da in diesen Bändchen darf ich wohl empfehlen; die folgende Lieferung ist auch schon nach Augsburg, und nun hab ich die fünfte auf der Seele, worin die umgewandelten Wanderjahre zur Erscheinung kommen sollen. Wenn der Mensch nicht von Natur zu seinem Talent verdammt wäre, so müßte man sich als thörig schelten, daß man sich in einem langen Leben immer neue Pein und wiederholtes Mühsal auflastet.

Ein Heft Kunst und Alterthum tritt auch hervor, und so manches andere noch nebenher, indessen Faust mich von der Seite anschielt und die bittersten Vorwürfe macht, daß ich nicht ihm als dem Würdigsten den Vorzug der Arbeit zuwende und alles Übrige bey Seite schiebe.

Der wundersamste Zudrang von Manuscripten denen ich nachhelfen, von Drucksachen zu denen ich ein freundlich Wort sagen soll, eine Noth woran ich[70] unsern ungeduldigen Wieland in seinem schmerzlich leiden sah, ist auch mir höchst unbequem; da denn doch am Ende nichts Bedeutendes und Förderndes hervortritt. Ein jedes Individuum hat zwar das Recht, soviel als möglich aus sich zu machen und von sich zu halten, nur sollten sie damit nicht andere belästigen, die mit und in sich genugsam beschäftigt sind, um auch etwas zu seyn und zu bleiben.

Gar hübsche Sachen bildender Kunst sind indessen auch bey mir eingelangt, und ob man sich gleich nicht überall des Gelingens erfreuen kann, so ist doch keine Frage daß die Bestrebungen schön sind. Nur tasten sie immer im Vorhof und an den Pforten herum, vermeiden, ja verlachen den Küster, der ihnen auf die gutmüthigste Weise die Flügel zu öffnen erbötig wäre.

Klanglos und tonlos sind immerfort noch meine Umgebungen; neulich versucht ich's in der Oper, die große Trommel aber, von welcher unser ganzes Bretterhaus bis in die Dachsparren dröhnte, hat mich von jeden ferneren Versuchen abgeschreckt. Dagegen lockt mein Garten am Stern zu jeder freundlichen Stunde mich an; dort gelingt mir's, mich zu sammeln und zu manchem guten Hervorbringen mich zu einigen und zu innigen.

Soviel für dießmal, damit wieder Einleitung sey zu freundlicher Antwort.

[71] Unsere Correspondenz von 1827 wächs't noch immer an abschriftlicher Bogenzahl; das dießjährige Heftlein hält sich noch gar zu mager.

Der dankbare Facius hat mir ein geschnittenes Steinchen für dich eingehändigt; ich lege es in's nächste Paquet das ich dir zu senden habe. Gar manche Boten, welche auf der Himmelsleiter nach Berlin und von dorther auf- und absteigen, sind bey mir eingetreten und ich bin dir daher viel näher als du denken magst.

Der Deinigste

W. d. 22. Apr. 1828.

G.


44/58.


An Christian Friedrich Tieck

Weimar den 23. April 1828.

Ew. Wohlgeboren

angenehme Nachricht gelangt so eben in den Tagen zu mir, wo die größeren Räume meines Hauses wieder zugänglich, die darin enthaltenen werthen und würdigen Sachen auf's neue genießbar sind, wobey denn auch das liebenswürdige Rauch'sche Basrelief und Ihre anmuthig-scheue Nymphe erst recht zur Evidenz kommen.

Betracht ich nun die Hindernisse, die Sie zu überwinden hatten, um meinen dringenden Wunsch nach dem Besitz des Antinous zu erfüllen, so hätte ich, wären[72] sie mir früher bekannt geworden, schwerlich gewagt denselben auszusprechen; damit Sie aber, theuerster Mann, vollkommen unterrichtet seyen, welchen Gefallen Sie mir erweisen, auch daß es nicht eine bloße Grille sey, so vermelde Folgendes.

Es hat nämlich mit diesem Kopfe die Bewandtniß wie mit einigen andern Antiken, z.B. der Meduse von Rondanini, welche ich seit einigen Jahren durch die ausgezeichnete Gnade Ihro Majestät des Königs von Bayern besitze, daß sie nämlich, neben ihrem Kunstwerthe, mir gewisse Zustände vergegenwärtigen, gewisse Empfindungen erneuern, welche zu den besten und harmlosesten zu zählen sind die uns das Leben gewähren kann.

Und so macht ich denn in den schönsten heitersten Tagen des Decembers 1787 mit einigen jungen Freunden eine Fußreise nach Frascati und in jene herrlichen Umgebungen; wir gelangten nach Mondragone und fanden in diesem wundersamen Feenschloß das kolossale Bild des Antinous. Bury, der sich in seiner heiteren Naivetät thätig und gefällig untrennbar zu mir hielt, zeichnete sorgfältig einen bis ohngefähr auf Lebensgröße verkleinten reinlichen Umriß, welcher sich noch bey mir erhielt und schon oft den Wunsch erregte, das edle Bild in seiner natürlichen Größe und Großheit noch einmal vor mir zu sehen. Der Katalog des abgeschiedenen Kohlrausch verrieth mir den Aufenthalt meines Lieblings in Berlin, den weiteren Verlauf[73] verdank ich nun Ihrer und Herrn Rauchs Geneigtheit, die mir bey künftigem Beschauen des Bildes lebenslänglich gegenwärtig bleiben wird.

Soviel für dießmal in Erwartung des lieben Gastes mit tausendfältigen Empfehlungen.

treulichst

J. W. v. Goethe.


44/59.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Johann Wilhelm Schneider nach Frankfurt a. M. dreyßig Gulden rheinisch gefällig zu übermachen und der alsbaldigen Wiedererstattung sich versichert zu halten.

Weimar den 23. April 1828.


44/60.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

lege ein von Bonn erhaltenes Programm zu Ehren des Sömmerring'schen Jubiläums nebst einem freudigen Danksagungsschreiben des Präsidenten Nees v. Esenbeck wegen gnädigst verliehener Ordenszierde hiebey schuldigst vor. Zugleich darf nicht verschweigen welche besondere Freude diesem werthen Manne die Bestellung eines Exemplars der Acta gemacht. Das Unternehmen[74] ist von der Art, daß ohnerachtet bedeutender Unterstützung von Seiten des Ministeriums eine Fortsetzung kaum durchzuführen ist. Das Beyspiel der Theilnahme Höchst Deroselben an diesem wichtigen Werke bleibt ihm höchst bedeutend und er hofft dadurch mehrere Gönner aufregen zu können.

Ferner lege das Verzeichniß der Albrecht Dürerischen Sammlung bey, wie solche nach einer früher beliebten Ordnung aufbewahrt wird; doch sind zur Erleichterung der Übersicht die Nummern des Bartschischen Katalogs hinter jedem Blatte angeführt.

Wegen der Heinrich Müllerischen Angelegenheit werde mit Geh. Hofrath Helbig nächstens das Weitere zu verhandeln nicht verfehlen.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 25. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/61.


An Johann August Gottlieb Weigel

Ew. Wohlgeboren

Sendung der erstandenen Bücher sowohl als angebotenen Zeichnungen ist glücklich angelangt und gereicht den hiesigen Kunstfreunden zum Vergnügen; auch werden Sie die Zahlung für beide nächstens durch den hiesigen Banquier, Herrn Elkan, erhalten. Nun aber beschwere ich Sie mit einem nochmaligen kleinen Auftrag:[75] In einer auf diese Tage angekündigten Auction befinden sich Seite 29, die hier beyliegt, eine Anzahl Florentiner-, sogenannter Fortificationsmarmor; es wäre mir angenehm, mehrere Stücke davon für einen leidlichen Preis zu erhalten, und überlasse Denenselben die Wahl. Gehen sie um geringe Preise weg, wie höchst wahrscheinlich, so würde ich sie allenfalls sämmtlich nehmen.

Mich fernerhin zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar den 28. April 1828.

J. W. v. Goethe.


44/62.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben in einem Schreiben an Herrn Hofrath Meyer gemeldet, daß die fraglichen fünf Majolikaschüsseln für sechzig Gulden rheinisch sollten abgelassen werden. Da ich nun geneigt bin, sie für solchen Preis anzuschaffen, so ersuche Dieselben, diesen Auftrag zu übernehmen und sie wohlgepackt zu übersenden; sie können an Herrn Handelsmann Carl nach Jena adressirt werden, von dem ich sie sodann ungesäumt erhalte. Wie denn auch die Zahlung alsobald erfolgen soll. Eine gewünschte Bronzemedaille sende nächstens; die silbernen haben sich sehr rar gemacht, so daß ich vorerst keine mittheilen kann.

[76] Der ich mit Bedauern, Ihrem schönen Feste nicht beygewohnt zu haben, mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 28. April 1828.


44/63.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein theuerster, die freundlichen Gesinnungen, die Sie mit mir gegen das Münchener Bild hegen, mit wenigen kräftigen Worten zu Papier bringen?

d. 28. Apr. 1828.

G.


44/64.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie sich, mein Theuerster, dergestalt einrichten, daß Sie heute Abend, fünf Uhr, bey mir im untern Garten sind, da wir denn das Nöthigste durchgehen und sodann zu Ehren des Sonnenuntergangs eine Spazierfahrt unternehmen wollen.

Weimar den 29. April 1828.

Goethe.


44/65.


An Johann Heinrich Meyer

Durch Ihre freundliche Zuschrift, mein Werthester, sind also neben dem einen Fehler noch drey andere verbessert, wofür schönstens danke.

[77] Geben Sie Liebern soviel als Vorschluß als nöthig seyn möchte, ich erstatte solchen.

Den Schlüssel zur Küche kann ich erst morgen daß er abgegeben werde anordnen.

Ist es Ihnen genehm, so kommt mein Wagen um 6 Uhr abzuholen und wir machen dem Sonnenuntergang zu Ehren noch eine Spazierfahrt.

Weimar den 30. April 1828.

G.


44/66.


An Nicolaus Borchardt

Die Gelegenheit, welche sich mir darbietet, ein Blatt nach Petersburg zu bringen, damit es von da bequemer und gewisser zu Ihnen gelange, darf ich nicht versäumen, und ich ergreife sie um zu versichern, daß Ihre glücklich angekommene Sendung mir zu ganz besonderm Vergnügen gereicht.

Wenn man viele Lebensjahre ernstlich dazu angewendet hat, sich selbst auszubilden und die Spuren der Vorschritte seiner eigenen Denkweise in Schriften zu erhalten, damit auch der Nachkommende aufmerksam werde auf das was ihm allenfalls bevorstehen, was ihn fördern und hindern könnte, und man erfährt sodann in hohen Jahren, daß ein erst fern scheinender Zweck erreicht, ein kühner Wunsch erfüllt sey, so kann dieß nicht anders als die angenehmste Empfindung erregen.

[78] Ich bin in meinen Arbeiten nicht leicht didaktisch geworden: eine poetische Darstellung der Zustände, theils wirklicher, theils ideeller, schien mir immer das Vortheilhafteste, damit ein sinniger Leser sich in den Bildern bespiegeln und die mannichfaltigsten Resultate bey wachsender Erfahrung selbst herausfinden möge.

Wenn wir Westländer nun schon auf mehr als eine Weise, namentlich auch durch Herrn Bowring, mit den Vorzügen Ihrer Dichter bekannt geworden und wir daher so wie aus andern edlen Symptomen auf eine hohe ästhetische Cultur in ihrem ausgedehnten Sprachreise zu schließen hatten, so war es mir doch gewissermaßen unerwartet, in Bezug auf mich jene so zarten als tiefen Gefühle in dem entfernten Osten aufblühen zu sehen, wie sie kaum holder und anmuthiger in den seit Jahrhunderten sich ausbildenden westlichen Ländern zu finden seyn dürften.

Das Problem oder vielmehr der Knaul von Problemen, wie meine Helena sie vorlegt, so entschieden-einsichtig als herzlich-fromm gelös't zu wissen, mußte mich in Verwunderung setzen, ob ich gleich schon zu erfahren gewohnt bin, daß die Steigerungen der letzten Zeit nicht nach dem Maaß der früheren berechnet werden können. Wie denn ein höchst erquickliches Verhältniß zu Herrn Joukovsky mir von der zartesten Empfänglichkeit und rein-wirksamsten Theilnahme schon die Überzeugung gab.

[79] In dem Falle, wie Sie sind, mein Werthester, hat man alle Ursache, Ihnen Glück zu wünschen, daß Sie auf die Bildung einer großen Nation einen so schönen und ruhigen Einfluß ausüben. Halten Sie fest wie bisher, im gemessenen Schritte dasjenige zu überliefern, was zunächst den Ihrigen heilsam ist. Das Auge stets nach dem Monarchen und seinen weisen wohlwollenden Absichten gerichtet, fördern Sie an Ihrer Stelle das Vorliegende. – Was dem Redlichen möglich ist, ist auch nützlich; was von dem Einfachen verstanden wird, ist auch fruchtbar. Möge Ihnen immer Ihr eigenes Herz zugleich mit Ihren Obern ermunternden Beyfall geben.

Die Betrachtungen, die ich hier niederzuschreiben veranlaßt bin, sind so weit und umgreifend wie das Reich, in dessen Mittelpunct Sie sich befinden. – Schon hat sich die alte Kaiserstadt, die wir uns vor kurzem in Trümmern dachten, aus der Asche unbegreiflich wieder hervorgehoben, und da Sie an so merkwürdigen Weltpuncte, an bedeutendster Epoche, verbunden mit würdigen Freunden, theilzunehmen berufen sind, so setzen Sie Ihren Studien keine Gränzen, um desto sicherer dahin zurückzukehren, wo eine edle, reine, einfache Wirkung Noth thut, damit manches Hinderniß beseitigt und viel Gutes gefördert werde.

Hier muß ich endigen; denn fast will es scheinen, als ob meine Betrachtungen allen Gehalt verlören, indem sie sich von dem Besondern entfernen; doch[80] darf ich mir vorstellen, daß Sie in Ihrer Lage demjenigen, was ich im Allgemeinen ausspreche, einen eigenen Sinn zu ertheilen wissen.

Grüßen Sie Ihre werthen Freunde, fahren Sie fort, ruhig dahin zu wirken, daß der Mensch mit sich selbst bekannt werde, seinen eignen Werth und Würde fühlen, aber zugleich auch die Stellung erkennen lerne, die ihm gegen die Welt überhaupt, besonders aber in seinem bestimmten Kreis gegeben ist.

Mögen Sie mir in einiger Zeit wieder von sich und Ihrem Gelingen zutrauliche Nachricht ertheilen, so wird es mir Freude machen, und eine Anregung, wieder von mir hören zu lassen, würde mir jederzeit erwünscht seyn.

Einen alten theuren Freund, Herrn Geh. Rath v. Loder, grüßen Sie gelegentlich zum allerschönsten, und einem ehemaligen Wandnachbar, Herrn Treuter, Primararzt am Kaiserlichen Findelhaus, erneuern Sie geneigt mein Andenken!

Treu theilnehmend

Weimar den 1. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/67.


An Carl Friedrich Zelter

Vorläufig zum schönsten Danl für die beiden letzten Briefe.

Beschäftigt bis zum Irrewerden; herzlicher Theilnahme sich empfehlend.

Weimar den 2. May 1828.

G.[81]


Die Jahre 1826 und 27, abgeschrieben und zusammengeheftet, bilden einen anständigen Codex; die Originale kommen zurück. Ich habe das Steinchen von Facius dazugelegt. Nächstens noch gar manches.


[Beilage.]

Für die Freunde der Demoiselle Sontag.

Von der Mlle. Sontag spricht alt und jung. Man kann sie weder in Berlin noch Paris besser aufgenommen haben als in London. Sicherlich nimmt sie von hier eine gute Börse mit. Eine solche Fertigkeit und Geläufigkeit im Singen hat man hier noch nicht gehört. Ich sah sie auftretenund werde es nie bedauern. Doch da alle Blätter von dem Gesange der Sontag reden, setze ich nur etwas hinzu. Es war der französische Gesandte, Fürst Polignac, welcher sie bey'm Herzog von Devonshire einführte, wo (königliche Personen ausgenommen) die hiesige große Welt sie zuerst kennen lernte. Zu einem Balle desselben Herzogs wurde auch die Sontag eingeladen, und sie tanzte dort mit besonderer Grazie; alle Personen schienen sich glücklich zu schätzen welche mit ihr etliche Worte sprechen konnten. Dieß ist eine Distinction in London ohne Beyspiel. Morgen ist großer Cirkel (oder drawing-room) bey Hofe; man glaubt daß die ganze hohe und glänzende Versammlung Abends in die Oper gehen wird, um die Sontag als Susanne abermals im Barbiere di Seviglia zu hören. Wenn der König,[82] wie nicht zu bezweifeln ist, sie auch einen Abend in der Oper hören will, so wird es wegen des unermeßlichen Gedränges nicht ohne Gefahr ablaufen.

Für die Freunde großer technischer Unternehmungen.

Trotz alles Mißgeschicks wird am Tunnel unter der Themse fortgearbeitet. Nicht allein die Compagnie der Unternehmer, sondern die Nation scheint Ehrensache daraus zu machen. Sie wissen was das heißt. Eher macht ein Engländer Bankerott, als daß er sich beschimpfen ließe. So handelt das ganze Volk.


44/68.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Beykommendes Manuscript wird hinreichen, den 23. Bogen zu füllen; das fernerhin Nöthige soll ungesäumt nachfolgen.

Weimar den 3. May 1828.


44/69.


An Leo von Klenze

[Concept.]

[3. Mai 1828.]

Für das früher angekündigte und in diesen Tagen angekommene, höchst erfreuliche Bild habe meinen Dank zu beeilen alle Ursache.

Gar wohl erinnert es mich lebhaft an jene Zeiten, wo ich in Gegenwart dieses herrlichen Meers und[83] Ufers, in der Nähe solcher niedrigen Hütten, durch viele Zäune durchbrechend, eine ganze Reihe kleiner Besitzungen durchschreiten und endlich nach vollendetem Überklettern eines unebenen Bodens mir selbst bekennen mußte, daß wenig gesehen und nichts gewonnen sey. Der tiefen Canneluren erinnere ich mich noch, ingleichen des breiten Triglyphen, wie ich ihn mit meinen Gliedern ausmaß; von menschlicher oder thierischer Gestalt hingegen war keine Spur, auch nicht die mindeste Annäherung an einen Begriff von Größe und Raum, so daß alles bis ganz neuerlich mir als ein mißgestaltetes Chaos vor der Seele lag.

Aufräumungen und Reinigung sind geschehen, Entdeckungen gemacht, Altes bestätigt, Neues gefunden, davon mir auch einige Kenntniß zugegangen; aber das Wünschenswertheste leistet denn doch das mir so freundlich-geneigt übersendete Bild, das auf eine wundersame und gleichsam magische Weise als lakonisches Fragment den Tempel, wie er möchte gestanden haben, zugleich mit seiner Umgebung in der Einbildungskraft hervorruft.

Der so glücklich in dem geschmackvollen Ganzen restaurirt aufgestellte Koloß gibt der mächtigen Ruine eine ganz originelle Anmuth. Die kunstreiche Anordnung, die sorgfältigste Ausführung werden durchaus anerkannt, auch erlauben sie die Weimarischen Kunstfreunde, nächstens von ihrer Dankbarkeit ein unzweydeutiges Zeugniß abzulegen.[84]


44/70.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Theuerster, das erste Heft des Ihnen schon bekannten Manuscriptes. Mögen Sie es am Rande mit gewichtigen Bemerkungen begünstigen! Zu welcher Stunde Sie heute kommen mögen, wird der Wagen bereit seyn, uns auf eine Spazierfahrt zu fördern.

Weimar den 3. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/71.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[3. Mai 1828?]

Ew. Königlichen Hoheit

lege das eben von Geh. Hofrath Loder erhaltene Schreiben schuldigst vor und füge einen an mich gerichteten Brief hinzu, der seine Entschuldigung wegen verspätetem Dank und eine merkwürdige Geschichte seiner Schicksale enthält. Auch er sehnt sich nach seinem Ursprung zurück, und es wäre doch noch ein eigner Fall, wenn auch er sich zuletzt wieder um die Standarte des Rautenkranzes heranzöge.[85]


44/72.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde dankbar für gefällige Besorgung meiner Aufträge, daß unter heutigem Datum an Herrn Banquier Elkan dahier den Auftrag geschehen, Denenselben 40 rh. sächsich auszahlen zu lassen, und zwar

für Bücher 8 rh.16 gr.

für Zeichnungen1014

für florentinische Marmore2014

utsupra

Wodurch also für dießmal unsere Rechnung getilgt wäre. Mir für die Folge gelegentliche Notiz von zu verkaufenden Kunstwerken und sonstige Mittheilungen höflichst erbittend.

Weimar den 6. May 1828.


44/73.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Auctionator J. A. G. Weigel in Leipzig die Summe von 40 Thalern sächsisch gefällig auszahlen zu lassen und der alsbaldigen Wiedererstattung gewärtig zu seyn.

Weimar den 6. May 1828.[86]


44/74.


An Therese von Eißl

[Concept.]

Wenn Frau v. Eißl Unterzeichnetem Nachricht geben wollte, welche Gegenstände sie bisher zu ihren Gemählden am liebsten gewählt, welche ihrer Productionen ihr selbst und ihren Freunden die gelungensten geschienen, so wird er das von ihr ausgesprochene freundliche Anerbieten dankbar annehmen und das Weitere deshalb in Betracht ziehen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 7. May 1828.


44/75.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche in Gefolg unserer gestrigen Verhandlungen um die auf das Albrecht-Dürerfest und eine diesem Künstler zu errichtende Bildsäule bezüglichen Papiere, damit ich das Weitere veranstalten könne.

Weimar den 9. May 1828.


44/76.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Indem ich die Fortsetzung des Manuscripts hiedurch übersende, wünsche zugleich von dem zurückgehenden dreyundzwanzigsten Bogen noch eine Revision.

Weimar den 10. May 1828.[87]


44/77.


An Friedrich Jacob Soret

Ew. Wohlgeboren

können vielleicht vor Ihrer Abreise mir noch den Titel des besprochenen Werkes von Herrn De Candolle verschaffen, so würde solches, wenn Sie von Neustadt zurückkehren, angeschafft seyn und wir würden alsdann jene Arbeit beginnen können, worauf ich mich zu freuen alle Ursach habe.

Den liebwerthen Reisenden mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 11. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/78.


An den Erbprinzen Carl Anton Friedrichvon Hohenzollern-Sigmaringen

[Concept.]

[12. Mai 1828.]

Durchlauchtigster Erbprinz,

gnädigster Fürst und Herr!

Ew. Durchlaucht verzeihen gnädigst wenn ich auf das unter dem 30. März an mich erlassene vertrauenvolle Schreiben erst später Gegenwärtiges zu vernehmen gebe, in Betracht der Wichtigkeit jener mir zugegangenen Anfrage.

Vor allen Dingen hielt ich für nöthig, mir das Programm zu verschaffen, welches die Vorlesungen auf der Genser Akademie für das letzte Jahr ankündigt.[88] Daraus ersehe ich nun, daß ein vollständiger Cursus daselbst gelehrt werde, in welchem man sich von dem Nothwendigsten der Wissenschaften durchaus belehren kann.

Wenn auch einiges daran für einen vollkommenen Cursus, wie er auf andern Universitäten vorgetragen wird, ermanglen sollte, so geht doch nichts ab, wovon ein junger Mann Kenntniß zu nehmen hat, der zwar nicht zum Gelehrten bestimmt ist, aber doch in wissenschaftlichen Dingen bewandert seyn muß, um nirgends fremd zu erscheinen und auch das im Leben vorkommende Wissenschaftliche beurtheilen zu können.

Waltet nun auch, wie aus dem Programm hervorgeht, in Absicht auf allgemein höhere Bildung die Mathematik vor, so fehlt es doch nicht an philosophischen Lehrstunden, welche in obiger Betrachtung um so zureichender seyn dürften, als mir ein Freund versichert, daß auch die Geschichte der Philosophie von der älteren bis auf die neuere Zeit und folglich auch der Gang der deutschen Philosophie in den letzten Jahren vorgetragen und davon soviel überliefert wird, als wenigstens zur historischen Kenntniß dieser lebhaften geistigen Bewegung hinreichend seyn möchte.

Sobald es nun die Bildung eines jungen Weltmannes, wenn ich so sagen darf, betrifft, so darf ich wohl meine Überzeugung folgendermaßen aussprechen: Die Genfer Lehranstalt geht mir einer ihr eigenen[89] Methode auf den nicht anders als zu billigenden Zweck los, junge Männer in demjenigen auszubilden was zum praktischen Leben am entschiedensten gefordert wird, und was die höhere Geistesbildung anbelangt, so gibt sie dabey, und nicht mit Unrecht, der Mathematik einen hohen Rang.

Das Gewicht, das auf deutschen Universitäten theoretischen Ansichten, wozu uns die Philosophie befähiget, gegeben wird, ist ihr daher fremd und der Gang, welchen deshalb die deutsche Bildung nimmt, mit jener beynahe unverträglich. Ist nun ein junger Cavalier, daß ich mich dieses Ausdrucks hier bediene, auf jene Weile in Wissenschaft und Leben eingeleitet worden, so dürfte ihm ein philosophischer Unterricht, wie er ihn in Deutschland finden könnte, vielleicht nur irre machen; denn unsre neuste Philosophie, die sich auf jene frühere von Kant und Fichte eingeleitete Lehre bezieht, ist mit sich selbst noch in Zwiespalt. Hegel in Berlin, Schelling in München contrastiren auf eine lebhafte Weise mit einander, indem sie ganz nah verwandte Überzeugungen jeder auf eine andere und eigne Art als folgerecht will gelten lassen. Wir andern, die wir dem Gang dieser Lehren seit so vielen Jahren ununterbrochen gefolgt sind und gewissermaßen in diesem Felde mitgewirkt haben, begleiten diese aus successiver Aufklärung entspringenden Irrungen nur mit Anstrengung und können keineswegs einem jungen Manne von Stande rathen, sich in diese auf ganz eigne[90] Weise das Leben betrachtende, in's Leben einwirkende Grundlehren miteinzulassen.

Ihr Herr Sohn hat, wie Hofrath Soret von Genf, welcher der Erziehung unsres theuren Erbprinzen vorsteht, versichert, sehr schöne Anlagen zur Mathematik und hat sich darin den Beyfall seiner bisherigen Lehrer erworben. Lasse man ihn auf diesem Wege fort fahren und an dem Orte, wo er seine Zeit bisher so nützlich angewendet hat, seine Ausbildung erlangen.

Ich erlaube mir noch eine ganz besondere Betrachtung hinzuzufügen: Mna sucht in Deutschland männliche und weibliche Gouvernanten von Genf herzuziehen, wie denn auch eben genannter Herr Soret ein Genfer ist, und dieß nicht allein um des Französischen willen, sondern auch weil man dort überhaupt die Elemente einer gewissen schicklichen Lebensweise vorauszusetzen scheint. Sollte nun jene Stadt der man zutraut, daß sie Prinzenhofmeister erziehen könne, nicht auch unmittelbar einen Prinzen auszubilden im Falle seyn?

Ich muß um Verzeihung bitten, wenn ich diese Betrachtungen mehr an einander häufe, als daß ich sie folgerecht aufzustellen gegenwärtigen Augenblick im Stande wäre.

Noch aber bleibt die bedenkliche Frage zurück, wie nun in der nächsten Folgezeit ein Gouverneur und fernerer Lebensbegleiter für einen jungen Mann der Art zu finden seyn möchte?

[91] Wenn Herr v. Humboldt zu einem Offizier gerathen hat, so gebe ich einem solchen Gedanken auch meinen Beyfall. Er dachte dabey wohl an das preußische Militär, in welchem freylich dergleichen tüchtige und schickliche Personen leicht zu finden seyn möchten; allein ich habe in diesem Kreise keine derartigen Verhältnisse die mich berechtigen, einen solchen Mann vorzuschlagen, ja nur auf denselben hinzudeuten; auch würde mir bey näherer Betrachtung der Umstände die Differenz wieder zu Sinne kommen, welche zwischen dem nördlichen und südlichen Deutschland obwaltet. Ich würde daher in dem vorliegenden Falle vielleicht räthlicher finden, aus dem württembergischen oder bayrischen Militär, wo es gewiß unterrichtete Männer gibt, einen solchen aufzusuchen, besonders da Höchst Dieselben in Ihren Verhältnissen sowohl durch Nachrichten und Empfehlungen als durch eigenes Urtheil den sichersten Weg wohl finden dürften.

Ich muß um Verzeihung dieses weitläufigen Schreibens bitten, das eigentlich kein Resultat herbeyführt und nur davon Zeugniß geben kann, daß ich diese auch mir so wichtige Angelegenheit wiederholt durchgedacht und nur allein gegen Veränderung des bisherigen Lebensgangs, gegen Einschritt in fremde Verhältnisse meine Stimme abgelegt habe.

Wie nun dem auch sey, so bitte Höchst Dieselben daran meine ununterbrochene wahrhafte Verehrung zu erkennen und anzunehmen. Könnte ich irgend zur[92] Überzeugung gelangen, daß in unsern Gegenden für einen so werthen jungen Mann ein Aufenthalt räthlich und nützlich seyn dürfte, so wär es mein eigener und meiner Umgebung Vortheil, hierin Höchst Denenselben zu Diensten zu seyn. Wie ich aber auch die Sache überlegt und mit einsichtigen Freunden besprochen, so fanden wir uns doch in dem Falle, immer auf das obige Resultat zurückzukommen.

Der ich pp.

Weimar den 9. May 1828.


44/79.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[13. Mai 1828?]

Ew. Königlichen Hoheit

lege hiebey ein Schreiben des böhmischen werthen Mannes vor und dürfen die dortigen Naturfreunde mit einiger Geduld wohl auf die Blüthe und die darauf folgende neue Pflanze hoffen.

Was wegen des Töplitzer Begegnens zu antworten hätte erwarte gnädigste Befehle.


44/80.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Königliche Hoheit!

So wie man das Schöne und Wohlgestaltete gern mittheilt und verbreitet, so scheut man sich dagegen[93] was einen unangenehmen Eindruck machen möchte darzureichen. So ging es mir mit beykommendem Blatte, auf welchem ein sonst nicht ungeschickter Künstler das Andenken eines fürstlichen Gönners zwar mit außerordentlichem Fleiß, aber, wie mich dünkt, mit wenig Glück zu erhalten und zu verewigen gesucht hat. Er widmet Höchst Denenselben diesen Abdruck, welcher schon einige Zeit bey mir liegt, nun aber wenigstens als Wunder der Lithographie seine Aufwartung zu machen.

Ew. Königlichen Hoheit Reise nach Berlin wird von allen Getreuen mit den freudigsten Wünschen begleitet. Der Anblick eines neuen Sprößlings des höchsten Hauses, das Anschauen der Thätigkeit einer Kunst und Technik, die beynahe gränzenlos genannt werden kann, wird gewiß auch die Zufriedenheit fördern an demjenigen, was um Höchst Dieselben im nächsten Kreise lebt und was Sie darin gewirkt haben und wirken.

Das Vorzüglichste dorten wird sich von selbst zudrängen, doch erlaube ich mir auf die Granitarbeiten aufmerksam zu machen, welche der Stadtrath und Bauinspector Cantian arbeiten ließ und womit er sich besonders jetzt beschäftigt. Es ist ein großes Granitbecken, welches, wie man mir schreibt, zweyundzwanzig Fuß Durchmesser haben und für das neue Museum bestimmt seyn soll. Es wird aus einem Stück Granit gefertigt, welches abgetrennt worden[94] von dem großen Block bey Fürstenwalde, der Markgrafenstein genannt, von dessen Werth und Würde beykommendes Stück ein Zeugniß gibt.

Auch haben sie dort schon Säulen für's Museum und sonstiges aus andern in der Mark umherliegenden Blöcken gefertigt. Vielleicht sind Höchst Dieselben geneigt, einige Tischplatten zu bestellen, welche immer als die größte Zierde fürstlicher Schlösser anzusehen sind. Auch dieses ist ein Zweig dortiger Gewerbschule, die unter Leitung des Geh. Ober-Regierungs-Rath Beuth unglaubliche Dinge leistet.

Weimar den 15. May 1828.


44/81.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

schönstens dankend für die Besorgung der frühern Aufträge, ersuche Dieselben gegenwärtig mir nachgemeldetes Werk:

Organographie végétale, ou description raisonnée des organes des plantes etc. avec 60 planches par P. De Candolle. 2 Vol. 8°, 1827, baldigst zu verschaffen, nicht weniger:

Encyclopédie portative, die Theile von Anatomie und Physiologie.

Ferner ersuche Dieselben, beykommende Anzeige in die geleseste und am meisten verbreitete Frankfurter[95] Zeitung einrücken zu lassen und mir die Auslage in Rechnung zu stellen. Dieselben werden nicht ungerne sehen daß Ihrer sechs Ansichten von Frankfurt und zwar in allen Ehren gedacht sey.

Der ich mich übrigens zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 15. May 1828.


So eben lese in dem Globe Nr. 56, daß die Vorlesungen des Herrn Villemain durch Stenographie lebhaft verbreitet werden; ich wünsche daß Sie mir gefälligst ein Exemplar davon verschafften und die Blätter nach und nach wie sie herauskommen mit der fahrenden oder reitenden Post, wie es sich jedesmal schicken will, anher senden.

Weimar den 16. May 1828.


44/82.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

letzte Sendung vom 1. May ist seiner Zeit glücklich angekommen; die angekündigte wird nun auch nicht lange ausbleiben. Nachstehendes haben Sie die Gefälligkeit, baldmöglichst in das Beyblatt der Allgemeinen Zeitung einrücken zu lassen.

Mit den besten Wünschen zu Fortgang und Förderung unseres Hauptgeschäftes.

ergebenst

Weimar den 16. May 1828.

J. W. v. Goethe.[96]


44/83.


An Johann Heinrich Meyer

Geben Sie, mein werthester, meiner Bitte nach und berathen Sie Sich mit Hofr. Vogel neben Huschke; die Ärtzte gewöhnen sich jetzt wechselsweise gesellig consultirt zu werden. Mit dringend wiederholter Bitte.

W. d. 16. May 1828.

G.


44/84.


An Adele Schopenhauer

Sie thaten sehr wohl, theuerstes Adelchen, die mir zugedachte interessante Sendung mit der fahrenden Post abgehen zu lassen, denn da ich portofrey bin, so ist mir jedes schnelle Anlagen um desto erwünschter.

Das Kleidchen setzten die Frauenzimmer in Entzücken und man hoffte schon das artige Wesen darin herumhupfen zu sehen: Sie werden gewiß ein recht merkwürdig Geschöpfchen finden, wenn Sie Ihre guten und treu-anhänglichen Weimaraner nächstens, wie wir hoffen dürfen, wieder begrüßen.

Die übersendeten Muscheln haben viel Freude gemacht, sowohl mir als meinem Sohn; wir sind der Gefälligkeit des Herrn Könninghaus schon einen bedeutenden Aufsatz mit schön lithographirter Tafel schuldig geworden, die gegenwärtig angelangten Muscheln vermehren unsere Verpflichtung. Leider können wir in[97] diesem Fache keine Erwiderung darbieten. Vielleicht geben Sie mir an, wie man dem werthen Manne sonst gefällig seyn könnte. Ich packe ein paar Medaillen für ihn und Madame Mertens bey.

Möchte uns der schon längst als unter die ersten Liebhaber und Kenner [gehörig] bekannte Crefelder Freund einiges aus seinem Überflusse mittheilen, so werden wir es dankbar erkennen und auch sein Name als eines geneigt Schenkenden unter unsern Besitzthümern eingemerkt werden.

Die Hyacinthen senden Sie mir ja bald und was Ihnen etwa sonst noch dort als neu oder merkwürdig zu Handen käme. Bedenken Sie, meine Gute, daß derjenige der sich nicht vom Platz bewegt durch Freunde von außen her anzuregen ist; bis jetzo hat mir's nicht gefehlt; auch sind Setzer und Drucker so manuscript-begierig, daß es mir im stillen klösterlichen Gartenzimmer an Beschäftigung niemals fehlen kann.

Von Alterthümern, welche man wohl am Rheine findet, würden mir angenehm seyn Scherben von Teller- oder Schüsselrändern aus rothgebranntem Thon, worauf allerlei geistreiche Scherze und Vorstellungen angebracht sind, als Jagden, Wettrennen, Faunenspiele und dergleichen. In dem Neuwieder Kabinett finden sich derselben sehr viele und vielleicht treibt Ihnen ein Antiquarius Ihrer Gegend dergleichen zusammen; die etwanigen Ausgaben erstatte dankbar.

[98] Hier muß ich schließen mit tausend Wünschen und Segnungen! Das Paquetchen das Ihre Frau Mutter mitnimmt will geschlossen seyn.

treulichst

Weimar den 17. May 1828.

Goethe.


44/85.


An Therese von Eißl

[Concept.]

[Evangelium Matthäi 14, 24: Und das Schiff war mitten auf dem Meer und litte Noth von den Wellen etc. etc.]

Vorstehende Überlieferung, man mag sie historisch oder symbolisch nehmen, ist eins von den schönsten Documenten urchristlichen Glaubens; mögen Sie es, meine Theuerste, in ein Bild fassen, so wird es an Gelingen und Beyfall nicht ermangeln, nur wünschte ich, Sie sendeten mir eine Skizze, wie Sie sich des Gegenstands zu bemächtigen gedenken. Ein fertiges Bild muß man eben nehmen wie es dasteht, ein werdendes läßt sich besprechen und es geht daraus eine belehrende heitere Unterhaltung hervor. In diesem Bezug stehe ich viele Jahre mit jüngeren und älteren Künstlern und habe daran immer viel Freude gehabt. Wollen Sie mir also Ihre Gedanken, wie Sie solche bey sich feststellen, zuerst vorlegen, so kann ich der freundlichen Gabe, die Sie mir zudenken, desto beruhigter entgegen sehen.

Weimar den 21. May 1828.[99]


44/86.


An Carl Friedrich Zelter

Wegen der fehlenden Briefe habe vorläufig Folgendes zu vermelden: In meiner Abschrift sind die Briefe nicht nummerirt worden, allein bey näherer Untersuchung ist die Copie vollständig. In deinen Originalbriefen hingegen, wie ich sie verwahre, ist eine gleiche Lücke. Dein letzter Brief der sich vorfindet ist vom 14. Juni und meldet die Frau v. Zschock an; der nächste ist vom 5. September und spricht von dem Begassischen Porträt. Solches ist folgendermaßen zu erklären: Der Abschreibende hat die Originale, wie er fertig wurde, lagenweis wieder abgeliefert, eine von diesen Lagen muß sich verschoben haben, wie es in den mannichfaltigen Verhältnissen bey der besten Ordnung wohl einmal geschieht. Sie finden sich aber gewiß wieder und dein Antheil soll alsobald erfolgen. Auf jeden Fall sind die Abschriften da und könnte die Lücke auf jede Weise ergänzt werden.

Für die nächste Zeit bitt ich dich mit mir Geduld zu haben; das durch mancherlei widerliche Umstände verspätete Heft von Kunst und Alterthum bringt euch dagegen auch das Mannichfaltigste, wovon euch die Spikerische Zeitung schon den Vorklang gegeben hat.

Die dritte Sendung meiner Werke empfehl ich dir und den Freunden, insofern sie etwas Neues bringt. An der vierten wird gedruckt. Die erste Lieferung in[100] Octav tritt gleichfalls hervor und nimmt sich besonders in Velin sehr gut aus. Dir wird ein Exemplar zurückgelegt, das aber nicht eher als nach angeschlossenem Ganzen erfolgen soll.

Sodann bemerke, daß die von mir angerufene Weltliteratur auf mich, wie auf den Zauberlehrling, zum Ersäufen zuströmt; Schottland und Frankreich ergießen sich fast tagtäglich, in Mailand geben sie ein höchst bedeutendes Tagesblatt heraus, L'Eco betitelt; es ist in jedem Sinne vorzüglich, in der bekannten Art unsrer Morgenblätter, aber geistreich weitumgreifend. Mache die Berliner aufmerksam darauf, sie können ihre täglichen Schüsseln gar löblich damit würzen.

In Gefolg dieses habe zu vermelden, daß mir nun bekannt geworden, wie man Helena in Edinburg, Paris und Moskau begrüßte. Es ist sehr belehrend, drey verschiedene Denkweisen hiebey kennen zu lernen: der Schotte sucht das Werk zu durchdringen, der Franzose es zu verstehen, der Russe sich es zuzueignen. Vielleicht fände sich bey deutschen Lesern alles drey.

Noch eins: Habe ja die Gefälligkeit, Herrn Tieck sogleich wissen zu lassen, daß der Abguß des Antinous von Mondragone anheute zu meiner großen Erin nerungs-Erbauung glücklich angekommen. Ich hatte in Erwartung desselben, um Tag und Stunde noch mehr zu belasten, das Mährchen meines zweyten Aufenthalts in Rom zu dictiren angefangen.

[101] Lebe wohl und gedenke deines Freundes im stillen Parke bey Weimar, [der,] indessen du in Prachtherrlichkeit, Trommelrausch und Getümmelwoge der Königstadt dich umtreibst und umgetrieben wirst, sich durch Thätigkeit gegen das zu Thuende wehrt und fast abmüdet.

Der Deinigste

W. d. 21. May 1828.

Goethe.


Anmuthige Übersetzung meiner kleinen Gedichte gab zu nachstehendem Gleichniß Anlaß, welches als Vorläufer des nächsten Heftes hier mit abgehen lasse.


Ein Gleichniß.

Jüngst pflückt ich einen Wiesenstrauß,

Trug ihn gedankenvoll nach Haus;

Da hatten von der warmen Hand

Die Kronen sich alle zur Erde gewandt.

Ich setzte sie in frisches Glas;

Und welch ein Wunder war mir das!

Die Köpfchen hoben sich empor,

Die Blätterstengel im grünen Flor;

Und allzusammen so gesund

Als stünden sie noch auf Muttergrund.


So war mir's als ich wundersam

Mein Lied in fremder Sprache vernahm.[102]


44/87.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Die Nachricht von dem glücklichen Fortgange Ihres Geschäftes, woran ich zwar niemals gezweifelt habe, erfreute mich gar sehr. Ich wünsche Glück zu den ferneren Sommertagen. Die autorisirte Rechnung liegt bey. Mein Wunsch, Sie und das werthe Jena wieder zu sehen, verstärkt sich immer mit der Verlängerung der Tage; ich hoffe, es soll mir gewährt seyn.

Weimar den 21. May 1828.

G.


44/88.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

Ew. Excellenz

die geneigtest mitgetheilten Actenstücke, wovon eine Abschrift zu nehmen nicht ermangelt, dankbarlichst zurücksendend, darf wohl die Bitte hinzufügen, es möge gefällig seyn dahin mitzuwirken daß die der Oberaufsichtlichen Casse gegebene Hoffnung, ihre geleisteten Auslagen erstattet zu sehen, baldmöglichst zur Erfüllung gelange, wofür ich, wie für die bisherige Gunst, mich doppelt verpflichtet bekennen werde.

In vollkommenster Hochachtung.

Weimar den 22. May 1828.[103]


44/89.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey mit vielem Dank für das übersendete Porträt den revidirten Bogen 24. Daß der 25. schon soviel Manuscript aufnimmt ist mir sehr angenehm. Das Fehlende folgt morgen.

Mit den freundlichsten Grüßen und treusten Wünschen

ergebenst

Weimar den 24. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/90.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Folge des Manuscriptes. Da die fröhlichen Feyertage, zu welchen das Angenehmste wünsche, wohl auch einen kleinen Stillstand in den typographischen Arbeiten machen, so dürften diese Blätter noch zur rechten Zeit kommen. Die Fortsetzung sende nächstens.

Eine Bemerkung, die vielleicht überflüssig ist, füge bey: auf Seite 366 unten stand mit lateinischen Lettern: Villa di Matta, soll aber heißen: Villa di Malta; ich erinnere mich nicht deutlich, ob dieser Fehler in der Revision corrigirt worden, und bemerke es hier auf alle Fälle.

[104] Dürft ich Sie noch um einige Exemplare unserer Vorrede zu Manzoni bitten, um solche entferntern Freunden mittheilen zu können?

Mich bestens empfehlend und die werthen Ihrigen schönstens grüßend. Werden Oberons Zaubereyen nicht auch noch einige Musik- und Schauspielfreunde nächstens zu uns herüberziehen?

ergebenst

Weimar den 25. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/91.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

überzeugen sich, daß es mich unendlich schmerzt, Höchst Denenselben morgen bey mir nicht aufwarten zu können. Der königlich bayerische Hofmahler Stieler nimmt meine Stunden in Beschlag zu einem Geschäft, das nicht unterbrochen werden darf und wozu ich auf alle Weise förderlich zu seyn verpflichtet bin.

Zuversichtlich hoffend, Höchst Dieselben werden geruhen, wegen dieses Verlustes der so erwünschten Gegenwart mich nächstens gnädigst zu entschädigen.

Weimar den 26. May 1828.[105]


44/92.


An Lorenz Goldbeck

[Concept.]

Herr Factor Reichel an der Expedition der Allgemeinen Zeitung meldete mir schon längst, daß unter dem 6. May an Herrn Lorenz Goldbeck in Nürnberg abgegangen sey ein Ballen ungebundene Bücher, 110 Pfund schwer, sign. H. v. G. Weimar.

Da nun heute, den 27. May, dieser Ballen noch nicht bey mir angekommen, so frage bey Denenselben an, wie es damit beschaffen sey; wann und mit welcher Gelegenheit derselbe von Nürnberg abgegangen und inwiefern sich darnach zu erkundigen wäre; worüber mir gefällige Nachricht erbitte.

Der ich mit besonderer Hochachtung mich unterzeichne.

Weimar den 27. May 1828.


44/93.


An Carl Friedrich Zelter

Der königlich bayerische Hofmahler Herr Stieler ist angekommen und so eben beschäftigt, auf Befehl des Königs Majestät mein Bildniß zu mahlen. Hiedurch abgehalten entbiete dir heute nur den schönsten Gruß, mi dem Wunsch baldiger Beantwortung nachstehender Anfrage.

[106] Nächstens wird Kunst und Alterthum aufwarten, wovon manches als an dich gerichtet schon längst hätte abgehen sollen. Nimm es freundlich auf und erbaue dich daran wie es sich schicken will.

Mein gnädigster Herr hat bey'm Abschiede zugesagt, dich von mir zu grüßen; ich wünsche ihm zu seiner Reise gutes Wetter und Gesundheit, das Übrige findet er bey euch in Fülle. Eben bey'm Weggehn stand er mit Herrn Stieler vor deinem Bilde, es wurde rühmlich davon gesprochen; der fremde Künstler freute sich, von Herrn Begas, dessen Namen er wohl kannte, eine so verbindliche Arbeit zu sehen. Sage dem werthen Manne das mit meinem besten Gruße.

Und so fort an

W. 29. May 1828.

G.


Der Markgrafenstein auf dem Rauhischen Berge bey Fürstenwalde, von Julius Schoppe an Ort und Stelle gezeichnet und von Tempeltey lithographirt.

Vorstehendes Blatt in Betrachtung ziehend, war mir von Bedeutung, ob hier Fürstenwalde, welches zwischen Berlin und Frankfurt an der Oder liegt, gemeint sey, und ob die sogenannten Rauhischen Berge auf dem rechten Ufer der Spree, welche sich hier nach Westen biegt, gelegen seyen.

Gefällige Auskunft erbittet sich

ergebenst

Weimar den 29. May 1828.

Goethe.[107]


44/94.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

Du erhältst, mein lieber Neffe, Gegenwärtiges durch die Güte des Herrn Präsidenten Nees v. Esenbeck, dem ich dich zugleich dadurch vorläufig empfohlen wünsche, bis du dich ihm durch eignes Verdienst und gutes Betragen am besten wirst zu empfehlen wissen.

Wenn die schuldige Sendung noch kurze Zeit ausbleibt, so wirst du in Betracht ziehen, daß auf Befehl Ihro Majestät des Königs von Bayern dessen Hofmahler, Herr Stieler, sich hier befindet, um mein Porträt zu nehmen, und daß ich daher meiner Stunden weniger Herr bin als je. Laß mich aber bald wieder etwas von dir wissen, erfrische dein Andenken und sollicitire die Sendung, so wird tagtäglich etwas hinzugelegt und der Abgang beschleunigt werden.

Weimar den [30. May] 1828.


44/95.


An die Herausgeber der Zeitschrift »L' Eco«

[Concept.]

Die ersten siebenundvierzig Blätter Ihrer Zeitschrift, die Sie in Mailand beginnen, haben mich auf das angenehmste überrascht; sie wird gewiß durch ihren Gehalt und durch die freundliche Form, die Sie[108] ihr zu geben wissen, zur allgemeinen Weltliteratur, die sich immer lebhafter verbreitet, auf das freundlichste mitwirken und ich darf Sie meines Antheils gar wohl aufrichtig versichern.

Ohne weiteres beantworte ich Ihre Frage, was Sie von meinen Werken auf das schicklichste und sicherste benutzen könnten, dadurch, daß Sie nach meinem Dafürhalten vorerst der kleinen Gedichte, wie sie in den fünf ersten Bänden der neuen Sammlung meiner Werke enthalten sind, sich bedienen könnten, was Sie denn auch schon gethan haben. Bey solchen kleineren Dichtwerken läßt sich die Wirkung auf's Publicum leichter berechnen und Sie werden für die darauf verwendete Mühe am sichersten belohnt werden.

Sodann aber will ich bemerken, daß ich seit Jahren eine Zeitschrift unter dem Titel Kunst und Alterthum herausgebe; ich kann Ihnen davon ein Exemplar schicken, wenn Sie mir einen Spediteur, etwa in Lindau oder sonst auf diesem Wege, anzeigen, an welchen ich ein größeres oder kleineres Paquet durch die fahrende Post adressiren kann in der Überzeugung, daß solches an Sie gelange.

Indessen will ich bedenken, wie ich zu Ihren Zwecken weiter behülflich seyn könne. Auch fahren Sie fort, mir von Zeit zu Zeit Ihre Blätter zuzusenden, deren ich gegen das deutsche Publicum günstig zu gedenken so eben in dem neusten Stücke genannter Zeitschrift Gelegenheit finde.

[109] Der ich mich Ihnen, meine werthesten Herrn, bestens empfehle und ein kleines Gedicht beyfüge, welches sich gar wohl auch auf Ihre Bemühungen, die Sie sich um meine Arbeiten gegeben, beziehen läßt.

Weimar den [31.] May 1828.


44/96.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Wie dankbar ich für die mir gegönnte reiche Sendung sey weiß ich nicht besser auszudrücken als daß ich die gewünschte Pflanze sogleich einpacken lasse und fortschicke. Der gegenwärtig in der Erde wurzelnde Theil schwebte vorigen Sommer als Lufterzeugniß an dem Mutterstocke, entwickelte einen Bündel starker Luftwurzeln, brachte den Blüthenfaden und am Ende desselben eine neue Pflanze hervor, die, wie Sie sehen, durch an einander gedrängte Wärzchen schon wieder auf jene Luftwurzeln hindeutet. Über ihre Behandlung wüßte ich Folgendes zu sagen:

Sie verträgt außer Kälte alles Übrige, nur ist ihr Wachsthum, ihre Entwicklung nach äußern Bedingungen verschieden. Kommt die gegenwärtige glücklich an, d.h. ist der Faden in dem Zusammenhang mit der neuen Pflanze nicht verletzt und unterbrochen, so wäre eben dieser Faden an einem Stabe in die Höhe zu binden, die Erde mäßig zu befeuchten, der Topf aber an einen schattigen und feuchten Ort zu stellen, da sich denn die Luftwurzeln entwickeln, die Blüthe[110] erfolgen und das Weitere sich ganz einfach ergeben wird.

Zu stark befeuchteter Boden bringt wohl die Pflanze zu kräftigem Treiben, scheint aber das Blüthen zu verhindern; Sonnenschein und trockne Atmosphäre scheinen der Entwickelung der Luftwurzeln entgegen zu seyn.

Sollte die neue Pflanze mit der alten nicht mehr gesund zusammenhängen, so bliebe nicht übrig als jene auch abgesondert in die Erde zu setzen, da denn eine merkwürdige Umwandlung der strohhalmstarken Luftwurzeln erfolgen wird: sie verzweigen sich in der Erde in die allerzartesten verästelten Fasern, und die Pflanze wächs't ohne weitere Sorgfalt ruhig fort.

Übrigens möchte ich sagen, bey der gränzenlosen Production, welche diesen Pflanzen eigen ist, geht doch eben diese Vervielfältigung ihrer selbst einen zwar stetigen, aber langsamen Gang. Mehreres wird der wissenschaftliche scharfsichtige Botaniker leicht bemerken, auch ihre Verwandtschaft mit andern Geschlechtern und Arten sicher aufzufinden wissen.

treu theilnehmend

Weimar d. 31. May 1828.

J. W. v. Goethe.


44/97.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Revision mit Bitte, in Geduld zu stehen wegen des nächst zu sendenden Manuscriptes.[111] Der übrigens sehr willkommene Herr Stieler bemächtigt sich meiner besten Stunden und ich werde zu thun haben, meine nach allen Seiten wachsenden Schulden baldmöglichst abzutragen.

Möchten Sie indessen berechnen lassen, ob beykommendes Inhalts-Verzeichniß auf unsre drey Seiten des Umschlags zu bringen ist, sonst müssen wir in der Mitte irgendwo zusammenziehn, und haben die Güte mir solches auf alle Fälle zurückzusenden.

Mit den besten Grüßen und Wünschen.

ergebenst

Weimar den 2. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/98.


An Carl Friedrich Zelter

[2. Juni 1828.]

Herr Stieler beschäftigt sich schon seit einigen Tagen mit meinem Bilde, und, wie es das Ansehen hat, sehr glücklich; er denkt es euch nach Berlin zu bringen und da werdet ihr selbst urtheilen. Er ist so kunstreich als einsichtig, klug und angenehm im Umgange; auch hat er von Deutschthum und Frommthum nicht gelitten, da sich seine Bildung von älterer Zeit herschreibt.

Soviel für dießmal, denn eigentlich ist dieses ein Empfehlungsbrief für einen jungen Mann der gegenwärtig in Berlin studirt, Herrn v. Schwendler. Nimm[112] ihn freundlich auf um meinetwillen, denn wir sind seinen Eltern gar manches schuldig geworden; er wird sich von mir mit einem Blatte einfinden. Er soll Neigung zur Musik und einige Übung darin haben, welches zu beurtheilen und ihn nach Maaßgabe zu fördern bitte.

Da mir der Künstler meine Morgenstunden wegnimmt, bin ich übrigens sehr gedrängt. Zu den letzten Bogen von Kunst und Alterthum mußt ich kleinere Schrift nehmen, soviel schiebt sich zuletzt noch über einander. Deshalb für dießmal das beste Lebewohl. Ich begleite meinen Großherzog in Gedanken durch Berlin auf und ab und möchte wohl an seiner Seite auch dich begrüßen.

Das Beste den Guten!

Goethe.


44/99.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Bester, mich heute Abend um 6 Uhr zu einer nothwendigen Conferenz besuchen. mit der heutigen Post ist noch einiges abzusenden was revidirt werden muß; dagegen lad ich Sie auf morgen zu den sieben Mädchen freundlichst ein, die wir, wenn es Ihnen genehm ist, aus meiner Loge freundlichst begrüßen wollen.

Weimar den 2. Juni 1828.

G.[113]


44/100.


An Carl Friedrich Zelter

[Concept.]

Überbringer des Gegenwärtigen ist der angekündigte Herr. v. Schwendler. Sey ihm freundlich und förderlich so wie sich's thun läßt; du verpflichtest mich dadurch. Es ist ein junger Mann von hübschem Ansehen und wir sind seinen Eltern in öffentlichen und Privatgeschäften schon viel schuldig geworden. Ein eiliges wie treues Lebewohl.

d. 2. Jun.


44/101.


An Christian Friedrich Tieck

Weimar den 4. Juni 1828.

Der so trefflich abgegossene wie glücklich angekommene Antinous war kaum aufgestellt, als er meiner Wohnung neues Heil und Segen brachte. Der königlich bayrische Hofmahler Herr Stieler langte an mit dem Befehle mein Bildniß zu nehmen, wozu denn alsobald Anstalt gemacht wurde. In wenigen Sitzungen ist er weit vorwärts gelangt; mit ziemt es nicht darüber zu sprechen und zu urtheilen, soviel darf ich aber wohl sagen, daß ich es für ein hohes Glück zu achten habe, auf diese Weise mein Andenken erhalten zu seyn. Der treffliche Künstler hat die Absicht, wenn es seine Zeit einigermaßen zuläßt, Sie[114] in Berlin zu besuchen, in welchem guten Gedanken ich ihn zu bestärken nicht verfehle.

Die Bemühungen die Sie aufgewendet, mir jenes gewünschte Altbild zu verschaffen, werden von mir auf's treulichste anerkannt. Es ist wahrhaft erquicklich, sich jeden Tag der Freunde zu erinnern, denen wir ein unverwelkliches Vergnügen schuldig sind.

Unserm gnädigsten Herrn wünsche gegenwärtig doppelt und dreyfach ungestörten Genuß ausdauernder Lebenskräfte; für ihn, der soviel Welt gesehen und manches genossen hat, blieb in vielfachstem Sinne Berlin gegenwärtig eine neue Welt. Ich bin fern ihn deshalb zu beneiden, aber Theilnahme an so vielem Guten mir zu wünschen wird wohl erlaubt seyn.

Von Dresden steht mir der angenehmste Besuch bevor; wie merkwürdig wird ein Wiedersehn nach soviel Jahren seyn. Welche Räume liegen nicht dazwischen, ausgefüllt von den wichtigsten Bestrebungen und Ereignissen, Thätigkeit und – Gedulden!

Gar schön wär es, wenn auch Sie ein leider gar zu schnell vorübergehendes Familienfest durch Ihre Gegenwart verschönern könnten.

Die nächsten Stunden nimmt unser trefflicher Künstler wieder in Beschlag, und ich eile dieses Wenige zur Post zu bringen. Mein zunächst erscheinendes Stück von Kunst und Alterthum bietet mannichfaltige, und ich wünsche, willkommene Unterhaltung. Möge[115] es Sie und die nächsten Freunde zu guter Stunde an mich erinnern.

Darf ich bitten, wenn Sie mich zunächst wieder durch einen Brief erfreuen, mir auch anzuzeigen, was ich für den Gypsabguß schuldig geworden.

Gar manches auf nächste Mittheilungen versparend, mit den besten Wünschen und Grüßen

ergebenst

J. W. v. Goethe.


44/102.


An Therese von Eißl

[Concept.]

Mit viel Vergnügen ersehe ich aus Ihrer werthen Zuschrift, daß mein Vorschlag zu einem vorhabenden Bilde Ihren Gedanken und Empfindungen willkommen sey. Zur Beantwortung Ihres werthen Schreibens sage kürzlich Folgendes:

Die Nachtscene, welche sogar historisch ist, scheint mir günstig; den Sturm wünsche sehr mäßig. Die Stelle, woher Christus kommt und wo er hingeht, muß beschwichtigt und kaum bewegt seyn; auch ist zu vermeiden, daß Petrus durch den Sturm nicht zu versinken scheine. Das Licht von Christo ausgehend wird eine schöne Wirkung thun, wie denn das ganze Bild den Anschauenden beruhigen muß, deshalb auch anderseitig einwirkende Lichter wünsche: der Mond, recht geeignet, die vom Wind getriebenen Wolken sichtbar[116] zu machen, irgendwo ein vertrauliches Feuer am fernsten Ufer, wodurch Elzheimer seine tiefsten Nächte klar zu machen wußte, wobey ich denn wiederhole, daß das Stürmische durchaus nicht vorherrschen darf, denn es wäre ja schon genug wenn Petrus auf ganz glattem Meere sich dem Herrn entgegen wagte. Das Ganze muß dem Beschauer durchaus ein anmuthiges Gefühl geben, das Gefühl der Erhörung und Rettung, wie es denn auch der weiblichen Künstlerin das Angemessenste scheint.

Ist Gesagtes mit Ihrer Überzeugung einstimmend, so verfahren Sie danach; haben Sie noch einige Zweifel, so melden Sie solche; denn man kann sich nicht genug über den Hauptsinn und über die Motive zum voraus vereinigen, ehe man ein so wichtiges Werk antritt. Die Richtigkeit des Gedankens ist die Hauptsache, denn daraus entwickelt sich allein das Richtige der Behandlung.

Hier aber halte ich meinen Wunsch nicht zurück: Sie möchten mir gleichfalls Ihr Porträt zusenden! Ohne das Angesicht der Person, wenigstens im Bildniß, gesehn zu haben, weiß man niemals, mit wem man zu thun habe.

Womit ich Sie denn zum besten begrüße, mit dem Wunsch, alle Förderniß möge Ihrer Bildung zu Theil werden.

d. 4. Juni.[117]


44/103.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Buchhändler und Auctionator Joh. Lor. Schmidmer in Nürnberg 61 Gulden 24 Kr. gefällig auszahlen zu lassen; dankbare Erstattung geschieht sogleich.

Weimar den 5. Juni 1828.


44/104.


An Caroline Riemer, geb. Ulrich

[Concept.]

Es ist an Riemers Erhaltung dem Geschäft, mir und Ihnen soviel gelegen, daß ich mir zur Pflicht achte, von dessen Zustand auf das genauste von Tag zu Tag unterrichtet zu seyn; deshalb ich Sie ersuche, Herrn Geh. Hofrath Huschke freundlich zu veranlassen, daß Herr Hofrath Vogel bey der Cur mit zugezogen werde, indem ich durch denselben oftmalige Nachricht erhalten könne. Legen Sie Herrn Geh. Hofrath Huschke und seinem werthen Sohne Gegenwärtiges vor und beruhigen Sie mich baldigst.

Weimar den 5. Juni 1828.[118]


44/105.


An Johann Heinrich Meyer

Haben Sie die Güte, mir das Durchgesehene zurückzusenden und Beykommendes heute und morgen zu betrachten und zu überlegen, damit ich es Sonnabend fortschicken könne. Diese Last wird nun auch bald von unsern Nacken gehoben seyn.

Weimar den 5. Juni 1828.

G.


44/106.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

[7. Juni 1828.]

Die unter dem 19. May von Ew. Wohlgeboren mir angekündigte Sendung der fünf Majolokaschüsseln ist zwar glücklich angelangt, aber erst den 4. Juni; ich bemerke dieß, weil ich Dieselben ersuche, deshalb einige Nachforschung zu belieben, weil seit einiger Zeit dergleichen Sendungen von Nürnberg nach Jena der Verspätung unterworfen sind.

Die Bezahlung der 61 fl. 24 Kr. ist heute unserm Banquier Elkan aufgetragen und wird also nächstens folgen. Für gefällige Besorgung bleibe dankbar. Die fünf gemeldeten Schüsseln sind sämmtlich guter Art und dürfen sich neben den bessern meiner Sammlung gar wohl sehen lassen.

[119] Der gnädigste Auftrag Ihro Majestät des Königs an den vortrefflichen Hofmahler Herrn Stieler fordert meine unbegränzte Dankbarkeit; das mitgebrachte Bild eines allerliebsten Frauenzimmers findet den allgemeinsten Beyfall; ingleichen mein Porträt schon nach den vier ersten Sitzungen, nach welchen eine Pause gemacht ward, und es ist nach dessen Vollendung das vorzüglichste Kunstwerk zu hoffen.

Geben Sie mir gefällige Nachricht von dort verkäuflichen Dingen und setzen Ihre bisherige Sorgfalt für meine Liebhabereyen und Interessen auch zukünftig fort und bleiben der Anerkennung Ihrer dabey bewiesenen Liberalität durchaus gewiß.

Schließlich ersuche Dieselben dringend, mich bey den hochgeschätzten Herren Vorstehern des Nürnbergischen Albrecht Dürer-Vereins bestens zu entschuldigen, daß ich für die angenehme Zuschrift und Sendung noh nicht gedankt: denn ich darf wohl sagen, daß in den letzten Monaten vor Pflichterfüllung, Geschäften, Obliegenheiten, Arbeiten und Zerstreuung, vor Zudrang und Ansprüchen aller Art kaum zur Besinnung komme und mich nur manchmal, wie ich heute thue, gewaltsam losreiße, um das Nächstgeforderte zu besorgen. Das Beste wünschend und mich schönstens empfehlend.

Weimar den 5. Juni 1828.[120]


44/107.


An Carl Christian Friedrich Glenck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

überzeugen sich aus meinem bisherigen Benehmen des aufrichtigsten Antheils an Ihren wichtigen Geschäften. Soviel Wissenschaft und Thätigkeit verbunden möchten wohl selten angetroffen werden, und ich will nicht läugnen daß ich von jeher gewünscht habe, auch die nöthigen Mittel möchten zu Ihren Unternehmungen bereit seyn.

Hiezu aber persönlich beyzutragen konnte ich niemals hoffen, wie Ew. Wohlgeboren sich leicht selbst überzeugen werden, wenn Sie die Stellung eines Hausvaters bedenken, der, in einer bedeutenden äußern Lage, den Forderungen einer immer anwachsenden Familie und so manchen gesteigerten Bedürfnissen sich gemäß bezeigen soll.

Mehr sag ich nicht, da im Vorstehenden alles enthalten ist, weil solches, auch weiter ausgeführt, Ihnen dennoch keine Zufriedenheit geben könnte. Lassen Sie sich jedoch hiedurch nicht abhalten, mir von Ihrem Fortschreiten genugsame Nachricht zu geben; wie ich denn nichts mehr wünsche, als Sie in Ihrem so bedeutenden Wirken bey guter Jahrszeit besuchen zu können.

Weimar den 7. Juni 1828.[121]


44/108.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Fortsetzung des Manuscriptes. Ich bitte, wenn es abgesetzt ist, mir anzuzeigen, wie weit wir in den folgenden Bogen hineinkommen; es drängt sich gerade am Ende noch soviel Neues zu und zwar soviel Vorzügliches, daß ich nicht weiß wie ich es ablehnen soll.

Mich zum allerschönsten empfehlend.

Weimar den 7. Juni 1828.


44/109.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Haben Sie, mein Werthester, die Gefälligkeit, nachstehenden kleinen Auftrag zu besorgen.

Der Zeichenlehrer Schenk hat eine Zeichnung von dem Skelett des Urstieres gemacht, welche nunmehr lithographirt in die Acta naturae curiosorum von Bonn inserirt worden ist, wie Sie in gedachtem Werk, welches durch Serenissimi Gnade nach Jena gekommen ist, sehen und gedachten Künstler davon überzeugen können.

Nun ist bey gedachter Skelettzeichnung der Kopf seiner Stellung gemäß abgewendet, ich wünschte ihn aber nochmals gezeichnet und zwar gerade von vorn,[122] damit man die besondere Richtung und Windung der Hörner genau sehen möge. Die Größe wäre beliebig, nur wünschte ich die Zeichnung nächstens zu erhalten; sie würde wie die vorige lithographirt und den Acten inserirt werden.

Weimar den 7. Juni 1828.


44/110.


An den König Ludwig I. von Bayern

[Concept.]

[7. Juni 1828.]

Ew. Königlichen Majestät heilbringende Gegenwart ließ einen so tiefen Eindruck bey mir zurück, daß ich unausgesetzt in Höchst Dero Nähe mich zu fühlen das Glück hatte. Mußte nun dabey der Wunsch immer lebendig bleiben, auch in Wirklichkeit mich schuldigst wieder darstellen zu können, so wird mir durch Allerhöchste Gunst nunmehr der besondere Vortheil bereitet, im wohlgerathenen Bilde jederzeit aufwarten zu dürfen.

Wenn nun der verdienstvolle Künstler nach Ew. Majestät eigenem vollgültigsten Zeugniß als ein Seelenmahler sich erweis't, so darf ich hoffen ihm werde gelingen, den Ausdruck dankbarster Verehrung und unverbrüchlichen Angehörens in meinen Zügen auszudrücken.

Für diese höchste abermals mir erwiesene Gunst mich zu dem empfundensten Dank bekennend, rechne ich mir's zum Glück am Schluß mich nennen zu dürfen.

Weimar den 27. May 1828.[123]


44/111.


An Wilhelm Ernst Christian Huschke

[Concept.]

Seit Ew. Hochwohlgeboren neulichem gefälligen Besuch bin ich über das Befinden des Prof. Riemer in Ungewißheit und Besorgniß, besonders da ich höre daß sich das Übel wiederholt einstellt.

Da nun in neuerer Zeit die hiesigen Herren Ärzte die löbliche Einleitung getroffen, in bedeutenden Fällen collegialisch zu verfahren, so ersuche Dieselben, unsern Hofrath Vogel auch dießmal beyzuziehen, und ich thue dieß um so dringender, als in Abwesenheit Serenissimi ich höchst verantwortlich seyn würde, wenn ich als Chef mich um einen so bedeutenden Untergebenen nicht auf's genauste zu erkundigen und mich von dessen Zustand zu unterrichten trachtete.

In vollem alten Vertrauen und wahrhafter Hochachtung.

Weimar den 7. Juni 1828.


44/112.


An Johann Isaak von Gerning

Sie überzeugen sich, theuerster Herr und Freund, daß es mir jederzeit großes Vergnügen macht zu sehen, wie Sie Ihre Thätigkeit fortsetzen, nicht allein indem Sie sammeln und bewahren, sondern auch indem Sie[124] manches Gute und Bedeutende mittheilen und sichern durch Einleitung von Gesellschaften und Museen, auf Untersuchung vaterländischen Localitäten gegründet.

Alles mir Übersendete ist mir wohl geworden; nur bin ich die letzten Monate dergestalt beschäftigt und von allen Seiten angesprochen, daß mir auch zur kleinsten Erwiderung nach außen kaum Zeit gegeben ist.

Empfehlen Sie mich daher den werthen Wiesbadner Alterthumsfreunden auf das beste und fahren Sie fort, mir Kenntniß zu geben von dem was sich dort hervorthut und ereignet. Mein Antheil bleibt gewiß immer lebhaft und es zeigt sich auch wohl Gelegenheit ihn irgendwo auszusprechen.

Hochachtungsvoll

unwandelbar

Weimar den 8. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/113.


An Carl Gustav Carus

Ein alter Schiffer, der sein ganzes Leben auf dem Ocean der Natur mit Hin- und Widerfahren von Insel zu Insel zugebracht, die seltsamsten Wundergestalten in allen drey Elementen beobachtet und ihre geheim-gemeinsamen Bildungsgesetze geahnet hat, aber, auf sein nothwendigstes Ruder-, Segel- und Steuergeschäft aufmerksam, sich den anlockenden Betrachtungen nicht widmen konnte, der erfährt und schaut nun zuletzt:[125] daß der unermeßliche Abgrund durchforscht, die aus dem Einfachsten in's Unendliche vermannichfaltigten Gestalten in ihren Bezügen an's Tageslicht gehoben und ein so großes und unglaubliches Geschäft wirklich gethan sey. Wie sehr findet er Ursache, verwundernd sich zu erfreuen, daß seine Sehnsucht verwirklicht und sein Hoffen über allen Wunsch erfüllt worden. Mehr darf ich nicht sagen, denn ich habe kaum einen Blick in das Werk gethan, der aber schon auf das vollkommenste erhebt und befriedigt.

Mit den treusten Wünschen und Grüßen folge dem würdigen Naturforscher gegenwärtiges Blatt, und wo es ihn trifft, sey es Zeuge meines Danks und meiner Segnungen.

Und so fort an

treu theilnehmend

Weimar den 8. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/114.


An Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard

Ew. Wohlgeboren

verbindliches Schreiben hätte nur allzu gern persönlich erwidert, leider verspätet sich mein Besuch und mancherlei Umstände machen ihn zweifelhafter. Der Monat Juni ist durch ein freylich sehr angenehmes und ehrenvolles Ereigniß genommen. Auf Befehl Ihro Majestät[126] des Königs von Bayern befindet sich dessen Hofmahler Herr Stieler gegenwärtig hier, um mein Porträt zu nehmen, wozu er schon den glücklichsten Anfang gemacht hat. Möge dieses Bild, wenn es durch Kupferstich oder Lithographie verbreitet wird, auch meinen Leipziger Freunden eine geneigte Erinnerung geben.

Herrn Specks interessanter Katalog ist freylich in meinen Händen; es war mir nur aus den Gedanken gekommen, daß auch die Antiken, die ich immer im Auge habe, darin verzeichnet sind. Empfehlen Sie mich dem werthen Mann und Kunstfreund auf's beste, nicht weniger allen dortigen Gönnern und Freunden. Wie es die folgenden Monate mit mir werden kann, ist noch ungewiß; indessen überzeugen Sie sich, daß ihre freundliche Einladung mir stets vor Augen schwebend bleibt.

Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 8. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/115.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

gestern bey mir zu begrüßen hoffend, hatte ich mir zugleich vorgenommen, die in beyliegendem Schreiben ausgesprochenen Wünsche freundlichst zu empfehlen.

[127] Da bey uns jede Art von Unterricht frey gegeben ist, so wird es auch wohl diesem Mann erlaubt seyn zu versuchen, ob er sich irgend einiges Vertrauen erwerben und Schüler finden könne.

Vergönnen Ew. Hochwohlgeboren jedoch daß ich ihn an Dieselben adressire, zu weiterer Prüfung und allenfallsiger Vergünstigung. Er präsentirt sich als ein ganz sittlich- und verständiger Mann.

In Hoffnung einer fröhlichen Zusammenkunft nach baldiger Genesung, indessen mir es doch leid thut, unserm Tieck nicht auch die Bekanntschaft Ew. Hochwohlgeboren verschafft zu haben.

Hochachtungsvoll

Weimar den 9. Juni 1828.


44/116.


An Kaspar von Sternberg

Bey der vor einigen Tagen erfolgten Abreise meines gnädigsten Herrn nach Berlin gab derselbe mir den Auftrag, auf das freundlichste zu vermelden daß er zwischen dem Juli und August einer fröhlichen Zusammenkunft und Begrüßung in Töplitz hoffnungsvoll entgegensehe. Gegenwärtig begleiten ihn meine Gedanken bey seinen Umgängen in Berlin, wo ihn wirklich ganz neue freudige Verhältnisse, wie sie in so hohen Jahren nur zu wünschen sind, auf das allerschönste erheitern.

[128] Nun aber habe ich einiges anzukündigen, was nächstens, wohl eingepackt, abgehen wird; es ist die dritte Lieferung meiner Werke, die ich mit dem Alten und Neuen was sie enthält zum besten empfohlen wünsche; sodann ein architektonischer Kupferstich zum Andenken des großherzoglichen Jubiläums, von unserm Oberbaudirector Coudray gezeichnet und von Schwerdgeburth gestochen. Ersterer, welcher mir diese Sendung aufgetragen, empfiehlt seine Arbeit zu geneigter Betrachtung.

Sodann habe zu vermelden, daß mich in diesen Tagen des Dresdner Dr. Carus Werk von den Ur- Theilen des Knochen- und Schalengerüstes mit zwölf Kupfertafeln höchlich erfreut hat.

Ein alter Schiffer, der sein ganzes Leben auf dem Ocean der Natur mit Hin- und Widerfahren von Insel zu Insel zugebracht, die seltsamsten Wundergestalten in allen drey Elementen beobachtet und ihre geheim-gemeinsamen Bildungsgesetze geahnet hat, aber, auf sein nothwendigstes Ruder-, Segel- und Steuergeschäft aufmerksam, sich den anlockenden Betrachtungen nicht widmen konnte, der erfährt und schaut nun zuletzt: daß der unermeßliche Abgrund durchforscht, die aus dem Einfachsten in's Unendliche vermannichfaltigten Gestalten in ihren Bezügen an's Tageslicht gehoben und ein so großes und unglaubliches Geschäft wirklich gethan sey. Wie sehr findet er Ursache verwundernd sich zu erfreuen, daß seine Sehnsucht verwirklicht und[129] sein Hoffen über allen Wunsch erfüllt sey. Mehr darf ich nicht sagen, denn ich habe kaum einen Blick in das Werk gethan, der aber schon auf das vollkommenste erhebt und befriedigt.

Vom Herrn Präsidenten Nees v. Esenbeck habe ich einige angenehme Mittheilungen. Auch ihm ward ein Exemplar der bewußten Pflanze zugesendet; er will etwas Asphodelenartiges daran erblicken.

Wie reich aber wird nicht dießmal die Ernte der naturforschenden Zusammenkunft in Berlin sich erweisen! Ich bitte mitzutheilen, wer aus Böhmen und Österreich wohl hingehen möchte. Auch von Berlin einige Worte! und wäre das nicht möglich, nach der Rückkehr!

Ich darf über manches Mühsal mich nicht beschweren, weil ich leichtsinnig mir auflade, was nicht zu tragen ist. Aber das darf ich sagen, daß es mir in der letzten Zeit fast unmöglich war, was ich wünschte und sollte, fortzuführen und zu leisten. Ein neues Heft Kunst und Alterthum wartet nächstens auf.

Ganz unvermeidlich ist auch neuerlichst die Beschäftigung mit den fremden Literaturen, der englischen, französischen und italiänischen geworden; indem sie an uns Antheil nehmen, verlangen sie gegenseitigen Antheil an ihnen; denn gerade die junge Masse der Nationen, die sich nach uns umsieht, lebt mit einer andern, die auf dem alten Eigenen beharrt, in Widerstreit, deshalb suchen sie sich durch uns zu stärken,[130] indem sie, was an uns kräftig seyn mag, gelten lassen. Es ist ein eigenes Verhältniß, das sich erst reinigen und zurecht schicken muß, welches aber mehr Zeit erfordern möchte, als uns zum Mitwirken übrig geblieben ist.

Ist dem verehrten Freunde zu Handen gekommen: L'Eco, Giornale di Scienze, Lettere, Arti, Commerzio e Teatri, Milano? Dieses Zeitblatt hat viele Vorzüge; die 47 Nummern, die man mir gesendet hat, geben schon das beste Zeugniß. Da es in den Kaiserlich Königlichen Landen hervortritt, so dürfte es wohl Böhmen auch nicht fremd seyn.

Die Stücke März, April, May der würdigen Zeitschrift sollen mir sehr willkommen seyn. Nächstens hoffe Zeugniß meiner Studien der vorhergehenden Hefte zu geben.

Und so fortan

unwandelbar angehörig

Weimar den 10. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/117.


An Friedrich Christian Fikentscher

Schon mehrmals haben wir Ew. Wohlgeboren Güte in Anspruch genommen, wenn es sich von Fertigung der Gläser für anatomische Präparate handelte; auch jetzt sind wir in dem Fall, dergleichen, aber von bedeutenderer Größe, zu bedürfen, und ersuchen Sie bey der bekannten[131] Glasfabrik in Bestellung zu geben, daß vier Stück von nachbenannter Größe mit besonders sorgfältig gearbeitetem Rande gefertigt und anher gesendet werden:

Maaß.

24 Zoll rheinländisch hoch im Lichten,

15 Zoll weit im Lichten.

Obgleiche diese Gläser mehr Mühe und Aufmerksamkeit erfordern wie die früheren, so hoffen wir doch daß sie mit eben der Sorgfalt wie die frühern gefertigt und wohlgepackt glücklich bey uns einlangen werden.

Hiermit den Wunsch verknüpfend, es möge Ihnen und Ihrem Hause alles wohl gelingen und Sie in guter Stunde auch meiner und meiner früheren Anwesenheit freundlich gedenken.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 11. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/118.


An Johann Heinrich Meyer

Sie werden selbst ermessen daß ich es wünschenswerth finde, einige gute Worte über das schöne lithographische Bild schriftlich von Ihnen zu vernehmen. Wenn Sie Artaria besuchen, so beobachten Sie doch, ob vielleicht etwas für mich oder das Museum Wünschenswerthe bey ihm vorhanden sey. Auch hoffe daß Sie diesen Mittag mit uns vorlieb nehmen.

Weimar den 11. Juni 1828.

Goethe.[132]


Wollten Sie mir nun auch die drey Louisd'or für die indischen Curiosa schicken, so würde darüber quittiren und dieses kleine Geschäft auch abschließen.


44/119.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Zu den ersten Schritten einer willkommnen Genesung Glück wünschend, übersende den Abschluß unsres dießmaligen Heftes, dessen Inhalt sich am Ende mehr als billig angehäust hat. Das Meiste ist schon bekannt, doch möchte hie und da noch manches zu berichtigen seyn. Den nächsten Revisions-Bogen übersende, sobald er einkommt, in Hoffnung daß es sich nächstens mit Ihnen stufenweis bessern werde. Bis dahin ersuch ich Sie sich zu schonen, besonders bey so unsicherer Witterung.

treulichst

Weimar den 11. Juni 1828.

Goethe.


44/120.


An Kaspar von Sternberg

In Hoffnung daß mein meldender Brief vom 8. d. M. werde angekommen seyn, mit höflichster Bitte, Beygeschlossenes wieder in Wachstuch einnähen und nach Wien abgehen zu lassen. Mich bestens empfehlend, treulichst wünschend.

Weimar den 13. Juni 1828.

Goethe.[133]


44/121.


An Franz Baumann

Schon mündlich hatte bemerkt, daß ich das P vom T in Sept. der Inschrift zu weit entfernt fände. Mir ist der Gedanke beygegangen, ob man nicht auf nachstehende Weise das T dem P anschließen könnte. Ist es noch Zeit, so sprechen Sie mit dem Künstler darüber, und er wird es alsdann schon schicklich einzurichten wissen.

1828

Mit den besten Wünschen

W. d. 13. Jun. 1828.

Goethe.


44/122.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wenn Sie, mein Werthester, sich einigermaßen bey Kräften fühlen, so haben Sie die Gefälligkeit, Beyfolgendes durchzugehen. Es ist zwar auf das Manuscript alle Sorgfalt verwendet worden, doch möchte immer noch eins und das andere zu bemerken seyn.

Mit vorläufigen Glückwünschen zu der eintretenden Badereise und in Hoffnung, bey Ihrer Rückkehr Sie auf das beste wieder hergestellt zu sehen.

Weimar den 14. Juni 1828.

G.[134]


44/123.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den endlichen Abschluß unseres dießmaligen Heftes. Es möchte wohl noch einen Bogen betragen und wir kämen also bis auf die Hälfte des achtundzwanzigsten Bogens. Dieselben werden auch dieses zum besten einzurichten wissen. Könnte die letzte Revision baldigst herüberkommen, so würde mir es sehr angenehm seyn, indem unser Riemer den 25. dieses nach Carlsbad reis't, um ein Übel zu lindern das ihn seit einiger Zeit mit bösen Folgen bedroht.

Mich und das Meinige bestens empfehlend.

Weimar den 14. Juni 1828.


Auch liegt das Inhaltsverzeichniß bey, welches nunmehr gefällig typographisch zu arrangiren bitte.


44/124.


An die Directiondes Deutsch-Amerikanischen Bergwerk-Vereins

[Concept.]

[15. Juni 1828.]

Wohlgeborne,

insonders hochgeehrteste Herren!

Dieselben haben mir zu Vergnügen und Belehrung die Musterstücke amerikanischer Gebirgsarten mitgetheilt; ich sende sie mit der Fahrenden dankbarlichst[135] zurück und lege hier die Bemerkungen bey, welche Herr Hofrath Soret von Genf, ein gründlicher Kenner der Naturwissenschaften, bey Betrachtung dieser Musterstücke aufgesetzt. Möge dieß auch Ihnen zu einiger Zufriedenheit gereichen.

Nunmehr aber erlauben Sie, daß ich meinem verpflichteten Dank noch die Bitte hinzufüge: Sie möchten, wenn es thulich ist, gefällige Vorsorge tragen, daß wir nähere Kenntniß von der unterirdischen Flora jener Gegenden erhielten und genugsame Musterstücke von den Pflanzenabdrücken, wie sie in dem Dach der Steinkohlen durchaus vorzukommen pflegen; Sie würden sich dadurch alle Naturfreunde, besonders aber Herrn Grafen Sternberg, welcher sich in diesem Fache so hoch verdient gemacht, wahrhaft verpflichten. Möchten Sie indeß, wenn irgend von dorther neuerlich bedeutende Nachricht einlaufen sollte, mich auch davon in Kenntniß setzen und sich dabey meines aufrichtigen Dankes für so bedeutende wissenschaftliche Förderniß jederzeit versichert halten.


44/125.


An Thomas Carlyle

Ihr gehaltreicher Brief vom 18. April ist zur rechten Zeit bey mir angekommen und hat mich im Drange gar mannichfaltiger Umstände getroffen. Ich erhole mich gegenwärtig einigermaßen, um die dritte[136] Lieferung meiner Werke anzukündigen, der ich wie der vorigen eine gute Aufnahme hoffen darf. Das Neue, bisher noch nicht Gedruckte sey Ihnen besonders empfohlen.

Herr Skinner ist wieder bey uns und berichtet viel Gutes und Freundliches von Ihnen und Ihren Zuständen; freylich müssen wir Sie nun, an einem andern Orte, so lange in unbestimmteren Localitäten denken, bis ein reisender Freund uns wieder durch genauere Schilderung näher bringt.

Vier Hefte Ihrer zwey Zeitschriften die sich mit fremdem Interesse beschäftigen liegen vor mir, und ich muß wiederholen, daß vielleicht noch nie der Fall eintrat, daß eine Nation um die andere sich so genau umgethan, daß eine Nation an der andern soviel Theil genommen als jetzt die schottische an der deutschen. Eine so genaue als liebevolle Aufmerksamkeit setzt sich durchaus fort und fort, ja ich darf sagen, daß ich gewisse Eigenheiten vorübergegangenen bedeutenden Menschen abgewonnen sehe in dem Grade, um mir gewissermaßen Angst zu machen, solche Persönlichkeiten, die mir im Leben gar manchen Verdruß gebracht, möchten wieder auferstehen und ihr leidiges Spiel von vorne beginnen. Dergleichen war der unselige Werner, dessen fratzenhaftes Betragen bey einem entschiedenen Talente mir viel Noth gemacht, indessen ich ihn auf's treuste und freundlichste zu fördern suchte. Ich mußte Ihren Aufsatz zuerst weglegen, bis in der Folge die Bewunderung Ihrer Einsicht[137] in dieses seltsame Individuum den Widerwillen besiegte den ich gegen die Erinnerung selbst empfand.

Desto erfreulicher war mir Ihre Behandlung der Helena. Sie haben auch hier sich nach eigner schöner Weise benommen, und da zu gleicher Zeit aus Paris und Moskau über dieses so lang gehegte und gepflegte Werk mir zwey Aufsätze zukamen, so sprach ich mich darüber lakonisch folgendergestalt aus: Der Schotte sucht das Werk zu durchdringen, der Franzose es zu verstehen, und der Russe sich es anzueignen. Unverabredet haben also diese drey die sämmtlichen Kategorien der Theilnahme an einem ästhetischen Werke dargestellt; wobey sich versteht daß diese drey Arten nicht entschieden getrennt seyn können, sondern immer eine jede die andere zu ihren Zwecken zu Hülfe rufen wird. Da ich mich aber in solche Betrachtungen nicht einlassen darf, ob gleich bey solchem Zusammenstellen gar manches Erfreuliche und Nützliche zu sagen wäre, so habe ich einen jungen Freund ersucht, sich darüber auszusprechen mit Rücksicht auf die unter uns geführten Gespräche.

Es ist Dr. Eckermann, der sich bey uns aufhält und den ich als Hausgenossen anzusehen habe. Er macht die hier studirenden jungen Engländer mit der deutschen Literatur auf eine sehr einsichtige Weise bekannt und ich muß wünschen, daß er auch mit Ihnen in Verhältniß trete. Er ist von meinen Gesinnungen, von meiner Denkweise vollkommen unterrichtet,[138] redigirt und ordnet die kleineren Aufsätze wie sie in meinen Werken abgedruckt werden sollen und möchte wohl, wenn diese noch weitaussichtige Arbeit zu vollenden mir nicht erlaubt seyn sollte, alsdann kräftig eintreten, weil er von meinen Intentionen durchaus unterrichtet ist.

Die Übersetzung des Wallensteins hat auf mich einen ganz eignen Eindruck gemacht, da ich die ganze Zeit, als Schiller daran arbeitete, ihm nicht von der Seite kam, zuletzt, mit dem Stück völlig bekannt, solches vereint mit ihm auf das Theater brachte, allen Proben beywohnte und dadurch mehr Qual und Pein erlebte als billig, die nachfolgenden Vorstellungen nicht versäumen durfte, um die schwierige Darstellung immer höher zu steigern; so läßt sich's den ken, daß dieses herrliche Stück mir zuletzt trivial, ja widerlich werden mußte; auch hab ich es in zwanzig Jahren nicht gesehen und nicht gelesen. Nun aber da ich es unerwartet in Shakespeare's Sprache wieder gewahr werde, so tritt es auf einmal wie ein frisch gefirnißtes Bild in allen seinen Theilen wieder vor mich, und ich ergötze mich daran wie vor Alters und noch dazu auf eine ganz eigene Weise. Sagen Sie das dem Übersetzer grüßend, nicht weniger auch, daß die Vorrede, die eben auch in dem rein-theilnehmenden Sinne geschrieben ist, mir wohlgethan habe; nennen Sie mir ihn auch, damit aus dem Chor der Philo-Germanen er als eine einzelne Person hervortrete.

[139] Hier aber tritt eine neue, vielleicht kaum empfundene, vielleicht nie ausgesprochene Bemerkung hervor: daß der Übersetzer nicht nur für seine Nation allein arbeitet, sondern auch für die aus deren Sprache er das Werk herüber genommen. Denn der Fall kommt öfter vor als man denkt, daß eine Nation Saft und Kraft aus einem Werke aussaugt und in ihr eigenes inneres Leben dergestalt aufnimmt, daß sie daran keine weitere Freude haben, sich daraus keine Nahrung weiter zueignen kann. Vorzüglich begegnet dieß den Deutschen, die gar zu schnell alles was ihnen geboten wird verarbeiten und, indem sie es durch mancherlei Wiederholungen umgestalten, es gewissermaßen vernichten. Deshalb denn sehr heilsam ist, wenn ihnen das Eigne durch eine wohlgerathene Übersetzung späterhin wieder als frisch belebt erscheint.

Beyliegenden Brief erhalte von dem guten Eckermann, mit welchem ich Sie, wie schon gesagt, in Verbindung wünsche. Er wird jede Anfrage die Sie an ihn ergehen lassen gern beantworten und kann Sie mit dem Neusten unserer Literatur, insofern es Ihnen nützt und frommt, nach Verlangen bekannt machen.

treu theilnehmend

Weimar den 15. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


Leider überrascht uns bey'm Schluß dieses Schreibens die traurige Nachricht vom Ableben unsres vortrefflichen Fürsten, des Großherzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach,[140] welcher am 14. Juni auf einer Rückreise von Berlin nahe bey Torgau das Zeitliche verließ. Ich eile Gegenwärtiges abzusenden. Mit den Büchern kommt noch manches zu Bemerkende.

Mit den schönsten Grüßen von mir und Ottilien an Ihre liebe Gattin, mit dem Wunsche zu hören daß Sie in Ihrer neuen Wohnung glücklich eingerichtet seyen, fernere Mittheilung mir vorbehaltend.


44/126.


An Ottilie Gräfin von Henckel-Donnersmarck

[Concept.]

Ew. Excellenz im Mitgefühl unseres Zustandes wünschen gewiß etwas Näheres zu vernehmen, wie es in Wilhelmsthal ergeht. Unser guter Soret setzt mich in den Fall hievon Nachricht zu geben, welche mitzutheilen nicht ermangele und mich zugleich, ein Mehreres auszusprechen unfähig, zu ferneren gnädig-wohlwollenden Gesinnungen andringlichst empfehle.

Weimar den 17. Juni 1828.


44/127.


An Friedrich Jacob Soret

Nur mit den wenigsten aber treusten Worten meinen herzlichsten Dank für Brief und Nachricht! Wenn das Ganze uns niederschlägt, so richtet das Einzelne uns auf.

[141] Empfehlen Sie mich der Frau Großherzogin auf's dringendste; meine Gesinnungen bedürfen keiner Worte und meine Gefühle können sie nicht finden. Dürft ich es einigermaßen wagen, so wär ich schon in Wilhelmsthal.

Fahren Sie fort mit Ihrem beruhigenden Tagebuch; wir stellen uns hier in's Gleiche wie nur möglich und besorgen manches Einzelne das auch wohl auf's Ganze Bezug haben möchte.

Leben Sie wohl und bleiben versichert daß ich Ihre freundschaftliche Sorgfalt anerkenne. Eine Copie Ihres lieben Blattes hat ich gleich nach Carlsbad abgehen lassen, auch den Dortigen zu Aufklärung und Trost.

Von jeher treu,

durch den Schmerz neu angehörig

Weimar den 17. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/128.


An Carl Jügel

[Concept.]

[18. Juni 1828.]

Ew. Wohlgeboren

habe zu vermelden, daß die neuerliche Sendung glücklich angekommen, auch die Inlage an Frau v. Pogwisch abgegeben worden.

Da, wie ich vernehme, auch die Vorlesungen der Herren Cousin, Guizot nach und nach gedruckt werden, so ersuche Sie, dieselben mir gleichfalls zu übersenden.

[142] Noch eine Bemerkung und Bitte erlauben Sie mir: haben Sie die Gefälligkeit, die französischen Bücher vor der Absendung durchsehen zu lassen, ob sie auch complett sind; es ist dieß eine kleine Mühe für Ihre Expedition und für uns von größerer Bedeutung als man denken möchte. Daß der 17. Bogen am Cromwell fehlte, brachte eine sehr unangenehme Stockung hervor die noch nicht aufgelös't ist. Es war von großer literarischer Bedeutung, das Werk im Augenblick zu kennen und zu beurtheilen. Das neuste Heft von Kunst und Alterthum hoffe bald zu übersenden.


44/129.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[18. Juni 1828.]

Als ich Gegenwärtiges einzupacken beschäftigt bin, überrascht uns die Nachricht von dem Hinscheiden unseres unschätzbaren Fürsten, welcher auf seiner Rückreise von Berlin, wo er noch die Freude hatte, seinen Urenkel zu segnen, nahe bey Torgau schnell, ob gleich nicht unversehen, das Zeitliche verließ. Das Nähere sagen Ihnen die Zeitungen; meine Empfindungen sind wortlos. Ich schließe, mich Ihrem fortgesetzten Wohlwollen bestens zu empfehlen.

Beykommend erhalten Ew. Hochwohlgeboren die versprochene wohlgerathene Zeichnung. Ob es gleich schade ist daß der Vordertheil des Schädels zerstört[143] worden, so zeichnen sich doch die so weit hervorragenden Augenhöhlen kräftig aus, in denen ich schön früher den Charakter einer besondern Wildheit zu finden glaubte.

Von einer monstrosen Entwickelung der Dattelpalme hoffe ich nächstens interessante Nachricht zu geben.

Weimar den 17. Juni 1828.


44/130.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

muß ungerne vermelden daß ich jenes Blatt nicht habe finden können, welches mit Vergnügen mitgetheilt hätte. Was jedoch zu thun überlasse Denenselben gänzlich; ich kann mich nicht zu der mindesten Einwirkung in dieser Angelegenheit erbieten; mein ohnehin sehr leidender Gemüthszustand würde, bey specieller Vergegenwärtigung der Verdienste unseres hohen Abgeschiedenen, bis zur Verzweiflung gesteigert werden. Ich muß mich daher entschuldigen und würde es auch außerdem gethan haben, wenn ich bedenke daß man dem, der als geistlicher Redner gebildet und berufen ist, hierin vielleicht nicht vorgreifen sollte. Doch soll dieß Ew. Hochwohlgeboren nicht abhalten, nach Überzeugung zu handeln, und will ich diesen meinen Äußerungen nicht mehr als einen individuellen Werth beylegen.

[144] Erhalten Sie mir Ihre freundliche Theilnahme in dieser peinlichen Lage.

gehorsamst

Weimar den 19. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/131.


An Friedrich Jacob Soret

Die Anfrage wegen einer Büste der ehemaligen Frau v. Berlepsch kann ich nur zweifelnd beantworten; ich wollte darauf schwören, sie hier gesehen, ja in meinem Hause gehabt zu haben. Nun findet sie sich aber, nach dem genauesten Forschen, weder bey mir noch auf Großherzoglicher Bibliothek; ich lasse aber nachspüren, wo sie sich etwa untergethan hat, und sobald sie sich fände, soll sie geformt und abgegossen werden. Gar sehr, mein Theuerster, wollte ich Sie gebeten haben, Ihre freundlichen Mittheilungen fortzusetzen, ein kurzgefaßtes Tagebuch würde mich beruhigen.

Übrigens befinde ich mich in einem wunderlichen Geisteszustande, der keine anhaltende Aufmerksamkeit erlaubt; deswegen ich manches Einzelne wegarbeite, was doch gethan seyn muß; auch mache ich Ordnung in verschiedenen Dingen die durch einander liegen, um gewahr zu werden, daß noch einiges in der Welt ist, wofür man sich interessiren könnte. Die Öde jedoch ist schrecklich in die man nach einem solchen Verluste gesetzt ist.

[145] Schon seit acht Tagen beschäftigte mich Herrn De Candolle's Organographie végétale, ein merkwürdiges, gerade zu unsern Zwecken nützliches und nothwendiges Werk: man belehrt sich, wie weit die Erfahrung gelangt ist, inwiefern man das Wissen zusammengebracht hat und es wissenschaftlich aufzustellen bemüht ist. Hier tritt nun der Mensch methodisirend Individuum mit den Gleichgesinnten.

Da macht es sich denn dießmal gar hübsch: Herr De Candolle, welcher vom Besondern in's Allgemeine geht, behandelt uns andere, die wir vom Allgemeinen in's Besondere trachten, nicht unfreundlich, und gar viele der beiderseitigen Enuntiationen, wie sie sich begegnen, sind gleichlautend; an wenig Stellen erscheint ein Widerstreit, welcher keiner Auflösung bedarf; es sind nur zwey verschiedene Sprachen, und man versteht sich wohl.

Wenn wir, mein Bester, zu unsern Vorsätzen Athem gewinnen, so wird uns dieses Werk von größtem Nutzen seyn, und gerade jetzt kommt es mir sehr zu statten; ich mag es aufschlagen wo ich will, so erinnert es mich an die alte, befreundete, ewig bildende und umbildende Natur, woher wir das Leben empfingen und wohin wir es wieder zurückgeben.


So weit war ich gestern, als Ihr lieber Brief bey mir anlangte, begleitet von einem andern des[146] guten Hofrath Vogel. Bey näherer Betrachtung jedoch verschwindet meine Hoffnung, in Wilhelmsthal aufzuwarten; ich bin ja gefesselt durch die Gegenwart des Hofmahler Stieler. Seine Arbeit, durch die traurigen Ereignisse unterbrochen, muß nun fortgesetzt werden und es ist nicht abzusehen, wann er endigen wird. Er denkt noch eine Hand in dem Bilde anzubringen; seine Geschicklichkeit und Sorgfalt sind gleich groß. Und so mag es denn für ein Geschick anzusehen seyn, daß durch diese Nöthigung alle Wahl abgeschnitten und ausgeschlossen bleibt.

Daß meine Gedanken in Wilhelmsthal gegenwärtig und um Ihro Königliche Hoheit die Frau Großherzogin beschäftigt sind, werden Sie gewiß mitempfinden. Empfehlen Sie mich auf's andringlichste und lassen Sie mich nicht ohne beruhigende Nachricht.

treu ergeben

Weimar den 21. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/132.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

[21. Juni 1828.]

Ew. Wohlgeboren

haben ja die Güte, mich öfters mit einigen Zeilen zu erfreuen, um mir die Entfernung von Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin in der gegenwärtigen Lage erträglich zu machen. Empfehlen Sie mich ihr auf das allerdringlichste.

[147] Um von meinen Zuständen zu sprechen, so befinde ich mich körperlich wie Sie wissen, und halte mich möglichst im Gleichgewicht. Eine schwere Müdigkeit in den Gliedern werden Sie natürlich finden; ich konnte mich gestern Abend kaum aus dem untern Garten herauftragen, und dieß ist es auch was mich hindert, nach Wilhelmsthal zu gehen und mein tägliches, stündliches Verlangen zu befriedigen. Wie es mit dem Geistigen beschaffen, davon sage ein paar Worte an Herrn Soret, den ich bitte, Ihnen davon Kenntniß zu geben.

Sie thun sehr wohl, länger in Eisenach zu verweilen, denn in solchen Fällen sind die Nachwirkungen immer zu fürchten: der Charakter widersetzt sich dem treffenden Schlage, aber consolidirt dadurch gleichsam das Übel, das sich späterhin auf andere Weise Luft zu machen sucht.

Möge Ihnen alles zu eignem und anderer Besten gelingen.

Weimar den 20. Juni 1828.


44/133.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

In den ersten Tagen, meine liebe Gute, war nichts zu sagen noch zu schreiben; jeder mußte die traurigen Eindrücke in sich selbst verarbeiten. Nun aber kann man doch zu wechselseitiger Beruhigung einiges aussprechen,[148] deshalb denn auch Gegenwärtiges zu dir gelangen möge.

Vor allem empfiehl mich der theuren Frau Großmama, versichre ihr, daß sie mir mit allen Lieben und Verehrten zuerst eingefallen ist; deshalb ich denn auch vorzüglich zu ihrem Troste sage, daß sich die Frau Großherzogin den Umstämden nach sehr leidlich befindet, wie Vogel schriftlich versichert, welcher gleich hinausging als er die trurige Nachricht vernommen hatte.

Ingleichen ist es schon ausgesprochen, daß sie nach Weimar zurückkehrt, wenn sie schon jetzt noch eine Zeitlang in Eisenach verweilt.

Sehr mit meiner Überzeugung trifft es zusammen, daß die Frau Gräfin in Carlsbad ihre Cur vollkommen auswarte. Ich sende vielleicht einiges Ausführlichere über die Zustände in Wilhelmsthal, wo die nähern Umgebungen Ihro Hoheit den zwar wohlgemeinten, löblichen, aber oft bis zur Indiscretion getriebenen Zudrang von Personen aller Classen zu beklagen haben. Mag denn das auch zur Zerstreuung dienen und ein großes Gemüth hindern, allzusehr und abgeschlossen bey sich selbst zu bleiben.

Walther ist in Wilhelmsthal, Wolf rühmt dich als eine treudenkende Mutter, da du zum Zeichen deiner Liebe Milch-Chocolade und kleine Gesellschaft verordnest. Alma ist wieder recht wohl, durch einige bedenkliche Tage hat Bergrath Wahl treulich durchgeholfen.[149] Ich befinde mich körperlich auch in leidlichen Umständen; was Geist und Seele betrifft, magst du aus eignen Gefühlen abnehmen.

Läugnen will ich nicht daß mir die letzten Tage sehr schwer ward, dem vortrefflichen Stieler zu sitzen, damit des Königs Befehl bis zu Ende durchgeführt werde. Zwar gelingt ihm seine Arbeit so gut, er ist ein so verständiger angenehm-unterhaltender Mann, daß ich es andererseits für eine Wohlthat anzusehen habe. Jedermann ist mit dem Bilde zufrieden und man hat alle Ursache es [zu] seyn. Doch kommt er unter vierzehn Tagen schwerlich weg und da wird denn wegen Hand und Stellung noch manches auszuharren seyn.

Eine wunderbare Erscheinung war mir Minchen Münchhausen mit ihren Schwestern, die auf einer Reise nach Schnepfenthal zu Salzmann bey uns eintrafen. Ich habe meine Neigung zu diesem wunderlichen Wesen niemals geläugnet und – sie in einem solchen Augenblicke nach Jahren wiederzusehen war eine seltsame Empfindung; doch benahm sie sich so artig und niedlich wie immer und erschien wirklich wie ein Sternchen in der Nacht.

Da sich niemand hier befand, um in zweifelhaften Fällen zu entscheiden, so ergaben sich große Schwankungen wegen dem Benehmen mit der hohen Leiche, welche von preußischer Seite mit allem Anstand und zu Rührung mehrerer tausend Zuschauer bis Nieder-Roßla[150] gebracht worden war. Ober-Baudirector Coudray ist nun bis zum Ermüden mit Prachtgerüsten, Prachtwagen, Teppichen und Gehängen beschäftigt; er zeigt dabey viel Geschmack; wie denn bey dieser Gelegenheit noch so mancher Künstler und Handwerker sein Wesen treibt, zu Freud und Leid aufgerufen, immer das Beste zu leisten bedacht.

Die Wache im Römischen Haus, wo der Leichnam gegenwärtig aufbewahrt wird, hat August schon zwey Nächte bestanden, und so wird es noch eine Weile fortgehen, bis alles zum traurig-prächtigen Empfang bereitet wird.

Unserm Canzler v. Müller ist ein Nekrolog gelungen, daß man ihn nicht besser wünschen könnte; sobald ein Abdruck davon zu haben ist send ich ihn. Man kann wirklich sagen, er sey anmuthig zu lesen, welches viel heißen will. Doch das ist ja Pflicht und Absicht des Redners so wie des Dichters, das im Leben Unerträgliche durch herzlich-künstliche Berührung unserer Einbildungskraft und Gefühle zu mildern und womöglich aufzuwiegen.

Vorzüglich will ich denn auch dir gerathen haben und darauf bestehen, daß du mit Herrn v. Ziegesar, dem ich mich zum allerschönsten empfehle, nach Prag gehest und einen hohen Begriff einer kaum begreiflichen und faßlichen Existenz in dich aufnehmest und für unsere Unterhaltung einen unschätzbaren Gewinn dir eigen machest.

[151] August entschuldigt sich, daß er nicht selbst schreibt, aber es bringt niemand recht seine Gedanken zusammen, und da ich die vierte Seite leer sehe, will ich dir lieber einen Auszug aus des guten Sorets Bulletins übersetzen, eines Freundes, der sich auch wieder hier vollkommen erprobt.

»Herr v. Spiegel ließ sich zur ungewöhnlichen Morgenstunde bey Ihro Königlichen Hoheit anmelden, um sie auf ein ungewöhnliches Ereigniß vorzubereiten. Sie empfing ihn gegen 10 Uhr und zeigte zugleich den tiefsten Schmerz und die größte Seelenstärke. Sie dankte Gott daß ihr hoher Gemahl wenigstens ohne Leiden diese Welt verlassen; später konnte sie Thränen vergießen, wodurch hoffentlich die Wirkung einer so schrecklichen unerwarteten Nachricht gemildert wird. Um 11 Uhr wurde der junge Prinz gerufen und zu Mittag hatte ich selbst das traurige Glück, Ihro Königliche Hoheit zu sehen und zu sprechen; ihre Standhaftigkeit mußte mir höchste Ehrfurcht einflößen und, wenn ich so sagen darf, mein Mitleiden für sie vermehren.«

(Hier eine Stelle die sich auf mich bezieht und die du dereinst im Original lesen magst.)

»Hiernach was hab ich nun von uns selbst zu sagen? Von der Bestürzung, die uns ergriff, von dem allgemeinen Stumpfsinn, der wohl überall ist wie hier. Der kleine Prinz hat gränzenlos geweint. Glückliches Vorrecht der Kindheit, sie überläßt sich[152] ihren Leidenschaften und heilt sie durch Erschöpfen. Ich hoffe deshalb keine schlimme Folgen für seine Gesundheit.«

Weimar den 24. Juni 1828.


44/134.


An Friedrich Theodor von Müller

Die Behandlung des mit vielem Dank hier zurückkehrenden Aufsatzes habe ich als sehr vorzüglich anzuerkennen und was den Inhalt betrifft, so wird man weder gegenwärtig etwas davon, noch künftig etwas dazu thun wollen.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 24. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/135.


An Rinaldo Vulpius

[Concept.]

Das neulich auf Veranlassung der Frau v. Pogwisch übersendete Paquet, wenn es nicht eröffnet seyn sollte, erbitte mir zurück, ist es aber eröffnet, den Inhalt desselben.

Weimar den 24. Juni 1828.[153]


44/136.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Da ich einen wie ich hoffe zulässigen Gedanken für Symbolisirung für Kirche und Schule gehabt, so wünsche solchen Ew. Hochwohlgeboren vorzutragen. Möchten Sie gegen 2 Uhr zu Tische kommen, so ließe sich alles abthun, sonst aber finden Sie mich jede Stunde zu Hause. Mit den besten Wünschen zu Ihren vielfach-traurigen Geschäften.

Weimar den 24. Juni 1828.


44/137.


An Johann Heinrich Meyer

In sehr böslichen Umständen vermelde nur mit wenigem: daß ich so eben beschäftigt bin, das neuste Heft von Kunst und Alterthum abzuschließen. Es findet sich gerade noch ein Räumchen, um ein freundliches Wort über Nauwercks neues Heft zu sagen, auch hab ich darüber schon ein Blatt dictirt welches mittheile. Nur wünsche ich zu erfahren, in welchem Heft wir schon dieses guten Mannes gedacht haben, ich kann die Stelle gerade nicht auffinden. Richten Sie sich ja ein, morgen Mittag mit uns zu speisen, es gibt gar mancherlei zu verhandeln.

Das Bessere wünschend.

Weimar den 25. Juni 1828.

G.[154]


44/138.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Dein christkatholisches Blatt vom 15. Kommt am 27. Bey mir an mit Einlagen, wodurch Wolf sogleich höchlich erfreut wurde. Der Frau Gräfin Ur-Großmama empfiehl mich zum besten und dank ihr für die lieben Zeilen. Dich aber, mein gutes Kind, kann man unbedenklich in die Welt schicken und deine Tagebücher würden mir durchaus angenehmer seyn als [die] der Lady Morgan; du siehst die Sachen mit reinem ruhigen Sinn an und findest das Menschliche durch die wunderlichsten Formen; alles Übrige ist ja auch nichts und gar nichts.

Von hier ist nur zu sagen, daß Herr v. Spiegel auf's löblichste bemüht ist, die Heimführung seines Fürsten würdig und schaulich zu machen. Ober-Baudirector Coudray beweis't sich auch dießmal als einen erfindungsreichen, geschmackvollen und thätig-gewandten Bau- und Decorationskünstler.

Mein Bild wird zwischen aller dieser Noth vorzüglich gut. Glücklicherweise war der Grund gelegt, ehe das Unheil über uns erging, und ein Künstler ist wie ein Arzt glücklich, wenn er an seinem Platze gleich gültig bleibt und sein herkömmliches Handwerk walten läßt.

Siehst du Bertha Levetzow wieder, so sey ihr freundlich; drey Jahre meines Lebens durch spielt sie[155] eine artige Person mit in dem Drama, das ich mir immer noch gern zurückrufe.

Es trifft sich glücklich, daß die Abreise der Frau Gräfin auf den 7. Juli festgesetzt ist; den 6. Juli ist wahrscheinlich hier die Begräbnißfeyer und einen solchen Empfang wünscht ich euch nicht. Auf alle Fälle findest du einen Brief bey Rath Grüner in Eger; denn bey der Unsicherheit des Postcurses schreib ich nicht mehr nach Carlsbad.

Da ich dir gern was Anmuthig-Tröstliches senden möchte, so lege hier die Soretischen Bulletins bey; in Eger findest du die Fortsetzung und wirst bey deiner Rückkehr diesen erprobten Freund auch deshalb gemüthlicher behandeln.

Um das folgende Blatt nicht leer fortzuschicken, vermelde noch einiges. August, von Tag- und Nachtwachen bey der hohen Leiche ermüdet und zerstreut, bleibt deshalb immer munter; er schilt auf Manzoni's Verlobte, rühmt seinen Cooper und was dergleichen mehr ist. Wir haben darüber nach Tische bey dem Mitsitze Eckermanns mancherlei muntere Streitigkeiten.

Walther ist noch in Wilhelmsthal, Wolf bey mancherlei Unarten klüger als billig, Alma ganz munter. Vogel, sagt man, wird nächstens zurückkehren, indessen hat sich Bergrath Wahl theilnehmend und einsichtig erwiesen; auch mir über einige beschwerliche Schritte hinweggeholfen. Der guten Ulrike ist nur mit Wünschen beyzustehen.

[156] Daß Prinzeß Marie und ihr Gemahl gestern den 26. Juni bey uns durchgegangen, bey Seebachs auf der Altenburg abgestiegen seyen, sie dort mehrere ihrer jungen Freundinnen gesehen habe, wird dir wohl schon erzählt worden seyn.

Frau Generalin v. Egloffstein, von Wilhelmsthal kommend, hat mir verhältnißmäßig viel Gutes von dort mitgebracht. Frau Ober-Cammerherrin, dahin gehend, nimmt meine besten Empfehlungen und Wünsche mit sich.

So eben, wie ich abschließen will, kommt Walther froh und wohlgemuth von Wilhelmsthal zurück. Der gute Knabe kann noch nicht verwinden daß er durch eine gewisse Verworrenheit verhindert ward, von mir Abschied zu nehmen; diese Besorgniß war das Erste was er mir bey'm Willkommen gewissenhaft zu äußern hatte.

Der bestellte schwarze Jacob wird zu rechter Zeit eintreffen; er soll mitbringen was bis dorthin sich sammelt. Eckermann grüßt zum schönsten; er ist mein Trost in dieser verwirrten Einöde, wo man nichts zu empfinden scheint als die Püffe des Geschicks von denen Hamlet soviel zu sagen weiß.

Weimar den 27. Juni 1828.[157]


44/139.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

das mir anvertraute Actenstück persönlich zu übergeben hat meinem damit beauftragten Sohne nicht glücken wollen; ich halte daher für Pflicht, meinen schuldigen Dank schriftlich auszusprechen und dabey zu versichern daß es mir zum Troste gereiche, die Bestattung unseres verewigten Fürsten durch Ihre ganz besondere Sorgfalt so würdig und folgerecht angeordnet zu sehen. Wie mich denn auch Ober-Baudirector Coudray durch Vorzeigung seiner architektonischen und plastischen Risse überzeugt hat, daß Sie an demselben einen talentvollen, innig theilnehmenden Mitarbeiter gefunden haben.

Der ich allen theuren Freunden und Schmerzensgenossen wie mir selbst nur wünschen kann: Fassung in diesen unerträglichen Augenblicken und Belebung des Gedankens, daß der theure Abgeschiedene uns noch Pflichten gegen seine werthen Zurückgebliebenen hinterlassen habe.

Weimar den 27. Juni 1828.[158]


44/140.


An Friedrich Johannes Frommann

Ob man mir gleich Hoffnung macht, meine werthen jenaischen Freunde bey mir zu sehen, so will ich doch Gegenwärtiges dergestalt abschließen, daß es mit den Botenfrauen versendet werden kann, zugleich aber auch dankbar anerkennen, daß Sie und Ihr Herr Vater so viele typographische Geduldauf dieses Stück von Kunst und Alterthum verwenden wollen, da es sich mit dessen Abschluß so lange verzog und nunmehr unter traurigen Aspecten zu Ende gelangt. Fahren Sie mit Geneigtheit fort, was noch übrig ist zu besorgen, und so wird ich denn wohl, aus der gegenwärtigen Verwirrung hervortretend, wieder auf's neue Ihre thätige Mitwirkung anzusprechen haben.

Mich und das Meinige indessen bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 28. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/141.


An Julius Adolph Völkel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus der Beylage daß am 15. April d. J. ein Brief und am 29. ein Paquet an Herrn Hofrath Bußler nach Berlin abgegangen und zwar dasjenige,[159] in welchem das fragliche Manuscript enthalten gewesen.

Der Zwischenraum zwischen meinem Briefe und dem Einlangen gedachten Manuscripts, welcher durch die vielfachen andringlichen Geschäfte wohl zu entschuldigen seyn möchte, wird wohl den Verfasser zu der Ungeduld und dem wundersamen Schritte, an Ihro Kaiserliche Hoheit unmittelbar zu gehen, veranlaßt haben, da doch bey mir Aufklärung und Remedur in der Nähe wäre zu finden gewesen. Unaussprechlich sind die Unannehmlichkeiten, die mir durch solche fromme Wünsche zuwachsen, welche zu erfüllen ich kaum in jüngeren Jahren Kräfte genug gehabt hätte und welchen genug zu thun mir nun ganz und gar unmöglich ist.

Das Nächste wäre wohl, daß Sie Herrn Hofrath Bußler die Postbescheinigung gefällig übersendeten, da denn wahrscheinlich die Nachricht, daß das Paquet seiner Zeit angekommen, dagegen sich einfinden wird.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 28. Juni 1828.


44/142.


An Friedrich Jacob Soret

Beykommendes Schreiben zu übergeben wählen sie wohl gefälligst eine schickliche ruhige Stunde; es sind die ersten Worte die ich an Ihro Königliche Hoheit[160] in diesen traurigen Zuständen zu richten wage und denen ich wohl einen freundlich-gnädigen Empfang zu wünschen alle Ursache habe. Auch dieses Spärliche hat mich viel gekostet, denn ich scheue mich, an dasjenige mit Worten zu rühren was dem Gefühl unerträglich ist.

Lassen Sie mich indessen von dem wohlthätigen Einflusse sprechen, den unser botanisches Vorhaben auf mich ausübt. Bey'm Aufwachen, wo ein so großer Verlust immer wieder auf's neue lebendig wird, greife ich nach dem Werke des Herrn De Candolle und bewundere ihn, wie er alle die unendlichen Einzelheiten zu behandeln weiß. Auch wird mir immer klärer, wie er die Intentionen ansieht, in denen ich mich fortbewege und die in meinem kurzen Aufsatze über die Metamorphose zwar deutlich genug ausgesprochen sind, deren Bezug aber auf die Erfahrungs-Botanik, wie ich längst weiß, nicht deutlich genug hervorgeht.

Wie er in's Licht zu setzen sey wird uns denn gar wohl gelingen, wenn es in den Sternen geschrieben ist, daß unser gemeinsames Unternehemen zu Stande kommen soll.

Die Frau Generalin hat mir manches für den Augenblick Tröstliches mitgetheilt; das Gleiche hoffe von der Frau Ober-Cammerherrin und dem Herrn Canzler, welches denn auch von seiten Herrn Hofrath Vogels, den ich nur einen Augenblick gesehen, nicht ermangeln kann. Demohngeachtet unterlassen[161] Sie ja nicht, mich von Zeit zu Zeit mit einem zutraulichen Worte zu erfreuen.

Für die geneigte Aufnahme und Bewirthung des guten Walther danke zum schönsten; er schien bey seiner Rückkehr anmuthiger noch als sonst.

Meine allseitigen Empfehlungen bitte zu meinem Andenken auszusprechen.

treu ergeben

Weimar den 28. Juni 1828.

J. W. v. Goethe.


44/143.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Schon alle diese letzten traurigen Tage her suche ich nach Worten, Ew. Königlichen Hoheit auch aus der Ferne schuldigst aufzuwarten, wo aber sollte der Ausdruck zu finden seyn, die vielfachen Schmerzen zu bezeichnen die mich beängstigen? und wie soll ich wagen, den Antheil auszusprechen zu dem die gegenwärtige Lage Ew. Königlichen Hoheit mich auffordert?

Möge deshalb die treuste Versicherung eines ewig verehrend gewidmeten Angehörens für den Augenblick einigermaßen genügen, ein Versäumniß zu entschuldigendem ich bisher abzuhelfen vergebens bemüht war.

Auch gegenwärtigem Blatte gnädigst-nachsichtige Aufnahme bescheidentlichst erbittend und zu ferneren Hulden und Gnaden andringlichst mich empfehlend.

d. 28. Juni.[162]


44/144.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges, mir auch die Vorlesungen von Herrn Guizot, Cousin und Royer-Collard von Zeit zu Zeit, wie sie herauskommen, zu übersenden und den Betrag auf meine Rechnung zu notiren. Nächstens überschicke ein Exemplar des neusten Stücks von Kunst und Alterthum nebst einem Nachtrage der Anzeige des Inhalts, welcher sich noch stark vermehrt hat.

Mich und das Meinige zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 28. Juni 1828.


44/145.


An Friedrich Johannes Frommann

[29. Juni 1828.]

Man wünscht durch eine solche hier gezeichnete schwarze Einfassung am Rande die allgemeine Landes-Trauer eben so ausgedrückt, wie es bereits durch alle von hier ausgehenden öffentlichen Druckblätter und Briefe geschieht.[163]


44/146.


An Carl Jügel

[Concept.]

[1. Juli 1828.]

In der Beunruhigung und Verwirrung, in die wir durch das Abscheiden unseres verehrten Fürsten versetzt sind, ist ein Brief am 28. d. an Sie abgegangen der einige Aufklärung erfordert.

Die Vorlesungen von Herrn Cousin und Guizot waren durch ein Schreiben vom 17. d. schon bestellt, auch sind acht Lectionen des erstern schon gestern angekommen, wie denn auch bisher neun Hefte von Herrn Villemain; sodann sind die Vorlesungen über Antiquitäten (Archéologie) von Raoul-Rochette gemeint; daß der Name Royer-Collard falsch seyn müsse, werden Sie selbst bemerkt haben.

Der ich mich zu geneigtem Andenken und meine ferneren Bestellungen zu gefälliger Besorgung bestens empfehle.

Weimar den 30. Juni 1828.


44/147.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Aus den übersendeten Tagebüchern ersehe, wovon ich auch ohne dieß schon überzeugt war, daß alles in unserem Geschäft auf das beste seinen Gang geht.[164] Auch wird sich der gute Bibliothekar bey seiner Rückkehr aus der weiten Welt mit Vergnügen in den alten Sälen wiederfinden.

An Rentamtmann Lange ergeht zugleich die Verordnung, Ihnen und Comptern die rückständige Zulage auszuzahlen.

Für das übersendete Buch folgt anbey der Schein und werde mir bey dessen nächster Rücksendung die übrigen Werke des genannten Mannes erbitten.

Weimar den 2. Juli 1828.


44/148.


An Friedrich Jacob Soret

Sie haben mir, mein Werthester, durch die Abschrift eines Gedichtes das unläugbarste Zeugniß gegeben, daß Frau v. Bechtolsheim fortfährt, sowohl in geselliger als poetischer Anmuth sich musterhaft zu beweisen. Sagen Sie von mir die freundlichsten Grüße zu Erinnerung schöner jugendlicher Tage.

Dagegen will ich mich auch mit einer Abschrift legitimiren, woraus Sie ersehen werden, wie Herr De Candolle zwey Schulen einander gegenüberstellt und die beiderseitige Methode vereinigen zu wollen den Vorsatz ausspricht. Inwiefern wir also hievon den Anlaß nehmen, uns ihm zu nähern und uns nach seiner Weise auszudrücken, so haben wir auf alle Fälle gewonnen.

[165] Den alten Joachim Jungius, dessen seltene Schriften, auf die er uns hinweis't, sich auf der jenaischen Bibliothek glücklicherweise befinden, studir ich sehr ernsthaft, um zu erfahren was ich mit diesem grauen Vorgänger gemein habe; bisher war er mir unbekannt geblieben.

Über diese Dinge zu Franzosen zu sprechen wird jetzt um soviel leichter als vor Jahren, da gerade gegenwärtig Herr Cousin, von der deutschen Schule ausgehend, die Hauptfragen, die einer jeden Methode zum Grunde liegen, auf eine faßliche Weise zuerörtern bemüht ist. Es ist das alte, sich immer erneuernde, mit einander streitende, sich unbewußt immer helfende, in Theorie und Praxis unentbehrliche analytische und synthetische Wechselwirken; dessen vollkommenes Gleichgewicht immer gefordert und nicht erreicht wird.

Gedenken Sie mein bey Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin und bemerken bescheidentlichst daß Dr. Sulpiz Boisserée eilig und ängstlich nach Höchst Ihro Befinden sich erkundigt und mich beschworen, ihm baldigste Nachricht zu ertheilen.

Ihro Königlichen Hoheiten dem Herrn Landgrafen Christian von Darmstadt so wie dem Herrn Herzog Bernhard von Weimar bitte auch mein Andenken geziemend zu erneuern.

Aufrichtig dankend für jede Mittheilung und für die guten Nachrichten von Freunden und Angehörigen. Ihrem lieben Erbprinzen von mir und meinen Knaben[166] die besten Empfehlungen; lassen Sie mich ja nicht ohne Kenntniß von dortigen Zuständen.

treulichst

Weimar den 2. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


44/149.


An Friedrich Theodor von Müller

Da diese mir mitgetheilten Stellen sich zugleich auf mich beziehen, so habe ich darüber gewissermaßen kein ganz reines Urtheil. Da indessen die gemeldeten Ereignisse und persönlichen Bezüge von großer Bedeutung in dem Leben unseres Fürsten sind, so dürfte man sie freylich nicht übergehen. Wenn nun ferner der Aufsatz nur als literarisch-officiell zu betrachten ist, möchte wohl auch deshalb die Einschaltung für zulässig geachtet werden.

Was den Vortrag betrifft, wüßte nichts zu erinnern.

gehorsamst

Weimar den 4. Juli 1828.

J.W. v. Goethe.


44/150.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn C. G. Börner, Mahler und Kunsthändler in Leipzig, nachstehende zwey Summen gefällig auszahlen zu lassen, und zwar den Betrag[167]

von Achtunddreyßig Thaler 12 gr.

und Einundvierzig Thaler 20 gr.,

jede Summe gegen besondere Quittung, wie man sich denn auch besondere Rechnungen erbittet. Erstattung erfolgt alsobald.

Weimar den 4. Juli 1828.


44/151.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 5. Juli 1828.

Da nichts natürlicher ist, als in einem traurig-bedrängten Zustande nach alten geprüften Freunden sich umzusehen, so wirst du es freundlich aufnehmen, wenn ich mich für Montag Mittag bey dir einlade, das Andenken unseres Verehrten im stillsten Familienkreise zu feyern.

G.


44/152.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey drey Blätter: A., B. und C.

A) Die von mir ausgewählten Kupferstiche nach den Nummern und Preisen wie solche auf den Blättern standen. Ingleichen Zeichnungen welche auf Ihrem Verzeichniß C roth angestrichen sind.

[168] B) Kupferstiche. Auswahl eines andern Liebhabers, gleichfalls numerirt mit hinzugefügten Preisen; ferner Zeichnungen, auf Ihrem Verzeichniß mit ∨ vorgehakt.

C) Das Verzeichniß selbst, worauf die zurückzusendenden mit Bleistiftpuncten (.) bezeichnet und nach diesen vor dem Absenden revidirt worden, so daß alles wohl in Ordnung seyn wird.

Die Rechnung A beträgt 38 Thlr. 12 Gr. – Pf.

Die Rechnung B beträgt 41 Thlr. 20 Gr. – Pf.

Den Betrag beider werden Sie durch Herrn Banquier Elkan erhalten und zwar gegen abgesonderte Quittungen.

Die übrigen Kupferstiche und Zeichnungen folgen mit der fahrenden Post.

ergebenst

Weimar den 5. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


44/153.


An Bernhard Rudolf Abeken

[Concept.]

[5. Juli 1828.]

Ew. Wohlgeboren

sollen mir heute um 2 Uhr zu einem stillen freundschaftlichsten Mittagsessen sowohl als Ihr werther Neffe herzlich willkommen seyn.[169]


44/154.


An Sulpiz Boisserée

Diese Zeit her, mein Theuerster, war ich um Sie gar sehr besorgt, da ich aus Ihrem Schweigen und sonstigen Umständen vermuthen mußte, daß Sie in dem wichtigen Augenblicke Ihres Lebens durch krankhaften Anfall gehindert seyen, einen so lange und wohlgefaßten Vorsatz auszuführen. Dabey dachte ich freylich nicht, daß Sie mich zunächst wegen so großen Unheils bedauern würden.

Das Unerträgliche, das man so lange fürchtet, ja voraussieht, wird nicht erträglicher dadurch, daß es in die Wirklichkeit hereintritt; es übt alsdann erst seine eigentliche ganze Gewalt aus.

Viele Tausende sind in dem gegenwärtigen Falle schmerzlich berührt; ein jeder leidet auf seine Weise, und jeder sucht sich nach Art und Verhältniß zu fassen und herzustellen.

Die Frau Großherzogin blieb auch dießmal sich selbst gleich; ihr Schmerz war jedoch desto empfindlicher, als sie in den letzten Jahren die feste Hoffnung gehegt hatte, sie werde vor ihm hingehen.

Die jungen Herrschaften mit Prinzeß Auguste reis'ten nach Petersburg, die Frau Großherzogin mit Prinz Alexander nach Wilhelmsthal, der Großherzog war nach Berlin gegangen, um entseelt, mit allen[170] fürstlichen und militärischen Ehren, in das verödete Weimar zurückgebracht zu werden, wo nun die oberen Behörden mit einer würdigen Bestattung beschäftigt sind, die durch manche zweifelhafte Umstände verzögert wird.

Die dem edlen Fürsten wahrhaft angehörigen Hinterbliebenen kennen nun keine weitere Pflicht noch Hoffnung, als seinen herrlichen, in's Allgemeine gehenden Zwecken auch ferner nachzuleben, wozu ihnen der Charakter, die Gesinnung der neu antretenden Gebieter eine ermunternde Aussicht darbietet.

Alles diese Unerwartete mit seinen Folgen mußte der brave Stieler erleben und erdulden. Glücklicherweise für sein Geschäft war das unternommene Bild vollkommen untermahlt, als das Unheil über uns hereinbrach. So wurde denn auch das Ausmahlen durch die Exaltation, in die uns jede Leidenschaft versetzt, auf eine sonderbare Weise begünstigt, und sowohl diese als auch einige andere von ihm aufgestellten Arbeiten erschienen wie lichte Puncte den trauernden Beschauern. Es gereicht uns dieses zu desto größerer Zufriedenheit, als wir dem hohen Auftragenden einen glücklichen Erfolg dieses Geschäftes vor Augen gestellt wünschten.

Und so muß sich das fortschreitende Leben zwischen das scheidende einschlingen, um das Gewebe des wechselnden Weltwesens der ewigen Nothwendigkeit gemäß fortzuwirken.

[171] Möge ich nun aber von Ihren Zuständen etwas Tröstliches erfahren.

treu verbunden

Weimar den 6. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


Auszug aus einem Schreiben des Herrn Hofrath Soret, Wilhelmsthal den 4. Juli 1828:

S. A. R. Vous prie aussi d'écrire á Monsieur de Boisserée: qu'Elle a été fort sensible á son souvenir, comme á la part qu'il prend au deuil général.


44/155.


An John Cam Hobhouse

[Concept.]

Mein Herr!

Bey der Subscription für Lord Byrons Denkmal bitte mich für

Zwanzig Pfund

zu unterzeichnen, wozu ich mich schon vormals verpflichtet.

Der ich die Ehre habe, mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 6. Juli 1828.


44/156.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit, mir den Namen des Herrn Directors der Batavischen Genossenschaft für Wissenschaft[172] und Künste zukommen zu lassen; er ist Ehrenmitglied unserer Mineralogischen Gesellschaft, hat sich aber in einem Danksagungsbriefe an mich so undeutlich unterschrieben, daß ich den Namen nicht zu entziffern vermag. Überbringer wird Ihre gefällige Antwort an mich befördern. In Hoffnung, Sie bald in Ihrem Heiligthum zu begrüßen.

ergebenst

Dornburg den 10. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


44/157.


An Friedrich Jacob Soret

Aus meiner Dornburger Einsamkeit wende ich mich an Sie, mein Theuerster, da ich doch manches zu berichten habe.

Bey dem schmerzlichen Zustand des Inneren mußte ich wenigstens meine äußern Sinne schonen und begab mich nach Dornburg, um jenen düstern Functionen zu entgehen, wodurch man, wie billig und schicklich, der Menge symbolisch darstellt was sie im Augenblick verloren hat und was sie dießmal gewiß auch in jedem Sinne mitempfindet.

Herr v. Spiegel hat mir, in anhoffender Genehmigung Ihro Königlichen Hoheit, einige Zimmer in dem Schlößchen vergönnt, wo die ganze Umgebung auf ein äußeres behagliches und vollkommen anmuthiges Daseyn deutet und für den augenblick das[173] Gefühl gibt, daß eigentlich keine Trauer in der Welt seyn sollte.

Hier liegen die Weinberge vor meinem Fenster, die unser Fürst noch vor drey Jahren anlegte und deren Früchte, wie von so manchem andern Gepflanzten, die Nachkommenschaft genießen wird.

In dieser absoluten Einsamkeit nun gelang es mir, die zwey Bände der Organographie des Herrn De Candolle mit stetiger Aufmerksamkeit durchzulesen, die Tafeln mit dem Text zu vergleichen, dabey aber unser Vornehmen immer im Auge zu behalten. Nun sag ich mit Vergnügen, besonders auch zu Ihrer Aufmunterung zu der in den Händen habenden Arbeit: daß dieses Werk zu unsern Zwecken höchst förderlich ist und daß es uns den besten Anlaß gibt, jene zwey wichtigen Vorstellungsweisen bey Behandlung der Natur in ein glückliches und faßliches Gleichgewicht zu bringen. De Candolle ist schon so weit vorgegangen daß kein Widerstreit irgend entstehen kann, nur hie und da wird eine Ausgleichung kleiner Differenzen nöthig, wie bey jeder Annäherung, und dieß wird alles diplomatisch, zierlich und galant zu bewirken seyn, ich will im Deutschen möglichst das Maaß zu halten suchen und die französische Übersetzung mag sodann unserm Vortrag die sicherste Vollendung geben.

Die Einleitung ist entworfen, ja gewissermaßen geschrieben; nun wird sich aber auch eine Schlußrede[174] nöthig machen; jene würde das Allgemeine, diese das Besondere enthalten. Dabey dürfte, wie schon gesagt, nirgends von Differenz, sondern nur von Ausgleichung, nirgends von Gegensatz, sondern nur von Verständigung die Rede seyn.

Ich glaube durch Gegenwärtiges Ihren Muth zu Fortsetzung des Begonnenen insofern es nöthig wäre gestärkt zu habe. Da Sie sich früher so manche Vorkenntnisse auch in diesem Fach erworben, so ist Ihnen hierin nichts fremd und es wird gewiß sehr angenehm seyn, dieser Wissenschaft sich wieder in einem bedeutenden Augenblicke zu ergeben, wo wir hoffen dürfen, weit mehr und kräftiger zu wirken als wir uns früher vorsetzen und überreden durften.

Auch werden uns diese würdige und weit ausdeutende Gegenstände zu einer lebendigen Unterhaltung dienen, die Belvederischen Schätze werden uns durchaus die erwünschtesten Beyspiele liefern und wir dürfen uns diesen Betrachtungen um so freudiger hingeben, als wir dabey die hohen Absichten und Zwecke unsres verewigten Gönners immer im Auge behalten und bey unsern Bemühungen zugleich sein Andenken zu feyern berufen sind.

Gegenwärtig seh ich in meiner Abgeschiedenheit nur erst recht dem wünschenswerthen Glück entgegen, mich in Ihrer Gesellschaft auch der botanischen Werke unsrer Bibliothek zu erfreuen; wir sind alsdann wohl im Stande, uns die sämmtlichen von De Candolle[175] citirten Tafeln in den verschiedensten und wichtigsten Büchern vor Augen zu stellen und uns im Sinne dieses werthen Mannes vollkommen zu unterrichten.

Hier will ich abschließen mit Bitte, mich Ihro Königlichen Hoheit, aller hohen und werthen Umgebung auf's beste zu empfehlen, einigermaßen, wie ich wohl bekennen will, müde von allen den Anstrengungen die ich mir gab mich diesen Tag zu zerstreuen.

treu gesinnt wie bekannt

Dornburg den 10. Juli Abends 1828.

Goethe.


44/158.


An August von Goethe

Dornburg den 10. Juli 1828.

Dieses Blatt beginne ich bey Zeiten, damit du solches nächsten Sonnabend in Händen habest, und sage dir daß ich mich ganz wohl befinde, welches du auch unserm werthen Hofrath Vogel vermelden wirst. In jeder Stunde wird mir der hiesige Aufenthalt gewohnter und angenehmer; ich bewohne das Eckzimmer des alten Schlößchen nach Süden und habe die vorliegenden Zimmer zu meinem sonstigen Gebrauche eingerichtet. Die Inspectorin besorgt mir den Caffee, auch etwas Essen; den Wein laß ich mir von Götzen kommen, der immer ein gutes Glas in Bereitschaft hält. Und so brauchst du um mich weiter[176] keine Sorge zu haben, da ich auf jeden Fall alles Wünschenswerthe von Jena erhalten kann.

Die hohen Räume sind kühl an und für sich, bey hohem Barometerstande wehte hier ein stürmischer Ostwind, heute, bey'm gesunkenen, ein frischer Westwind. Von der Hitze hab ich nicht gelitten.

In dieser Einsamkeit geht eine bedenkliche Arbeit gut von statten, was ich nämlich zu Herrn Sorets Übersetzung meiner Metamorphose zu liefern habe; und so wollen wir das Weitere abwarten, ohne Vorsatz und vorgreifende Bestimmung.

Eins aber muß ich dir melden, daß, da nach der letzten Grabung der Cölestin auszugehen oder allzu schwer zu gewinnen schien, ein armer Teufel an einer andern Stelle dieses merkwürdige Mineral wieder anstehend vorfand und einen schweren Abraum mit viel Verstand und Geschick wegzuheben wußte. Er soll viel davon verschickt haben; man brachte mir einige Stücke herauf, zwar klein, aber charakteristisch und gar hübsch. Ich will mit ihm reden, auch wohl den Bruch selbst besuchen; ich kann ihn von meinem Fenster überschauen, er zeigt sich gleich unterwärts über der Ziegelhütte, wenn du dich deren erinnerst; vielleicht gewinnen wir einige bedeutende Stücke.

Wenn dir dieses, wie ich hoffe, Sonnabend zu Handen kommt, so packe alles zusammen was einigermaßen transportabel an mich angekommen ist und send es an Dr. Weller, so kann es Sonntag früh[177] bey mir seyn. Melde sonstiges, grüße alles; wenn Ulrike und die Kinder schreiben wollen, so soll es mir lieb seyn. Gar schön wär es, wenn erstgenanntes Dämchen ein Tagebuch schreiben wollte, dagegen auch Nachricht von meinen Zuständen nicht ausbleiben würde.

treulichst

G.


Sorge doch auch daß es unsern jungen Palmenpflanzen nicht an Wasser fehle.


44/159.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Dornburg den 10. Juli 1828.

In der Einsamkeit des Dornburger Schlößchens, wo es an Wärme und Wind nicht fehlt, wend ich meine Gedanken zu Ihnen und zu Ihren ruhigen Bücher-Sälen. Aus Ihren Schätzen wünsche ich mir nun das zweyte Exemplar von Jungius, nebst einigem von seinen sonstigen Schriften, in der Reihe wie sie Compter verzeichnet hat. Sodann die neuste Ausgabe von Hofrath Voigts Botanik, welche, zu Jena gedruckt, auch bey Ihnen zu finden seyn wird. Fügen Sie meine Naturwissenschaftlichen und Morphologischen Hefte hinzu, so wüßte ich gegenwärtig weiter nichts zu wünschen.

[178] Mögen Sie einmal einen Ritt oder Fahrt heraus versuchen, so sind Sie schönstens willkommen; nur wird Ihnen einen Semmel und ein Glas Wein genügen, Schmalhans ist Küchenmeister und man muß ihm nichts zumuthen, wenn man ihn nicht zur Verzweiflung bringen will.

Die Aussicht hier oben ist herrlich und heiter, der Aufenthalt deutet auf ein fröhliches Leben, das sich jetzt bey mir auf einem schwarz-grauen Grunde wünschend.

treulichst

Goethe.


Nachschrift.

Beykommendes Schreiben an meinen Sohn bitte mit den Boten Freytag Abend abzusenden; was er dagegen schickt senden Sie mir Sonntag früh auf irgend eine Weise.

Den Brief an Zelter übergeben Sie der Post und erlauben daß ich bey sonstigen Vorkommnissen mich an Sie wende.

Mit den besten Wünschen

G.


44/160.


An Carl Friedrich Zelter

Dornburg den 10. Juli 1828.

Bey dem schmerzlichsten Zustand des Innern mußte ich wenigstens meine äußern Sinne schonen und ich[179] begab mich nach Dornburg, um jenen düstern Functionen zu entgehen, wodurch man, wie billig und schicklich, der Menge symbolisch darstellt was sie im Augenblick verloren hat und was sie dießmal gewiß auch in jedem Sinne mitempfindet.

Ich weiß nicht ob Dornburg dir bekannt ist; es ist ein Städchen auf der Höhe im Saalhale unter Jena, vor welchem eine Reihe von Schlössern und Schlößchen gerade am Absturz des Kalkflötzgebirges zu den verschiedensten Zeiten erbaut ist; anmuthige Gärten ziehen sich an Lusthäusern her; ich bewohne das alte neuaufgeputzte Schlößchen am südlichsten Ende. Die Aussicht ist herrlich und fröhlich, die Blumen blühen in den wohlunterhaltenen Gärten, die Traubengeländer sind reichlich behangen, und unter meinem Fenster seh ich einen wohlgediehenen Weinberg, den der Verblichene auf dem ödesten Abhang noch vor drey Jahren anlegen ließ und an dessen Ergrünung er sich die letzten Pfingsttage noch zu erfreuen die Lust hatte. Von den andern Seiten sind die Rosenlauben bis zum Feenhaften geschmückt und die Malven und was nicht alles blühend und bunt, und mir erscheint das alles in erhöhteren Farben wie der Regenbogen auf schwarz-grauem Grunde.

Seit funfzig Jahren hab ich an dieser Stätte mich mehrmals mit ihm des Lebens gefreut und ich könnte dießmal an keinem Orte verweilen, wo seine Thätigkeit auffallender anmuthig vor die Sinne tritt. Das[180] Ältere erhalten und aufgeschmückt, das Neuerworbene (eben das Schlößchen, das ich bewohne, ehemals ein Privat-Eigenthum) mäßig und schicklich eingerichtet, durch anmuthige Berggänge und Terrassen mit den frühern Schloßgärten verbunden, für eine zahlreiche Hofhaltung, wenn sie keine übertriebene Forderungen macht, geräumig und genügend, und was der Gärtner ohne Pedanterie und Ängstlichkeit zu leisten verpflichtet ist, alles vollkommen, Anlage wie Flor.

Und wie es ist wird es bestehen, da die jüngere Herrschaft das Gefühl des Guten und Schicklichen dieser Zustände gleichfalls in sich trägt und es mehrere Jahre bey längerem und kürzerem Aufenthalt bewährt hat. Dieß ist denn doch auch ein angenehmes Gefühl, daß ein Scheidender den Hinterbliebenen irgend einen Faden in die Hand gibt woran ferner fortzuschreiten wär.

Und so will ich denn an diesem mir verliehenen Symbol halten und verweilen.

Damit du aber wissest, wie dein Freund auf einem luftigen Schloß, von wo er ein hübsches Thal mit flachen Wiesen, steigenden Äckern und einer bis an die unzugänglichen steilen Waldränder sich erstreckenden Vegetation übersieht, wie er daselbst diese langen Tage von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zubringt, will ich dir vertrauen: daß ich schon seit einiger Zeit vom Auslande her die Naturwissenschaften wieder aufzunehmen angeregt bin. Das liebe Deutschland hat etwas ganz eigentlich Wunderliches in seiner Art; ich[181] habe redlich aufgepaßt, ob bey denen nun seit drey Jahren eingeleiteten und durchgeführten naturwissenschaftlichen Zusammenkünften mich auch nur etwas berühre, anrühre, anrege, mich, der ich seit funfzig Jahren leidenschaftlich den Naturbetrachtungen ergeben bin; es ist mir aber, außer gewissen Einzelheiten, die mir aber eigentlich doch auch nur Kenntniß gaben, nichts zu Theil geworden, keine neue Forderung ist an mich gelangt, keine neue Gabe ward mir angeboten; ich mußte daher die Interessen zum Capital schlagen und will nun sehen, wie das Summa Summarum im Auslande fruchtet. Verschweige das löblich, denn ich erinnere mich so eben daß bey euch die Wissenschaft sich abermals in großer Breite versammelt.

Allem Guten befohlen.

G.


44/161.


An Johann Georg Paul Goetze

Dornburg den 10. Juli 1828.

Da in dem übrigens ganz anmuthigen Schlößchen kein wohlversorgter Keller vorhanden ist, ich auch keinen in der Nähe weiß als den deinigen, so ersuche ich dich, mich während meines hiesigen Aufenthalts mit Wein zu versorgen und mir vorerst durch Überbringer sechs Flaschen zu übersenden, auch von Zeit zu Zeit damit fortzufahren. Ich wünsche einen leichten reinen Würzburger und werde solchen nach abgeschlossener[182] Wallfahrt auf irgend eine Weise dankbar ersetzen. Willst du eine Flasche echten Steinwein hinzufügen, so soll auch der willkommen seyn.

Machst du einmal einen Ritt herüber und wirst dich mit einem Glase Wein und einer Semmel begnügen, so bist du willkommen. Schmalhans ist Küchenmeister und von ihm nichts zu erwarten, deshalb denn auch eine echte jenaische Cervelatwurst, wenn du solche dem Überbringer mitgäbest, sehr angenehm seyn würde.

Weiter weiß ich für dießmal nichts zu sagen; innerlich gestimmt wie der Rand des Briefes aussieht, äußerlich den Zuständen mich fügend und zugleich die schönen hohen Zwecke unseres Verewigten, so lang ich lebe, wie jeder Getreue vor Augen behaltend.

Der Alte Bekannte

J.W. v. Goethe.


44/162.


An August von Goethe

Aus einem Briefe, den ich schon gestern nach Jena sandte und welchen dein Bote dort abholt, wirst du ersehen daß ich in deinem Sinne den Entschluß gefaßt habe, länger hier zu bleiben. Ich finde hier alles was ich mir längst gewünscht habe, besonders da essich mit dem Essen gut anläßt, wofür der Inspector Sorge trägt. Ich werde meinen Wein von Götzen[183] nehmen, dem man solchen am Ende im Ganzen wieder erstattet. Auch kann ich sonst alles leicht von Jena haben.

Sende nur alles an Weller, die Woche zweymal durch die Boten; er weiß es schon herauszuschaffen, bringt es auch wohl selbst. Er ist gestern schon da gewesen.

Sende vorerst funfzig Thaler an ihn, damit werde ich schon eine Weile ausreichen. Manches andere wird sich geben; so kann ich schon jetzt sagen daß ich in dieser kurzen Zeit mehr gethan habe als zu Hause in vier Wochen, man bleibt bey einer Sache und der Tag ist gränzenlos lang.

Danke Herrn Canzler für seine Mittheilung, bitte ihn fortzufahren, auch ihm schreibe ich nächstens. Ersuche ihn indessen, mir die Histoire de la Gréce par Rizo, welche er von Frau v. Pogwisch mitgenommen, durch dich zu senden. Gib inliegendes Zettelchen an Frau v. Pogwisch mit meinem Gruße.

Gleichfalls liegt ein Brief von Crefeld bey; kommen die angezeigten Petrefacten an oder sind sie schon angekommen, so kannst du nach dem Verzeichniß dich der Namen vergewissern und die Exemplare einrangiren; denke nach, was für Wünsche du allenfalls an ihn möchtest gebracht wissen.

Für jetzt sey dieß genug; ich schreibe von Zeit zu Zeit, thue das Gleiche, und wenn die Frauenzimmer Zeit finden, so sollen sie nicht versäumen, mich mit[184] freundlichen Worten heimzusuchen. Und hiemit der moralischen Weltordnung empfohlen.

Dornburg den 10. Juli 1828.

G.


44/163.


An August von Goethe

Ich will ein Blättchen vorbereiten, damit es bey irgend einer Gelegenheit abgehen könne, und vor allen Dingen sagen: daß die wohlwollenden Dämonen mich hieher gewiesen haben, weil ich alles was ich überhaupt wünschte und bedurfte, besonders aber in diesem traurigen Falle, vorfand, Zerstreuung der äußeren Sinne, Langeweile und also Sammlung des Innern, Tagesbreite genug, um sich dem Einzelnen zu widmen. Ohne dieses seltsame Zusammentreffen seh ich jetzt recht gut, daß mein botanisches Geschäft mit Soret eigentlich ein leichtsinniges Unternehmen gewesen wäre.

Wegen der Cölestine zeigt sich keine vergnügliche Aussicht. Man bringt mir sie zu Viertels-Centnern, aber kleine Stücke. Die guten Leute sind in Verzweiflung, daß ihnen die schönsten Tafeln, wie sie solche nach Hause tragen, in Stücke zerfallen; ich für mich glaube daß, wenn man diese Lagen an Ort und Stelle solidesciren und in sich festwerden ließe, man gar manches schöne Stück gewinnen könnte.

Indessen will ich, da du das Viele nicht verachtest, die ganze Masse, wie sie vor mir liegt, sortiren, die[185] Stücklein einpacken und mitbringen. Es sind auf alle Fälle dreyerlei, einen Zoll breite, sehr löblich crystallisirt, diese hangen gar nicht zusammen; von da geht es in's Schmälere hinab, und von der Mittelsorte hab ich dem Apotheker ein Stück früheren Bruches abgekauft, das, unregelmäßig gestaltet, immer für einen Quadratfuß gelten kann. Bringen wir es glücklich nach Hause, so dient es zu größter Zierde unserer Sammlung; bricht es (denn es zeigt sich an der Seite schon ein Stich), so werden die Theile auch schon nach etwas aussehen.

Vor allem aber nun hast du, mein Guter, Hern v. Spiegel verpflichteten Dank zu sagen für die Vergünstigung dieses Asyls, wo ich mich besser als ich hoffen durfte befinde; ich wünsche daß es ihm nicht zuwider sey, wenn ich länger hier verweile; denn ich wüßte wirklich nicht, wo ich mich im Lande hinwenden sollte. Es ist ein früherer Gedanke bey mir rege geworden, nach Freyberg zu gehen und [mich] dort in dem eingeschränkten Bergkreise den anorganischen Studien wieder einmal ausschließlich zu widmen, welches denn ganz heilsam seyn würde; aber es führt mich in diesem Sinne zu weit von der Bahn ab die ich zu verfolgen habe. Der Tag mag den Tag belehren.

Gaudeat ingrediens, laetetur et aede recedens,

His qui praetereunt det bona cuncta Deus. 1608.

So lies't man die Inschrift über dem Eingang des Schlößchens das ich bewohne; die Thürgewände, Gesimschen[186] und Bedachtung sind im Geschmack jener Zeit architektonisch und plastisch errichtet und vielfach verziert. Es ist verständig und wohlgedacht, daß der alte Besitzer sich gegen alle und jene freundlich erweisen wollte; deute man immer auf Glück hin, das Unheil kommt ungerufen.

Abgeschlossen mit den treusten Wünschen den 11. Juli Morgens.

G.


So eben erfahre daß Herr Geh. Cammerrath Kruse hier ist, welchem Gegenwärtiges mitgebe.


44/164.


An Ottilie von Goethe

Hätte ich erfahren können daß du in Jena verweiltest, so würde ich mich nicht enthalten haben, dir dort zu begegnen; vielleicht mag es aber besser seyn sich später zu sehen; denn, genau betrachtet, ist man doch aus allem Geschick, und weil man noch lebt, so glaubt man auch zu seyn. Daher ist es wohl rathsam, sich erst in folgenden Tagen wiederzufinden, wo man sich in den neuen Zustand eingewöhnt und einigermaßen eine Stelle wieder eingenommen hat.

Um deinet- und unsertwillen ist mir gar angenehm zu hören daß du die Kinder und was dich zunächst berührt gesund und froh wieder gefunden hast, auch daß du dich selbst in einem leidlichen Zustand den[187] Freunden darstellst, dessen ich guten Erfolg wünschen und hoffen darf.

Ich habe mich hier wieder an die alten botanischen Studien begeben; der Aufenthalt ist gar angenehm, der Spaziergang auf den Terrassen mannichfaltig und erheiternd, besonders aber behaglich, daß man vor'm Westwind geschützt ist, deshalb man denn sobald es zu regnen aufhört alsogleich umher wandeln kann.

Da der Inspector meinen Tisch freundlich besorgt, so ist es damit auf's beste bestellt. Eine gute Küche hier oben auf der Felsenecke wäre nicht erklärlich, hätten diese guten Leute nicht früher eine Art von Wirthschaft gehalten, die sie aber später, weil es nicht zum Vortheil gereichte, wieder aufgegeben haben. Ich genieße indessen der Nachfrüchte und kann damit wohl zufrieden seyn; auch waren die Artischocken recht willkommen.

Unsere Communication gehe fernerhin über Jena, wenn sich nicht eine directe Gelegenheit findet; die mitkommenden Hefte Kunst und Alterthum werden nach den Unterschriften ausgetheilt, und so schließ ich denn mit günstigen Dingen, dir das Gleiche wünschend; es möge manches zusmmentreffen, dich im Leben zu fördern und deine Tage zu erheitern.

treu angehörig

Dornburg den 11. Juli 1828.

Goethe.[188]


44/165.


An Friedrich Theodor von Müller

[11. Juli 1828.]

Gaudeat ingrediens, laetetur et aede recedens,

His qui praetereunt det bona cuncta Deus. 1608.

So lautet die Inschrift über dem Eingang des Schlößchens, dessen Zimmer nach Süden ich bewohne; die Thürgewände, das Simschen und Giebelchen sind im Geschmack jener Zeit architektonisch und plastisch errichtet und vielfach verziert. Und so wollen wir denn den alten Besitzer loben, daß er sich gegen alle Herannahende für ewige Zeiten freundlich und wohlwollend erweisen mochte; deute man immer auf das Glück hin, das Unheil kommt ungerufen. Ew. Gnaden habe den aufrichtigsten Dank zu sagen für die mitgetheilten Nachrichten der so würdig vollendeten Trauerfeyer, nicht weniger für die höchst willkommenen, obgleich vorherzusehenden Äußerungen unserer höchsten Erwarteten.

Der Aufenthalt hier auf der Höhe ist höchst erquicklich; die Anlage der Terrassen kann man labyrinthisch nennen, auch mache ich dieser Tage her immer neue Entdeckungen.

Da ich so weit bin, besucht mich der gute Töpfer und bringt mir umständliche erfreuliche Nachrichten von der würdigen Bestattung des edlen Geschiedenen und von dem Wohlbefinden der guten Zurückgelassenen.[189] Nun bedenke ich vor allen Dingen, was ich allenfalls mit dieser Gelegenheit bringen kann, und sehe vorerst das Exemplar von Kunst und Alterthum, welches, froh begonnen, Ihnen den heitersten Beytrag verdankt und nunmehr traurig abgeschlossen wird.

Dankbar verpflichtet mit angelegentlicher Bitte, mich manchmal durch Nachricht von erwünschten Vorfällen zu erfreuen.

J. W. v. Goethe.


Nachschriftlich bitte baldmöglichst um einige Exemplare des schönen biographischen Aufsatzes, den Sie unsrem Verewigten gewidmet haben. An Zelter bitte von Weimar aus einige Exemplare zu senden. Grüßen Sie unsere gute Julie schönstens; leider weiß ich zu ihrer Beruhigung nichts zu sagen. Sie erfährt nun, wie es einem armen Autor zu Muthe ist, der sich unzulänglich übersetzt sieht.


44/166.


An August von Goethe

Die funfzig Thaler sächsisch sind mir durch unsern guten Weller sogleich eingehändigt worden; mit mir steht es übrigens hier ganz gut; ich erweitere meine Vorsätze, den hiesigen Aufenthalt betreffend, bis zum nächsten Sonntag; laß mich indessen wissen was du für convenient hältst; ich würde alsdann sachte nach Jena hinaufrücken, um doch alles auch einmal mit[190] eigenen Augen wieder durchzusehen, und wir könnten da gar wohl zusammentreffen.

Befördere die mitkommenden Paquete auf die Post, das Schreiben an Soret nach Wilhelmsthal und besorge was ich sonst noch unten melden werde.

Die atmosphärischen Phänomene sind freylich hier eigener herrlicher Art. Gestern früh um 5 Uhr ein alles umhüllender Nebel, nach und nach sich senkend, vertheilend, verschwindend. Gegen Abend von Süden herab ein breit heranziehendes Regenwetter, das zur allgemeinen Erquickung, ohne Gewaltsamkeit, kräftig niederging. Es ist euch wohl auch zu Theil geworden. Heute wechselnde Wolkenzüge, Streifregen und besonders ein leichter Tropfenguß, der, kurz vor Sonnenuntergang, mit einen doppelten Regenbogen bis nah an's alte Schlößchen und in den Weinbergen aufstehend heranbrachte, in einer Vollkommenheit, wie ihn Theorie und Praxis nur wünschen kann. Der dunkelgraue Streif zwischen beiden farbigen Bogen war entschieden, so wie die Klarheit unterhalb. Die Natur widerspricht ihren Freunden zu keiner Zeit.

Dr. Weller hat mir Frau, Schwester und Knaben producirt, der letztere ist wünschenswerth für sich und andere; heiterer und in der Welt mehr zu Hause kann man sich nicht leicht ein Kind von 3/4 Jahren denken.

Hofgärtner Baumann brachte mir den Kostenanschlag, gefertigt vom Amts-Maurermeister Mäder zu Frauenprießnitz, für die vorgeschlagene Terrasse[191] hinter dem Gärtnerhause zu Jena; er beträgt nicht weniger als 643 Thaler, und wenn es auch der jenaische Maurermeister Timmler wohlfeiler auszuführen sich erböte, so sieht man doch, daß man dieses Unternehmen werde ajourniren müssen, besonders da uns ja noch die böse Reparatur des Gewächshauses bevorsteht, welche auch sich auf einige hundert Thaler belaufen wird. Ich habe durch unmittelbares Anschauen bey meinem letzten Aufenthalt überhaupt andere Gedanken in Bezug auf dieses Vorhaben gefaßt, die wir bey nächster Zusammenkunft an Ort und Stelle besprechen können.

Um Ottiliens hülfreiche Gesinnungen eiliger zu fördern, sende ich den Wagen und wünsche dagegen in Rückfracht:

6 Flaschen Kreuzbrunnen,

8 Flaschen Tischwein,

2 Flaschen Steinwein.

Denn es mag seyn wie ihm will, ich finde keinen besseren. Ferner erbitte mir:

Schwarzgerändertes Papier in 4° und 8°,

Einige Stangen schwarz Siegellack.

Sodann gib mir auch einige Nachricht vom unteren Garten, ob dein Saal eingerichtet ist, auch wie sich meine Kürbisse und Malven befinden.

Wenn du das Kästchen worin die Cölestine mitkommen eröffnest und auspackst, so verbrenne die Papiere womit sie umwickelt sind. Verschiedenes darauf[192] Geschriebenes darf nicht umherfahren. Weiter wüßte ich nichts zu sagen; das übrige Mitgesendete erklärt sich von selbst.

Und so fort an.

Weimar [Dornburg] den 14. Juli 1828.

G.


44/167.


An Friedrich Jacob Soret

Schloß Dornburg den 14. Juli 1828.

Zuvörderst also, mein Theuerster, zu Beantwortung Ihrer Anfrage:

Staub-Beutel. L'anthére (anthera) est une sorte de bourse portée par le filet, et qui renferme une poussiére qu'on nomme pollen. Comme le pollen renferme lui-m(me la matiére fécondante, et qu'il est par-conséquent la partie essentielle de l'organe, l'anthére qui le protége et le nourrit, est aussi un organe fort important. De Candolle Organogr. T. I. p. 460.

So weit mit den Worten des Meisters; Sie werden das Werk mit dem größten Vergnügen lesen, wenn Sie sich durch mein abstractes Büchlein durchgearbeitet haben, und sich alsdann gar bald die Wege in's ganze vegetabilische Reich heiter geöffnet sehen.

Der zweyte fragliche Ausdruck: Agrumen ist von mir aus dem Italiänischen herüber genommen worden. Man bezeichnet hiemit die ganze Sippschaft der Citronen, Pomeranzen u.s.w. und hat dadurch[193] den Vortheil, sich eines leichter bezeichnenden Ausdrucks aus dem gewöhnlichen Leben in der Wissenschaft zu bedienen.


Nun aber nehm ich mir die Freyheit, Sie mit einem kleinen Auftrag zu beschweren, indem ich einen Brief beylege den ich aus dem Haag erhielt; die Unterschrift ist mir nicht wohl leserlich, vielleicht wüßten Ihro Königliche Hoheit der Herzog Bernhard mich hierüber aufzuklären, nicht weniger mich über die Titulatur zu belehren, die man diesem Manne zu geben hat, welcher so freundlich eine längst erwartete Sendung an mich zu befördern geneigt ist. Bey welcher Gelegenheit ich dem verehrten Fürsten mich angelegentlichst zu empfehlen bitte.

Die freudliche Anfrage wegen des angekündigten Porträts kann ich leider nicht mit frohem Muthe beantworten. Ich habe die Zeichnung gesehen, ohne mich darüber freuen zu können. Wie es eine Verschönerungskunst gibt, welche Herr Stieler aus dem Grunde besitzt, so scheint eine andere Kunst in's Häßliche zu streben, und man würde sich über solche Parodien menschlicher Bildung nicht beruhigen, wenn man dem heiligen Nepomuk auf so mancher Brücke nicht auch in merkwürdiger Entstellung von jeher hätte begegnen müssen.

Frau Gräfin Henckel und Fräulein Ulrike sind, wie ich höre, gegenwärtig in Wilhelmsthal; sie werden[194] meinen und der Meinigen tief empfundenen Antheil an der Lage Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin wiederholt und aufrichtig ausdrücken. Möge Wilhelmsthal zu Milderung der allgemein lastenden Gefühle das Seinige beytragen.

Was mich betrifft, so find ich mich höchst glücklich, meinen Aufenthalt in Dornburg verlängern zu dürfen. Die den gegebenen Localitäten gemäß schicklich und glücklich angelegten Terrassen sind gegenwärtig so prächtig grün an Zweigen, bunt an Blumen als reinlich gehalten. Ich kam glücklicherweise noch in dem Augenblick, als die große Hitze die Herrlichkeit der Rosenlauben erst zu entblättern anfing.

Unser Geschäft halte ich immerfort, und zwar ganz ausschließlich, im Auge. Herrn De Candolle's Organographie und Herrn Hofrath Voigts Lehrbuch der Botanik, beide erst vor einem Jahr herausgegeben, dienen mir statt einer vollständigen Bibliothek, um die Stellung dieser Wissenschaft in Absicht sowohl des Erkennens als des Denkens, des Ordnens und des Meynens zu übersehen. Dadurch erheitert sich mir gar sehr der freye Blick über dieses gränzenlose Reich und ich finde mich auf mannichfaltige Weise gefördert.

Zu den erwünschten, kaum gewünschten tröstlichen Ereignissen habe ich denn auch zu rechnen daß Herr v. Beulwitz im Namen Ihro Hoheiten mir einen höchst verehrlichen Brief geschrieben, wodurch ich für ein[195] gnädigstes Andenken höchlich verpflichtet werde. Ich will suchen es möglich zu machen, daß eine schuldige Erwiderung unserm vortrefflichen Fürsten auf der Herreise begegne. Ich glaubte sonst immer daß mir Worte zur rechten Zeit nicht fehlen könnten, dießmal aber find ich daß gerade das tiefste Gefühl solcher äußern Hülfsmittel ermangelt.

Sey es mir daher fernerhin vergönnt, durch Sie, mein Theuerster, als durch einen Vermittler zu sprechen und Sie gegenwärtig abermals anzurufen, mich bey Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin zu gnädigstem Andenken zu empfehlen.

Sie sehen, mein Theuerster, aus diesem vollendeten Bogen daß wie gute Gesellschaft sprachlustig, die Einsamkeit schreibselig mache. Nehmen Sie alles Mitgetheilte freundlich auf, es ist durchaus wohlgemeynt, wenn auch der Ausdruck hie und da besser seyn könnte. Und somit zum Schluß die Bitte, bey unserm lieben hoffnungsvollen Herrn Erbgroßherzog meiner in allem Guten zu gedenken.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.


44/168.


An Ottilie von Goethe

Da wir, wenn es und schlecht geht, nichts Besseres thun können als etwas einzuleiten was guten Menschen nützlich ist, so erhältst du hier ein Schreiben das ich[196] gestellt habe, wie es der Augenblick geben wollte, und aus mancherlei Ursachen offen sende. Du wirst daraus ersehen daß ich gerade in dem Fall bin, dem batavischen Freunde für eine Sendung zu danken, die nächstens in meinen Händen seyn wird, worauf ich denn durch den Minister der Marine und Colonien nochmals antworten und meine Empfehlung des guten Melos verdoppeln will. In meinem Schreiben setze man den Vornamen des jungen Mannes hinzu und melde mir ihn.

Die Carlsbader Steine haben mir das Vergnügen gegeben zu bemerken, daß die von mir mit soviel Mühe und Kosten gegründete Kenntniß dortiger Mineralien immerfort gehegt und sogar bis in's Einzelnste durchgeführt wird.

Heute sage weiter nicht als: mir geht es auf dem alten Schlößchen noch wohl genug, ferner hoffe ich daß hinter der Donna di Maneggio immerhin eine liebende liebenswürdige Tochter verborgen bleibe.

treulichst

Schloß Dornburg den 14. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


44/169.


An van de Vienne

[Concept.]

In dem Augenblicke, da unser trefflicher Fürst und Herr, Carl August, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach,[197] welcher seit mehr als funfzig Jahren alles wünschenswerthe Gute, Nützliche, Schöne durchgängig zu fördern gewußt, von uns abscheidet und wir uns in die tiefste Trauer versetzt fühlen, in diesem Augenblick geht ein junger Mann von hier unter dem Schutz Ihro Königlichen Hoheit des Herzog Bernhard nach Batavien und ich ergreife die Gelegenheit eilig Gegenwärtiges zu erlassen.

Ihr gefälliges Schreiben ist mir zu rechter Zeit zugekommen, auch wird mir die darin angekündigte Sendung so eben von Grafenhaag aus durch die Geneigtheit des Herrn Generalsecräters bey dem Ministerium der Marine und der Colonien angezeigt, welche Paquete ich nun nächstens in Empfang zu nehmen gedenke.

Dem Freunde der Wissenschaft kann nichts erfreulicher seyn als daß sich überall in der weiten Welt Genossenschaften bilden, welche, in ihrem Kreise aufmerksam auf die unendlich-mannichfaltige Natur, sich wieder mit andern in Gemeinschaft setzen welche an ihrer Stelle gleiche Pflichten sich auferlegt haben.

Leider hab ich in diesem Augenblick noch keine Kenntniß von Ihren Mittheilungen, deswegen ich denn nichts Angenehmes und Nützliches dagegen augenblicklich zu erzeigen wüßte. Allein ich gebe nicht auf, etwas nachzubringen, sobald ich mich von dem was angenehm seyn könnte durch Ihre Sendung überzeugt habe.

[198] Gegenwärtig lassen Sie mich den jungen Mann als Überbringern dieses besten empfehlen, sein Name ist [Wilhelm] Melos, Sohn von wackeren Eltern und, soviel er mir bekannt geworden, mit angeborenem Talente, unterrichtet, thätig und dabey guter Art. Ich empfehle ihn dem allgemeinen menschlichen Antheil, der in jenen Gegenden, so fern vom Vaterlande, oft sehnsüchtig angerufen wird.

Haben Sie die Gefälligkeit, die an der dießmaligen Sendung noch fehlenden Stücke gelegentlich nachzubringen, denn sowohl mein Interesse als das der jüngeren wissenschaftlichen Gesellschafter ermüdet nicht, sondern wird vielmehr aufgeregt durch den täglich erneuten Zudrang des Wissenswürdigen.

Mögen Sie zugleich, insofern er zulässig ist, mir von Ihren nächsten Zuständen und Ergebenheiten gefällige Nachricht ertheilen, so gedenke ich, so lange mir ein Mitgenosse dieser Erde zu seyn vergönnt ist, auch von hier aus einiges zu melden nicht [zu] ermangeln.

In vorzüglichster Hochachtung

Schloß Dornburg den 14. Juli 1828.


44/170.


An Johann Heinrich Meyer

Schon einige Tage daherwälzt sich's mir in Sinn und Gedanken, irgend ein Wort an Sie gelangen zu lassen; nun kommt mir der gute Hofgärtner Sckell[199] gerade recht der sich anbietet, ein Blättchen an Sie mitzunehmen. Es geht Ihnen, wie er mir sagt, auf Ihrer Berghöhe ganz wohl, mir auch auf der meinigen. Hier ist es außerordentlich schön, die Lage selbst ist einzig, auch die große Abwechselung, welche Tageszeit und Witterung bringen, weder zu zählen noch zu beschreiben. Ich war seit meinem hiesigen Aufenthalt fleißig genug und habe manches zu Stande gebracht was ohne eine absolute Einsamkeit nicht möglich gewesen wäre; ich hoffe sie noch eine Zeitlang fortzusetzen und sage überhaupt nächstens über unsere Zustände etwas Weiteres.

Vor allem ist die Rückkunft unserer Herrschaften abzuwarten; doch möchte ich vorläufig wissen: ob Sie Anstalten zu einem nahen Aufenthalt in Belvedere bemerken. Mögen Sie Sonnabends bey Zeiten irgend ein Blättchen oder was es wäre in mein Haus geben, so erhielt ich es mit einem rückkehrenden Boten.

Lassen Sie Gegenwärtiges als einen gesegneten Anfang erneuter Mittheilungen freundlich gelten.

treulichst

Schloß Dornburg den 17. Juli 1828.

Goethe.


44/171.


An August von Goethe

Heute, seh ich, ist schon wieder Donnerstag! Die Zeit läuft über die Maßen, wenn man fleißig ist;[200] ich habe viel gethan, doch ist damit noch nichts gewonnen, ich muß nur fortarbeiten und nicht fragen, wieviel Wochen noch bis Michael übrig sind.

Hofgärtner Sckell von Belvedere nimmt Gegenwärtiges mit und so vermelde ich dir daß ich Sonnabend den Wagen hineinschicke, um mancherlei abzuholen was sich nöthig macht. Besorge mir indessen einen Biscuitkuchen und eine geräucherte Zunge ungekocht, nicht weniger acht Flaschen Wein. NB. Bey der letzten Sendung fanden sich nur sechs anstatt der acht im Briefe angemeldeten. Hast du Lust un hältst es sonst für räthlich, so komme selbst mit, eine Nacht könntest du hier bleiben und den andern Tag wieder hineinfahren. Frau und Kinder lad ich nicht ein, ich hab eine Scheu für solchen Familien-Fahrten.

Mehr wüßt ich nicht zu sagen, das Nähere schreibe ich Sonnabend mit dem Fuhrwerk. Theile die schönsten Grüße überall aus und behalte davon auch etwas Hübsches für dich.

treulichst

Schloß Dornburg den 17. Juli 1828.


44/172.


An August von Goethe

Den Schlüssel meines Schreibetisches lege hier bey und ersuche dich das kleine Schübekästchen lincks am Fenster zu eröffnen und mir von den Dukaten die du dort findest zwölfe zu senden.

[201] Mein Hauswirth notirt was er baar auslegt, das wollt ich in Silber zahlen und für Mühe und guten willen einige Goldstücke hinzufügen. Die um desto angenehmer seyn möchten als sie sich wohl selten auf diese Felsenspitze heraus verirren. Grüße alles. Vogel und Eckermann nicht zu vergessen.

Sch. Dornbg. 17. Juli 1828.

G.


44/173.


An Henriette von Pogwisch

Ew. Gnaden

die Geschichte der Neugriechen zurücksendend, darf zugleich versichern daß nicht leicht ein vorzüglicheres Werk der Art geschrieben sey.

Für Großherzogliche Bibliothek würde zur Hälfte nehmen:

La Jaquerie, scénes féodales, suivies de la Famille de Carvajal, Drame. Par l'auteur du théâtre de Clara Gazul.

Ingleichen:

Histoire générale des proverbes, adages, sentences, apophthegmes, dérivés des moeurs, des usages, de l'esprit et de la morale des peuples anciens et modernes; accompagnée de remarques [critiques], d'anecdotes etc. etc. par M. C. de Méry. Tom. I. 3 fl. 45 kr.

[202] Sollte letzteres für die Gesellschaft nicht geeignet gefunden werden, so würden bitten, solches für meine eigene Rechnung zu bestellen.

Meine hiesige Einsamkeit thut mir sehr wohl; ich kann arbeiten und bringe etwas vor mich, das ist jetzt das Einzige, wie sich für mich Zerstreuung und Trost finden läßt.

Findet sich Gelegenheit, mich Ihro Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin zu empfehlen, so haben Sie die Geneigtheit es nicht zu versäumen.

Mir fortdauerndes wohlwollendes Andenken erbittend

gehorsamst

Schloß Dornburg den 18. Juli 1828.

Goethe.


44/174.


An Ulrike von Pogwisch

Indessen du, meine Gute, dich nach Wilhelmsthal begibst, verharre ich auf dem Felsen von Dornburg. Ich finde hier alles wie ich es nur wünschen kann, und setze deshalb meinen Aufenthalt hier eben fort. Wenn es gutes Wetter ist, kann man nichts Anmuthigeres wünschen als den Spaziergang auf den Terrassen; bey veränderter Witterung gibt es Nebel, Wolkenzüge, Landregen und Streifschauer, dabey bunte Himmelsbogen lebhaft farbig bis an das Schloß heran, wodurch also ein Einsiedler auf das beste sich unterhalten könnte.

[203] Herrn Soret darfst du sagen daß ich in unserer Angelegenheit ganz versunken bin, daß sich alles bewährt was ich ihm früher geschrieben habe und daß wir uns mit den Genfer Pflanzenfreunde in das beste Verhältniß setzen können.

Soll ich dir nun aber von menschlichen und gevatterlichen Dingen sprechen, so kann ich dir vermelden daß Frau Dr. Stichling, Schwiegertochter von unserm Herrn Director, Tochter von Geh. Cammerrath Kruse, allhier glücklich in die Wochen gekommen ist mit einer jungen Tochter und daß dadurch Dornburg und Weimar neuerdings in einer genauern Verbindung stehen. – Fahre fort, mir von Wilhelmthal einige Nachricht zu geben, besonders wenn du bey der Ankunft der Erwarteten noch gegenwärtig seyn solltest.

unwandelbar

Schloß Dornburg den 18. Juli 1828.

Goethe.


Nun aber will ich zum Schluß dich eigenhändig versichern: daß ich kein Wort von deinem Blättchen verstehe, und dich zugleich inständig bitten, da es so viele wirckliche, unvermeidliche Übel giebt, du mögest dich nicht noch dazu mit eingebildeten Phantomen abquälen.

treulichst

G.[204]


44/175.


An Friedrich August von Beulwitz

[Concept.]

[18. Juli 1828.]

Gaudeat ingrediens, laetetur et aede recedens,

His qui praetereunt det bona cuncta Deus. 1608.

Freudig trete herein und froh entferne dich wieder!

Ziehst du als Wandrer vorbey, segne die Pfade dir Gott.

Da gewiß höchsten Ortes so wie von ew. Hochwohlgeboren gnädig und geneigt aufgenommen wird, wenn ich den Zustand in dem ich mich befinde rein und treu auszusprechen wage, dasjenige was sich von selbst versteht bescheiden ablehne und die Betrachtungen zu denen ich aufgeregt werde zutraulich mittheile, so eröffne mit obigen zwey lateinischen Zeilen meinen gegenwärtigen Brief. Ich fand sie als Überschrift der Hauptpforte des Dornburger neu acquirirten Schlößchens, wo mir durch höchste Nachsicht in den traurigsten Tagen eine Zuflucht zu finden vergönnt worden.

Die Einfassung gedachter Thüre selbst ist nach Weise jener Zeit architektonisch-plastisch überreich verziert und gibt, zusammen mit der Inschrift, die Überzeugung, daß vor länger als zweyhundert Jahren gebildete Menschen hier gewirkt, daß ein allgemeines Wohlwollen hier zu Hause gewesen, wogegen auch diese Wohnung durch so viele Kriegs- und Schreckenszeiten hindurch aufrecht bestehend erhalten worden.

[205] Bey meiner gegenwärtigen Gemüthsstimmung rief ein solcher Anblick die Erinnerung in mir hervor: gerade ein so einladend-segnendes Motto sey durch eine Reihe von mehr als funfzig Jahren der Wahlspruch meines verewigten Herrn gewesen, welcher, auf ein groß-bedeutendes Daseyn gegründet, nach seiner erhabenen Sinnesart jederzeit mehr für die Kommenden, Scheidenden und Vorüberwandelnden besorgt war als für sich selbst, der wie der Anordner jener Inschrift weniger seiner Wohnung, seines Daches gedachte als derjenigen, welche da zu herbergen, mit Gunst zu verabschieden oder vorbeygehend zu begrüßen wären. Hier schien es also, daß ich abermals bey ihm einkehre als dem wohlwollenden Eigenthümer dieses uralten Hauses, als dem Nachfolger und Repräsentanten aller vorigen gastfreyen und also auch selbst behaglichen Besitzer.

Die allgemeine traurige Stimmung dieser Stunden ließ mich den Werth solcher Betrachtungen doppelt fühlen und regte mich an, denenselben gleichfalls nachzugehen, als ich nach Verlauf von einigen Tagen und Nächten mich in's Freye zu wagen und die Anmuth eines wahrhaften Lustortes still in mich aufzunehmen begann.

Da sah ich vor mir auf schrosser Felskante eine Reihe einzelner Schlösser hingestellt, in den verschiedensten Zeiten erbaut, zu den verschiedensten Zwecken errichtet. Hier, am nördlichen Ende, ein hohes, altes,[206] unregelmäßig-weitläufiges Schloß, große Säle zu kaiserlichen Pfalztagen umschließend, nicht weniger genugsame Räume zu ritterlicher Wohnung; es ruht auf starken Mauern zu Schutz und Trutz. Dann folgen später hinzugesellte Gebäude, haushältischer Benutzung des umherliegenden Feldbesitzes gewidmet.

Die Augen an sich ziehend aber steht weiter südlich, auf dem solidesten Unterbau, ein heiteres Lustschloß neuerer Zeit, zu anständigster Hofhaltung und Genuß in günstiger Jahreszeit. Zurückkehrend hierauf an das südlichste Ende des steilen Abhanges, finde ich zuletzt das alte, nun auch mit dem Ganzen vereinigte Freygut wieder, dasselbe welches mich so gastfreundlich einlud.

Auf diesem Wege nun hatte ich zu bewundern, wie die bedeutenden Zwischenräume, einer steil abgestuften Lage gemäß, durch Terrassengänge zu einer Art von auf- und absteigendem Labyrinthe architektonisch auf das schicklichste verschränkt worden, indessen ich zugleich die sämmtlichen über einander zurückweichenden Localitäten auf das vollkommenste grünen und blühen sah. Weithingestreckte, der belebenden Sonne zugewendete, hinabwärtsgepflanzte, tiefgrünende Weinhügel. Aufwärts an Mauergeländern üppige Reben, reich an reifenden, Genuß zusagenden Traubenbüscheln; hoch an Spalieren sodann eine sorgsam gepflegte, sonst ausländische Pflanzenart, das Auge nächstens mit hochfarbigen, an leichtem Gezweige herabspielenden[207] Glocken zu ergötzen versprechend. Ferner vollkommen geschlossen-gewölbte Laubwege, einige in dem lebhaftesten Flor durchaus blühender Rosen höchlich reizend geschmückt; Blumenbeete zwischen Gesträuch aller Art.

Konnte mir aber ein erwünschteres Symbol geboten werden? deutlicher anzeigend wie Vorfahr und Nachfolger, einen edlen Besitz gemeinschaftlich festhaltend, pflegend und genießend, sich von Geschlecht zu Geschlecht ein anständig-bequemes Wohlbefinden emsig vorbereitend, eine für alle Zeiten ruhige Folge bestätigten Daseyns und genießenden Behagens einleiten und sichern?

Dieses mußte mir also zu einer eigenen Tröstung gereichen, welche nicht aus Belehrung und Gründen hervorging; hier sprach vielmehr der Gegenstand selbst das alles aus was ein bekümmertes Gemüth so gern vernehmen mag: die vernünftige Welt sey von Geschlecht zu Geschlecht auf ein folgereiches Thun entschieden angewiesen. Wo nun der menschliche Geist diesen hohen ewigen Grundsatz in der Anwendung gewahr wird, so fühlt er sich auf seine Bestimmung zurückgeführt und ermuthigt, wenn er auch zugleich gestehen wird: daß er eben in der Gliederung dieser Folge, selbst an- und abtretend, so Freude als Schmerz wie in dem Wechsel der Jahreszeiten so in dem Menschenleben, an andern wie an sich selbst zu erwarten habe.

[208] Hier aber komme ich in den Fall, nochmals mir eine fortgesetzte Geduld zu erbitten, da der Schilderung meines gegenwärtigen Zustandes noch einiges Unentbehrliche hinzufügen wäre.

Von diesen würdigen landesherrlichen Höhen seh ich ferner in einem anmuthigen Thal so vieles, was, dem Bedürfniß des Menschen entsprechend, weit und breit in allen Landen sich wiederholt. Ich sehe zu Dörfern versammelte ländische Wohnsitze, durch Gartenbeete und Baumgruppen gesondert, einen Fluß, der sich vielfach durch Wiesen zieht, wo eben eine reichliche Heuernte die Emsigen beschäftigt; Wehr, Mühle, Brücke folgen auf einander, die Wege verbinden sich auf- und absteigend. Gegenüber erstrecken sich Felder an wohlbebauten Hügeln bis an die steilen Waldungen hinan, bunt anzuschauen nach Verschiedenheit der Aussaat und des Reisegrades. Büsche, hie und da zerstreut, dort zu schattigen Räumen zusammengezogen. Reihenweis auch den heitersten Anblick gewährend seh ich große Anlagen von Fruchtbäumen; sodann aber, damit der Einbildungskraft ja nichts Wünschenswerthes abgehe, mehr oder weniger aufsteigende, alljährlich neu angelegte Weinberge.

Das alles zeigt sich mir wie vor funfzig Jahren und zwar in gesteigertem Wohlseyn, wenn schon diese Gegend von dem größten Unheil mannichfach und wiederholt heimgesucht worden. Keine Spur von Verderben ist zu sehen, schritt auch die Weltgeschichte hart[209] auftretend gewaltsam über die Thäler. Dagegen deutet alles auf eine emsig folgerechte, klüglich vermehrte Cultur eines sanft und gelassen regierten, sich durchaus mäßig verhaltenden Volkes.

Ein so geregeltes sinniges Regiment waltet von Fürsten zu Fürsten. Feststehend sind die Einrichtungen, zeitgemäß die Verbesserungen; so war es vor, so wird es nach seyn, damit das hohe Wort eines Weisen erfüllt werde, welcher sagt: »Die vernünftige Welt ist als ein großes unsterbliches Individuum zu betrachten, welches unaufhaltsam das Nothwendige bewirkt und dadurch sich sogar über das Zufällige zum Herrn erhebt.«

Nun aber sey vergönnt, mich von jenen äußern und allgemeinern Dingen zu meinem Eigensten und Innersten zu wenden, wo ich denn aufrichtigst bekennen kann: daß eine gleichmäßige Folge der Gesinnungen daselbst lebendig sey, daß ich meine unwandelbare Anhänglichkeit an den hohenAbgeschiedenen nicht besser zu bethätigen wüßte, als wenn ich, selbigerweise dem verehrten Eintretenden gewidmet, alles was noch an mir ist diesem wie seinem hohen Hause und seinen Landen von frischem anzuzeigen mich ausdrücklich verpflichte.

Wogegen ist denn auch einer Erwiderung gnädigsten Wohlwollens, fortgesetzten ehrenden Vertrauens und milder Nachsicht mich beruhigend getrösten darf, indem ja das von Pawlowsk am 28. Juni d. J. erlassene huldverkündende Schreiben mir ein so entschieden-erfreuliches,[210] fast beschämendes Zeugniß geworden.

Wie sehr dasselbe mich erquickend aufregte, wie dankbar ich anerkennen mußte, solches von der Hand eines so werthen, längst geschätzten, geliebten Mannes zu erhalten, hoffe ich bald mündlich mit kräftigern Worten ausdrucken zu können.

Gegenwärtig füge nur die Bitte hinzu, Ew. Hochwohlgeboren mögen sich eifrigst verwenden, daß Vorstehendes, wenn auch seltsam scheinend, jedoch aus den eigensten Zuständen und treusten Gesinnungen hervorgegangen, zu ruhiger Stunde von unsern höchsten Herrschaften gnädigst nachsichtig aufgenommen werden möge.

Ein baldiges frohes Wiedersehen hoffend, unterzeichne mich in vorzüglichster Hochachtung.


Da Beyliegendes, in den ersten Tagen meines Hierseyns Verfaßtes, zum Absenden bereit mir vor Augen liegt, darf ich Ew. Hochwohlgeboren nicht verbergen daß ein Zweifel mich beunruhigt: ob es denn auch schicklich sey, den Monolog des wunderlich nachsinnenden Einsiedlers zu einer Epoche darzubringen, wo Hof und Land sich in lebendigster Theilnahme bewegen.

Indessen, da es noch ungehöriger seyn müßte zu schweigen, so gebe diese Blätter Ew. Hochwohlgeboren zutraulich in die Hände, ganz Dero Beurtheilung überlassend, ob Dieselben vorerst nur den Inhalt und[211] sodann später das Ausführlichere geziemend vorlegen wollen. Freundschaftlichem einsichtigen Ermessen eine dem Augenblick anpaßliche Behandlung völlig anheimgebend.


44/176.


An Friedrich Theodor von Müller

[18. Juli 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir eine dauernde Freude bereitet durch den gründlichen Antheil an dem letzten Hefte Kunst und Alterthum. Es gab mehr Mühe gekostet als andere und zwar wegen des mannichfachen Zudrangs; ich hätte leichter ein zweytes Stück gefüllt als so Vielfaches für dieses zu verkürzen. Wohlthätig ist es daher, wenn sich eine solch treugemeinte Thätigkeit auch gegen die eigentlichen Leser wirksam erweis't.

Den übersendeten Aufsatz habe noch nicht wieder gelesen; die Ereignisse so vieler Jahre mir wieder hervorzurufen will ich einen ganz ruhigen Augenblick abwarten. Indessen habe ein Exemplar dem deshalb sehr dankbaren Kreise der hiesigen Honorationen eingehändigt.

Beyliegend erhalten Sie ein Schreiben an Herrn v. Beulwitz; es ist eine Erwiderung eines Briefes, den er mir unter dem 28. Juni d. J. von Pawlowsk in Auftrag unserer gnädigsten Herrschaften schrieb, der mich in den traurigsten Augenblicken höchlich erquickte.[212] Ew. Hochwohlgeboren, aufmerksam auf alle Schritte unserer Rückkehrenden, werden gewiß den schicklichsten Augenblick finden, das Schreiben in seine Hände gelangen zu lassen.

Die lateinische einladende Inschrift hatte ich mir nach meiner Art einstweilen folgendermaßen übersetzt:

Freudig trete herein und froh entferne dich wieder!

Ziehst du als Wandrer vorbey, segne die Pfade dir Gott!

Diese wenigen Zeilen haben einen ganz eigenen Einfluß auf meinen hiesigen Aufenthalt gehabt; es ergibt sich hierbey ein gar hübsches Beyspiel, wie vernünftig wohlwollende Worte auf Jahrhunderte hinaus wirken. Es faßt sie immer wohl einer wieder auf, um sie entweder direct oder symbolisch sich sinnig anzueignen.

Die Abgabe des Leßmannischen Romans ist bestellt und wird, hoff ich, nächstens bewirkt werden.

Gegenwärtiges wird durch den Wagen Sonnabend früh hineingebracht, welcher Sonntag in aller Frühe wieder zurückfährt. Dagegen könnte immer etwas Vorräthiges gefällig zugesendet werden.

Damit nun aber das Paquet geschlossen werden könne, endige hier und wiederhole meine Bitte, mich nicht lange ohne Mittheilung zu lassen.

Gehorsamst

J. W. v. Goethe.[213]


44/177.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Vielfältig dankbar, meine Gute, sende das Mitgetheilte zurück. Deine Tagebücher einzuheften ist angefangen worden, die nächsten finden sich irgendwo unter meinen Papieren; hebe die letzten auf; es ist immer interessant, wenn selbst von kleinen Ereignissen unseres Lebens und von zarten Gefühlen eines gebildeten geselligen Umgangs ein Merkmal zurückbleibt.

Antwortest du Herrn v. Fouqué etwas Freundliches, so füge auch ein gutes Wort von mir hinzu. Das kleine Gedicht das er mir vor einiger Zeit sendete ist wirklich recht anmuthig und man vergnügt sich, wie er bey einem angebornen Talent immer an der augenblicklichen Gegenwart verweilt und die vom Leben herangeführten Ereignisse dichterisch zu behandeln weiß.

Wenn du von dem Carlsbader Aufenthalt Nachricht gibst, kann ich recht wohl an deiner Seite wandeln und begreife, wie dir gar wunderlich zu Muth seyn mußte. Bey allem dem jedoch kommt dir dein englisches Wesen zu Gute. Es ist keine Frage daß man sich immermehr auswärts umsehen muß, um Interesse zu nehmen und zu geben.

Den Tasso betreffend sag ich Folgendes: allerdings habe Carlyle wegen der Übersetzung befragt, um über das Verhältniß derselben zu den englischen Sprachforderungen[214] gewisser zu werden; seine Erwiderung war nicht günstig, und da ich die Sache mit leeren Phrasen nicht abthun wollte, so hielt ich inne um zu erwarten, wie die Foreign Reviews sich darüber allenfalls auslassen würden. In diesen hatte ich aber bis zu später Erscheinung meines Heftes nichts gefunden und so mußte ich schweigen, bis etwa die Folge das Weitere ergäbe. Ich hätte gewünscht daß dir für Antheil und Bemühung ein freundlicheres Resultat wäre zu Theil geworden.

Hier auf diesem alten Schlößchen finde ich alles wornach ich mich so lange gesehnt habe; bequeme heitere Wohnung, gute Hausleute, gesunden und wohlschmeckenden Tisch; dabey hab ich denn in dieser vollkommenen Abgeschiedenheit seit vierzehn Tagen soviel zu Stande gebracht daß, wie die Thätigkeit im Augenblick mir tröstlich war, das Resultat mich wenigstens von einer Seite beruhigt.

Meinen ersten Gedanken, mich nach Freyberg zu begeben, um in der vollkommensten Abgeschlossenheit eines begränzten Zustandes mich in alte Zeiten und Neigungen zu versetzen, habe ich vorerst beseitigt und will versuchen, wieweit ich die hiesige Gelegenheit zu sinnen und zu sammeln noch einige Zeit benutze.

Ulriken habe nach Wilhelmsthal geschrieben, indem ich der Mama ein Buch zurücksendete.

Grüße Hofrath Vogel zum allerschönsten und sage ihm, er gehe mir über Erwartung gut. Ich wünschte[215] freylich daß er mir das Gleiche von dir sagen könnte; ersuch ihn aber dringend, er möge mir was er von Wilhelmsthal vernahm baldigst mittheilen, auch von August, dir und den Kindern eine freund-ärztliche Nachricht geben.

Dornburg den 18. Juli 1828.


44/178.


An August von Goethe

Von Weimar mitzubringen.

Conceptpapier,

Mittelpapier

und Briefpapier.

Federn. Briefe, Paquete, Zeitung und dergleichen.

Das warme Flanellröckchen.

Zwey Paquete französische Zeitschriften von Cousin und Guizot, mit rothen Bändchen zusammengebunden; stehen auf dem Pulten am Fenster.

Ein Heft Berliner Jahrbücher, auf demselben Pulten. Solches wäre sogleich an Hofadvocat Hase abzugeben.

Auf meinem Schreibtische liegen Zelters Lieder gedruckt in Quart; auf denenselben die fünf Bändchen der letzten Lieferung meiner Werke, mitgebracht.

Auf dem freystehenden Repositorium in der Bibliothek an der Seite nach der Nachbarswand zu liegen, in Paquete zusammengebunden, die fünf Bände von Kunst und Alterthum; eins davon wünsche ich her.[216]

Sodann liegen daselbst Exemplare des ersten Stückes des VI. Bandes, gleichfalls zusammengebunden, davon eins abzusondern und mitzubringen.

Vier Exemplare der Röhrischen Trauerpredigt bey Hoffmanns auszunehmen.

Ferner Historisch-antiquarische Nachrichten von Dornburg an der Saale durch Conrector Schwabe. Mit 2 Kupfern. Weimar 1823. Im Landes-Industrie-Comptoir.

Wäre nachzusehen, inwiefern der Zeichenmeister Lieber mit seinem Restaurations-Apparat in das Thorhaus gezogen sey.

Lieber wäre zu befragen, wo die Rouxischen Abbildungen der Schloßansichten von Dornburg, welche in zwey illuminirten Blättern ausgegeben worden, allenfalls zu haben seyen?

Ein Stock-Parapluie wäre mitzubringen; wenn im Hause keiner zu entbehren ist, wäre ein neuer anzuschaffen und hierherzusenden, er ist bey der sich augenblicklich abändernden Witterung ganz unentbehrlich.

Die dreyfach zusammengesetzte Lupe.

In meiner Bibliothek befindet sich ein Roman von Leßmann: Louise von Halling, drey Theile. Herr Canzler v. Müller wünscht dieses Werk. Wäre aufzusuchen und demselben zuzustellen. Allenfalls gibt Kräuter Kenntniß.

Schwarzgerändete Couverte von der größten Sorte.[217]

Die eingegangenen Briefe von May und Juni.

Ferner erinnere Wein und Kreuzbrunnen, soviel gepackt werden kann. Einen Biscuitkuchen, geräucherte Zunge, allenfalls etwas Pökelfleisch, etwas Blumenkohl; die Köchin soll mir ein Schwänchen zusammenmachen.


Vorstehendes, mein lieber Sohn, übergebe ich Johnen, daß er die vielen Einzelnheiten, ohne deine Unbequemlichkeit, nach und nach besorge; wozu du ihm deinen Beystand wohl gönnen wirst. Übrigens bleibt es bey dem was ich in meinem letzten Briefe vermeldet; auch bist zu willkommen, wenn du mit zurückfahren willst. Meine Geschäfte machen sich hier sehr günstig.

Schloß Dornburg den 18. Juli 1828.

G.


44/179.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

[24. Juli 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende hiebey die ersten angenehmen Zeugnisse Ihrer unternommenen Arbeit wieder zurück. Als ich vernahm, daß unser Höchstseliger Herr Ihnen aufgetragen habe, die hinterlassenen Briefschaften unsrer unvergeßlichen Herzogin Amalie durchzusehen, zu ordnen und zu katalogiren, war es mir höchst erfreulich, dieses[218] Geschäft in Ihren Händen zu wissen, das ebensowohl mit Einsicht und Treue als mit Vorsicht und Geschmack zu behandeln ist. Auf diesem Wege werden sonderbare Documente gerettet; nicht in politischer, sondern in menschlicher Hinsicht unschätzbar, weil man sich nur aus diesen Papieren die damaligen Zustände wird vergegenwärtigen können, wie auf hohem Standort ein reines Wohlwollen, gebührende Anerkennung, ernstliche Studien und heiterste Mittheilung in einem Kreise sich bethätigten, der schon gegenwärtig demjenigen, der es mit erlebt hat, mythologisch zu erscheinen anfängt.

Um desto freudiger aber können Ew. Hochwohlgeboren an diese belohnende Arbeit gehen, da unseres gnädigsten Herrn Beyfall hier zuversichtlich zu hoffen ist, der das Vorzeitige so schön zu schätzen weiß und besonders auf alles, was dem Andenken seiner Frau Großmutter förderlich ist, von jeher bedeutenden Werth gelegt hat. Die Wiederherstellung des Tiefurter Parks und die Bemühungen um das Tiefurter Journal zeugen hievon.

Ist Ew. Hochwohlgeboren ordnende Arbeit vollbracht, so kann aus Privat-Archiven und -Sammlungen noch gar manches desto sicherer und zweckmäßiger angeschlossen werden.

Mich zu fernerer geneigter Mittheilung und zu wohlwollendem Andenken bestens empfehlend.[219]


44/180.


An August von Goethe

Aus Weimar wünsche dießmal:

1) Auf dem freystehenden Repositorium in der Bibliothek an der Seite nach der Nachbarswand zu liegen, in Paquete zusammengebunden, die fünf Bände von Kunst und Alterthum. Ein davon habe neulich erhalten. Nun aber wünsche ein zweytes; man müßte aber sehen daß es eins von denen sey, welche aus Exemplaren auf Velin-Papier und gewöhnlichen gemischt sind; wahrscheinlich ist dieses von Kräutern auf der Inschrift bemerkt; ich glaube, die meisten sind von dieser Art.

2) Sodann liegen daselbst Exemplare des ersten Stücks des VI. Bandes, gleichfalls zusammengebunden; davon eines, ordinär Papier, abzusondern und mitzubringen.

3) Sodann wünsche die Kiste welche von Berlin gekommen auch hier zu haben; der Kutscher wird solche schon aufzupacken wissen.

4) Was von Briefen und Paqueten angekommen versteht sich von selbst.

5) Sodann acht Flaschen Tischwein, welcher der gesündeste und beste bleibt.

6) Nicht weniger 50 rh., daß sich die wöchentliche Ausgabe durchaus gleich bleibt.

7) Von der Bibliothek Gregorius Turonensis; auf[220] beyliegenden Zettel wirst du ihn von der Bibliothek erhalten.

8) Ferner liegt in meinem Zimmer auf dem untern Querabsatz des Schreibtisches, wo die Landcharten liegen, auch ein Werk in Klein-Folio, mit Rücken von grün Saffian, Atlas historique de Le Sage; es ist auch daran kenntlich daß es nur genealogische Tabelle und Landcharten enthält.


Ich habe dir zwar nicht viel zu sagen, aber ich muß mich noch enger als ich gewollt zusammenziehen; der ganze Nachmittag ist mir unter angenehmen Besuchen vorüber gegangen. Ober-Baudirector Coudray ließ mich sein glücklich gerathenes Denkmal sehen und gab mir vielfach-umständliche Nachricht von allem Vorübergegangenen. Canzler v. Müller gab mir umständliche Kenntniß und sonst, präsentirte mir auch den Lieutenant Jacobi, und nun steht der Mond in voller Pracht am östlichen Himmel.

Gegenwärtiges sende durch den Kutscher, um Vorstehendes dagegen zu erhalten.

Angenehm soll mir's seyn, wenn man mich Sonntags besucht; ich überlasse dir das ganz wie sich's einrichten läßt. Frau und Kinder würden sich der schönen Aussicht erfreuen, auch würde Eckermann sehr lieb seyn, und da so manches in solchen Fällen hin- und herwogt, so ließe sich Hofrath Vogel vielleicht bereden von der Partie zu seyn.

[221] Ich habe auf einen sehr schönen Rehrücken einzuladen; bringt ihr sonst etwas Genießbares mit, so wird es auch nicht verschmäht. Die Tage sind lang, der Vollmond verlängert sie und so kann man irgend wohl eine solche Reise wagen.

Ich sage weiter nichts, sondern schließe ab mit den besten Wünschen.

Schloß Dornburg den 24. Julius 1828.

G.


44/181.


An Johann Heinrich Meyer

Für Ihren freundlichst-nachrichtlichen Brief vom 18 huj. zum schönsten dankend, bestimme mich, einiges nachzuholen mit zugefügter traulicher Bitte.

Da ich von meinen Zuständen unserem edelmüthig-theilnehmenden Fürstenpaare keine klarere Darlegung zu bewirken wüßte als durch Sie, mein Werthester, so gestehe und bekenne Folgendes: Schon drey Jahre war ich den Sommer über in Weimar geblieben, und unter dem was ich durch die Entbehrung gewohnter Weltumsicht vermißte war mir am empfindlichsten, für mineralogische und geognostische Studien aller Nahrung zu entbehren; deshalb hatte ich mir vorgenommen, wenn unsere gnädigsten Herrschaften sämmtlich ihren Sommeraufenthalt erreicht hätten, nach Freyberg zu gehen, um dort in wenigen Wochen alles was mir fehlen konnte nachzuholen.

[222] Die traurige Nachricht, die uns überraschte, trieb mich um so mehr von Weimar hinweg; da ich aber wegen Geschäfts- und gar manchen andern Verhältnissen [mich] nicht alsobald weit entfernen konnte, so erbat ich mir hier eine günstige Aufnahme, um mich zu jenem Schritte indessen vorzubereiten. Nun aber fühl ich, bey ganz leidlichem Befinden, mich dort weder körperlich noch geistig geeignet, in einen fremden Kreis zu treten, dessen Verhältnisse zu benutzen eine lebhaftere Thätigkeit nöthig wäre, als ich gegenwärtig von mir erwarten darf.

Mein Wunsch würde daher im Augenblicke seyn: es möge meinen Fürstlichen Gebietern gefallen, mir zwar zu jener Reise nach Freyberg gnädigsten Urlaub zu gestatten, jedoch wenn ich einen solchen Ausflug nicht wagen dürfte, Erlaubniß zu gewähren, zwischen hier und Jena die nächsten Wochentheilen zu können. Durch Geschäft und Studium würde ich trachten, mir die Tage zu erheitern, und wenn sich in dem lieben Weimar alles ein- und angeordnet haben wird, dahin pflichtgemäß zurückkehren, um an meinen Platz unter günstigen Vorbedeutungen mit neu verliehenen Kräften getrost wieder einzutreten.

Gelegentlichem unterthänigsten Vortrag dieses Anliegen zutraulich überlassend.

Da ich noch einen so schönen Raum vor mir sehe, will ich wenigstens noch vermelden daß heute früh, als ich mich im Hauptschlosse umgesehen, ein liebenswürdiges[223] Kunstbild mir vor die Augen gekommen, von Lory Sohn, eine kleine Landschaft von der größten Schönheit. Sie ist eigenhändig bis an's Ununterscheidbarste hinan radirt und in Aquarell so trefflich ausgemahlt, daß man über die Klarheit der Conception, die Ausführlichkeit und dabey die vollkommenste Haltung ganz in Erstaunen geräth. Ich werde meine Wallfahrt noch oft dahin antreten, es sind noch viele und schätzenswerthe Bilder dieser Art daselbst, dieses aber steht in jedem Sinne oben an.

Der Aufenthalt selbst ist übrigens sehr anmuthig, die Terrassen-Wege gleich nach jedem Regen wieder gehbar und wenn man sich einigermaßen mit dem Wind vertragen kann, fast jederzeit zu genießen.

Soviel denn also mit den besten Wünschen.

treu angehörig

Dornburg den 25. Juli 1828.

J.W. v. Goethe.


44/182.


An Carl Friedrich Zelter

Schloß Dornburg den 26. Juli 1828.

Drey deiner Briefe liegen nun vor mir, der vom 10. Kam zuletzt durch Herrn v. Vitzthum; der erinnert denn freylich an die letzten Lebenstage unsres Verewigten und man findet ihn bewundernswerth, wie oft, daß er bey einem so tiefen Mißbehagen, welches er dort schon empfinden mußte, sich doch noch gegen[224] die Welt stark und stemmte und auch die Gewalt eurer Töne noch ertragen wollte.

Hier bin ich nun schon in der dritten Woche unter dem Einfluß eines wahrhaften Lusthauses. Die ganze Anlage, durch Jahrhunderte her, erst aus Noth, dann aus Verstand, zu sinnlicher Lust mit Kunst und Geschmack angelegt und in den letzten Jahren durch die Acquisition eines nachbarlich am Ende der Felsreihe gelegenen Freygutes, wo ich jetzt wohne, erweitert. Hier fragt sich's gar nicht ob man lustig ist oder seyn will, das Ganze ist heiter, munter, verständig, schön, weitläufig und doch übersehbar. Ich erinnere mich recht gut daß du mir von deinem Entzücken über das Saalthal von Naumburg bis Jena mittheiltest, auch gedenk ich deiner vom Anfang an im besten. Die Terrassen sind, als herrschaftlicher Garten, seinen Gebieter jeden Augenblick erwartend, sorgfältig rein und gepflegt, alle Sommerblumen blühen auf's munterste, und die Traubengeländer hängen so voll daß man darüber zu erstaunen hat.

Ein Kupferblatt lege dir bey das ich nicht rühmen will, das aber doch mehr als alle Beschreibung einen schnellen Begriff gibt. Die Unterschriften bezüglich auf die oberen Buchstaben geben dir die nöthige Abdeutung. Dein Freund aber dictirt Gegenwärtiges hinter den letzten, in's Unsichtbare verschwindenden Fenstern des kleinen Schlößchens am letzten Felsende linker Hand; es ist eben dieß[225] von der Herrschaft erst kurz acquirirte Privat-Erblehngut.

Weiter gehen nun aber meine Kräfte nicht, dich mir näher zu bringen, und so vollführe was noch zu wünschen ist durch Neigung und Einbildungskraft. Es gibt noch hübschere Darstellungen von Dornburg, die aber jetzt nicht in meinem Bereich sind.

Daß ich in diesen zwanzig Tagen aus Unruhe, Neigung, Trieb und Langerweile gar manches geleistet habe, wirst du wohl glauben; leider ist es sehr vielerlei, dergestalt daß es nicht leicht zur Erscheinung kommen wird. Meine nahe Hoffnung, euch zu Michael die Fortsetzung von Faust zu geben, wird mir denn auch durch diese Ereignisse vereitelt. Wenn dieß Ding nicht fortgesetzt auf einen übermüthigen Zustand hindeutet, wenn es den Leser nicht auch nöthigt, sich über sich selber hinauszumuthen, so ist es nichts werth. Bis jetzt, denk ich, hat ein guter Kopf und Sinn schon zu thun, wenn er sich will zum Herrn machen von allem dem was da hineingeheimnisset ist. Dazu bist du denn gerade der rechte Mann, und es wird dir auch deshalb die Zeit bis auf die erscheinende Folge nicht zu lange werden.

Der Anfang des zweyten Acts ist gelungen; wir wollen dieß ganz bescheiden aussprechen, weil wir ihn, wenn er nicht dastünde, nicht machen würden. Es kommt nun darauf an, den ersten Act zu schließen, der bis auf's letzte Detail erfunden ist und ohne[226] dieses Unheil auch schon in behaglichen Reimen ausgeführt stünde. Das müssen wir denn auch der vorschwebenden Zeit überlassen.

Von der allgemeinen Gesinnung kann ich dir soviel sagen: daß jeder Treugesinnte vorerst nur darauf denkt, in den Wegen fortzuwandeln die der Abgeschiedene bezeichnet und eingeleitet hat; dadurch wird denn auch wohl das allenfalls sich Abändernde erträglich seyn und in einigen Puncten vielleicht Beyfall verdienen. Allen Ankündigungen gemäß sollte der neuantretende Fürst heut in Wilhelmsthal eintreffen; nächstens seine Gemahlin. Daß sich unsre bisher so bewährte Fürstin auch immerfort gleichmäßig erweis't, wirst du dir ohne meine Betheuerung selbst genugsam versichern.

Doch will ich hier, obgleich zu Ende eilend, nicht schließen ohne zu bemerken, daß mein Aufenthalt auch dadurch angenehm ist daß ich zwar vor jedem An- und Überlauf sicher bin, die jenaischen Freunde aber bey sehr gutem Weg nur ein Stündchen hierher haben, da sie sich denn mit einer leichten Erfrischung begnügend nach angenehmer Unterhaltung wieder zurückbegeben. Auch von Weimar aus sind sie schon früh ausgefahren, haben den Mittag froh bey mir zugebracht und Abends wieder zurückgekehrt; man braucht immer vier Stunden zur Fahrt.

Damit dir nun nichts Nothwendiges und Nützliches zuletzt verborgen bleibe, so muß ich dir sagen[227] daß mein Tisch gut versorgt ist, durch einen sonderbaren Zufall, daß der Castellan, mein gegenwärtiger Wirth, ehmals ein Hofküchenverwandter gewesen ist und seinem frühern Beruf noch immer Ehre zu machen weiß.

– Das klingt ja ganz bequem und behaglich! wirst du sagen, und das wär es auch, erschiene nicht sogleich im Hintergrunde der düstere Katafalk, der alle jene Betrachtungen aufregt die der Mensch in heiterer Stunde mit Recht beseitigt. Das Menschen- und Weltwesen dreht sich um einen herum daß man schwindlig werden möchte.

Und so halte dich denn auf deinen Füßen so gut es gehen will, ich muß das Gleiche versuchen.

Allen wohlwollenden Dämonen bestens empfohlen,

Dornburg d. 27. Jul. 1828.

Goethe.


Eben als ich Beykommendes abschließe, empfange ich deinen werthen Brief vom 22. Juli, da ich dir denn gleich berichten will, daß ich am 20. Abends, auf einer Rückkehr von Jena, in einen Regenguß gekommen bin dergleichen ich auch nie erlebt habe; ohne Donner und Blitz, aber mit solcher Heftigkeit wohl eine Stunde anhaltend, daß einem wirklich bange werden mußte, besonders wenn man sich dachte, welche Landesbreite er einnahm, und zu befürchten hatte es möchte sich Hagel drein mischen, da denn alles weit und breit zu Grunde gegangen wäre. Man wird genöthigt, sogleich[228] an Hannover zu denken und nun an euch. Ich habe nach meiner Himmelskenntniß gewaltige Wasserströme für diesen Sommer verkündigt und ich fürchte, es wird noch schlimmer. Das Merkwürdigste ist daß diese Wetter sich in flachen Gegenden entladen, die vor'm Jahr auf Berggipfel sich stürzend so großen Schaden gethan haben.

Nun aber wend ich mich zu menschlichen Dingen und freue mich daß du meiner Anmahnung ein Ohr geliehen und dich zu Moliéren gewendet hast. Die lieben Deutschen glauben nur Geist zu haben, wenn sie paradox, d.h. ungerecht sind. Was Schlegel in seinen Vorlesungen über Moliére sagte hat mich tief gekränkt; ich schwieg viele Jahre, will aber doch nun eins und das andere nachbringen, um zum Trost mancher vor- und rückwärts denkenden Menschen, jetziger und künftiger Zeit, dergleichen Irrsale aufzudecken.

Die Franzosen selbst sind über den Misanthrop nicht ganz klar; bald soll Moliére das Muster dazu von einem genannten, derbauftretenden Hofmann genommen, bald sich selbst geschildert haben. Freylich mußte er das aus seinem eigenen Busen nehmen, er mußte seine eignen Beziehungen gegen die Welt schildern; aber was für Beziehungen! Die allgemeinsten die es nur geben kann. Ich wollte wetten, du hast dich auf mehr als einer Stelle auf der That ertappt. Und spielst du nicht dieselbe Rolle gegen deine Tagsgenossen?[229] Ich bin alt genug geworden und hab es doch noch nicht so weit gebracht, mich an die Seite der epikurischen Götter zu setzen.

Dieß also sey für dießmal genug! Ich schließe mit den treusten Hoffnungen, die Besserung deiner anmuthigen Louise möge sich bestätigen. Schreibe von Zeit zu Zeit, wie es vor den Schnabel deiner Feder kommt; in meiner Einsamkeit find ich manche Stunde zur Erwiderung und ich möchte da wohl zutraulich aussprechen was sonst ungesagt bliebe.

wie oben und immer

Dornburg den 27. Juli 1828.

G.


Noch zwey Wünsche füge hinzu.

Wolltest du mir auch fernerhin freundlich vermelden was dich Einzelnes in meinem letzten Hefte berührt und aufgeregt, ich könnte sodann manches was nur laconisch angedeutet ist erweitern und erläutern.

Alsdenn wäre mir angenehm, wenn du mir auf einen Autor deuten könntest, welcher mich belehrte was für ein musikalisches System in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts gegolten und dergestalt ausgesprochen gewesen, daß es ein Hamburger Rector jener Zeit seinen Schülern auf drey gedruckten Bogen überliefern können. Ich bin so eben mit Betrachtung über jene bedeutende Epoche, der mir soviel schuldig sind, beschäftigt.[230]


44/183.


An August von Goethe

Die Zurückkehrenden werden dir erzählt haben daß wir einen ganz vergnügten Tag verlebten, ob ich gleich gewünscht hätte, du wärest von allem diesem Zeuge und Theilnehmer gewesen. Die Stichlingische Taufe brachte jene Familien heran, Gerstenbergks und Frorieps waaren auch willkommen und so wurde denn daraus ein eigentlicher Sonntag.

Ich lasse meinen hiesigen Aufenthalt so in sich gewähren; für meine wissenschaftlichen Zwecke kann daraus Unberechenbares entstehen, es ist abzuwarten.

Beykommendes besorgst du. Alfred bildet sich zum Pfaffen ganz unschätzbar, wie sich voraussehen ließ; er ist eine ganze Congregation werth und sie wird sich um ihn versammeln.

Die Zahnische Sendung ist ganz fürtrefflich und er freut mich, sie hier zu besitzen. Wenn wir den Caffee aus heißen Landen zu unserm Frühstück holen, um soviel herrlicher ist es, einige Aufmuthung aus der Vergangenheit zu gewinnen.

Ich freue mich von Ottilien zu hören, daß ihr euch Abends bey'm Thee versammelt, es ist an der Zeit, die Menschen im Gleichgültigen zu vereinen, damit sie sich im Bedeutenden nicht fremd seyen. Bey meiner Zurückkunft will ich zu diesem edlen Zweck sehr gern beytragen.

[231] Früh Morgens muß ich eilen, um eine Stunde oder mehr auf den Terrassen zu spazieren; denn mit den zunehmenden Tag rücken die Regenwolken mit wildem Wind heran, ich würde sonst öfters im Freyen seyn.

und so fort an

Dornburg den 28. Juli 1828.

[Goethe.]


44/184.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

dachte mit Beykommendem noch einiges ausführlich zu melden; der selten ruhig-schöne Abend jedoch hielt mich länger draußen als billig.

Von Ottilien und den Kindern werden Sie die Unterhaltung des Sonntags vernehmen; auch Eckermann wird gern in ihre Zufriedenheit einstimmen.

Gunst und Glück zu Ihrer so wohlbegonnenen Arbeit!

Dornburg den 28. Juli 1828.


44/185.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

übersende, in Gefolg unseres neulichen Gesprächs, einen Theil der Arbeiten des wieder in's Leben gerufenen Jungius, und zwar denjenigen der Sie besonders[232] interessiren kann. Um Sie nicht durch die große Masse der metaphysischen Doxoskopien abgeschreckt zu sehen, bemerke daß Sie bey dem ersten blauen Zeichen finden werden, welche Art von Betrachtung und Behandlung er den Pflanzen gewidmet; doch ist durch das dritte Zeichen das eigentliche Werkchen angedeutet dem er wahrscheinlich seine neuere Auferstehung verdankt: Isagoge Phytoscopica, nach einem Hefte abgedruckt, welches er selbst sorgfältig durchgesehen. Es deucht mir höchst merkwürdig, welch eien Klarheit der Naturansichten sich darin hervorthut. Er muß alle jene historisch-polemisch-kritisch-metaphysischen Irrsale gegen das Ende seines Lebens völlig beseitigt haben. Das mittlere blaue Zeichen weis't auf eine Darstellung harmonischer Tonverhältnisse; merkwürdig, wie der Mann sich nach allen Seiten hin ausbreitet! Auch diese wenigen Bogen sind nach einem Exemplar abgedruckt das der Autor zwey Jahre vor seinem Tode revidirte. Das Beste wünschend, nächstens angenehm-belehrende Unterhaltung hoffend.

ergebenst

Dornburg den 28. Juli 1828.

J. W. v. Goethe.


44/186.


An August von Goethe

Mit dem nächsten Transport wünsche, mein lieber Sohn, vier sehr verschiedene Dinge:

[233] 1) meinen Flanell-Schlafrock,

2) Zelters Lieder,

3) Ein Nösel gutes Provencer Öl und

4) ein Exemplar der dritten Lieferung meiner Werke, welche in den Schubladen des Schreibtisches am Ofen zu finden sind.

Könnte, als Zugabe, nebst denen schon bemerkten Citronen, auch noch eine Melone mitkommen, so würde sie wie die sämmtliche Genossenschaft wohl empfangen seyn.

Gegenwärtiges hat Herr Dr. Weller die Gefälligkeit mit nach Jena zu nehmen, welchen wie euch alle guten Geistern empfehle.

Dornburg den 31. Juli 1828.

G.


44/187.


An Johann Peter Eckermann

Hier, mein Guter, Bester, übersende die merkwürdigen Bändlein; mein neuliches Gleichniß paßt bey näherer Betrachtung nicht ganz, doch muß man ja auch ein Gleichniß nicht durchaus fortsetzen wollen.

Fangen Sie also von vorn an, als wenn gar nichts gesagt wäre, machen Sie sich's im eignen Sinne zurechte und sagen mir darüber Ihre Gedanken; es ist sehr der Mühe werth, sich über ein solches Talent klarzumachen.

Leben Sie wohl und kommen Sie wieder, wenn sich's schicken will; sprechen Sie darüber mit meinem[234] Sohn, der Einleitung treffen wird. Möge Ihnen alles Gute begegnen, halten Sie sich aber immer am Bedeutenden und lassen die gemeinen Gewöhnlichkeiten des Tags an sich hingehen.

treulichst

Dornburg den 1. August 1828.

Goethe.


44/188.


An Johann Heinrich Meyer

Der Gebrauch den Sie, mein Theuerster, von meinem Briefe zu bewußten Zwecken machen wollen ist ganz meinen Wünschen gemäß und ich erwarte nun das Beste davon.

Was die Ausstellung betrifft, so wünsch ich daß solche am 3. September geschehe; allerdings würden Sie deshalb höchsten Ortes Anzeige und Anfrage zu thun haben. Von meiner Seite würde es eine Impietät scheinen, wenn ich nicht darauf antrüge; wie so vieles Andere sind wir dem Hingeschiedenen auch diese Anstalt schuldig und es würde sich nicht gut ausnehmen, wenn wir nach so wenigen Wochen die ersten wären, die eine fromm-thätige Erinnerung an ihn beseitigten. Sind wir über diese Epoche hinaus, so zeigt sich was für die Folge schicklich gesunden wird.

Bringen Sie dieses in guter Stunde bescheidentlich zur Sprache, so können wir alsdann unser Benehmen einrichten.

[235] Ich gratulire zum gewonnen Abschnitt wie zur Lust, einen neuen anzufangen; ich lasse es auch an allerlei Thätigkeit nicht fehlen und muß wohl, um diese langen einsamen Tage einigermaßen auszufüllen.

Die besten Wünsche hinzufügend.

treulichst

Dornburg den 1. August 1828.


44/189.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

Ihnen, mein Werthester, für die bisherigen mannichfaltigen Sendungen zu danken säume nicht länger, da das schon einige Zeit in Weimar liegende Paquet nunmehr zu mir herausgekommen und mir zur angenehmsten Unterhaltung dient; man sieht das Bekannte mit immer neuer Verwunderung und freut sich, den Anblick wiederholen zu können. Die colorirten Blätter sind allerliebst und niemand begreift wohl, wie der Druck in solcher Genauigkeit und Zartheit ausgeführt werden konnte. Im Ganzen macht es mir viel freude daß Sie in Berlin soviel Hülfsmittel gefunden haben, dergestalt daß unter Ihrer Direction etwas ganz Vorzügliches und zwar in kurzer Zeit kann zu Stande kommen.

Durch die traurigen Ereignisse, die uns überfallen und meine Abreise von Weimar verursacht haben, ist versäumt worden, Ihnen das letzte Heft von Kunst[236] und Alterthum zu senden. Es ist Ihnen ja aber sonst wohl zu Handen gekommen und Sie erfahren daraus, daß ich immerfort mit Antheil und Neigung Ihre Bemühungen begleite.

Für das kleine Bild, wo ein Gerüst von Jünglingen vorüber getragen wird, glaub ich eine Erklärung gefunden zu haben; ich theile sie vielleicht nächstens mit.

Auch wenn ich irgend etwas in Berlin zu besorgen hätte, so würde ich Ihr Anerbieten, die Stelle meines Neffen zu vertreten, dankbar annehmen. Der ich übrigens wohl zu leben wünsche und mich den dortigen edel vereinten Künstlern bestens zu empfehlen bitte.

Was Sie an mich gelangen lassen senden Sie nach Weimar.

danckbar theilnehmend

Schloß Dornburg den 1. August 1828.

Goethe.


44/190.


An Friedrich Jacob Soret

Schloß Dornburg den 1. August 1828.

Vor allen Dingen wünscht ich, mein Theuerster, Sie überzeugten sich, wie großen Werth Ihre Briefe für mich haben müssen. Was kann mir angenehmer seyn, als gleichsam in einem magischen Spiegel die ereignisse in Wilhelmsthal zu sehen, wo die würdigsten und edelsten Personen in so bedeutenden Augenblicken[237] wesen und wandeln, wo sich diejenigen, auf die alle unsere Wünsche und Hoffnungen gerichtet sind, wiederfinden und so viele sonst sich begegnen, kreuzen und scheiden.

Lassen Sie mich aussprechen wieviel der Augenblick, auf diese Weise durch ein bezeichnendes Wort festgehalten, für die Ferne so wie in der Folge werth sey. Ich fühle diese alte Wahrheit jetzt recht lebhaft und bitte Sie, sich von dieser Überzeugung zu durchdringen und ja auf das genauste und umständlichste fortzufahren; ich werde mich deshalb höchlich verpflichtet erachten.

Sich selbst, besonders auch Gönnern und Freunden sagen Sie: daß ich mich mit dem hiesigen, mir gleichsam dämonisch angewiesenen Aufenthalt auf eine wunderbare Weise in einem wünschenswerthen Zustand befinde. Sendungen und Briefe legen mir vielerlei Pflichten auf, Studien aller Art, besonders unser Gemeinsames, beschäftigen mich dringend, ein ganzer langer Tag geht durchaus genützt vorüber. Sodann fehlt es auch nicht an Gesellschaft; die Meinigen haben drey Stunden Wegs, die Jenaischen nur eine, und so wird ich denn zu rechter Stunde öfters heimgesucht. Der Anlaß wodurch ich eigentlich hier bin tritt denn auch wieder einmal aus diesen Zerstreuungen hervor, und indem ich den hohen Abgeschiedenen vermisse, hat die Hoffnung, die Seinigen wiederzusehen und mich gleichem Wohlwollen zu empfehlen, auch wieder etwas höchst Erquickendes und[238] Tröstendes. Hier vergleichen Sie nun das Einfache, aus Geist und Gemüth Hervorgehende, gegen das Mannichfaltige wovon Sie mir so anmuthige Kenntniß geben.

Eben von dieser doppelten Betrachtung des Einfachen und Vielfachen wird ich in diesen Tagen durchaus hin und wider oder, wenn Sie wollen, im Kreise herumgeführt, und es ist gerade das gemeinsame Geschäft das hier die Anregung gibt.


Sonntag den 3. August.

Nach einer kleinen Unterbrechung fahre fort zu berichten: daß ich in unserm Geschäft ziemlich vorschritt; ich habe nämlich die beiden Theile der Orga nographie nunmehr völlig durchgelesen, die uns näher berührenden Capitel mehrmals, und habe denn endlich den Abschnitt über die Symétrie végétale, unsern Absichten zusagend, übersetzt. Das unternommene Werklein würde daher ohngefähr Folgendes enthalten:

1) Ein Vorwort, worin erzählt wird, wie ich auf den Gedanken gekommen, diesen Theil der Naturlehre zu erforschen und hervorzuheben.

2) Die Metamorphose selbst.

3) Eine kurze Geschichte wie seit Anno 1792 gedachte Lehre in Deutschland Einfluß gewonnen und auch in Frankreich sich entfaltet. Sämmtlich mit Ihrer Übersetzung an der Seite.

[239] 4) Das Capitel aus der Organographie: Sur la Symétrie des plantes, das heißt: Von der gesetzmäßigen Pflanzen-Bildung, im Original und mit meiner Übersetzung an der Seite.

Dazu noch einzelnes daher Bezügliche aus eben diesem Werke, vielleicht auch einiges was der Verfasser in der Théorie élémentaire hierüber ausgesprochen.

5) Hierauf wenige Noten zu Verständniß und Ausgleichung kleiner Differenzen, welche eigentlich nur aus der Verschiedenheit beider Sprachen entspringen.

6) Wunsch und Aussicht, was durch dieses alles auf das botanische Wissen zu wirken sey.

7) Wenn es räthlich befunden wird, wenige Worte aus der höheren Naturlehre; wo wir den Vortheil haben, daß wir beynahe ganz in der Terminologie sprechen können in welcher Herr Cousin seine jetzt abgeschlossenen Vorlesungen über Geschichte der Philosophie vorgetragen hat.


Alles diese bereit ich vor, damit wenn wir wieder zusammen kommen, unser Werk gefördert und abgeschlossen werde. Ich für mein Theil bin dieser glücklichen Veranlassung ein wünschenswerthes Resumé vieljähriger eigener und fremder Bemühungen schuldig.

Mit den treusten Wünschen

und frömmsten Hoffnungen,

mich allseits empfehlend

J. W. v. Goethe.[240]


Nun habe ich nächstens zu berichten von einer gestrigen sehr angenehmen Fahrt nach Großheringen, wo Ilm und Saale zusammentreffen, eine Beustische Saline steht und starker Holzhandel getrieben wird. gar verständige, wohlgesinnte und wohlhabende Leute hab ich kennen lernen. Nach meiner Rückkunft überraschte mich ein Besuch von Frau v. Löw mit ihrer anmuthigen Tochter; da denn manches frohen Vergangenen und tröstlichen Gegenwärtigen unter traurigen Erinnerungen gedacht ward. Der außerordentlich schöne Tag war diesen sämmtlichen Unternehmungen und Ereignissen höchst günstig.

Wie oben und immer

Dornburg den 3. August 1828.

G.


44/191.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

rechnen es dem traurigsten Ereigniß zu welches uns in den letzten Tagen befiel, daß ich nicht früher anzeigte, wie alles Angemeldete und Erwartete seiner Zeit glücklich angekommen. Wie ich denn auch nicht zweifle, der Druck beider Ausgaben werde seinen eingeleiteten Gang fortschreiten, daher ich mir denn gelegentlich die Aushängebogen erbitte.

Ferner bemerke daß ich in diesen Tagen ein Paquet an Dieselben absende, nach Mailand an die Herausgeber[241] der Zeitschrift L'Eco bestimmt. Da von Ihnen aus öfters Sendungen dorthin abgehen, so bitte gedachtes Paquet beyzufügen und wie es geschehen gefällig anzuzeigen. Die Mailänder Freunde sind von dem Abgang unterrichtet.

Der ich mit den besten Wünschen abschließe und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

ergebenst

Schloß Dornburg den 3. August 1828.

J. W. v. Goethe.


Noch bemerke daß unter dem weißen Papier worauf die Signatur steht die Adresse nach Mailand befindlich ist, weshalb denn jenes wegzunehmen und das Weitere zu besorgen bitte.


44/192.


An die Herausgeber der Zeitschrift »L' Eco«

[Concept.]

Der uns überraschende traurige Fall, unsern unschätzbaren Fürsten zu verlieren, brachte in all unser Thun und Wirken eine Stockung die sich erst nach und nach wieder auflös't, und so geht das Ihnen zugesagte Paquet erst jetzt auf die Post. Ich sende es an Herrn Reichel, Factor bey der Expedition der Allgemeinen Zeitung zu Augsburg, der das Weitere gefällig besorgen wird. Den Heften von Kunst und Alterthum füge noch einiges auf unsern Verewigten[242] Bezügliches bey, das Ihnen gewiß gleichfalls Interesse abgewinnen wird.

Die Fortsetzung Ihrer werthen Zeitschrift fernerhin erwartend, unterzeichne mich mit aufrichtigem Antheil an Ihrem Unternehmen, wie ich es auch in dem letzten Hefte auszusprechen Gelegenheit nahm.

Weimar [Dornburg] den 3. August 1828.


44/193.


An Johann Heinrich Meyer

Da sich eben eine Gelegenheit darbietet, so will ich mit wenigem auf das freundlichste ersuchen: Sie möchten wie es sich thun läßt für die neulich mitgetheilte gnädigst-erfreulichste Resolution den verpflichtetsten dank anstatten.

Ich erinnere mich nicht, ob ich schon gemeldet habe daß ich, durch thätige Theilnahme unseres wackern Soret, wieder in die Botanik gerathen bin, und nun trifft es sich daß ich in diesem Kreise seit einigen Tagen an jenen Vorschlägen zu Verbesserung des Weinbaues Beschäftigung finde, die ein kluger Berliner vor wenigen Jahren zur Sprache gebracht hat. Es ist unendlich angenehm, wenn die richtigen Ansichten, die ein gescheiter Mann aus dem unbefangenen Betrachten der Natur sich erwarb, auch vor einer höhern Instanz Recht behalten.

Auch in diesen Gegenden wird natürlich die Angelegenheit hin und wider besprochen und da unsre[243] gnädigsten Herrschaften hieran so wie an anderm Guten gewiß Antheil nehmen, so gibt dieß wohl in der Folge Gelegenheit zu Unterhaltungen so nützlich als angenehm. Einen Aufsatz habe ich schon zu dictiren angefangen.

Soviel für dießmal mit den besten Grüßen. Sie sehen aus Vorstehendem daß ich fortfahre, durch Fleiß, wobey es auch an Zerstreuung nicht fehlt, mich auf die rechten Wege zu leiten, die mich denn hoffentlich dahin führen werden wohin ich eigentlich gehöre.

treu angehörig

Goethe.

Schloß Dornburg den 6. August 1828.


44/194.


An August von Goethe

Eben als ich im Begriff bin, auf die von Jena erhaltene Sendung zu antworten, seh ich nicht weniger als sechs Engländer den Fußpfad unter meinem Fenster heraufsteigen, die sich denn nach einiger Zeit durch Charten bey mir anmelden. Man hatte sie in's Schloß geführt und ich machte ihnen dort die Gegenvisite; Lord Douro führte das Wort und ich sprach mit ihnen wohl eine Viertelstunde. Sie mochten sich noch eine Zeitlang umgesehen haben. Als ich sie wieder den Bergpfad herunterkommen sah, winkt ich ihnen aus dem letzten Fenster mit dem Schnupftuch; sie mochten's aber nicht sehen, da sie die Hüte in die Augen gegen[244] den Sonnenschein gedruckt hatten. Dieß könnt ihr ihnen zum freundlichen Abschied gelegentlich eröffnen.

Den gegenwärtigen Boten aber send ich ab hauptsächlich um des Weines willen, denn die Gäste trinken gewöhnlich drey Flaschen davon weg, und so reichen die übrigen nicht die Woche durch, besonders wenn einmal ein Freund eintritt. Sende mir durch den Boten war er von Flaschen tragen kann und Sonntags schaffe wieder heraus genugsam, denn morgen muß ich wieder zu dem gefährlichen Rothen meine Zuflucht nehmen.

Sodann wünsche zu erfahren wer wohl Sonntags kommt und ob etwa Riemer mitfährt, den ich, wie schon gesagt, auch einmal wünschte; es schadete nichts, wenn ihr auch zwey Kutschen machtet, wo ich die Fuhre gern bezahle. Die Müllerin von Dorndorf hat mir einen dreypfündigen Aal zugewiesen; vermelde dieß Ottilien, damit sie sieht daß mir so wenig die Müllerinnen als ihr die Briten abgehen.

Ferner liegt ein Reh im Sauern und was sonst noch Gutes zu haben ist. Bringt ihr irgend etwas mit, vielleicht ein vorzügliches Stück Rindfleisch, welches hier selten ist, so kann die Suppe um desto kräftiger werden.

Die beygelegten Expedienda bitte auf die Post zu schaffen.

Auch wünsche die beiden Hefte der eingegangenen Briefe, Januar, Februar, März und April; sie liegen[245] auf dem kleinen Repositorium neben dem Schreibtisch am Fenster.

Ferner wird verlangt ein vollständiges Exemplar meiner neuen Ausgabe. Die ersten Sendungen liegen in den untersten Schubladen am Ofen, die letzte in der obern.

Eckermannen ist die letzte Sendung einzuhändigen, wenn er sie nicht schon indessen erhalten hat.

Auch das Tafel-Kalenderchen wünsche, das im Futteral stickt und sich leicht irgendwo finden wird.

Herrn Geh. Hofrath Helbig grüße zum besten und sage, ich würde die Freyheit nehmen, ihm einen Brief nach Rom zu gefälliger Beförderung nach Berlin zuzustellen.

Concept- und Mittelpapier thäte mir sehr nöthig, deswegen der Schlüssel hier beyliegt. Meine Existenz erfordert Papier mehr als jemals.

Ferner erkundige dich: ob nicht im Geographischen Institut eine neue zulängliche Charte von dem jetzigen Kriegsschauplatz zwischen Russen und Türken vorhanden sey? Rolle solche um einen Stab und, in Ermangelung solcher, unsre alte, und schicke sie.

Noch eins will ich erwähnen, ob es gleich nicht Noth thut: es versteht sich daß weder in Weimar noch hier dießmal von meinem Geburtstag die Rede seyn dürfte. Von allen Freunden wird er am besten im Stillen zugebracht; bespreche dieß mit dem guten Töpfer, den du grüßen wirst, wie gesagt wenn es rgend nothwendig seyn sollte.

[246] Schließlich ersuche ich dich, nunmehr den Bericht wegen Weller zu verfassen und mir das Concept zu schicken. Manches Andere wird sich besprechen lassen, wenn du Sonntags in dem wünschenswerthen Fall bist mit hierher zu kommen.

Das Blättchen zur Hoffmannischen Buchhandlung.

Ein paar Pfund Wachslichte und einige Stangen schwarz Siegellack nicht zu vergessen.

treulichst

Dornburg d. 7. August 1828.

G.


44/195.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

[7. August 1828.]

Um meine Sendung vollständig zu machen, verschob ich das Abschicken, und nun haben mich für viele, besonders aber für mich, höchst wichtige Ereignisse von allen denen Gegenständen hinweggeführt, die eigentlich schon Ihnen gehören.

Nehmen Sie daher freundlichst einstweilen ein Exemplar von Kunst und Alterthum, wo Sie den besten Gebrauch Ihrer Mittheilungen finden werden.

Wie angenehm wäre mir jederzeit Ihre Andeutung auf den 28. August gewesen! sie ist so wohl gemeint und so klug ersonnen daß ich ihr meine Bewunderung nicht versagen kann. Wie es unter jetzigen Umständen werden kann, seh ich nicht voraus, wahrscheinlich bin ich in jener Zeit nicht in Weimar; denn ich muß mir[247] immer noch von hier aus eine weitere Reise vorspiegeln, um mich einigermaßen in meinen Zuständen zu beschwichtigen. Melden Sie mir bis dahin einiges Bezügliche.

Herrn Zahns erstes Heft ist höchst merkwürdig und gut gerathen; ich hoffe viel von diesem Werke und freue mich daß der wackere Mann in Berlin soviel artistische und technische Mittel findet, um seine so lobenswerthen Absichten zu erreichen, und wo er das glückliche Gesammelte, ihm und uns zu Nutzen und Freude, in einiger Zeit zu Gut machen kann.

Nehmen Sie Gelegenheit, dem Herrn Berg- und Hüttendirector Grafen Beust sich vorzustellen und mit meinen besten Empfehlungen zu vermelden: daß ich vor einigen Tagen die Saline bey Großheringen besucht und der glücklich niedergehenden Bohrarbeit beygewohnt, auch mich mit dem wackeren Salzschreiber [Bergmann] obgleich nur kurze Zeit unterhalten habe. Es interessirt mich diese Angelegenheit um so mehr, als Herr Glenck sowohl im Lande als in der Nachbarschaft zu operiren fortfährt und man doch einen Begriff von so bedeutenden Unternehmungen gewinnen möchte.


[Beilage.]

Mitten unter Weingeländern und -Stöcken wohnend, in einer Gegend wo man dieß Jahr gleichfalls eine reichliche Lese hoffen darf, ward ich veranlaßt, des Berliner Kecht merkwürdiges Büchlein, einen verbesserten[248] Weinbau vorschlagend, zu studiren. Ich habe mich mit demselben wohl bekannt gemacht und dessen aus der Erfahrung gezogene Lehren mit den anerkannten Grundsätzen der Pflanzenphysiologie verglichen und sie darauf zurückgeführt. Da ich sie nun auch hier probat finde, so interessirt mich die Sache höchlich. Nun ist aus den der vierten Auflage vorgedruckten Zeugnissen der Königlichen Regierung zu Coblenz und deren Beylagen ersichtlich, daß man auch höheren Orts dieser Angelegenheit Aufmerksamkeit geschenkt und auf dem rechten, wie auf dem linken Rheinufer die Vorschläge praktisch geprüft hat.

Wäre nun von den dortigen Vereinen oder Individuen neuerlich etwas im Druck ausgegangen, so wäre mir höchst angenehm Kenntniß davon zu erhalten. Übrigens wünsche, daß du dich bey der bevorstehenden Weinlese mit erfahrnen Männern hierüber besprechest, welches dir auch in deinem Fache ersprießlich seyn kann, da in den Evangelien des edlen Weinstocks und der damit bepflanzten schönen Berge öfters in allen Ehren Erwährung geschieht. Du weißt ja, wie der Exegese die Naturanschauung kräftig zu Hülfe kommt.


44/196.


An Friedrich Theodor von Müller

[7. August 1828.]

Dieses gegenwärtige Blatt kann ich mit dem angenehmen Zeugniß beginnen, daß der Lebenslauf[249] unseres verewigten Fürsten, den Sie an einem so zarten Faden rasch durchgeführt haben, an allen Orten und Enden den größten Beyfall findet. Sie haben dasselbe zwar schon oft genug und unmittelbar vernommen, aber auch davon mittelbar benachrichtigt zu werden ist bedeutend, indem auf diesem Wege die reinste Wahrheit erklingt! Möge Ihnen alles Unternommene so wohl und glücklich gelingen.

Ich fahre fort, wie diese Wochen her, durch Fleiß und Zerstreuung ein schmerzlich bewegtes Innere zu beschwichtigen; Nach- und Widerklänge bleiben nicht außen und so muß man sich hinzuhalten suchen; denn wer maßte sich wohl an, einem solchen Ereigniß, wie es besonders mich betrifft, gewachsen zu seyn? am wenigsten bedarf es hier für den Verfasser jener edlen Denkschrift einer weiteren Ausführung.

Da ich durch die freundliche Theilnahme unseres guten Soret wieder ganz in die Botanik gekommen bin, thut sich hier für mich der eigene Fall auf, daß bey einer reichlich zu hoffenden Weinernte eine neue Methode zur Sprache kommt, die ein Berliner namens Kecht vor einigen Jahren in Anregung gebracht hat. Alle Weinbauer von einigermaßen höherer Cultur sind aufmerksam darauf, und ich habe sofort das von jenem verfaßte Büchlein und zwar die vierte, nach seinem Ableben erfolgte Auflage studirt und mit dem vielfach mich umgebenden Wachsthum der Stöcke, Reben und Ranken vergleichen können.

[250] Mein Erstes mußte seyn, jene aus der Erfahrung geschöpften Ansichten auf die anerkannten Grundsätze der Pflanzenphysiologie zurückzuführen, wo sich denn, nach genauerer Einsicht, sein Vortrag durchaus bewahrheitet und seine Naturansichten recht eigentlich begründen, indem wir die höheren Ursachen der Erscheinungen, die er vorführt, auszusprechen befugt sind.

Dieß sey also eine Weile genug, daß wir das Rechte und Nützliche wissen; inwiefern es eingreift wird die Zeit lehren. Sehr viel thun hiezu gewiß die von gebildeten Männern gestifteten Vereine, wo durch Versuche die Grundsätze erprobt und durch Nachdenken auf verschiedene Weise die Anwendung möglich gemacht wird. Ich denke eine Darstellung nach meiner Weise zu versuchen und dadurch der guten Sache förderlich zu seyn, daß ich sie zugleich einfacher und ausführlicher behandle. Wir wollen sehen was gelingt. Der Antheil unserer gnädigsten Herrschaften an solchen Aufklärungen und Verbesserungen wird alles zum schönsten und schnellsten fördern.

Des theuren Grafen Reinhard Brief ist wie alles was von seiner Hand kommt wahrhaft stärkend, da sich überall ein gefaßter, umsichtiger, theilnehmender und immer gleicher Mann ausspricht.

Auf die Übersetzung des Dante Bezügliches wäre ich im Augenblick verlegen etwas auszusprechen; man hat den großen Fehler begangen, daß man die Noten[251] unmittelbar untern Text setzte. Kaum ließ man sich in jene düstre, furchtbare Stimmung, in jenes Nächtliche, Gräuliche wider Willen hineinziehn, so reißen uns die Noten wieder an's Tageslicht historisch-politisch-, kritisch-ästhetischer Aufklärung und zerstören jene mächtigen Eindrücke ganz und gar. Es klingt wunderlich! aber ich habe diese zehn Gesänge zweymal gelesen und bin nicht zum Wiederanschauen des Gedichtes gelangt, das man mir sonst schon so bekannt ist; immer schieben sich meiner Einbildungskraft die Noten unter. Die Händel der Guelfen und Ghibellinen in ihrer leidigen Wirklichkeit verderben mir den Spaß, bösartige Menschen so recht aus dem Grunde gepeinigt zu sehn. Sagen Sie niemanden nichts hiervon. Die Übersetzung könnte mir ganz angenehm seyn, auch läßt sich zu guter Stunde darüber was Freundliches sagen und jener Nävus nur beyher bemerkt werden, der als dann bey weiterer Fortsetzung vermieden und zuletzt, bey Herausgabe des Ganzen, woran es doch auch nicht fehlen wird, völlig beseitigt werden [kann].

Verzeihung dem Vorstehenden; es ist so in die Luft gesprochen, von einer schnellen Feder aufgefaßt worden.

treu gemeint

G.[252]


44/197.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit, nochmals mit einem kleinen Auftrag zu behelligen: es liegen nämlich im Haag bey der Canzley des Ministeriums der Marine und der Colonien sechs Paquete unter meiner Adresse, welche die Batavische Genossenschaft für Künste und Wissenschaften an mich abgesendete, wovon ich dorther schon früher unterrichtet war; nun wünsche ich, Sie möchten die Gefälligkeit haben, solche für mich in Empfang nehmen zu lassen. Ich lege daher ein Schreiben an den Herrn General-Secretär bey welches, als Vollmacht geltend, Sie zu diesem Geschäft hinlänglich berechtigen wird.

Hiebey ersuche Dieselben, Sie möchten nachstehende Werke für mich besorgen und den Betrag auf meine Rechnung setzen, nicht weniger Michaelis was ich bisher schuldig geworden anzeigen und alsdann vierteljährig mir die Rechnung stellen, da ich denn ungesäumt die Zahlung besorgen würde. So eben wird mir Ew. Wohlgeboren Schreiben vom 24. Juli gebracht, da ich denn noch schließlich versichere daß es den Weimarischen Kunstfreunden immer zum Vergnügen gereicht, wenn sie einmal aufrichtig loben können.

[253] Der ich mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle und wie bisher alles mir Bestimmte nach Weimar zu senden bitte.

Dornburg den [7.] August 1828.


44/198.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Die baldige Expedition einer höchst interessanten Sendung erwidere mit dem besten Dank, sende das Vermehrungsbuch zurück und bitte beyliegenden Brief an Körnern bestellen zu lassen.

Außerdem vermelde daß ich dieser Tage her Ursache gefunden habe, mich um des Berliner Kechts Vorschläge zu Verbesserung des Weinbaues zu bemühen; nun sagten Sie mir neulich daß zu diesem Zweck sich ein Verein in Jena gebildet habe. Wollen Sie sich wohl erkundigen, wer diese Angelegenheiten besonders leitet? und ob man vergangenen Herbst schon angefangen hat, jener Methode gemäß einiges vorzunehmen, und nach vollbrachter Weinlese darinne fortzufahren geneigt ist?

Da ich hoffe, Sie nächsten Sonntag bey mir zu sehen, wo sich hoffentlich gute Gesellschaft einfinden wird, so bringen Sie mir hierüber vielleicht schon einige Nachricht; ich habe diese Vorschläge nach physiologischen Grundsätzen geprüft und finde sie tief in der Natur des Weinstocks gegründet. Leider finden dergleichen[254] dem Herkommen widerstrebende Neuerungen, sie mögen so vortheilhaft seyn als sie wollen, schweren Eingang, deshalb es Schuldigkeit ist, insofern es an uns liegt, sie zu fördern.

Möchten Sie für den Sonntag eine Melone anschaffen, die wohl irgend ein Gärtner verkäuflich abläßt; ich ersetze die Auslage dankbar.

Sodann aber bitte um ein Lexikon, französisch und deutsch, ingleichen um das Riemerische griechisch-deutsche. Beides bitte Sonntags mitzubringen.

Mit den freundlichsten Grüßen

und Wünschen schließend

Dornburg d. 7. Aug. 1828.

Goethe.


44/199.


An Johann Christian Friedrich Körner

Indem ich den mitgetheilten Brief zurücksende, ersuche Dieselben um Nachstehendes:

1) Mir das Buch hierher zu senden, welches Sie mir neulich vorwiesen.

2) Mir zu erklären, was es mit dem im Briefe gemeldeten achromatischen Doppelspath-Prisma für eine Bewandniß habe? und aus welcher Schrift man sich hierüber näher unterrichten könnte?

3) Wünsche eine stark vergrößernde Linse. Eine doppelte, die man einzeln und zusammen gebrauchen kann, wäre mir die angenehmste.

[255] In Hoffnung, an schönem Tage Sie um die bewußten Versuche ansprechen zu können, unterzeichne mich

ergebenst

Dornburg den 7. August 1828.

Goethe.


44/200.


An Quarles van Ufford

[Concept.]

Monsieur!

Je [ne] manque pas de Vous remercier sincérement de ce que Vous avez bien voulu m'informer de l'arrivée de six paquets á mon adresse expédiés par la Société scientifique de Batavie et déposés á la Secrétairerie du Ministére de la Marine et des Colonies.

Or comme Vous avez la bonté de me marquer que lesdits paquets seroient délivrés á un mien fondé de pouvoir, sans aucuns fraix, sur l'exhibition d'une lettre autographe de ma part, je ne tarde pas de Vous prier par la présente de vouloir les délivrer á Mr. Charles Jügel, libraire de Francfort sur le Mein, ou á celui qu'il auroit chargé de les retirer.

Exprimant d'avance la reconnaissance la plus vive j'ai l'honneur de me souscrire avec une considération parfaite

Monsieur

Votre trés humble

et trés obéissant Serviteur

Weimar [Dornburg] ce 8. Août 1828.

J. W. de Goethe.

main propre[256]


44/201.


An Thomas Carlyle

(Fortsetzung des vorigen Briefs.)

Ottilie grüßt Madame Carlyle zum allerschönsten; sie und ihre Schwester haben eine Stickerey angefangen, welche mit diesem Transport fortgehen sollte. Diese freundliche Arbeit, durch nothwendige Badereisen und nun durch das traurigste Ereigniß unterbrochen, soll, hoff ich, obgleich später, in anmuthiger Vollendung dort eintreffen.

Der dritten Lieferung meiner Werke lege auch das neuste Stück von Kunst und Alterthum bey; Sie werden daraus ersehen daß wir Deutsche gleichfalls im Fall sind, uns mit fremden Literaturen zu beschäftigen. Wie durch Schnellposten und Dampfschiffe rücken auch durch Tages-, Wochen- und Monatsschriften die Nationen mehr an einander, und ich werde, so lang es mir vergönnt ist, meine Aufmerksamkeit besonders auch auf diesen wechselseitigen Austausch zu wenden haben. Doch hierüber möchte in der Folge noch manches zu besprechen seyn; Ihre Bemühungen kommen zeitig genug zu uns, den unsrigen sind auch schnellere Wege gebahnt; lassen Sie uns der eröffneten Communication immer freyer gebrauchen, besonders geben Sie mir zunächst einen hinlänglichen Begriff von Ihrem gegenwärtigen Aufenthalt: ich finde Dumfries ein wenig über dem 55. Grad am Fluß Nith, unsern dessen Ausmündung in das[257] Meer; wohnen Sie in dieser Stadt oder in der Nähe? und auf welchem Wege erhalten Sie meine Paquete, da Sie am westlichen Meere gelegen sind? Wahrscheinlich noch über Leith und dann zu Lande. Doch wie es auch sey, lassen Sie bald von sich hören in Erwiderung des Gegenwärtigen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau; ich lege dießmal wenigstens einige Noten für sie bey.


Gleichzeitig mit dem den 18. Juni von hier mit der Post abgegangenen Schreiben. Abgesendet von Schloß Dornburg an der Saale; mit Bitte, alles an mich Abgehende nach Weimar zu adressiren.

G.


Den traurigsten Fall der uns betraf, daß wir unsern unschätzbaren Fürsten verloren, habe früher schon gemeldet und ist Ihnen auf jeden Fall durch die Zeitungen bekannt geworden. Ich lege eine kurze wohlgerathene Schrift zu seinem Gedächtniß bey, woraus Sie den allgemeinen Verlust beurtheilen, zugleich aber auch näher an meinem Zustande Theil nehmen werden, wie ich mich, nach einem mehr als funfzigjährigen Zusammenleben, bey einer solchen Entbehrung finden muß. Manches was ich hinzufügen wollte unterbleibt für dießmal; indessen ist es Bedürfniß, alle meine übrigen Lebens-Verhältnisse emsig fortzusetzen, weil ich nur darin eine Existenz finden kann, wenn ich, in Betrachtung dessen was er gethan und[258] geleistet, auf dem Wege fortgehe den er eingeleitet und angedeutet hat. Leben Sie recht wohl und lassen bald von sich hören.

and so for ever

Schloß Dornburg den 8. August 1828.

Goethe.


44/202.


An Carl Friedrich Zelter

Das Regenwetter, das euch das schöne hohe Fest verdarb, wüthet hier oben recht wüst und wild an mir vorbey, seit acht Tagen und heute besonders. Ohne zu übertreiben darf man sagen: es ras't manchmal von Westen nach Osten quer über das Thal hin ein Regenguß, dicht wie Nebel, der die gegenüberstehenden Berge und Hügel völlig zudeckt. Dann scheint die Sonne einmal wieder hindurch und thut gute Blicke. Von solchen Abwechselungen könnt ich viel erzählen, besonders von ruhmwürdigen doppelten, durch einen dunkelgrauen Streif getrennten, sich unten zu einem sich abschließenden reinen Kreis, versteht sich bey Sonnenuntergang, hinneigenden Regenbogen. Rufe wo möglich aus diesen Worten das herrliche Bild in der Einbildungskraft hervor.

Wäre die Witterung nicht gar zu toll und daher auch die Terrassen, trotz ihrer gewöhnlichen Schnelltrockenheit, ungehbar, so dictirt ich diesen Brief nicht, und also ist auch ein solches Eingreifen der Atmosphäre in unsere Willensfreyheit zu loben.

[259] Meinem alten Joachim Jungius bin ich nun noch einmal so gut daß er dich veranlaßt hat, das liebe lehrreiche Blatt zu schreiben; es ist gerade soviel als ich bedarf und etwas mehr, gerade soviel was ich verstehe und darüber noch etwas das ich ahne. Dieß mag denn genug seyn, da du deiner Mittheilung selbst eine symbolische Wendung gibst.

Wenn man sich nur halbwege den Begriff von einem Menschen machen will, so muß man vor allen Dingen sein Zeitalter studiren, wobey man ihn ganz ignoriren könnte, sodann aber, zu ihm zurückkehrend, in seiner Unterhaltung die beste Zufriedenheit fände. Es war mir darum zu thun, auch nur einigermaßen gewahr zu werden, was dieser von Haus aus grundgründliche Mann könnte seinen Schülern in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts dictirt haben. Er war schon in sehr jungen Jahren Professor der Mathematik und Physik zu Gießen, da ihm denn auch späterhin das Übliche der Tonlehre nicht verborgen noch fremd bleiben konnte.

Danke Herrn Mendelssohn für die nähere Bestimmung jenes zu Unterscheidenden. Es war der Fehler des Redacteurs, der zwey verwandte Dinge zusammenschmolz. In Berlin sind so viele artistische und technische Thätigkeiten, wie polizeyliche und freysittliche, daß man sie in der Ferne nicht aus einander halten kann. Hat Herr M., wie ich sehe, auf die Thätigkeit des Herrn Dr. Klöden wirksamen Einfluß,[260] so möge er ja meine Wünsche wegen der Fürstenwalder Granite mit zu befördern suchen. Ich wünschte dem lieben Preußen dießseits der Oder und Spree für mein Leben gern zu einem solid gegründeten Urgebirg [zu] verhelfen, damit wir nicht wie bisher schmählicherweise bey Schweden und Norwegen zu Lehn gingen. Verzeihe mir! Aber die Dinge machen mir alle Spaß. Ich weiß recht gut was ich will, und weiß auch was andere wissen und sich und anderen weiß machen wollen. Die größte Kunst im Lehr- und Weltleben besteht darin, das Problem in ein Postulat zu verwandeln, damit kommt man durch. Ob deine Philosophen dir das erklären mögen, weiß ich nicht; mein alter Jungius in seiner Logica hamburgensi hat darüber Auskunft gegeben.

Wie dieses Geschreibe auf dem Papier sich ausnehmen wird, darum darf ich mich nicht bekümmern. Blicke du immer wieder einmal auf dem Kupferstiche nach dem letzten winzigen Schlößlein links und nimm es gut auf daß der Freund, von böslichem Regen umsaus't, seine Gedanken zu dir wendet.

Doch mag der Regen so böslich nicht seyn; denn in dem Augenblicke, da die Atmosphäre in einen ruhigen Zustand zurückkehrt, sind die weiten und breiten Wiesen auf- und abwärts wirklich blendend grün. Der Fluß schlängelt sich ganz gemüthlich um die Berge gegenüber, oben mit Wald, tiefer herab mit Büschen; und alles was sonst Recht hat grün zu seyn steht klar farbig[261] und gewaschen. Die Weinberge nehmen sich hoffnungsvoll aus, die sonne tritt, zum Niedergange sich neigend, wie gewöhnlich nochmals hervor; da wollen und müssen wir denn alles gelten lassen.

Lebe wohl mitten unter Menschen, Tönen, Geschäften und Zerstreuungen, gedenke mein; nimm irgend eine Gelegenheit bey'm Flittig und nöthige ihr ein gutes Blatt ab. Sende nur immer nach weimar, ob ich gleich von hier noch nicht wegzugehen gedenke; denn wo soll ich soviel Aussicht und Einsicht sogleich wieder finden? Wenn ich hinunter nach dem Schieferhofe sehe, gedenke ich dein, das Fensterchen erblickend, woran du magst vor Zeiten gesessen haben.

und so fortan!

Dornburg den 9. August 1828.

G.


N. S. Höchlich erfreute mich dein Antheil an meiner Ableitung der neugriechischen Bildung. Ich habe das Wenige mit Ernst und Sorgfalt zu Steuer der Wahrheit niedergeschrieben, für gescheite Leute die sich an's Haltbare halten wollen. Die Philhellenen des Tags werden schiefe Mäuler darüber ziehen, deshalb steht es da. Über diese Angelegenheit, wenn man sie weiter führen wollte, ist noch gar viel zu sagen; auch steht das Nächste schon auf dem Papiere; alles auszusprechen ist noch nicht Zeit.[262]


44/203.


An Johann Heinrich Meyer

Die wilden Wetter die uns hier an der Ecke gewaltsam bestürmen thun mir nicht viel zu Leide; denn indem sie mich hindern, die lieben Terrassen zu besuchen, so nöthigen sie mich hineinwärts, wo mannichfache Geschäfte zu besorgen und über manches hinauszuschreiten ist. Eigentliche aber betrüben mich diese Sturmregen, da sie von Ihnen zu uns herüberkommen und unsre theuren Fürsten wohl nicht den heitersten Empfang in Belvedere möchten genossen haben.

Doch dieß wechselt in gegenwärtiger Jahrszeit von Stund zu Stunde; und so erleuchtet die Sonne nach einem solchen allgemeinen heftigen Abwaschen auf eine ganz eigene Weise die Gegend. Ich kann Sie versichern, daß das Grün der Wiesen blendend ist, wie ich es nie gesehen habe, so daß man die Augen abwenden muß. Wie denn auch alles Grüne der gegenüberliegenden Berge frisch und leuchtend erscheint.

Mein Aufenthalt wird mir von Tage zu Tage heilsamer und lieber; gar mannichfaltige Thätigkeit wird fortgesetzt, andere knüpft sich neuerlichst an, so daß es mir selbst komisch vorkommt, mit welcher Leidenschaft ich das zur Sprache gebrachte Weinbaugeschäft seit acht Tagen ergreife. Das Herrliche hat aber die Natur, wie man auf sie losgeht, daß sie immer wahrer wird, sich immer mehr entfaltet, immer neu erscheint,[263] ob sie gleich die alte, immer tiefer, ob sie gleich immer dieselbe bleibt.

Ein Büchlein das ich sende wird Sie gewiß interessiren. Freund Dorow manifestirt sein Talent auf einem höheren Schauplatze. Im Auffinden und Aneignen hat er sich am Rheine wacker geübt, dieß scheint er nun in Italien fortzusetzen. Er schreibt mir daß er zweyhundert gemahlte Vasen mit den wichtigsten, bis jetzt noch nie gesehnen mythologischen Darstellungen, reich und voll mit Inschriften versehen pp!! anzuschaffen das Glück gehabt habe. Was uns dabey zu Gute kommt ist daß er eben so sehr nach öffentlichen Ehren als nach Besitz strebt, daß er vieles eilig herausgeben wird, da ihm besonders die Lithographie zu statten kommt. Sein Text wird manche historische Notiz enthalten und, mit Kritik gebraucht, immer zu nutzen seyn. Soviel läßt sich voraussehen. Die Darstellungen der Tafeln, welche mitkommen, scheinen mir neu, nach manchen Seiten hinweisend und bedeutend. Sie werden den Werth derselben beurtheilen als ein Wissender vom Anfang her bis auf's Neuste. Ich kenne nicht einmal Inghirami durchaus und bin nur durch Dorows Aufsatz wieder in jene Regionen hingezogen worden.

Gegenwärtiges wünsche mit meinen Kindern nach Weimar zu spediren, daher wird mir schließlich zur Pflicht, Sie, mein Werthester, dringend zu ersuchen, mich höchsten Ortes treu-angelegentlichst zu empfehlen,[264] zugleich mir fortgesetzte unschätzbare Huld und Gnade zu erbitten.

Herrn Hofrath Soret danken Sie zum schönsten für seine bisherigen und seinen letzten Brief von Belvedere. Ich hoffe, unsere Angelegenheit wird sich nun immer mehr fördern und abrunden; ich werde nächstens demselben noch manches Angenehme und Gute deshalb zu vermelden haben.

Nach allem und vor allem würde ich Sie bitten, mir von dem Befinden Ihro Kaiserlichen Hoheit gefällige Nachricht zu geben.

Und so getrost fortan!

Dornburg den 10. August 1828.

Goethe.


44/204.


An Johann Christian Schuchardt

[Concept.]

Es ist mir sehr angenehm, mein guter Schuchardt, daß Sie eine Angelegenheit zur Sprache bringen die in den letzten Tagen vor meiner Abreise vergessen worden. Da ich die Geldangelegenheit an Herrn Börner besorgt hatte, war mir, als wären die übrigen Kupfer und Zeichnungen auch abgegangen. Diese aber liegen, wie ich von Friedrich erinnert werde, noch gerade wie ich sie zurecht legte, im letzten Zimmer auf dem Tisch: das starke Portefeuille, worin die Kupferstiche sind, die Zeichnungen oben drauf, die wegen[265] Größe des Formats nicht beygepackt werden konnten. Diese letzteren versehen Sie mit irgend einer steifen Hülle, Pappe oder Brettern, und emballiren beides, so daß es sicher fortgehen kann. Schicken Sie solches, unfrankirt, mit der fahrenden Post, nach Leipzig und ersuchen Herrn Börner, mir das Porto in Rechnung zu stellen.

Fahren Sie fort, in Ihrem Geschäft eine feine Ordnung wie bisher zu beobachten, sich in dem was Kunst, besonders auch was Kupferstiche und dergleichen betrifft, zu unterrichten; ich suche mich hier in der freyen Umgegend wieder herzustellen, daß wir hoffentlich bald unsre Morgenarbeiten wieder antreten können.

Mit den besten aufrichtigsten Wünschen.

Dornburg den 10. August 1828.


44/205.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hiebey folgen, mein werthester Herr Doctor, die zu dem Paquet nach München, welches auf die Post gegeben wird, nöthigen Papiere: die Adresse und die Declaration. Womit ich mich bestens empfehle und bemerke, daß Sie wohlthun werden, morgen sich in Jena einheimisch zu halten.

Dornburg den 10. August 1828.

G.[266]


44/206.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben schon einigemal die Gefälligkeit gehabt, an meinen Freund Herrn Carlyle in Schottland Paquete zu spendiren; nun sende abermals mit der fahrenden Post eines welches gleichfalls an ihn gelangen zu lassen bitte. Da er aber den Aufenthalt verändert hat, so ist seine Adresse gegenwärtig:

Mr. Thomas Carlyle Esquire

of Craigenputtock

Dumfries Scotland

wohin also gedachtes Paquet zu richten wäre. Die Auslage für das Porto bis zu ihm bitte mir in Rechnung zu stellen und den Betrag gefällig anher zu vermelden, welcher alsbald erstattet werden soll.

Dürft ich Sie ersuchen mich zugleich zu benachrichtigen: auf welchem Wege diese Sendung an ihn gelangt, da er nunmehr an der westlichen Seite wohnt und die Schiffe welche dergleichen Paquete transportiren doch wohl irgend in einem östlichen Hafen landen werden. Verzeihen Sie der Bemühung, welche Ihnen durch die Ertheilung einer mir wünschenswerthen Nachricht zuwächs't.

Mich zu geneigtem Andenken auch fernerhin bestens empfehlend.

Weimar [Dornburg] den 13. August 1828.[267]


44/207.


An Friedrich Jacob Soret

Die Vortheile Ihrer Zuschriften, mein Theuerster, wie sie von Wilhelmsthal zu mir gelangten, gedenk ich nicht von Belvedere aus zu entbehren, es müßte denn dadurch für Sie eine allzu große Unbequemlichkeit erwachsen.

Indem ich nun zu glücklicher Ankunft meine herzliche Beystimmung gebe, habe ich manches mitzutheilen.

In mineralogischem und geologischem Sinne ist mir ein gar schätzbares Heftlein zugekommen: Die Lagerstätte des Goldes und Platin im Ural-Gebirge, von Dr. Moritz v. Engelhardt, von einem scharfsichtigen, einsichtigen, wohldenkenden, freyen Manne geschrieben, wodurch mein Wunsch erfüllt wird, daß wir nunmehr Gebirg und Gangart kennen lernen, welche durch Verwitterung, Zerbröckelung, Auflösung zu Verschüttungen und Zuschüttungen der allernächsten Thäler und Schluchten Veranlassung gegeben. In seinen ganzen Erklärungen ist nicht das mindeste Gewaltsame, sondern man sieht die Natur wie sie still wirkt und wie ich sie liebe.

Diese Belehrung wäre nun zwar genugsam schön und gut gewesen, aber man wollte mich nicht blos unterrichten, sondern mir auch sinnlich imponiren; deshalb fügte man einen prächtig verguldeten Gypsabguß[268] von dem Knollen gediegenen Goldes hinzu, welcher 1826 am Ural gefunden worden; das Gewicht desselben soll beynahe einen Viertelzentner betragen.

Ich läugne nicht daß es mir sehr viel Vergnügen macht, ein solches Facsimile bey mir als Fetisch aufgestellt zu sehen, und hoffe mit Verlangen auf den Augenblick, wo ich Sie davorführen kann.

Unsere botanischen Bemühungen erweitern sich immer mehr. Ich erwarte De Candolle's Théorie élémentaire, um an diesem Faden das Ganze nochmals ernstlich durchzugehen. Wundersam aber muß ich finden daß ich durch eine Revolution, mit der die bisherige Art den Wein zu bauen bedroht ist, auch auf dieses merkwürdigste aller Vegetabilien geführt und, mitten unter Weinbergen, genöthigt worden bin, die neuen Vorschläge des Mannes, eines kurzverstorbenen Bürgers von Berlin namens Kecht zu prüfen und auf physiologische Normsätze zurückzuführen. Hier nun finde ich des Mannes Gedanken probat und bin höchst neugierig, inwiefern diese neue Behandlungsweise bald oder nach und nach Eingang gewinnen kann. Es wäre das erste Mal nicht daß eine Laie eine ganze Gilde zu Schanden macht, aber auch nicht das erste Mal daß die Gilde des Laien gute Aper(us und Vorschläge unterdrückt. Vieles Wichtige kommt jedenfalls dabey zur Sprache.

Den Anfang Ihrer geneigten Übersetzung hab ich mir nicht ausgebeten, wie ich denn auch alles was[269] von mir in dieser Materie gedruckt worden bisher zu lesen vermied; ich wollte mich erst ganz mit dem gegenwärtigen Zustande des Wissens bekannt machen, mich daran prüfen, meine früheren Gedanken wieder hervorrufen, hiernach käme ich ganz frisch zu der Arbeit, wenn wir Original und Text zu vergleichen bey nächster Zusammenkunft unternehmen.

Wollten Sie indessen Ihre Arbeit abgeschrieben wissen, so schicken Sie inliegendes Blatt an Registrator Schuchardt, dem ich dazu den Auftrag gebe. Er hat ohnehin jetzt Zeit und wünscht selbst einige Beschäftigung.

Die schönen Hoffnungsbilder, die Sie mir zu Gunsten Dornsburg vor die Seele brachten, verschwinden leider alle nach und nach. Nun gibt mir jedoch Dr. Weller die schöne Aussicht daß es möglich wäre, Sie, mein Theuerster, bey mir zu sehen; nehmen Sie ja einen Tag wo das Barometer hoch steht, bey Ihnen wenigstens 27' 7''; um einiges tiefer wüthet der Westwind mehr als billig ist.

Unsern gnädigsten Herrschaften empfehlen Sie mich auf das allerbeste und versichern dankbar, daß ich in Dornburg eines lange nicht gekannten körperlichen Wohlseyns genieße und daß der Geist auch wieder auf eine freyere Thätigkeit hoffen darf. Ihrem lieben Erbprinzen wünsche nicht weniger empfohlen zu seyn; möge auch er meiner treuen Anhänglichkeit gewiß verbleiben.

[270] Gräfin Line wünsche von Herzen in den besten für sie denkbaren Zuständen wiederzusehen und mich ihrer kindlichen Neigung zu erfreuen.

In Hoffnung baldiger mündlicher Mittheilung

treu gesinnt

und ergeben

Dornburg den 13. August 1828.

J. W. v. Goethe.


44/208.


An Johann Christian Schuchardt

[Concept.]

Sie haben, mein guter Schuchardt, einiges in dem bisherigen Sinne und Verhältniß zu arbeiten gewünscht; nun ergibt sich gerade daß Sie Herrn Soret und mir zugleich einen Dienst erweisen können, wenn Sie eine Übersetzung die er von meiner Metamorphose der Pflanzen übernommen hat mundiren wollen.

Erhalten Sie dieses Billett, so verfügen Sie sich zu ihm und vernehmen von demselben das Weitere.

Mit den besten Wünschen.

Dornburg den 13. August 1828.


44/209.


An Friedrich Theodor von Müller

[13. August 1828.]

Ist denn die Einwilligung der Theilnehmerin zum Kauf des Gutes Bergern eingelangt? Ich habe meine[271] Glückwünsche verschoben, um sie nicht zurücknehmen zu müssen; der Gedanke ist gar zu hübsch, als daß ich ihn aufgeben möchte. Wie Sie einziehen, müssen wir Ihnen gleich einiges Gebildete an die Wände stiften.

Unseres edlen Freundes am Mayne wichtiges Schreiben hat mich bey'm wiederholten Lesen erfreut und erbaut; es wird mir sehr angenehm seyn, zu vernehmen was in dem dortigen Kreise von denen in meinem letzten Heft vielfach berührten Gegenständen einige Aufmerksamkeit erregt. Zelter hat sich besonders an die Ableitung der neugriechischen Literatur von frühen Zeiten her gehalten, welches mich höchlich erfreute, da ich diesem Aufsatz viel Sorgfalt zugewendet und wohl das Doppelte, auf diesem Wege Fortgeschriebene noch zurückhalte, bis Gelegenheit und Gunst es hervorlockt.

Von Moskaw erhielt ein merkwürdiges prächtig verguldetes Facsimile der großen Goldstufe, welche im Jahr 1826 am Ural gefunden wurde; ihr Gewicht betrug beynahe einen Viertelzentner. Sie wird zu St. Petersburg bey'm Bergcadetten-Corps aufbewahrt; ein vergoldeter Gypsabguß verschafft auch uns die unmittelbare Anschauung.

Es ist ein sehr glücklicher Gedanke, das in jetziger Zeit sehr weit vorgeschrittene Gypsabgießen auch auf Naturgegenstände auszudehnen, wie es Cuvier auf die Fossilien that und bey Kunstgegenständen[272] längst herkömmlich ist. Wenn ich das Vergnügen habe, Sie bey mir zu sehen, werden Sie diesem Fetisch auf meinem Hausaltar gewiß alle Ehre erweisen.


44/210.


An August von Goethe

Das Wetter ist hier so wild und wüthend und bey euch gewiß auch so ausgezeichnet schlecht, daß ich weder hoffe noch wünsche, dich morgen hier zu sehen. Ich schicke Gegenwärtiges durch Stichlings, welche mit dem Legations-Secretär Weyland nach Weimar gehen.

In beykommendem Paquet ist ein anderes, welches du gleich auf die Post gibst. Alles was zur Expedition nöthig ist findet sich in dem beygebundenen Couvert; sonst ist nichts weiter dabey zu beobachten.

Wenn du nicht kommst, so wüßte weiter nichts zu erinnern, denn es geht mir nichts ab als der Wein. Ich weiß nicht, wenn Stichlings zurückkehren, die nähmen ja wohl einige Flaschen mit, und du wirst ja auch sonst wohl zu sorgen wissen.

Meine Arbeiten gehen gut vorwärts, aber das wilde Wetter ist doch zu arg; der Sturm saus't dergestalt an meine Mauernecke daß ich mich umbetten muß; er hat mich den größten Theil der Nacht wach und unruhig gehalten.

Grüße Ottilien! Die amerikanischen Freunde habe nach Möglichkeit freundlich behandelt. Ein Blättchen[273] für Candler erhält sie nächstens. Ich befinde mich sehr wohl, habe nicht den mindesten Anstoß zeither gefühlt, nur das über alle Begriffe wüste Wetter macht unbehaglich. Lebe wohl und sende von Zeit zu Zeit, wie sich's schicken will.

Alles Gute!

treulichst

Dornburg den 16. August 1828.

G.


44/211.


An Friedrich Theodor von Müller

[16. August 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

Vorschlag, die goldene Verdienstmedaille an Herrn Moitte zu verehren und zwar baldmöglichst, kann ich unter gegebenen Umständen nicht anders als vollkommen billigen. Herr Geh. Hofrath Helbig wird dazu verhelfen können.

Artig wäre es, wenn man zugleich die kleine goldene Medaille Herrn Stapfer verehrte; Sie machen so manches möglich und also wohl auch dieses.

Dieser Sendung wäre jedoch die Notiz hinzuzufügen, daß ich von meiner Seite nächstens auch etwas Angenehmes zu überschicken und zu vermelden gedächte.

Hierauf wäre denn die Bestellung in Berlin nicht zu erneuern, weil sie uns in dem gegenwärtigen Falle[274] nur unbequem werden müßte und allenfalls, im Verfolge modificirt, erneuert werden könnte. Worüber mündlich.

Heute ist Dornburg fürchterlich und schon seit einigen Tagen. Ein wüthender Sturm saus't nun schon seit 24 Stunden an meiner Ecke her, so daß man nicht zur Besinnung kommt. Das festgegründete Haus ist noch ein Tropf, wenn man an die Unglücklichen denkt, die tag- und nächtelang gegenwärtig auf den Wellen geschaukelt werden.

Ich habe diese Unbilden des Sommers (wenn Sie sich erinnern) vorausgesagt und darf deswegen nicht einmal wünschen, daß unsere verehrte Fürstin-Mutter sich herbegebe, denn ein solcher Zustand würde sie und die Ihrigen zur Verzweiflung bringen.

Die guten jungen Männer Weyland und Stichling gelangten unter Sturm und Regen nur mit Mühe von einer Felsecke zur andern. Ich hätte sie mit den Frauenzimmern auf heute Abend eingeladen, die Communication wird sich aber bis dahin nicht wieder herstellen.

Mit Herrn Weyland habe mein Paris recapitulirt und gefunden, daß ich im Geiste dort ziemlich richtig gegenwärtig bin. Das sind wir denn doch unsern jungen Freunden und der lebhaften Communication durch die Lese-Anstalt der Frau v. Pogwisch schuldig.

Die vortreffliche Rede des Herrn v. Fritsch erfüllt auch eine von meinen Weissagungen: daß sobald Geschäftsmänner[275] öffentlich sprechen, wir auch Muster der Redekunst werden aufweisen können. Man muß etwas zu sagen haben, wenn man reden will. Ich bedaure immer unsere guten Canzelmänner, welche sich eine seit fast zweytausend Jahren durchgedroschene Garbe zum Gegenstand ihrer Thätigkeit wählen müssen.

Mit Sir Clare habe ich die Antillen in möglichster Geschwindigkeit recapitulirt und, indem ich zu einiger Zufriedenheit fand, daß ich auch dort ziemlich zu Hause bin, machte ich mir durch seine Mittheilung noch einiges Besondere zu eigen.

Freund Coudray soll mir jederzeit willkommen seyn; überhaupt bedarf es künftig keiner Anmeldung mehr, wer vor 12 Uhr kommt, findet eine hinreichende Mahlzeit, wer erst gegen 2 Uhr eintritt, nimmt vorlieb.

Um Einsiedels Andenken müssen Sie sich auch noch verdient machen. Es bleibt weiter nichts übrig als dieser Entschluß. Die Schwierigkeit liegt darin, den Lebensgang eines milden geselligen Mannes aufzufassen, dessen Gegenwart schon ein Räthsel war.

Sie denken, mein Theuerster, wie in solchen Sündfluthstagen das Dictiren überhand nimmt.

Deshalb fortan! Nach wie vor

in treuer Beharrlichkeit

Goethe.[276]


44/212.


An Auguste Duvau

[Concept.]

[16. August 1828.]

Wenn Sie auch, mein hochgeschätztester Herr, bey Ihrem Aufenthalt in Weimar manches Gute, erfreulich Fördernde mögen erlebt haben, so bleibt doch Ihre dagegen erwiesene Dankbarkeit immer musterhaft. Sie haben die Ehrenmänner, welche jener Zeit so kräftig wirkten, in einem treuen Sinne festgehalten, ihr Andenken nicht allein mit wahrem Gefühl, sondern auch mit ernsten Studien zu ehren gewußt. Sie gaben uns die Resultate Ihres Antheils, Ihrer Forschung schon früher, indem Sie Schillers Gedächtniß erneuerten, und nun erweisen Sie gleichen frommen Dienst unserm Wieland, welcher es allerdings in jeder Rücksicht verdient.

Dieses reine Zeugniß einer dauerhaften Anhänglichkeit an unsere Verhältnisse war mir um so rührender, als es in einer Epoche mich erreichte, wo die Trauer über unsern hingeschiedenen trefflichen Fürsten gar manches Herz erfüllt und das meinige vorzüglich bekümmert, der ich, ihm seit länger als funfzig Jahren angehörend, ein thätiger Zeuge seiner menschenfreundlichen Wirkungen gewesen.

Auch Ihnen wird diese Nachricht zu ernsten Betrachtungen Anlaß gegeben haben, und Sie werden solche bey'm Durchlesen einer gar wohlgerathenen[277] kurzen Lebensbeschreibung, durch unsern Herrn Canzler v. Müller verfaßt, wieder aufnehmen und gewiß nicht ohne innigste Rührung.

Indem ich nun tröstlich finde, auch in so weiter Ferne, in der lebendigsten Stadt, in dem Drang der Geschäfte einen so wahrhaft antheilnehmenden Mann zu wissen, empfehl ich mich Ihrem ferneren Andenken und gefälliger Mittheilung dessen was Sie von Ihren Studien jeder Art im Druck mitzutheilen geneigt sind.


44/213.


An Friedrich Carl Weyland

[Concept.]

Zu gefälliger Besorgung empfiehlt Nachstehendes:

1) Schreiben an Herrn Duvau;

2) Ein Heft Kunst und Alterthum für Herrn Hittorf;

3) Ein dergleichen Herrn Stapfer;

4) In Herrn Biots Traité de Physique Tom. III pag. 366 wird zur Construction eines Micrométre á doubles images ein achromatisches Prisma von isländischem Doppelspath gefordert; man wünscht ein solches zu besitzen;

5) Es sind Gypsgießer in Paris, welche sich unter Leitung des Herrn Cuvier mit Abgüssen der merkwürdigsten Fossilien beschäftigen, als Kinnladen von ausgestorbenen Thierarten und dergleichen. Geben[278] etwa solche Leute eine Art Preiscourant aus? d.h. ein Verzeichniß der Gegenstände welche sie anbieten mit dem Preise derselben? Ein solches Verzeichniß wünschte man zu besitzen, um für die dießseitigen Museen eine Auswahl treffen zu können.

Die jedesmaligen Auslagen würden vielleicht in den Gesandtschaftsrechnungen bemerkt und der Behörde dankbar restituirt werden können.

In angenehmer Erinnerung einer heitern lehrreichen Unterhaltung, mit Bitte, Freunde und Wohlwollende in Paris bestens von mir zu grüßen, empfiehlt sich zu geneigtem Andenken und fernerer Mittheilung

Dornburg den 16. August 1828.


44/214.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Das für Candler bestellte Blättchen erfolgt hierbey, eingelegt in den ersten Theil St. Valentinstag, wovon ich mir den zweyten ausbitte. Es ist immer das große Talent, das einem reichen Stoff den menschlichen Gehalt abzugewinnen, die gehörigsten Einzelnheiten durchzuarbeiten und jede Situation bis auf's Höchste zu steigern vermag. Wie der schroffe heldenmüthige Waffenschmidt zuletzt noch den Hund der vagirenden Sängerin zu tragen genöthigt wird, ist mehr als meisterhaft.

[279] In Erwiderung sende mir auch einige Fläschchen Pomeranzen-Essenz, damit ich meinen Gästen manchmal ein Glas Bischof oder Cardinal vorsetzen könne. Die paar guten Tage beleben mich wieder und geben einen neuen Beweis daß das Barometer, sich erhebend, wüthenden Stürmen gebieten und den Himmel wieder aufklären kann. Heute bin ich vor Sonnenaufgang aufgestanden, da es denn wunderschön war und ein Nebelspiel ohne Gleichen! – Alles Freundliche, auch den guten Kindern.

Dornburg den 18. August 1828.


44/215.


An Carl Ludwig von Knebel

Es ist sehr wacker von dir, mein wahrer alter Freund, daß du mich schriftlich begrüßest, da ich freylich nicht hoffen konnte dich hier zu sehen. Ich habe meinen Wagen nach Hause geschickt, sonst hätt ich dich schon besucht; die Wege auf der Höhe sind widerwärtig fahrbar, den Berg hinunter mag man auch nicht, weil die steile Rückkehr den Pferden allzu schwierig und den Fahrenden fast ängstlich wird.

Also sitz ich hier auf dieser Felsenburg, von der aufgehenden Sonne geweckt, mit der scheidenden gleichfalls Ruhe suchend, den Tag über in gränzenloser, fast lächerlicher Thätigkeit. Es sähe prahlerisch aus herzurechnen, wieviel Alphabete ich gelesen und wieviel[280] Buch Papier ich verdictirt habe. Ich hoffe von allem diesen, daß auch dir manches zu Gute komme.

Indessen hier Kunst und Alterthum, wogegen du mir eine Freundlichkeit erweisen würdest, wenn du die Puncte bezeichnetest, die dich besonders angeregt haben. Bey dem Vielfachen, in Tag und Luft Hineingeschriebenen, ist es belohnend zu erfahren, daß eins und das andere von einem guten Geiste widerklingt.

Staatsrath Loder hat mir ein sehr angenehmes Ge schenk gesendet; es ist prächtig verguldetes Gypsmodell oder Abguß von dem Stücke gediegenen Goldes, welches am Ural gefunden worden ist; das Gewicht des Originals beträgt beynahe einen Viertelzentner. Es wird bey dem Cadetten-Corps in St. Petersburg aufbewahrt.

Ein Herr Professor v. Engelhardt zu Dorpat hat auf Anordnung der Regierung jene Gegenden besucht und als ein recht wackerer sinniger Geolog uns das Herkommen dieses Schichten- und Bodengoldes aus der Verwitterung der darüber stehenden Grundgebirge nachgewiesen. Die Erfüllung dieses seit einigen Jahren gehegten Wunsches hab ich also auch noch erlebt und diesen blendend-imposanten Fetisch als Hausgötzen in meiner Reise-Capelle aufzustellen die Freude gehabt.

Eine artige Reise nach Großheringen zu dem Zusammenfluß der Ilm und Saale und zu der dortigen Saline habe, in Gesellschaft unseres jungen Actuarius Dr. Stichling dahier, unternommen und glücklich ausgeführt.[281] Dieser, ein Enkel Wielands, ist ein gar angenehmer, gebildeter, wohldenkender und unterrichteter Mann.

Sonst hab ich auf meinem Montserrat recht viel willkommene Besuche gehabt, zuletzt denn den menächmischen Robinson mit seiner wirklich allerliebsten Gattin. Sie sieht so hübsch und so eigensinnig aus, daß man hoffen kann, sie werde sowohl in der alten als neuen Welt glücklich durchkommen.

Eigentlich aber war doch meine Hauptbeschäftigung in botanischem Sinne und zuletzt auch der Weinbau. Wenn die reichlichste Lese begünstigt wird, so muß es auffallen, daß man gerade seit kurzem anfing, die bisherige Behandlung zu tadeln und ein ganz neues Verfahren vorzuschlagen.

Dieß mußte mich, von diesen Gegenständen umgeben, höchlich interessiren und ich habe mich drey Wochen her auf das sorgfältigste darum bekümmert, sowohl das Alte als das Neue auf physiologische Kenntnisse und Begriffe zurückzuführen gesucht und das Letztere ganz vorzüglich der Natur angemessen befunden.

In Jena, hör ich, sey man auch schon aufmerksam auf dieses Problem; ich bin sehr neugierig, mit eigenen Augen anzuschauen, wie man sich dabey benimmt.

Außer diesem Geschäft hab ich anderes angefangen, was ich noch abschließen möchte, eh ich diese Burgen[282] verlasse; alsdann wünsche aber einige Zeit in Jena zuzubringen, woraus sich denn für uns manche gute Stunde ergeben müßte; denn außerdem hab ich noch vieles mitzutheilen, weil sich immer eins an's andere kettet und fügt.

Dagegen aber hoff ich, daß du mir von deiner vielseitigen Lecture auch mein Theil nicht versagen wirst. Besonders wünsche von der Wedekindischen Unsterblichkeit zu vernehmen. Wenn die entelechische Monade dieses wackern Mannes sich von Ewigkeit her in der Schöpfung herumtreibt, so gibt mich's Wunder, daß sie nicht einmal auf das so häufig ausgesäte Schönheitsprincip gestoßen ist und etwas davon seiner respectablen Individualität zugeeignet hat, welches denn doch für die empirische Erscheinung nicht zu verachten wäre.

Von Weimar hört man nichts als Gutes, Liebes und Verständiges; daran wollen wir uns denn erfreuen und uns um desto eher zu einem frischen gemeinsamen Leben herzustellen wissen.

Zunächst also in Hoffnung baldigen Wiedersehens.

treulichst

Dornburg den 18. August 1828.

Goethe.


44/216.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Haben Sie die Gefälligkeit, mein Werthester, beykommende Verschiedenheiten zu spediren und zu besorgen;[283] auch wenn etwas an mich gelangt wäre dem Überbringer mitzugeben.

Dornburg den 19. August 1828.

G.


44/217.


An Philipp Wilhelm von Motz

[Concept.]

[19. August 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

würde schon längst für die gefällige Sendung meinen verbindlichsten Dank abgestattet haben, wie ich es gegenwärtig thue, wenn ich nicht den gütig zugesagten Abdruck der Eichstädtischen Rede bisher erwartet hätte. Da ich mich aber wohl bescheide daß die typographische Ausfertigung eines solchen Werkes einiger Zeit bedarf, so will ich nicht säumen, vorerst zu versichern daß, wie nach allgemeinem Urtheil, so auch nach meinem individuellen der Herr Geh. Hofrath Eichstädt sich als einen wahren Meister der Sprach- und Redekunst im Lapidarstyl bewiesen hat. Dieselben verpflichten mich daher, wenn Sie diesem werthen Manne meinen dankbaren Beyfall nachdrücklich vermelden wollen. Wie ich denn die Vorzüge einer von den Zuhörern entschieden anerkannten Rede auch seiner Zeit zu bewundern hoffen darf.

Mich auch fernerhin zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Dornburg den 18. August 1828.[284]


44/218.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht baldigst zu vermelden: daß gleich nach Abgang meines Letzteren die Aushängebogen glücklich angekommen sind; wie denn auch indessen das nach Mailand bestimmte Paquet in Ihren Händen seyn wird.

Haben Sie die Gefälligkeit, solches über Lindau dorthin zu senden; kann es ganz portofrey zu den Empfängern gelangen, so erstatte mit Vergnügen die desfallsigen Auslagen.

Auch wäre es mir angenehm, die Adresse des Spediteurs in Lindau zu erfahren, damit ich allenfalls eine neue Sendung von hieraus gerade dorthin richten könnte.

Bey dem Schluß des VI. Bandes ist weiter nichts zu erinnern, er kann nach der kleinen Ausgabe abgedruckt werden.

Ich bin überzeugt daß Ew. Wohlgeboren als vormals der Unsrige den großen erlittenen Verlust aufrichtig theilen; er hat viele Tausende betroffen und mich besonders. Sie aber werden mit uns allen aufgerichtet seyn, wenn Sie vernehmen daß unser neuer Landesherr durch Wort und That den bisherigen Zustand gesichert, den edlen und kräftigen Gang der Geschäfte gefördert und dergestalt den schönsten Wirkungen für die Zukunft freye Bahn gegeben hat.

[285] Mir ward die Vergünstigung, mich in den ersten Trauertagen auf's Land zu begeben, wo ich noch verweile. Alles jedoch was an mich gelangen soll wird auf Weimar gerichtet.

Geneigtem Andenken mich bestens empfehlend.

ergebenst

Dornburg den 19. August 1828.

J. W. v. Goethe.


44/219.


An Friedrich Jacob Soret

Um den Boten nicht aufzuhalten, sage mit den wenigsten Worten: daß es mich unendlich glücklich macht, den lieben Gast und seine Begleiter Donnerstag bey mir zu sehen. Der Tisch des Eremiten zu Dornburg ist etwas besser bestellt als des Alten vom Vesuv, immer vorausgesetzt, daß eine Reise guten Appetit macht. Ich segne den Erfinder des guten Gedankens.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

erfreut wie

ergeben

Dornburg den 20. August 1828.

J. W. v. Goethe.


44/220.


An Friedrich Theodor von Müller

[26. August 1828.]

Herrn Chelard habe freundlichst empfangen und, ich glaube, zufrieden entlassen; ihn anzumelden und[286] zu empfehlen geht heute ein Brief an Zeltern ab. Seine Zwecke sind mir nicht klar, auch er scheint sich bey uns gegen seine Landsleute stärken zu wollen. Möge ihm das Tonbad gut anschlagen!

Die mitgetheilten Papieren sende dankbar zurück, ich finde alles auf das lobens- und liebenswürdigste eingeleitet und durchgeführt. Dichter und Redner thun das Ihrige und der Architekt wird auch nicht zurückbleiben.

Besonders find ich unsern Zuständen sehr angemessen, daß sich nach und nach eine Liturgie bildet. Die menschlichen Schicksale drehen sich in einem engen Kreise und müssen sich oft wiederholen; hat sich einmal ein guter Ausdruck gefunden, so bewahre man ihn bis zum ähnlichen Falle und bediene sich seiner zu erbauender Erinnerung.

Daß man meinen Wünschen und Bitten gemäß des 28. Augusts dießmal im Stillen gedenken wird, dafür danke ich verpflichtet. Den 3. September durchher kömmliche Ausstellung öffentlich zu feyern, macht Freund Meyer, wie ich weiß, schon gehörige Anstalten; Ihre halbverhüllten Geheimnisse treten sodann schicklich und würdig zur Stelle.

Der verwittibten Frau Großherzogin wünsche bestens und treulichst empfohlen zu seyn; meine Hoffnung, mich bald wieder so schöner Dienstage zu erfreuen, belebt die Aussicht für die nächste zeit, regt mich auf, hier am Orte abzuschließen und meine[287] Gedanken darthin zu wenden wohin ich eigentlich gehöre.

Merkwürdig ward mir in diesen letzten Wochen, wie die alte Neigung zur botanik, welche bey mir nur zufällig rege ward, sich wieder leidenschaftlich entwickelte, ja ich darf sagen, productiv erwies, da mir einige neue gute Gedanken bey meinen Wanderungen durch dieß herrliche Reich freywillig entgegenkamen.

Und so bitte meiner freundlich zu gedenken und mir behülflich zu seyn, daß ich in Weimar ein nach meiner Weise glücklich und nützlich geschäftiges Leben auch diesen Winter über freudig fortsetzen möge; denn ich wüßte nicht genugsam auszudrücken, wie schön und reichlich diese einsamen Wochen sich mir erwiesen haben. Möge auch Ihnen alles gelingen und besonders der 3. September seinem Werth und Gewicht durch eine edle Feyer völlig entsprechen. Herrn v. Fritsch Excellenz bitte mich auf's verbindlichste an jenem Tage zu empfehlen und bey allen Brüdern meiner im Besten zu gedenken.

Manches im Busen behaltend schließe

treugesinntJ. W. v. Goethe.


44/221.


An Carl Friedrich Zelter

Ich soll dir Herrn Chelard, Maître de la Chapelle de S. M. le Roi de Baviére, ankündigen und empfehlen.[288] Diese Wünsche bringt er mir von Weimar, wohin er gute Empfehlungsbriefe mitgebracht hat. An seinen Werken wirst du ihn erkennen. Mir ist sein Zustand nicht ganz deutlich; er hat in Paris eine Oper: Macbeth geschrieben, wodurch er sich wahrscheinlich eine neue Bahn eröffnen wollte; mir scheint daß man sie dort gar nicht zur Aufführung kommen ließ, wenigstens hab ich nichts davon in den Pariser Blättern gelesen. Genug, entweder sie ward abgelehnt oder mißfiel; er nahm seine Partitur und ging nach Deutschland, kam nach München, wo deutscher Text untergelegt und das Werk mit großem Beyfall aufgeführt wurde; der König gab ihm obgemeldeten Titel.

Nun geht er nach Berlin, wahrscheinlich um dort gleichfalls eine Aufführung zu unterhandeln, wo möglich den erworbenen guten Namen zu verdoppeln und seinen Ruf im Vaterlande zu rehabilitiren. Übrigens mag er sich auch wohl nach andern Vortheilen der deutschen Musik umschauen, zu Förderung eigener Zwecke. Dieß alles wirst du bald durch und durch sehen, beurtheilen und nach Befund ihn zu fördern belieben.

Deine unter dem 23. Juni Empfohlenen sind nicht bis zu mir gekommen, sie haben mir dein Schreiben von Dresden zugeschickt und sind wohl längst schon wieder in Berlin, wegen Erkrankung eines Reisegefährten.

Von allem was gegen mich geschieht keine Notiz zu nehmen, wird mir im Alter wie in der Jugend[289] erlaubt seyn. Ich habe Breite genug, mich in der Welt zu bewegen, und es darf mich nicht kümmern, ob sich irgend einer da oder dort in den Weg stellt den ich einmal gegangen bin.

Hegels Bildniß habe ich noch nicht gesehen, man hat versäumt, mir einige Kistchen von Weimar herzuschicken; in einem derselben mag es wohl befindlich seyn. Daß das meinige von Stieler euch wohlgefallen würde, daran hatte ich keinen Zweifel; der wackere Künstler schrieb deshalb an meinen Sohn; er selbst hat euch wohl auch behagt. Es ist in ihm Natur und Wahrheit und auf glücklichem Wege ausgebildete Kunst.

Ich bin noch auf dem alten Dornburg, vorzüglich mit botanischen Betrachtungen beschäftigt. Ein reich ausgestatteter Blumengarten, vollhängende Weingeländer sind mir überall zur Seite, und da thut sich denn die alte wohlfundirte Liebschaft wieder hervor. Gründliche Gedanken sind ein Schatz der im Stillen wächs't und Interessen zu Interessen schlägt; daran zehr ich denn auch gegenwärtig, ohne den kleinsten Theil aufzehren zu können. Denn das echte Lebendige wächs't nach, wie das Bösartige der Hydernköpfe auch nicht zu tilgen ist.

Unsere jungen Herrschaften sind in die Bäder; die Frau Großherzogin Mutter kommt diese Tage erst nach Weimar zurück. Jede Spur von Feyerlichkeit, dem 28. August zugedacht, habe verbeten und verboten. Der 3. September wird wie sonst durch unsre Kunstausstellung gefeyert. Nachher denk ich gleichfalls auf[290] meinen Rückzug und um desto getroster, weil vorerst alles von oben nach unten im herkömmlichen Gang bleibt und also ein jeder Getreuer den von dem würdigen Abgeschiedenen vorgezeichneten Pfad verfolgen kann. Auch ich habe mich besonders jeder Theilnahme und Förderniß zu loben.

Du aber solltest dich auch, mein Theuerster, hübsch wacker auf den Füßen halten und eure Naturfurrogate, die chemischen Gewässer, sollten sich heilsamer beweisen. Melde bald wie dir es geht.

Magst du einige Noten an beyliegende Strophen verwenden, so wird mich's freuen, sie neubelebt zurückzunehmen.

Leider aber muß ich noch einmal von der wüsten Witterung sprechen; der wilde Sturm und Regenguß, in dem ich am 20. Juli Abends herfuhr, hat in demselbigen Augenblicke von Havre de Grace und Nantes über Lyon und Weimar bis Wien gewüthet, und wer weiß wieviel weiter ostwärts. Gleich den andern Tag hat's euch getroffen und so ist es bey euch und uns abwechselnd immer fortgegangen, und ich würde ganz verzweifeln, wenn mich nicht die Eitelkeit, das alles vorausgesagt zu haben, einigermaßen erquickte. Noch darf ich vom Nächsten nichts Gutes hoffen! Das Unglück ist, daß ein hoher Barometerstand zwar für den Augenblick dem Regen gebieten, aber die Atmosphäre weder von Wolken reinigen noch den Westwind beherrschen kann; da denn im Momente des Sinkens[291] Sturm und Regen in Fülle und Gewalt unaufhaltsam hereinschreitet. Nimm die Art wie ich mich ausdrücke freundlich auf, denn so vernimmst du wie ich mit mir selber spreche. Die Witterungskundigen vom Handwerk bedienen sich hiebey wohl anderer Worte.

Du bist ein Freund vom Altgesetzlichen; ich will's einmal für mich aufschreiben, wie ich mir die Sache denke; diese Dinge sind nur deswegen allzu groß für uns, weil wir sie immer nur im Kleinen suchen. Und so fortan in Ehrfurcht der allwaltenden Mächte.

Der gekannte

Dornburg den 26. August 1828.

G.


Dem aufgehenden Vollmonde.


Dornburg August 1828.


Willst du mich sogleich verlassen!

Warst im Augenblick so nah!

Dich umfinstern Wolken-Massen

Und nun bist du gar nicht da.


Doch du fühlst wie ich betrübt bin,

Blickt dein Rand herauf als* Stern!

Zeugest mir daß ich geliebt bin,

Sey das Liebchen noch so fern.


So heran denn! hell und heller,

Reiner Bahn in voller Pracht!

Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,

Überselig ist die Nacht.


* [darüber: ein][292]


44/222.


An Ottilie von Goethe

Damit der Bote, welcher Briefe und Sendungen glücklich überbracht hat, zu rechter Zeit wieder nach Hause zurückkehren möge, sage über den heutigen Tag laconisch Folgendes:

Nachdem die durch Augusts überraschendes Ankommen einigermaßen gestörte Nachtruhe am schönsten Frühmorgen, wo ich die Vorläuferin der Sonne, Frau Venus genannt, in ihrem herrlichsten Glanze am Himmel stehen sah, einigermaßen wieder in's Gleiche gekommen war, erschien Inspector Götze an früher Morgenzeit mit Brottorte und Flaschen alten guten Weins. Ich arbeitete einiges; Schuchardt begegnete mir und ich erfreute mich zu hören daß auch bey ihm und seinen Geschäften alles auf guten Wegen geht. Dann folgte Weller mit Schwester und Knaben, der ganz eigentlich wie ein heiterer Gruß in's lange Leben aussieht. Ich dachte weiter zu arbeiten, da erschien Dr. Gries, Professor Schroter und Niemeyer, welche, nach freundlicher Unterhaltung, eine Einladung auf Mittag ablehnten, auch nicht einmal von dem vorhandenen Guten etwas genießen mochten. Denn Sckell und Baumann hatten indeß für herrliche Früchte ge sorgt, die Camarilla für Biscuitkuchen und Kränze, welche ich auch von Wellern zu rühmen habe. Frau Dr. Stichling hatte durch ihren Mann einen allerliebsten Kranz gesendet; sie selbst war durch ein kleines,[293] das Gesicht entstellendes Übel abgehalten. Ich dictirte noch einiges in Zwischenräumen. Zu Mittag speis'ten Dr. Stichling, Weller und Schuchardt mit mir. Professor Döbereiner kam bey'm zweyten Gericht, setzte sich ohne mitzuspeisen zu uns und das Gespräch ward vorzüglich interessant. Indessen ging der Regen, nach löblicher Gewohnheit, gewaltig nieder und leider waren noch einige Partien guter Jenenser inzwischen angekommen, die sich mit ihrem Caffee in die Grotte am Pentagon flüchten mußten. Ich hörte daß Madame Griesbach drunter sey, ließ sie durch Friedrich becomplimentiren und bedauern daß ich sie nicht aufsuchen könnte, denn der nebelhafte Regen dauerte fort. Und doch fand die gute Frau von ihrer Abfahrt noch einen trockenen Augenblick, mich im Schlößchen mit Demoiselle Göttling zu besuchen. Und so hat sich, von der ersten Kindheit bis zum höchsten Alter, das Menschenleben um mich her bewegt. Wäre der Tag schöner gewesen, so hätt es mich gereut, euch abbestellt zu haben. Nun aber kommt der Bote und bringt mir so vieles, daß ich es nicht übersehen kann; er will abgefertigt seyn und so danke nur im allgemeinsten, in Hoffnung, das Übrige nachzubringen. Grüße August, Ulriken und die Kindlein; besucht mich Sonntags, da sich denn manches wird mündlich verhandeln lassen.

Allem Guten befohlen.

Und so fort an!

Dornburg den 28. August 1828.

G.

Abends 7 Uhr.[294]


44/223.


An Friedrich Theodor von Müller

[28. August 1828.]

Es sey mir vergönnt, mit den wenigsten Worten heute meine dankbare Erwiderung auszudrücken. Mir ist sehr wohlthätig, Sie in einer anmuthigen ländlichen Umgebung zu denken, indessen ich auf den weitumher schauenden Terrassen in Dornburg hin und wider gehe. Der Tag war sehr belebt, jenaische Wohlwollende wechselten mit einander ab, so daß ich zuletzt noch die gute Griesbach bey mir bewillkommte. Wäre nicht gleich nach Tische Regen eingefallen, so hätte ich freundlicher seyn können, auch gegen andere, von denen ich durch Nebel und Wassergestöber getrennt war. Viele Gaben sind zu mir gekommen und zu den vorzüglichsten kann ich wohl Ihr Schreiben rechnen, das mir alte geprüfte Gesinnungen neu und kräftig ausdrückt. Lassen Sie uns so weiter fortfahren, so wird es an manchem Guten nicht fehlen können.

Verbind ich Coudray's Nachricht von architektonisch-mystisch-ästhetischen Anstalten mit neulich an mich gelangten poetisch-rhetorischen Erzeugnissen, so darf ich wohl für die Feyer des 3. Septembers die schönsten Hoffnungen hegen.

Heute aber neigt sich Geist, Seele und Sinn zu einer erwünschten Ruhe. In der Frühe sah ich den leuchtenden Morgenstern weit vor der Sonne vorausgehen,[295] den zaudernden Mond abzuwarten fühl ich mir keine Kräfte, aber den Wunsch recht lebhaft, Sie bald in Bergern begrüßen zu können.

Und so fort an!

Goethe.


44/224.


An Gustav Schübler

Wollten Ew. Wohlgeb. untersuchen welcher Art der in den grauen Thon geknetete Antheil sey, werden Sie mich sehr verbinden. Das Nähere mündlich. Baldigen Besuch hoffend

ergebenst

Dornb. d. 28. Aug. 1828.

J. W. v. G.


44/225.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey einige Büttnerische Papiere so operos als wunderlich; es soll mich freuen, von Ihnen darüber wissenschaftlich aufgeklärt zu werden.

Die eingesendete Quittung liegt autorisirt bey; ich wünsche daß Sie von dieser kleinen Summe zu unsern wissenschaftlichen Zwecken geneigte Anwendung machen mögen.

Gedenken Sie meines neulichen Wunsches, so werden wir bey meiner nächsten Ankunft in Jena[296] manche angenehme und lehrreiche Unterhaltung genießen können.

Auch theile zugleich ein Gutachten unseres Präsidenten in Bonn über fossile Früchte mit, welche in dem Kaltennordheimer Kohlenwerk vorkommen.

Mit den besten Grüßen an die theure Ihrige

ergebenst

Dornburg den 30. August 1828.

J. W. v. Goethe.


44/226.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey, mein Bester, erhalten Sie ein kleines Paquet das Sie neulich hier ließen; ich vermuthete daß eine Mittheilung darin enthalten sey, wie ich auch finde und Sie vorläufig ersuche, etwa für 50 Thaler das Nothwendigste und Wünschenswertheste auszuzeichnen, damit wir solches auf Michael bestellen könnten.

Hierbey ein Botanikon welches Sie gewiß interessiren wird, und noch mehr, wenn bey Mittheilung des eigentlichen Anlasses der Zusammenhang zur Sprache kommt. Dante's Hölle begleitet dießmal nur als Schutz und Schirm die unschuldige Rebe.

Vorbehältlich mancherlei

treulichst

Dornburg den 30. August 1828.

Goethe.[297]


[Beilage.]

Erkundigung nach dem deutschen Worte

Aberzahn.


Zu vollkommenem Verständniß dessen, was unter diesem Worte gemeynt sey, füge ich einen eingelegten Knoten einer Weinranke bey und bemerke Folgendes: An jedem Knoten irgend eines Pflanzenzweiges wird man ein Blatt gewahr welches ich das Vorblatt nenne, weil es zur Vorbereitung dem dahinter liegenden Auge dient; es ist dasselbe hier mit a bezeichnet. Die etwas darüber hinterwärts liegende Knospe ist zwar an und für sich kennbar, doch oberwärts mit b bezeichnet. Beides, Vorblatt und Auge, hat nun der Knoten einer Rebe mit allen andern Pflenzenknoten gemein. Dagegen aber tritt ein besonderer Umstand hervor. Es sproßt nämlich zwischen Auge und Vorblatt ein Zweiglein heraus, welches bis jetzt nur zu Irrthümern und Streit Gelegenheit gegeben, denn man hat nicht gewußt für was man es halten und was es für einen Naturzweck haben sollte. Der Buchstabe c macht es kenntlich.

Da der Mensch gewöhnlich das was ihm nicht unmittelbar Nutzen bringt überhaupt für unnütz und daher wohl gar für schädlich erklärt, so hat man gedachten Schößling bisher weggebrochen, weil man glaubte, dessen Wachsthum thue dem dahinter liegenden Auge Schaden, entziehe ihm die Nahrungssäfte und[298] hindere vielleicht eine günstige Fülle der Traube. Daher nannte der Weinbauer dieses Zweiglein Geiz, als wenn es parasitisch die dem Auge bestimmten Zuflüsse an sich reißen und unrechtmäßig ergeizen wolle.

Daß diese Vorstellungsart in Deutschland alt sey, scheint mir aus der Benennung: Aberzahn hervorzugehn; das Aber steht hier als verneinend wie bey Aberglauben, Aberwitz; Zahn hat man es zu nennen beliebt als etwas Vorstehendes, sich Vordrängendes, und dadurch, wie das Wort Geiz gleichfalls anzeigt, sich berechtigt geglaubt, dieses Organ zu entfernen, anstatt daß man es nunmehr als ein Vorbereitendes wie das Vorblatt ansieht und es also einen Vorzweig nennen möchte; man mag nun annehmen, daß es dem Auge ersprießliche Säfte zuführe oder das Unnütze, Überflüssige ableite oder auch der eigenen Natur dieser übermäßig luxuruurenden Pflanze gemäß ein doppeltes, voreilig entwickeltes, im Nothfalle functionirendes Auge darstelle. Wie ja ein solcher Vorzweig, wenn man ihn bestehen und fortwachsen läßt, eben so wie er Gabeln hervorbringt, auch Früchte zu tragen fähig ist. Genug soviel ist gewiß daß beide nachbarliche Pflanzentheile in organischer Verbindung stehen und daß daher eine Wechselwirkung, von welcher Art sie auch sey, statt finde.

Der Zweck des gegenwärtigen Blattes ist jedoch für dießmal nur, Herrn Professor Riemer höflichst zu[299] ersuchen, sich nach diesem Worte in älteren Schriften und Wörterbüchern umzusehen. Ich fand es in einem Büchlein: J. L. Christ, Vom Weinbau, Frankfurt a. M. 1800, Seite 37, wo es keine Mißdeutung leidet, sondern auf alle Fälle dasjenige ausdrucken soll was wir oben entwickelt haben. Die Gabel d ist hiebey von keiner Bedeutung.

Zu freundlicher Theilnahme

Dornburg den 28. August 1828.

G.


44/227.


An Friedrich Theodor von Müller

[1. September 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

schreibe inmitten mannichfaltig sehr schöner Sachen die, seit einigen Tagen zufließend, mich gar anmuthig umgeben.

Herrn Cornelius erobertes Troja, ein respectables und zu respectirendes Kunstwerk, ist in lithographirten Umrissen zu mir gelangt.

Dazu von einem Schüler mehrere Rand-Arabesken zur Begleitung von mancherlei Dichtungen, nach Art der bekannten Albrecht Dürer'schen zu jenem Gebetbuche, aber eigentlich nur dadurch veranlaßt; sie sind, mit allerliebstem Talent, an Geist und Erfindung der neusten Zeit wohl werth.

Hitzig habe nicht gesehen, er wird wohl den nähern Weg nach Naumburg genommen haben.

[300] Über den Dante des Prinz Johann Hoheit bin ich nicht im Stande, gegenwärtig ein Wort zu sagen. Erst haben mich die unglücklichen Noten vom Gedicht und dessen Übertragung abgewendet, sodann aber gestehe aufrichtig, ich möchte einem so werthen und würdigen Prinzen, dessen Gedicht an Herrn Fritsch schon mit Vergnügen und Antheil gelesen, gern etwas sagen, was sich auch eigentlich individuell auf ihn bezöge, und dazu werden Sie am besten beytragen können, wie Sie denn auch wohl mein Zaudern am allerglücklichsten bevorworten werden.

Wie ich mir ein Denkmal für unsere schnell Geschiedene an Ort und Stelle habe denken können, ist nur sehr allgemein mit Herrn Coudray besprochen worden. Was er darnach oder daraus gebildet, blieb mir durchaus unbekannt; nun aber setzt eine Inschrift den Raum voraus, worauf sie angebracht werden soll. Ehe mir also eine Zeichnung mit genauer Angabe des Maaßes vorgelegt wird, bin ich nicht im Stande zu dienen. Was zu sagen ist weiß ich wohl; das Wie? hängt von Höhe und Breite der Fläche ab. Herrn Soret meine besten Empfehlungen, mein Antheil an diesem frommen Geschäfte solle gewiß nicht ausbleiben. NB. Ich hatte mir einen netten Cippus, vierseitig, gedacht und darauf meine Worte gefügt; passen sie und werden gebilligt, so ist schön und gut; sonst läßt sich dieß auf mancherleiweise modificiren. Einen Beytrag der Freunde halte durchaus zweckmäßig,[301] denn es muß hübsch werden und nach was aussehen.

Dagegen darf ich wohl hoffen daß mir nach der Mittwochsfeyer eine treue Mittheilung gegönnt werde, nicht weniger die Reden in extenso, welche hiezu vorbereitet sind. Ich freue mich sehr darauf, weil gewiß jede Erwartung übertroffen seyn wird.

Vielleicht erregt Nachstehendes Ihre Aufmerksamkeit; ich habe von Gotha ein Gedicht erhalten von einigem Belang in kurzen reimlosen Versen, wie sie sich unter den meinigen befinden. Es deutet auf eine freymüthige Theilnahme an meinen Arbeiten und meinem Lebensgang, deshalb ich wohl wissen möchte wer es geschrieben. Offener Sinn, guter Wille und Gemüthlichkeit ist allerdings zu schätzen. Eine Stelle die sich auf den Divan bezieht lege abschriftlich bey.

Gar manches wäre noch zu sagen und mitzutheilen, doch eil ich zum Schlusse, weil ich dieses durch den guten und werthen Dr. Kraukling nach Jena schaffen und alsbald in Ihre Hände bringen kann.

Beyliegend finden Sie hoffentlich alles Mitgetheilte. Fahren Sie fort, meiner auch in der Ferne zu gedenken und mir vom Wissensquell Segen zu erbitten. Ich habe mich leider wieder in die Botanik eingelassen und da ist es gleich immer wieder, als wenn man sich durch den Urwald durchhauen müßte. Möge Mittwoch Abends alles gelingen; ich feyre die Stunden ganz[302] im Stillen auf's herzlichste mit. Und somit also das beste Lebewohl!

G.


[Beilage.]

Der Divan –

Ein Schirasbecher,

Muth sprudelnd zum Leben

Und gläubigen Kämpfen;

Ein Jransgarten,

Von Rosendüften

Reinmenschlichster Lehre,

Und Nachtigallliedern

Liebherzigster Innigkeit

Klangvoll durchwürzet;

Der Vorhöfe einer

Zum Heiligthume

Des Buches der Bücher;

Ein Sonnenaufgang,

Der Thron des Heiligsten, Höchsten,

Von Wahrheit und Liebe umfunkelt.


Und Suleika?

Seht doch hin,

Die ihr reinen Herzens seyd,

Was ist des Dichters Geliebte,

Die Sonne der Sonnen?

Was ist sein liebeverklärtes Ich,

Der Stern der Sterne?

Unwandelbar verbunden

In blühender Bräutlichkeit, ist

Sie holdeste sehllose Gattin;

Reintreuester Gatte liebt er

Stets zärtlicher, wahrer;

[303] Die glücklichsten verknüpfen

Mit köstlichem Besitz für's Leben

Den Zartsinn, die Innigkeit,

Die begeisternde Gluth,

Die lautere Seelenfülle

Der ersten Liebe;

Suleika schließt mit ihrem Hatem

Paradiesischen Bund,

Beide Welten umfassend.


44/228.


An Ottilie von Goethe

Da eine briefliche Antwort deine Frau Mutter wohl schwerlich vor ihrer Abreise erreichen möchte, so vermelde dir Folgendes: Ergreife ja die nächste Gelegenheit, der Frau Großherzogin zu sagen: wie sehr mich das durch deine Frau Mutter bewiesene gnädigste Andenken erfreut und gerührt hat, und wie es mir höchst wohlthätig ist, einem Local, welches sie begünstigt, soviel schuldig zu werden. Nach so großem Verluste hab ich mich immer glücklich zu nennen daß mir vergönnt war, von hier aus eine Lebensepoche zu datiren und mich dabey des höchsten Wohlwollens versichert zu halten.

Wegen des Briefs an Herrn v. Beulwitz habe ich dir meine Gedanken eröffnet; wir wollen die Sache ruhen lassen, in einiger Zeit wird eine Mittheilung wohl schicklich werden.

[304] Willst du mir von dem Mittwochsfeste nach deiner Art und Ansicht einige Kenntniß geben, so wird es mich erfreuen.

Dein Memorandenbuch enthält schöne Sachen, nur meist von der Nachtseite, und das will mir nicht zusagen. Indessen möge dir's überall wohlergehen.

Hier muß ich schließen, da ich eine Gelegenheit finde, Gegenwärtiges fortzusenden.

treu gesinnt

Dornburg den 1. September 1828.

G.


44/229.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Dornburg den 1. September 1828.

Mögen Sie den Überbringer dieses, Herrn Dr. Kraukling aus Dresden, einen wohldenkenden und wohlunterrichtenden Mann, freundlich aufnehmen und seine wenigen Zwecke fördern, so werden Sie einen nicht Undankbaren und mich zugleich verpflichten. Beykommendes wünsche ich Dienstag Abends durch die Boten nach Weimar spedirt. Jeden Mittag sind Sie mir willkommen.


44/230.


An Joseph Sebastian Grüner

Jederzeit, mein Theuerster, wenn die Jahrszeit herannaht, die ich sonst so vergnüglich und nützlich in[305] Böhmen zubrachte, fühl ich eine mächtige Sehnsucht dorthin und vor allem wird der Wunsch lebhaft, Ew. Wohlgeboren zuerst bey'm Eintritt zu begrüßen, manches Neue zu erfahren und mich gesellig des frühern Guten zu erinnern.

Ich bin gewiß daß Ihnen jene Zeiten auch nicht aus dem Gedächtniß entschwunden sind und daß Sie mit mir gleiches Verlangen empfinden. In diesem Sinne besonders waren mir die übersendeten Medaillen höchst angenehm. Der Guß ist gut gerathen und ich danke herzlichst daß Sie diese Denkmale vervielfältigen mögen. Das Bildniß unseres trefflichen Fürsten war mir um so erwünschter, als er uns leider vor kurzem verließ, uns in die größten Schmerzen versetzte und eine unbeschreibliche Leere in allen Herzen seiner treuen Diener zurückließ. Sie kannten ihn selbst, er zeichnete Sie aus, und Sie sind wie wir von diesem Falle schwer betroffen.

Unsere jungen Herrschaften befinden sich jetzo, soviel ich weiß, beiderseits in Böhmen. Mögen die dortigen heißen und frischen Quellen ihnen heilsam seyn! Denn auf ihnen ruht unsre Hoffnung und Zuversicht, und dieß um soviel gewisser, als der Gang der Haupt- und Nebengeschäfte in dem von unserm verewigten Herrn eingeleiteten Sinn ruhig fortgeht und auch wir alten treuen Diener in demselben Gleise unsern Weg fortsetzen, um nach Überzeugung und Gewissen dem Herrn wie dem Lande uns dienstlich zu erweisen.

[306] Soviel für dießmal mit wiederholter Versicherung daß es mich jedesmal herzlich freuen wird, von Ihnen und den werthen Ihrigen gute Nachricht zu vernehmen, in völliger Gewißheit daß, wenn ich noch einmal die Voigtländischen Gebirge übersteigen sollte, ich Sie in Ihrem herrlichen Egerkreise, den ich mir so gern vergegenwärtige, immer gleich thätig und theilnehmend zu finden.

Sollten sich unter dieser Zeit irgendwo einige Granitklippen unversehens hervorgethan und auf ihren Gipfeln regelmäßig gebildete Basalte, Phonolithe, auch wohl entschiedene Neuigkeiten aus der Tiefe mit hervorgehoben haben, so wird uns dieß zu großem Vortheil dienen. Wir werden unsre Hämmer nur desto muthiger an solchen Gegenständen erschallen lassen und unsere Sammlungen unglaublich bereichern.

Wie vor Alters im Ernst und Scherz

treu ergeben

J. W. v. Goethe.

Schloß Dornburg an der Saale den 3. September 1828.


44/231.


An den Großherzog Georg Friedrich CarlJoseph von Mecklenburg-Strelitz

Durchlauchtigster Großherzog!

Gnädigst regierende Landesfürst und Herr!

Es war gewiß der liebenswürdigste Originalgedanke, mich in so hohen Jahren durch einen altgewohnten[307] Glockenton an die ersten Stunden kindlichen Bewußtwerdens zu erinnern, wo das in gar manche Schalen eingewickelte Leben unter wundersamen Ahnungen des Zukünftigen harrte. Zugleich aber verleihen jene Töne den höchst angenehmen Eindruck, daß Euer Königliche Hoheit sich auch jüngerer hoffnungsvoller Jahre dabey erfreuten; und so wird ich nicht nur dadurch in jene Räume als in einen Familienaufenthalt versetzt, sondern bey jedem Stundenschlage hab ich mitzuempfinden: daß Höchst Dieselben auch hiernach Morgende und Abende Ihrer Jugend gezählt.

Euer Königliche Hoheit würden einen so schönen und schwer auszuführenden Gedanken nicht gefaßt haben, wenn Höchst Dieselben nicht vorempfunden hätten, mit welchem Entzücken ich dadurch beseligt werden müßte. Ebenmäßig wird auch mein Dank, in den wenigsten Worten ausgesprochen, von Höchst Denenselben mit- und nachempfunden werden.

Fügt sich nun zu allem diesen hinzu, daß eien so bedeutende Gabe mich in den traurigsten Tagen aufsucht und bey dem tiefstempfundenen Verlust mir auf das klarste beurkundet, wieviel Wohlwollen für mich noch auf der Erde lebt und welch ein herrlicher Antheil daran mir noch immer vorbehalten bleibt, so steigert sich der Werth des Geschenks in's Unendliche.

Hier sey mir aber vergönnt zu schließen, in der Überzeugung, daß sich Höchst Dieselben den besten und vollständigsten Commentar zu diesem wenigen Texte[308] auszubilden im Falle sind. Möge sich alles Gute um den verehrt-geliebten Fürsten versammeln, und der reine Antheil, den er in Freud und Leid den Seinigen zuwendet, ihm selbst die vollkommenste Belohnung seyn.

Verzeihung der fremden Hand! Die meine will nicht mehr fördern. Geschlossen an einem Tage, der uns bisher so festlich gewesen und nunmehr trüb und freudlos erscheint.

Verehrend, Vertrauend

Euer Königlichen Hoheit unterthänigster

treu angehöriger Diener

J. W. v. Goethe.

Schloß Dornburg den 3. September 1828.


44/232.


An Johann Heinrich Meyer

Hierbey, mein Theuerster, das früher Verlangte, es wird wohl noch vor Schluß Ihrer Ausstellung gelegen ankommen. Ich denke mich zu beeilen, daß ich noch alles beysammen finde, denn ich sehe nunmehr meinen Zweck am hiesigen Ort gar löblich erfüllt. Möge es Ihnen in Weimar wohlgehen und Sie mit Zufriedenheit nach Belvedere zurückkehren! Empfehlen Sie mich dem lieben Erbprinz und Herrn Soret auf das angelegentlichste; ich wünsche mir nichts mehr als gute Tage in der Nähe der Verehrten und Geliebten; denn ich läugne nicht daß ich mich hier gewissermaßen[309] abgemüdet habe, um die einsamen langen Stunden mit Interesse hinzubringen.

treu angeeignet

J. W. v. Goethe.

Dornburg den 6. September 1828.


44/233.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

Die Zeugnisse von Wohlwollenden und Neigung, wenn sie aus der Ferne in die Einsamkeit zu uns unvermuthet gelangen, machen einen doppelten, dreyfachen Eindruck; ihr Werth ist gewiß völlig empfunden und es möchte schwer seyn, das angenehme Gefühl auszusprechen welches uns in solchen Fällen überrascht.

Nun darf ich wohl versichern daß unter den Ursachen, die mich zur Rückkehr nach Weimar antreiben, der Wunsch sich besonders hervorthut: meinen Dank auf's lebhafteste und treulichste aussprechen zu können, besser, als es der Feder möglich seyn möchte.

Und so läßt sich denn auch manchmal im Körperlichen ein wenn schon kleiner Anstoß merken, wobey uns die Nähe des vertrauten Arztes beruhigend und tröstlich seyn müßte. Deshalb ich mich denn von dem hiesigen, obgleich bey gutem Wetter höchst günstigen Aufenthalt nach und nach loszulösen trachte und nächstens zu dem lieben und werthen Kreise, in welchem ich mir einen angenehmen Winter verspreche, zurückzukehren gedenke.

Dornb. d. 7. Sept. 1828.[310]


44/234.


An August von Goethe

Beykommende Sendung enthält:

1) Büttnerische Manuscripte, der Weimarischen Bibliothek gehörig, an Professor Riemer abzugeben;

2) Schreiben an Herrn Hofrath Meyer,

3) An Herrn Hofrath Vogel, beide in Weimar zu besorgen;

4) Schreiben an Rath Grüner, auf die Post zu geben;

5) Schreiben an den Großherzog von Mecklenburg, weder signirt noch frankirt, gleichfalls auf die Post.


Gegenwärtiges kommt durch Martini zurück, der mir drey Flaschen Wein gebracht hat. Vermuthlich kommt Dr. Weller, durch den ich wahrscheinlich das Weitere von euch vernehmen und empfange. Nach solchen Aspecten erwarte heut niemand von euch und wünsche daß du mir den Wagen schickst, damit ich, bey eintretendem schönen Wetter, weder an einiger Spazierfahrt noch vielleicht am Scheiden gehindert sey. Mit dem Wagen schicke noch einiges Silbergeld, auch etwa sechs Ducaten, den Schlüssel dazu hast du noch. Mir ist indessen alles wohl gelungen und ich wünsche, das Gleiche von euch zu hören.

Wein nicht zu vergessen!

Dornburg den 7. September 1828.

G.[311]


44/235.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

einen Gedanken mitzutheilen, den Sie vielleicht schon selbst gehabt haben, nehme mir die Freyheit. Ich wünschte nämlich daß der Name Carl August wie bisher im Kalender mit rother Farbe bezeichnet würde. Diese einzige Art wie wir Protestanten einen Mann canonisiren können, sollten wir nicht außer Acht lassen. Inwiefern dieß thulich und wie es einzuleiten daß auch die übrigen Kalender des Landes sich conformiren, habe gänzlich Dero Überlegung zu überlassen. Fänden Sie für nöthig daß ich hiezu etwas beytrüge, so geschieht es gern. Das Nähere Ihres Herrn Vaters und Ihrer Bestimmung anheimgebend.

Der mir neulich zugesendete junge Mann mußte mir gar wohl gefallen; man wird ihm gleich bey der ersten Unterhaltung ein besseres Schicksal gönnen.

Mich allseits bestens empfehlend.

ergebenst

Dornburg den 9. September 1828.

J. W. v. Goethe.


So eben find ich mich in dem Fall, Dornburg zu verlassen und leider direct nach Weimar zu gehen; eine gefällige Antwort bitte dorthin zu adressiren.[312]


44/236.


An August von Goethe

Es hat sich, mein lieber Sohn, in diesen Wochen soviel um mich versammelt daß es mir wie dem Zauberlehrling alle Gedanken wegnimmt; deshalb sende dieses Gepäck unter Johns Geleit, welcher die Anweisung hat was zu thun ist. Deswegen wünsche daß alles beysammen bleibe bis ich komme, und daß es in's Deckenzimmer niedergelegt werde, ja nicht in mein Vorzimmer, damit der Wust mich nicht gleich bey meiner Rückkehr belästige. Die Kästchen bleiben zu, Coffer und Kutschkasten werden ausgeleert und gehen zurück mit dem Wagen, welcher morgen Mittwochs wieder ankommen könnte, da ich mich denn selbst wieder auf den Rückweg begeben würde.

Ich habe hier viel gethan und muß einen Abschnitt machen; blieb ich länger hier, so käm hier ich in Gefahr, etwas Neues anzufangen, und da würde es gar kein Ende.

Das Wetter ist zwar sehr schön und die Gegend unendlich reizend, das Nebelspiel Morgens herrlich und erquicklich, aber schöne Tage kann ich auch in Weimar brauchen; vorzüglich aber treibt es mich, unserer Frau Großherzogin aufzuwarten und Herrn Soret und den Prinzen zu guter Stunde in Belvedere zu besuchen. Der hiesige Aufenthalt hat meinen Wünschen und[313] Hoffnungen genügt, ich finde mich in meiner Art ganz leidlich und so wird's denn auch weiterhin sich machen.

Grüße alles! Sonnabends wenigstens bin ich zurück und wir wollen dann sehen, wie wir weiter kommen. Manches andere hat sich indessen gut angelassen, wovon zu sprechen seyn wird, und somit lebe wohl auf nächstes Wiedersehen!

treulichst

Dornburg den 9. September 1828.

G.


Herr v. Cotta hat Gelegenheit genommen, einen wiederanknüpfenden Brief zu senden, ich habe ihm, nach genugsamer Überlegung natürlich, wohlwollend und sittlich-diplomatisch geantwortet.


44/237.


An Ernst Arnold

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben früher zu beantworten und die bedeutende Gabe dankbar anzuerkennen, würde mich gewiß beeilt haben, wäre nicht nach einer achtwöchentlichen Entfernung von Weimar mir beides erst jetzt wohlbehalten zugekommen.

Ew. Wohlgeboren machen sich um Künstler und Kunstfreunde höchlich verdient, indem Sie, einer so[314] einflußreichen Anstalt vorstehend, die Erscheinung würdiger Kunstwerke befördern; wie denn das Gegenwärtige, sowohl im Original als in der Nachbildung, alle Hochschätzung und Bewunderung verdient. Empfehlen Sie mich bestens den Urhebern dieser bedeutenden Tafel.

Was die Zuschrift anbelangt, so würde ich sie mir eher haben zueignen können, wenn zu lesen wäre: Dem bejahrten treufleißigen Schüler der Natur und Kunst. Denn da die sämmtliche Menschheit eigentlich nur als ein großer Lehrling zu betrachten ist, so möchte wohl niemand sich einer besonderen Meisterschaft rühmen dürfen.

Indessen da ich daran Ihr Wohlwollen und die gute Meynung von meinen Bestrebungen dankbar anerkenne, so beruhige ich mich an den Vorzügen des Blattes welches öfters wieder anzuschauen und mit Künstlern und Kunstfreunden zu bewundern das Vergnügen zu haben gedenke.

Schloß Dornburg an der Saale den 9. September 1828.


44/238.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

gefälliges Schreiben erreicht mir in dem Augenblick, da ein unersetzlicher Verlust mich anmahnt umherzuschauen und zu beachten, was nun Schätzenswerthes[315] für mich auf dieser Erde übrig geblieben. Da tritt denn ohne weiteres das Verhältniß zu Ew. Hochwohlgeboren bedeutend hervor und ich habe mir Glück zu wünschen, daß ich ein Geschäft, woran mein und der Meinigen Wohlstand geknüpft ist, den Händen eines Mannes anvertraut sehe, der mit entschiedenster Thätigkeit die edelsten Zwecke verfolgt und sowohl durch Klugheit als Redlichkeit sich allgemeines Ansehen und Zutrauen erworben hat.

Hiernach muß daher mein eifrigster Wunsch bleiben, die wechselseitigen Bezüge klar und rein erhalten zu wissen, damit wir uns mit Zuversicht jener schönen Tage erinnern mögen, wo wir unter den Augen, mit treuer Theilnahme eines nur zu früh angeschiedenen Freundes den Anfang einer Verbindung feyerten die so lange segenreich für uns dauern sollte.

Das Weitere mir auf die nächste Mittheilung vorbehaltend.

In vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichnend

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamsten Diener

J. W. v. Goethe.

Schloß Dornburg d. 10. Sept. 1828.


44/239.


An Friedrich Theodor von Müller

Indem Sie, mein theuerster Herr und Freund, auf jede Weise durch die Welt gefördert, Freunden[316] und Bekannten zugeführt werden und sich von neu herantretenden, vorzüglichst wirksamen Personen umgeben sehen, so bringen meine Tage nicht das geringste Datum oder Factum, womit ich diesen Brief einigermaßen zieren könnte, den Reichthum des Ihrigen zu erwidern. Hiezu bleibt mir jedoch der mit der treusten Gesinnung ausgesprochene Wunsch: es möge das gute Glück, das Sie bis hieher begleitete, Sie gleichfalls zu uns wohlbehalten wieder zurückführen.

Also um Sie in Düsseldorf willkommen zu heißen, Sie zu bitten, den dortigen Guten mich bestens zu empfehlen, sende ich diese Zeilen ab, nach freundlichem Wunsch und Andeutung.

Damit aber die Armuth meines Briefes von der Überfülle Ihres schätzbaren Schreibens nicht allzu sehr absteche, vermelde wenigstens einiges von den stillen Schritten meines Lebens und den nächsten Ereignissen. Nach Abschied des holden Besuches von Dornburg beschäftigte ich mich sogleich mit Einpacken und Loslösen, fuhr am 11. September über die Dörfer nach Kötschau, frühstückte angesichts der thüring'schen Helena, traf die Meinigen wohl, wartete Ihro Hoheit der Frau Großherzogin auf, fand sie wie ich sie längst kenne und auch jetzt erwarten durfte, fügte mich in mancherlei Geschäfte, nahm Abschied von der Botanik, die mich, wie geliebte und geprüfte Freundinnen thun, mit unerwarteten allerschönsten Gaben entließ. Sodann hatte ich gar löbliche Kunstwerke auszupacken,[317] wobey sich die Münchner Talente ganz besonders hervorthun. Ferner, daß ein gar lieber Brief von Stieler mir die willkommene Nachricht gibt, wie Ihro Majestät der König am 28. August meinem Bilde in seiner Werlstatt einen Besuch gemacht und ihm die freundlichsten und ehrenvollsten an mich auszurichtenden Aufträge zu ertheilen die Gnade gehabt.

Nun merk ich aber erst, daß der Schluß meines Briefes mit dem Anfange in einigem Widerspruch steht, besonders da ich noch zu melden habe, daß aus Carlsbad und Franzensbrunn die besten Nachrichten eingelaufen und wir Hoffnung haben, unsre Herrschaften den 24. oder 26. September gesund und wohlbehalten wieder zu verehren, woraus denn hervorgeht, daß Sie unsern ganzen Kreis, um seinen Mittelpunct versammelt, in getroster hoffnungsvoller Bewegung bey Ihrer Wiederkehr finden werden; auch mich in den bekannten Zuständen und treuen Gesinnungen. Wie ich denn Gegenwärtiges aus dem alten, der Liebe, der Freundschaft und den Musen höchst günstigen Gartenhause bey hohem Barometerstande, frischer über mich hinwehender Ostluft und heiterstem Himmel zutraulich ablasse; wünschend und hoffend, das klare Wetter werde auch über Ihre Reise fernerhin walten und uns endlich einen schönen Tag verleihen, wenn wir an Ihrem ländlichen Herde eine umständliche Erzählung alles Ihnen unterwegs gleichsam aufgedrungenen Guten vernehmen können.

[318] Mit wiederholten lebhaftesten Grüßen an die theuren rheinischen Freunde,

Wie herkömmlich liebend, vertrauend,

theilnehmend

Weimar den 22. September 1828.

Goethe.


44/240.


An Eugen Napoleon Neureuther

Ihre Blätter, mein Werthester, haben soviel Gutes daß ich nicht anfangen will, davon zu reden, weil ich sonst nicht endigen würde. Sie haben dem lyrisch-epischen Charakter der Ballade eine glücklich-bildlichen Ausdruck zu finden gewußt, der wie eine Art von Melodie jedes einzelne Gedicht auf die wundersamste Weise begleitet und durch eine ideelle Wirklichkeit der Einbildungskraft neue Richtungen eröffnet.

Nur soviel sag ich: vervielfältigen Sie eben so geistreich und zart Ihre Zeichnungen im Steindruck und geben mir dadurch Gelegenheit, meinen Commentar beyfällig zu erweitern.

Mehr aber noch bitt ich: fahren Sie in diesen unerschöpflichen Mannichfaltigkeiten fort mit dem Dichter zu wetteifern, seine Absichten zu begünstigen und ihn durch eine so treue Theilnahme zu erfreuen und zu belohnen.

Ihre Zeichnungen kommen zurück, sobald ich sie dem vollständigen weimarischen Kunstreise, an welchem[319] gegenwärtig noch einige Liebhaber fehlen, werde vorgelegt. Die beiden lithographirten Blätter behalte zurück, um zunächst über Ihr Talent und Vorhaben mich mit Durchreisenden und Einheimischen zu besprechen.

Alle Förderniß Ihren schönen Bemühungen wünschend.

Weimar den 23. September 1828.

Goethe.


44/241.


An Peter von Cornelius

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die geneigte Sendung ein wahres Bedürfniß das ich längst empfinde zu erfüllen gewußt; denn gerade dieses mitgetheilte Blatt, als der Schlußstein eines würdigen Cyclus, läßt uns mehr als ahnen, auf welche Weise Sie die einzelnen Felder des großen Umkreises werden behandelt haben. Hier ist ja der Complex, die tragische Erfüllung eines ungeheuern feindseligen Bestrebens.

Jedermann wird bekennen, daß Sie sich in jene großen Welt- und Menschenereignisse hineingedacht, daß Sie deren wichtigen symbolischen Gehalt im Einzelnen wohl gefühlt, sich in Erfindung des Darzustellenden glücklich, in Zusammenbildung des Ganzen meisterhaft erwiesen.

Und so bleibt denn auch wohl keine Frage, daß ein solches Bild, in stattlicher Größe, durch Licht und[320] Schatten, Haltung und Farbe dem Beschauer entgegengeführt, ja aufgedrungen, große Wirkung ausüben müsse. Hiernach darf ich also wohl nicht betheuern, wie sehr es mich schmerzt, Ihre bedeutenden Leistungen in Fülle und Folge, zugleich mit allem was auf Ihro Majestät Wink Imposantes im Ganzen entsteht, nicht gegenwärtig genießen und bewundern zu können.

Zu einiger Annäherung jedoch in vorliegendem Falle möchte ich Ew. Hochwohlgeboren zutraulich ersuchen, mir einen Abdruck des geistreichen Umrisses nur leicht angetuscht und flüchtig gefärbt zu gönnen, damit dasjenige was jetzt dem Verstande mehr als der Einbildungskraft, gewissermaßen in abstracto, unkörperlich angeboten wird, zur Wirklichkeit mehr herantrete und das Verdienst des Originals auch den Sinnen näher gebracht werde. Einer Ihrer wackern Schüler übernimmt ja wohl die freundliche Bemühung.

Für Ihren geistreichen Arabeskendichter habe ich ein Blättchen beygelegt. Wollte man auch diese Kunstbehandlung für untergeordnet ansprechen, so tritt uns doch hier eine geniale Vollkommenheit und technische Fertigkeit entgegen, von der man sich nicht hätte träumen lassen. Diese anmuthigen humoristischen Blätter geben zu den allererfreulichsten Betrachtungen Anlaß.

Kann Herr Stieler von seinem hiesigen Aufenthalt so günstige Nachricht ertheilen, daß Ew. Hochwohlgeboren sich auch entschließen möchten, zu guter Jahrszeit[321] uns zu besuchen, so würde freylich manches höchst Interessante zu besprechen und ein solcher Gedankenwechsel nicht ohne die schönsten Folgen seyn. Gegenwärtig ist uns ein solcher Vortheil durch die Anwesenheit des Herrn Rauch beschieden, welcher bey seinem ausgezeichneten Talente einer so bedeutenden Mitwirkung in dem herrlichen Münchner Kunstreise sich nunmehr höchlich zu erfreuen hat.

Sollte es Gelegenheit geben, in Gegenwart Ihro Majestät meiner als eines ehrfurchtsvollen dankbaren Angehörigen schicklich zu gedenken, so bitte solche nicht vorbeygehen zu lassen, auch deshalb, wie für so manche andere Gefälligkeit, meiner schuldigen Verpflichtung sich selbst überzeugt zu halten.

Mich mit vorzüglichster Hochachtung unterzeichnend.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 26. September 1828.


44/242.


An Friedrich August von Beulwitz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigte Vermittelung finde mich im Falle nochmals anzugehen, indem ich den Wunsch äußere: Ihro Königlicher Hoheit unserm gnädigsten Herrn nach vorübergegangenen Festen und sonstigem Zudrang in ruhiger[322] gefälliger Stunde meine Aufwartung zu machen und nicht unbequem zu erscheinen, wenn ich meinen Dank für so manches Gute, besonders auch für gnädigste Vergünstigung eines verlängerten Aufenthaltes in Dornburg, auszusprechen unternehme. Der ich zugleich Hochdieselben von meiner vorzüglichen Hochachtung zu versichern und mich bestens zu empfehlen wünsche.

Weimar den 30. September 1828.


45/1.


An Carl Friedrich Zelter

Du hast, mein Theuerster, gar oft mir zu Liebe die Feder angesetzt, und ich will auf dein Verlangen wohl einen Versuch wagen, den du wünschest.

Um die äußerst mannichfaltigen und folgelosen Witterungs-Erscheinungen mir einigermaßen zu deuten, verfahr ich folgenderweise: ich nehme zwey Atmosphären an, eine untere und eine obere; die untere erstreckt sich nicht sonderlich hoch, gehört eigentlich der Erde zu und hat eine heftige Tendenz sich und was sie enthält von Westen nach Osten zu tragen; mag sie vielleicht selbst der täglichen Bewegung der Erde gehorchen. Die Eigenschaft dieser Atmosphäre ist Wasser zu erzeugen, und zwar vorzüglich bey niederem Barometerstand; die Nebel, die sich aus Teichen, Bächen, Flüssen und Seen erheben, steigen alsdann in die Höhe, versammeln sich zu Wolken, gehen bey noch mehr fallendem Barometer als Regen nieder, und auf dem tiefsten Puncte desselben erzeugen sich wüthende Stürme.

[1] Das Steigen des Barometers jedoch bewirkt sogleich ein Gegengewicht; der Wind bläst von Osten, die Wolkenfangen an sich zu theilen, sich zu ballen, an ihren oberen Enden aufgezupft zu werden, nach und nach, als Schäfchen, leichte Streifen und Striche mancher Art, in die höheren Regionen aufzusteigen, um sich dort allmählig zu verlieren; dergestalt daß, wenn bey uns der Barometer auf 28'' steht, kein Wölkchen mehr am Himmel seyn darf, der Ostwind frisch und lebhaft bläst, und uns nur die hellere Bläue des Himmels noch andeutet, daß etwas Trübendes in der Atmosphäre vorhanden und zwischen uns und dem Unendlichen, Finstern ausgedehnt sey.

Dieses hier Gesagte ist das reine, bey einem nicht bestimmbaren Wechsel ewig gleiche Gesetz. Läßt man sich nicht irre machen, so kann man durch dieses Wenige alle übrigen Abweichungen und Zufälligkeiten beurtheilen. Folgendes aber ist nöthig beachtet zu werden.

Ich habe nur zwey Winde, den Ostwind und den Westwind genannt, der Nord schließt sich mit seinen Wirkungen an den Osten an, der Süd an den Westwind, und so haben wir zwey Himmelsgegenden, die so wie in ihrer Lage als in ihren Erscheinungen einander entgegen stehen.

Man halte das Obige fest und nehme es einsweilen als Regel, so wird man sich von Nachstehendem eher einige Rechenschaft geben können.

[2] Seit drey bis vier Jahren läßt die untere Atmosphäre eine übermäßige Wasserbildung zu, gegen welche die obere sich nicht genugsam in's Gleichgewicht stellen kann. Bey niederem Barometerstande häufen sich Wolken auf Wolken, der Westwind treibt sie von dem Meere in das Continent hinein, wo zugleich auf der bewässerten Erdfläche Nebel genug aufsteigen und Wolken sich bilden und nach Osten immer vorwärts getrieben werden. Steigt auch das Barometer, wird der Zug nach Osten gehemmt, so ist doch die erzeugte Wasser- und Wolkenmasse so groß, daß die obere Luft sie nicht aufzehren und vertheilen kann; wie wir denn seit einigen Tagen bey erhöhtem Barometerstande Nordwind haben und doch der Himmel, besonders nach Süden zu, schwer bedeckt und mit Wolkenmassen angefüllt ist. In Nordosten sieht man, hinter geballten Wolken, den blauen Himmel durchscheinen und an ihm Versuche, Schäfchen und leichte Streifen zu erzeugen; man kann versichert seyn, daß kein Regen niedergehen wird; aber der Himmel wird nicht klar, und wie das Barometer unter das Mittel sinkt, so ist der Regen in Güssen und Strömen vorhanden. So war den ganzen August über der Himmel bedeckt, wenn es auch nicht regnete, und dadurch unsere so schön sich anlassende Weinernte vereitelt. Die unter, über und neben mir an Stäben und Geländern befestigten Reben tragen reichlich geschwollene Trauben, die aber nicht durchgekocht, nicht reif werden. Was[3] hilft uns also der gute Sinn und Rath eures Weinver ständigen Kecht; wäre nach seiner Angabe der Traubenreichthum der doppelte, so würde auch bey dem Mißlingen die Verzweiflung doppelt seyn.

Da ich bey allem Obgesagten das Barometer mit allen Erscheinungen durchaus in Bezug setze, so spreche zuletzt den Hauptpunct aus: daß ich jene Elasticität, Schwere, Druck, wie man es nennen will, wodurch sich eine sonst unmerkliche Eigenschaft der Atmosphäre merklich macht, der vermehrten oder verminderten Anziehungskraft der Erde zuschreibe. Vermehrt sie sich, so wird sie Herr über das Feuchte; vermindert sie sich, so nimmt die Masse des Feuchten überhand, und wir sehen jene Wirkungen erfolgen. Da aber seit einigen Jahren die Wasserbildung in der untern Atmosphäre überhand nimmt, so vermag auch sogar ein hoher Barometerstand sie kaum zu gewältigen; denn selbst mit 28'' wird der Himmel nicht vollkommen rein.

Mehr wüßt ich dießmal nicht zu sagen; denn alle Erfahrungen dieser drey Jahre lösen sich mir in diesen einfachen Vorstellungen auf. Die gräßlichen Wasserniedergänge auf Bergeshöhen im vorigen Jahre, wie der an den Quellen der Neiße war, so wie dießmal die Erscheinung in flachen Gegenden, der Hagelschlag in Hannover, die gewaltsamen Wetter in Niederdeutschland, der furchtbare Wassersturz, der am 20. Juli Abends von Havre de Grace und Nancy über[4] Lyon u.s.f., über Thüringen weg bis nach Wien ging, und von welchem das euch am 21. betroffene Wetter ein Theil davon mag gewesen seyn, das alles glaub ich mir durch obige Vorstellungsart auszusprechen.

Denken wir nun, wie bey dem schnellen Umschwung des Erdballs diese stürmisch-feuchte Tendenz, von dem großen Westmeere her, über England hereinstürmt, wo denn doch auch dieß Jahr der Feldbau durch Nässe beeinträchtigt worden, so blicken wir denn freylich in ein Unendliches hin, welches zu durchschauen unsere Geistesorgane vielleicht unfähig sind.

Schaffe dir ein gutes Barometer an, häng es neben dich, vergleiche sein Steigen und Fallen mit der Physiognomie der Atmosphäre, mit der Bewegung der Wolken und was dir sonst noch auffallen möchte; gedenke mein dabey, wie ich dein in einem Augenblick gedenke, wo, gegen Mittag, endlich der Sonnenschein durchbringt. Die mächtigsten wunderbarsten Wolken bilden sich an einem theilweis tiefblauen Himmel und lagern sich umher; noch werden sie von der elastischen Luft getragen und emporgehalten, sänke das Barometer, so stürzten sie nieder. Prächtig fürwahr und furchtbar sind diese Massen, von der Sonne beschienen.

Nimm aus diesem Allgemeinen und Besondern, was dich anmuthen und dir brauchbar seyn mag; ich hege diese Vorstellungsart nunmehr seit vierzig Jahren und weiß mich auf diese Art mit der Natur[5] in gutes Verhältnis zu setzen; jeder muß freylich am besten wissen, wie er sich das Schwere bequem macht.

Indessen ist es Abend geworden und ich schließe noch mit wenigem den Witterungstag. Das Barometer war stehen geblieben, der Himmel hellte sich nach und nach ziemlich aus; vor Sonnenuntergang schwebten nur noch wenige Streifwolken tief am Horizonte; aber prächtig hatten sich über den östlichen Bergreihen ein paar Gebirgszüge glänzender Ballwolken gelagert, deren Licht- und Schattenseiten, ja die Schlagschatten vorstehender Massen eine vollkommene Körperlichkeit andeuteten. Das Erleuchtete erschien gelbroth, das Beschattete blau. Und so lagen sie auf desto mehr täuschende Weise wie Schneealpen, da sie nicht allzu hoch reichten und sich stundenlang ruhig verhielten. Der höchste Gipfel möchte allenfalls mit dem Mont Rosa gewetteifert haben.


Dornburg den 7. ejd.

Montag früh halb sechs Uhr vollkommen gleicher undurchdringlicher Nebel, das Barometer war gestiegen, Nord-Ostwind, die Fenster angelaufen. Dieß wäre nun in der Regel und verspräche eine schöne glückliche Vertheilung des Nebels, zu welchem Schauspiele ich dich wohl herwünschte, so wie zu dem heiteren Tage, der darauf folgen wird; wie solches zunächst gemeldet werden soll.


[6] Abends.

Und so war es denn auch, ein schöner klarer, bey Sonnenuntergang völlig wolkenreiner Tag; ich fuhr mit einem Freunde in's Thal hinab und, über die dir bekannte Brücke, auf das rechte Ufer. Wir erstiegen, zwischen Wiesen, Feldern und Weinbergen, eine Höhe, wo wir die Saale unter uns, sodann auch Thalauf, Thalabwärts durch eine fruchtbare Gegend sich krümmend überschauen konnten. In Süden war Jena deutlich zu sehen.

Das Ganze in anmuthiger Beleuchtung. Die Dornburger Schloßreihe, mit ihren Hintergebäuden und der aufsteigenden Stadt, auf den schroffen Felsenmassen, alles im Schatten sah wirklich ganz ernsthaft und anständig aus; indessen wir hüben im Sonnenscheine unsere Seite rechts und links beschauen konnten.


Montag den 8. September 1828.

Das Barometer ist auf 27'' 8''' gestiegen, der Nebel früh 6 Uhr so stark wie gestern, doch sind wir eines schönen Tages gewiß, wovon das Weitere späterhin.

Und so hat denn dießmal das Barometer sein quos ego entschieden ausgesprochen. Es schlug eben Neun und die Atmosphäre war vollkommen gereinigt, die Gegenstände des Thales blickten aus dem leichten Duft hervor. Es ist doch, wie überall, auch in der Weltgeschichte: sobald Carl Martell auftritt, so klärt[7] sich der Wust auf, der Gallien und die übrige Welt bedeckt. Glücklicherweise folgt Pipin und Carl der Große; nachher ist es aber auch wieder für eine geraume Zeit völlig aus.


Dienstag den 9. September.

In der Morgendämmerung war Venus der Sonne weit vorausgegangen und stand hoch am Himmel; die ganze Luft war rein und klar, das Barometer abermals gesunken, aber immer noch im leiblichen Stand. Gegen 6 Uhr früh füllte ein dichter Nebel das ganze Thal, stieg aber nicht so hoch, daß er die gegenüberstehenden Berge verdeckt hätte. Er fiel und zertheilte sich, so daß Himmel und Erde bald klar dalagen; am südwestlichen wie am nordöstlichen Horizont leichte Wolkenstreifen.

Bis gegen Mittag klarster Himmel, dann sich bewölkend; Abends ganz über und über, aber leicht bewölkt. Fragt man, woher denn auf einmal ein so weiter und breiter Wolkenumfang und -Umhang herkomme? ich antworte, nirgends her! denn überall rechts und links, um und um, wie im Zenith kann das Wolkenwesen entstehen, da das Barometer auf dem zweydeutigen Puncte steht, da wo ungefähr die alten Wettergläser unbeständig hinsetzten. Nachts war der Himmel wieder rein und sternhell; der Wind war südlich geblieben.


[8] Den 10. September.

Früh halb 6 Uhr kein Nebel. Wolken, theilweise ballenartig, doch nicht recht gepackt. Das Barometer war auf 6''' stehen geblieben. Den ganzen Tag zogen Wolkenballen über den Himmel weg, die zwar an den Enden aufgezupft wurden, aber doch einen regenartigen Habitus zeigten. Gegen Abend war das Barometer auf 5 1/4''' gefallen. Zweydeutige Wolkengestalten, zwischen aller Howardischen Terminologie schwebend.


Den 11. September.

Fuhr ich nach Weimar zurück und somit war die freye Aussicht zugleich mit meiner Himmelsbetrachtung geschlossen; die Geschäfte mußten abgethan werden, das Wetter sey von welcher Art es wolle; das Barometer bewegte sich auf und ab und eben so die Witterung, ohne daß etwas weiter zu sagen wäre:

Denn mit dem himmlischen Küchenzettel

Ist's immer wieder der alte Bettel.


Vorstehendes liegt schon eine Weile für dich bereitet; ich wollte es aber nicht eher absenden, bis die Fluth der Wissenschaften, die über deinem Haupte zusammenschwoll, sich wieder verlaufen hätte.

Mehrere einzelne Glieder jener stattlichen Gesellschaft sind schon bey mir vorübergegangen, und es[9] ist nur eine und allgemeine Stimme vollkommenster Zufriedenheit. Die Einleitungen und Einrichtungen, sieht man wohl, waren der Persönlichkeit, der Menge, den Umständen und Zuständen, hauptsächlich auch den Localitäten angemessen, und da konnte denn nicht fehlen, daß alles gut ablaufen mußte. Die sämmtlichen so wohl Aufgenommenen zweifeln, ob ihnen dieß zum zweytenmale widerfahren möchte. So haben denn die Herren Badenser Ursache sich zusammenzunehmen, und ich hoffe, daß auch in der Folge, verhältnißmäßig, alles nach so einem guten Beyspiele sich ausbilden wird.

Du wirst mir von deiner Seite über deine Theilnahme nun auch ein Wörtchen sagen, und dann wollen wir unsere Geschäfte jeder von seiner Seite weiter betreiben.

(Da ich diese Blätter gerne heut fortschicken will und verhindert bin solches zu füllen, auch solchen nicht leer lassen möchte, so theile dir abschriftlich den Inhalt einiger Blättchen mit, die unzählig vor mir liegen und die ich gerne sondern möchte. Nimm sie noch ungesondert, wie sie dem Schreibenden in die Hände fallen.)


In der Geschichte der Naturforschung bemerkt man durchaus, daß die Beobachter von der Erscheinung zu schnell zur Theorie hineilen und dadurch unzulänglich, hypothetisch werden.


[10] Es gibt eine zarte Empirie, die sich mit dem Gegenstand innigst identisch macht und dadurch zur eigentlichen Theorie wird. Diese Steigerung des geistigen Vermögens aber gehört einer hochgebildeten Zeit an.


Am widerwärtigsten sind die kricklichen Beobachter und grilligen Theoristen, ihre Versuche sind kleinlich und complicirt, ihre Hypothesen abstrus und wunderlich. Ein solcher war der gute Wünsch. Dergleichen Geister finden sich leicht mit Worten ab und hindern die Fortschritte der Wissenschaft: denn man muß ihnen doch nachexperimentiren und aufklären, was sie verdüstert haben. Da nun aber nicht viele hiezu berufen sind, so läßt man's auf sich bewenden und schreibt ihren Bemühungen einigen Werth zu, welches niemandem zu verdenken ist.


Ganze, Halb- und Viertels-Irrthümer sind gar schwer und mühsam zurecht zu legen, zu sichten und das Wahre daran dahin zu stellen, wohin es gehört.


Es ist nicht immer nöthig, daß das Wahre sich verkörpere, schon genug wenn es geistig umherschwebt und Übereinstimmung bewirkt; wenn es wie Glockenton ernst-freundlich durch die Lüfte wogt.


[11] Wenn man die Probleme des Aristoteles ansieht, so erstaunt man über die Gabe des Bemerkens und für was alles die Griechen Augen gehabt haben; nur begehen sie den Fehler der Übereilung, da sie von dem Phänomen unmittelbar zur Erklärung schreiten, wodurch denn ganz unzulängliche theoretische Aussprüche zum Vorschein kommen. Dieses ist jedoch der allgemeine Fehler, der noch heut zu Tage begangen wird.


Man weiß eigentlich nur, wenn man wenig weiß; wie man mehr erfährt, stellt sich nach und nach der Zweifel ein.


Kein Phänomen erklärt sich an und aus sich selbst; nur viele, zusammen überschaut, methodisch geordnet, geben zuletzt etwas, das für Theorie gelten könnte.


Und doch bedarf es in der Naturforschung eines kategorischen Imperativs so gut als im Sittlichen, nur bedenke man, daß man dadurch nicht am Ende sondern erst am Anfang ist.


Und so fortan!

Weimar den 5. October 1828.

G.


(Verzeihung dieser mehr als zufälligen Mittheilung.)[12]


45/2.


An Kaspar von Sternberg

Jenen höchst traurigen weimarischen Tagen zu Ende Juni ausweichend, befand ich mich auf den heitern Höhen von Dornburg, als ein trostreiches Schreiben, datirt Brzezina den 5. Juli, bey mir einlangte. Fürwahr trostreich, denn bey so großem Verluste ist es höchst aufrichtend, erinnert zu werden, was von Gutem, Vorzüglichem und Schätzbarem uns noch übrig bleibt.

Am 2. August ward ich sodann von dem höchst erfreulichen Besuch der Frau v. Löw und ihrer liebenswürdigen Tochter überrascht, die an mir vorüber und dorthin gingen, wohin ich ihnen mit dem treusten Gedanken und Empfindungen folgte. Ein zutraulich munteres Schreiben von dorther, datirt den 9. August, war mir ein sicheres Zeichen, meine den Damen übertragenen herzlichen Wünsche seyen glücklich erfüllt, und ich könne, über das Wohlbehagen der Freunde beruhigt, in stiller Thätigkeit weiter fortleben.

Erst gegen Ende des Monats kam, auf Veranlassung Ihro Königlichen Hoheit der verwitweten Frau Großherzogin, mir die unerwartete unerfreuliche Nachricht, der so verehrte als geliebte Freund habe sich, an einer gefährlichen Krankheit leidend, nach Prag begeben; doch fügte man die beruhigende Meldung hinzu, das Übel habe sich wieder gehoben, worauf ich[13] mich denn auch beruhigte und der frischen Hoffnung lebte, der verehrte Freund werde sich in dem Grad wieder hergestellt finden, um die Berliner Versammlung der Naturforscher besuchen zu können; da ich denn meinen stillen Wunsch, diese edle Gesellschaft das nächste Jahr in Prag zu wissen, wieder belebt sah.

Nun aber vernehm ich, daß man den Erwarteten in Berlin nicht gesehen; daneben von dorther, wie auch von Carlsbad, zweifelhafte Nachrichten, welche mich in Verwirrung und Verlegenheit setzen. Ich sende daher Gegenwärtiges mit der inständigen Bitte, mir von dem Befinden des Theuersten Nachricht zu ertheilen oder ertheilen zu lassen; denn ich gestehe gern: Nach dem betroffenen großen Unfall macht die Sorge von zu befürchtenden Übeln auf mich einen dergestalten Eindruck, daß die Dauer meiner eignen Erhaltung mir dagegen gleichgültig erscheint.

Schon war ich vorbereitet, freudige Nachricht zu geben, daß ich die zehn Wochen in Dornburg fast ganz der Naturlehre gewidmet, daß die Übersetzung in's Französische meiner Metamorphose der Pflanzen mich zu jenen früheren Bestrebungen wieder zurückgeführt. Wie ich ferner bey dieser Gelegenheit aufmerksam beachtet, was die neuern Franzosen, besonders Herr Decandolle, in diesem Sinne gefördert haben. Dabey fügte sich's wunderbar, daß ich zwischen hoffnungsvollen Traubengeländern und reichbehangenen Rebhügeln lebte und unmittelbar darauf hingewiesen[14] ward, was man neuerlichst zu Verbesserung des Weinbaues geschrieben, vorgeschlagen und versucht; deshalb denn auch die Physiologie des Weinstocks unmittelbar in der Natur zu studiren veranlaßt ward. Was soll uns das aber alles, wenn diejenigen sich zu entfernen drohen, mit welchen wir, gewissermaßen ausschließlich, uns über dergleichen Gegenstände zu unterhalten wünschten.

Mehr füge daher nicht hinzu als die Bitte, von dem Zustande des hochverehrten Freundes mich nicht unberichtet zu lassen, damit die Einsamkeit, womit das Alter bedroht ist, in ihrem hohlen furchtbaren Wesen nicht fortschreitend herandringe.


Vorstehendes war geschrieben, als Ihro Kaiserliche Hoheit die regierende Frau Großherzogin, aus Carlsbad zurückkehrend, mir mündlich versicherten: der verehrte Freund sey außer aller Gefahr und auf dem Wege vollkommener Besserung; daher ich denn mit doppelter Heiterkeit meine verehrte Gönnerin willkommen heißen konnte. An dieser höchst erfreulichen Nachricht mich wieder erholend, wag ich, die schon längst bereit liegende dritte Sendung meiner Werke einpacken zu lassen und mehrere Schriften beyzufügen, welche zum Andenken unseres verehrten Fürsten an's Licht getreten. Gewiß sind diese Bogen jeder Aufmerksamkeit werth, alle wegen ihres Gegenstandes, viele der Form und Behandlung willen.

[15] Verzeichniß lege bey und sende das Paquet zunächst mit der fahrenden Post.

In schmerzhaft geprüfter Anhänglichkeit

Weimar den 5. October 1828.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Verzeichniß.

A. Programm zum Trauerzeuge und der feyerlichen Beysetzung.

B. Trauerrede hierauf folgend.

C. und D. Gedichte zu dieser Gelegenheit von Riemer.

E. Parentalia der Akademie Jena in Lapidarstyl.

F. Gesänge der Loge Amalia am 3. September.

G. Gesänge zum 3. September zur Schulfeyer.

H. Schulprogramm zum 3. September.

I. Kurzgefaßter Nekrolog vom Canzler v. Müller.

K. Trauer-Actus in Jena.

L. Geh. Hofrath Eichstädts Rede bey dieser Gelegenheit.

M. Deutsche Übersetzung von Ober-Consistorial-Director Peucer.

Weimar den 5. October 1828.

G.


45/3.


An Heinrich Eberhard Gottlob Paulus

Gegenwärtiges Blatt und die darin anzukündigende Sendung macht Ihnen, verehrter vieljähriger Freund,[16] gewiß einen schmerzlich angenehmen Eindruck, wenn ich vermelde, daß unser abgeschiedener hoher Fürst den ersten Theil Ihres wichtigen Werkes, der ihm seiner Zeit durch mich zu Handen gekommen, in den letzten Monaten mit großem Antheil gelesen und sich dergestalt damit beschäftigt hat, daß er, das gesendete Exemplar zur Bibliothek hingebend, sich ein anderes eigens anschaffte; welches er nur in dem Fall zu thun pflegte, wenn er ein Werk theils länger bey sich zu behalten, theils unmittelbar andern Personen mitzutheilen geneigt war. Dieß geschah denn auch mit Ihrer vorzüglichen, vieljährig gereiften Arbeit, indem er sich darüber öfters mit mir und andern zu unterhalten pflegte, auch wohl den Wunsch äußerte, Ihnen etwas Angenehmes dagegen erweisen zu können.

Diese von ihm gehegte gemüthliche Absicht zu erfüllen hat ihn ein frühzeitiges Geschick verhindert. Sein durchlauchtigster Nachfolger jedoch, davon unterrichtet, hat sich's , wie in allem Übrigen, auch hier zur Pflicht gemacht, seinem Willen, seinen Vorsätzen genug zu thun, und trägt mir daher auf, beykommende, in solchen Fällen ertheilte, goldene Medaille Denenselben zuzusenden, mit der Versicherung, daß er für den schönsten Theil seines ihm zugefallenen Erbes die Anerkennung und Hochschätzung rechne, welche sein verewigter Herr Vater den Verdiensten aller Art, besonders auch solchen, wodurch Sie sich, mein Theuerster, ausgezeichnet, gewidmet habe.

[17] Mit ganz eigenem Vergnügen erfülle den gnädigsten Auftrag und bitte, bey'm Anblick dieser Denkmünze sich auch meiner zu erinnern, eines zwar schweigsamen, aber immer im Stillen aufrichtig theilnehmenden Freundes; wobey ich mich auch den lieben Ihrigen auf's angelegentlichste empfohlen wünsche.

Treu anhänglich

Weimar den 7. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/4.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

sind gewiß mit der Überzeugung abgereist: daß Ihre und Ihrer Frau Gemahlin Gegenwart bey uns den angenehmsten Eindruck zurückgelassen, und daß wir uns oft an der Erinnerung ergetzen, ein so werthes Paar auch persönlich verehrt zu haben. Gedenken Sie unsrer auf gleiche Weise, so kann das schon so lange dauernde wichtige Verhältniß nur immer schöner sich gestalten, und ein wechselseitiger Vortheil von den würdigsten Gefühlen gegenseitigen Vertrauens geadelt werden.

Zugleich vermelde, daß von Cammerrath Frege die Summe von rh. 9,500 soeben empfing, und zwar

M. W. Send. 5 rh. 7,500

Schiller Corr. 2, – ut s.

Wegen Absendung des Originals der folgenden Lieferung will ich mich mit Herrn Reichel benehmen.[18] Da in den Wanderjahren noch einiges zu thun ist, so werde die Bände successiv, zu rechter Zeit, abzuschicken Sorge tragen.

Angenehm würde es mir seyn, wenn Ew. Hochwohlgeboren Ihre Gedanken mittheilen möchten: wie Sie es mit der Herausgabe der Schillerischen Briefe zu halten gedenken. Meine Absicht ist, dieselben Ihro Majestät dem König von Bayern zu widmen, da denn meine Jahre mich anmahnen, solche dankbare Anerkennung der höchsten Huld und Gnade nicht allzu lange verschieben.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 8. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/5.


An Friedrich Carl Ferdinand von Müffling

[Concept.]

Ew. Excellenz,

zur traurigsten Stunde, bey mir eingelangtes Schreiben beantworte spät, aber mit dankbarlichst schmerzlicher Empfindung, welche die kunstreich-durchscheinenden Bilder immer wieder bey mir aufregen.

Von großer Bedeutung muß es für mich seyn, daß mein gnädigster Herr bis zuletzt neigungsvoll an mich gedacht und den Beweis davon mir durch die[19] theure Hand eines verehrten Mannes zukommen ließ, der eigentlicher und genauer als viele den Werth des hohen Gebers zu schätzen gewußt.

Ew. Excellenz haben für ihn und mit ihm gewirkt und selbst so lebhaft empfunden: welche vergnügliche Angelegenheit es war, nach seinen Winken und zu seinen Zwecken zu handeln; ja ich darf kühnlich aussprechen, der einzige wahre Trostgrund, der bey mir etwas gilt, ist der: daß ich vor mir sehe, in seinem Sinn und nach seinen Absichten, auch fernerhin, unter den Augen seines edlen Nachfolgers, die übrige Zeit meines Lebens fortwirken zu können.

Der ich, in Erinnerung vergangener Jahre und gemeinsamer Theilnahme an dem Glück ihm anzugehören mich erfreuend, zu fortgesetztem Wohlwollen für die Tage, die mir noch gegönnt seyn möchten, mich angelegentlichst empfehle.

Weimar den 8. October 1828.


45/6.


An Daniel Georg von Ekendahl

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

bitte geneigt zu bedenken, daß ich in meinen hohen Jahren kaum den unerläßlichsten Pflichten, die mir obliegen, genug thun kann. Irgend ein Werk, besonders im Manuscripte, durchzulesen und zu beurtheilen, inwiefern solches zeitgemäß zum Druck zu befördern[20] sey, wird mir ganz unmöglich. Ich sende daher den mir mitgetheilten Band zurück mit Dank für das in mich gesetzte Vertrauen, welches zu verdienen ich meine frühern Jahre wohl zurückwünschte.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 11. October 1828.


45/7.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey, mein theuerster Herr und Freund, die auf jeden Fall schätzenswerthen und besonders auch den geologischen Betrachtungen höchst günstigen, neusten Arbeiten des verdienten Herrn v. Hoff. Dabey einige Bogen der Einleitung, zu deren Abschluß nur noch wenige Blätter fehlen, mit Bitte, darauf gleichfalls geneigt zu reflectiren. Nächstens auch, wo möglich, an unserm Familientische zu erscheinen, mit dem Bewußtseyn der allerfreundlichsten und herzlichsten Aufnahme.

treu ergeben

Weimar den 11. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/8.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Hochwohlgeboren

habe in Gefolg neulicher Mittheilung zu eröffnen, daß Ihro Kaiserliche Hoheit die regierende Frau Großherzogin, für das nächste Jahr, zweyhundert Thaler[21] in vierteljährigen Raten zu Gunsten der chemischen Anstalt zu Jena gnädigst bestimmt haben.

Wollten Dieselben mir deshalb Ihre Gedanken eröffnen, wie diese Summe successiv zum Besten der Wissenschaft zu verwenden sey, so würde hievon Anlaß zu einem anderweitigen unterthänigsten Vortrag nehmen und eine definitive Anordnung zu Auszahlung gedachter Summe, wovon das erste Viertheil Weihnachten erhoben werden sollte, zu bewirken trachten.

Ich freue mich gar sehr über diesen gnädigsten Antheil, welcher sich durch eine wirksame Benutzung in der Folge hoffentlich wird steigern lassen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 12. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/9.


An Friedrich Theodor von Müller

Hiebey eine doppelte Abschrift der v. Humboldtischen Relation, damit Eine in den Händen der Frau Großherzogin bleiben könne. Doch würde wünschen, daß dieser Brief nicht propalirt würde. Dergleichen letzte Stunden sind immer, wie die Gypsabgüsse der Leichenmasken, in's Leidende verzogene Carricaturen auch des thätigsten Lebens.

Theilnehmend wie vertrauend

Weimar den 12. October 1828

Goethe.[22]


45/10.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey, mein Werthester, die letzten Bogen der Übersetzung. Einige Blätter habe ich gelesen, mit Vergnügen und Überzeugung, daß das Werklein einen guten Eindruck machen wird. Es hängt nun ganz von Ihnen ab, wenn wir anfangen sollen, die Arbeit zusammen durchzugehen; nur Dienstag und Donnerstag früh bin ich den höchsten Damen verpflichtet. Vielleicht wär es Ihnen die andern Tage gelegen um 12 oder 1 Uhr, da Sie denn die Güte hätten bey uns zu Tische zu bleiben.

Alles Gute und Schöne treulichst anwünschend.

Weimar den 14. October 1828.

Goethe.


45/11.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Erbitte mir

Joachim Jungius

Isagoge phytoscopica.

1678.

[Weimar 15. October 1828.]

Goethe.


45/12.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Hochwohlgeboren

habe mit Vergnügen zu vermelden, daß ich mich im Stand befinde, zu Weihnachten einhundert Thaler[23] Courant auszahlen zu lassen, welche nach angezeigter Weise zu verwenden Denenselben anheim gegeben ist.

Die angeschafften Erfordernisse würden seiner Zeit in das Inventarium der Anstalt eingetragen, so wie die anderweiten einhundert Thaler später nach Bedürfniß zu verwenden und eine fernere gnädigste Theilnahme und Unterstützung so lobenswürdiger Zwecke allerdings zu hoffen seyn.

Der ich mich freue, ein neues Leben in einer so entschieden nützlichen Thätigkeit aufgeregt zu sehen.

ergebenst

Weimar den 18. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/13.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

um eine kleine Gefälligkeit zu bitten nehme mir hiedurch die Freyheit, deren Verzeihung ich hoffen darf:

Ich wünschte zu erfahren, ob gegenwärtig Platina in Leipzig verkäuflich zu finden sey und wie viel für das Loth allenfalls gefordert werde?

In Betracht Ihrer vielfachen Geschäfte füge nichts weiter hinzu als die Bitte um ein fortdauerndes geneigtes Andenken und die Versicherung einer ausgezeichneten Hochachtung.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 21. October 1828.

J. W. v. Goethe.[24]


45/14.


An Carl Friedrich Rungenhagen

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

auf meines Freundes Zelter so bestimmte Anmeldung nicht bey mir gesehen zu haben, bedauerte um so mehr, als ich vernahm, Ihr Reiseplan sey auf eine unerfreuliche Weise völlig unterbrochen worden. Wären wir zu jener Zeit zusammengetroffen, so hätten wir wohl das vorliegende Geschäft ohne Zeitverlust und Umstände abgemacht.

Da nun aber dieß nicht gelingen wollen, so wünsche doch von meiner Seite das Mögliche zu der so löblich eingeleiteten Feyer beyzutragen. Ich sende daher mit dem heutigen Postwagen eine Rolle, deren Inhalt ich geneigt zu beachten und mir sodann Ihre einsichtigen Gedanken deshalb mitzutheilen bitte.

Herrn Felix Mendelsohn mich bestens zu empfehlen, Fräulein Zelter Beykommendes zu übergeben Dieselben hiedurch schließlich ersuchend und mir ein wohlwollendes Andenken erhalten zu wissen angelegentlichst wünschend.

Den 21. October 1828.


45/15.


An Doris Zelter

Ohne mich lange zu besinnen, meine liebe gute Doris, habe ich einen Text zu musicalischer Behandlung[25] eilig niedergeschrieben und sende ihn mit heutiger fahrender Post an Herrn Director Rungenhagen. Möge mein hiedurch bewiesener guter Wille dem löblichen Unternehmen der edlen Singakademie förderlich und behülflich seyn, und mein trefflicher Freund nach jenem Tage noch viele gesund und getrost zurücklegen.

Die Meinigen grüßen alle; die glücklich angekommene Ulrike dankt für freundliche Aufnahme nochmals zum allerschönsten.

Treulichst

Weimar den 21. October 1828.

Goethe.


45/16.


An August von Goethe

[Concept.]

Gegenwärtiges abzuschicken werde, wie du sehen wirst, durch einiges Vorkommende veranlaßt.

1) Ersuche ich dich, von der angelangten russischen Platinasendung vorerst in Jena nichts zu erwähnen.

2) Bemerke, daß Bergrath Nöggerath, indem er das jenaische mineralogische Kabinett rühmte, einigemal erwähnte, wie übel Director Lenz mit den Mineralien umgehe. Nun hat dieser Fremde wohl nichts weiter bemerkt, als was wir schon wissen; wie denn Lenz aus Faseley und Großthun hier und da einiges leichtsinnig in dessen Gegenwart behandelt haben mag, und uns gar wohl bekannt ist, daß bey Vorlesungen mit den Exemplaren nicht vorsichtig genug[26] gehandelt wird. Nöggeraths wiederholte Erwähnung jedoch konnte ich nicht ganz unbeachtet lassen, und gebe dir daher den Auftrag, mit Färbern darüber vertraulich zu sprechen und dich nach dem besondern Falle zu erkundigen; denn der gute Alte mag sich gar närrisch benommen haben.

3) Im botanischen Garten laß dir den neu angenommenen Gefühlen vorstellen. Hofrath Voigt hat dessen Eintritt angezeigt mit einiger Empfindlichkeit, daß Baumann ihn erst spät gemeldet. Doch das wird wohl nicht anders werden; niemand will sich subordiniren und weiß sich am Ende doch nicht zu helfen.

4) Suche ferner die Angelegenheit mit der Terrassenmauer in Ordnung zu bringen; wir kommen sonst nicht zur Reinlichkeit; denn diesen Theil als Böschung zu behandeln, wie gar wohl anginge, haben unsre Angestellten weder Geschmack noch Lust.

5) Sprich doch auch mit Rentamtmann Lange, ob er Ordre hat, die von der akademischen Casse verlangten Zulagen auszuzahlen. Ich sehe aus dem Quartalextract, daß er wenigstens vorgeschossen hat, wogegen er sich sonst immer zu wehren pflegt.

Weiter wüßte ich gegenwärtig nichts; kommt etwas vor, so melde ich es morgen durch die Boten.

Dienstag den 21. October 1828.[27]


45/17.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiemit höflichst ersucht, an den großherzoglich weimarischen Lithographen, Herrn Heinrich Müller, gegenwärtig in Carlsruhe, bey dem Kunstverleger Herrn Velten zu erfragen, die Summe von

funfzig Thalern sächsisch

für Rechnung großherzoglicher Oberaufsichtscasse gefällig auszahlen zu lassen.

Den 21. October 1828.


45/18.


An August von Goethe

[Concept.]

Nur weniges bemerke als nicht zu Versäumendes:

1) Bey Professor Göttling anzufragen, ob er mit Revision meiner Werke fortfahren könne.

2) Allenfalls mit Professor Bachmann zu sprechen, ob vielleicht in unsrer Angelegenheit etwas zu thun sey? Ich fürchte, es gibt irgend einen Skandal, und dann sieht es aus, als wenn man sich um nichts bekümmert hätte.

Weimar den 22. October 1828.[28]


45/19.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche höflichst um eine Abschrift der wenigen Zeilen, wodurch Serenissimus p. d. sich Platina von Petersburg ausbat. Ich bedarf dieses höchsten Anlasses zu meinen Acten.

ergebenst

Weimar den 22. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/20.


An Marianne von Willemer

Mit dem freundlichsten Willkomm die heitere Anfrage: wo die lieben Reisenden am 25. August sich befunden? und ob Sie vielleicht den klaren Vollmond beachtend des Entfernten gedacht haben?

Beykommendes giebt, von seiner Seite, das unwidersprechlichste Zeugniß. Vernehm ich hierauf das Nähere, vielleicht auch erhalt ich einen Auszug aus dem Umständlicheren Tagebuch so erwiedre noch manches, besonders vielfachen Danck für die so reichlich gespendeten Stachelfrüchte.

Begleitet von allen dornfreyen Gefühlen die besten Wünsche!

treu angehörig

Weimar d. 23. Octbr. 1828.

Goethe.[29]


45/21.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Wenn ich Sie, mein theuerster Freund, den ich in so manchen anmuthigen und hoffnungsvollen Zuständen mit immer gleicher wechselseitiger Neigung gesehen, gefunden und wieder gefunden, nunmehr in dem lieben heitern Seifersdorf, dessen Name mir so viele willkommene Erinnerungen hervorruft, und dessen höchst glückliche Erneuerung Sie mir mitzutheilen so freundlich waren, wenn ich Sie nunmehr in einem tief traurigen, verlustfühlenden, selbst kranken Zustand daselbst gedenke, so ist mir ganz eigens zu Muthe.

Denn als ich Ihr liebes tröstliches Schreiben vom 25. August erhielt, mußte ich mich glücklich preisen, daß nach dem herben Falle, der mich betroffen hatte, wie das Geschick nur einzig in seiner Art irgend einen Menschen befallen konnte, mir doch noch vieljährig geprüfte Freunde übrig geblieben, die durch Neigung, Wohlwollen und Theilnahme geneigt schienen über die ungeheure Lücke, die in mein Leben gerissen worden, wieder einen gemüthlichen Stieg in die Gefilde des Lebens hinüberzuschlagen.

Damals konnte und durft ich nicht denken, daß ich Sie, mein Werthester, auf ein ähnliche, gleiche, noch gesteigerte Weise verletzt finden würde.

Bey denen unendlich mannichfaltigen Verkreuzungen der irdischen Schicksale lassen wir uns allenfalls dasjenige[30] gefallen, was einem gewissen Naturgang analog zu seyn scheint. Wenn die Älteren abgerufen werden, so mag es gelten, denn das ist im Flusse der Jahre doch immer das regelmäßige Hingehen; deswegen wir auch die Geschichte der alten Patriarchen immer mit Vergnügen wieder lesen, weil derjenige, der in hohen Jahren zu seinen Vätern versammelt wird, eben so gut seinen Platz einnimmt als der Bräutigam neben der Braut am Hochzeittage. Dieß müssen wir zugeben, weil ja sonst keine Folge der Zustände denkbar wäre.

Kehrt es sich aber um und der Jüngere geht vor dem Ältern hin, so empört es uns, weil wir denken, die Natur sollte wenigstens eben so vernünftig seyn als wir selbst, die wir doch eigentlich nur dadurch Menschen sind, daß wir unsern Zuständen eine gewisse Folge zu geben trachten; weil wir sehr elende Creaturen wären, wenn wir nicht auf Morgen und Übermorgen, auf's nächste Jahr und Jahrzehend uns, und was sich mit uns vereint hat, zu versorgen und sicher zu stellen trachteten.


Vorstehendes war gleich nach Empfang Ihres theuren Briefes geschrieben; auf einmal aber hielt ich inne, denn ich fühlte wohl, hier stehe das große Problem vor mir, welches aufzulösen dem Menschen wohl nicht gegeben seyn möchte.

[31] Betrachten wir uns in jeder Lage des Lebens, so finden wir, daß wir äußerlich bedingt sind, vom ersten Athemzug bis zum letzten; daß uns aber jedoch die höchste Freyheit übrig geblieben ist, uns innerhalb unsrer selbst dergestalt auszubilden, daß wir uns mit der sittlichen Weltordnung in Einklang setzten und, was auch für Hindernisse sich hervorthun, dadurch mit uns selbst zum Frieden gelangen können.

Dieß ist bald gesagt und geschrieben, steht aber auch nur als Aufgabe vor uns, deren Auflösung wir unsre Tage durchaus zu widmen haben. Jeder Morgen ruft zu: das Gehörige zu thun und das Mögliche zu erwarten.

Mehr nicht für dießmal. Bleiben Sie meiner innigsten Theilnahme gewiß. Meine aufrichtigsten Grüße und Wünsche Ihnen und Ihren lieben Angehörigen.

Und nun vergönnen Sie noch eine Anfrage. Sie erinnern sich, daß ich das Porträt Ihres lieben Kleinen damals zeichnen ließ; erregt Ihnen der Anblick nicht wieder neue Schmerzen, so steht das Original zu Diensten und ich behalte eine Copie zurück. Auf jeden Fall soll es Ihnen zu jeder Zeit und Stunde verwahrt seyn.

Mit herzlichster Versicherung treuster Anhänglichkeit.

Weimar den 23. October 1828.

J. W. v. Goethe.[32]


45/22.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit, ein Büchlein und ein Buch zu senden, mit höflichstem Ersuchen, solche wie die vorigen gefällig durchzusehen.

Da bey Ihrem gegenwärtigen neuen Eintritt in Ihr Hauptgeschäfte die Augenblicke kostbar sind, so bemerke: daß, wenn das kleinere in vier, das größere in sechs Wochen zurückerhalte, es noch zeitig genug seyn möchte. Indessen ist Ihnen selbst bekannt, was die Setzer für ein zudringliches Völkchen sind. Mögen Sie Ihre Correcturen, sowohl bey dem gedruckten als handschriftlichen Bande, nur mit Bleistift an der Seite bemerken, so wird es hinreichend seyn und die Bemühung vermindern.

In der Aussicht, baldig zu vernehmen, daß Sie nach Ihrer Rückkunft sich wohl und gesund befinden!

An froher Thätigkeit wird es nicht fehlen.

Mit den besten Wünschen und aufrichtigster Versicherung eines treuen Antheils an allem und jedem, was Dieselben unternehmen und sowohl für das Ganze als Einzelne förderlich wirken mögen, unterzeichne mich hochachtungsvoll.

ergebenst

Weimar den 25. October 1828.

J. W. v. Goethe.[33]


45/23.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

vermelde, auf Veranlassung des Herrn v. Cotta, in Betreff der Schillerischen Correspondenz Folgendes: daß ich mit der von Ihnen vorgeschlagenen Eintheilung des Manuscripts in sechs Bände gar wohl zufrieden bin, nämlich:

1794 und 179518Bogen

179617"

179724"

179825"

1799 und 180020"

1801 bis 180518"

Da nun Herr v. Cotta derselbigen Überzeugung ist, so werden Sie hiernach den Abdruck einzurichten wissen.

Es ist auch von einer Dedication an Ihro des Königs von Bayern Majestät die Rede, solche kann aber gegenwärtig noch nicht erscheinen, sondern wird seiner Zeit auf eine schickliche Weise zu publiciren seyn; deshalb der erste Band, sobald er abgedruckt ist, ungesäumt in's Publicum treten kann. Die Aushängebogen erbitte mir baldigst; so wie ich denn auch den Abschluß der vierten Lieferung meiner Werke zunächst hoffen darf.

[34] Das Beste wünschend, mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar den 28. October 1828.

J. W. v. Goethe.


45/24.


An Therese von Eißl

[Concept.]

Sie wieder zu Hause in gewohnter behaglicher Umgebung zu wissen ist mir sehr angenehm, wenn ich gleich gewünscht hätte, daß Ihren Rückweg über Weimar zu nehmen wäre fügsam gewesen.

Nur mit wenigem erwidere Ihren freundlichen Brief und ersuche Sie, in Absicht auf das mir bestimmte Bild nach eigner Lust und Liebe zu verfahren; Platz und Licht wird sich finden, so wie es an heiterer Aufnahme und Mitgenuß gewiß nicht fehlen wird.

Wenn Sie Ihr Bildniß mir gleichfalls gönnen, so mahlen Sie sich nur, wie Sie sich selbst am liebsten denken, und so wird es gewiß recht seyn.

Möge Ihr Aufenthalt in Dresden unbeschadet Ihrer Eigenthümlichkeit manches Gute und Liebe aus Ihrem Innern geweckt haben! mit den treusten Wünschen für Ihr Wohl und jede Förderniß Ihres schönen Talentes.

Weimar den 29. October 1828.[35]


45/25.


An Carl Friedrich Zelter

Wenn ich dir, mein Guter, vermelden kann, daß ich die beiden artigen Blättchen tirolischen, mit schicklichen Bildern geschmückten Gesanges gleichfalls besitze, so kann ich noch hinzufügen: daß derselbige junge Künstler, Namens Neureuther, mehrere meiner Balladen gleichfalls mit solchen anmuthigen Randglossen geschmückt hat. Diese Nachricht wird dir angenehm seyn, angenehmer aber dereinst die Beschauung jener Arbeiten, welche das Geistreichste und Gehörigste sind, was mir seit langer Zeit vorkam.

Er ist durch die Handzeichnungen Albrecht Dürers zu jenem münchenischen Gebetbuche, welche dir durch Strixners Lithographie wohl bekannt geworden, auf diesen Gedanken gekommen, hat sich aber der hier geltenden Verfahrungsweise zum Erstaunen bemächtigt und bedient sich derselben mit bewunderndswürdiger Freyheit und Reinheit.

Ich sende so eben die Zeichnungen zurück und wünsche nun, daß sie so zart, bedeutend und zierlich mögen auf den Stein übertragen werden. Herr v. Cotta übernimmt den Verlag, wie ich weiß, sehr gern, und so werden dir diese erquicklichen Bilder zu guter Stunde auch wohl die Augen kommen.

Daß ein wackerer Enkel eine Familienlücke so glücklich ausfüllt, freut mich gar sehr. Das kleine[36] Volk im zweyten Grade hat etwas eigen Anmuthiges und Gefälliges. Unseres Mädchens erster Jahrestag ward heute gefeyert. Es scheint auch recht weiblich einzuschlagen. Sie ist hübsch und mit Eigenheiten genugsam begabt.

Ich beschäftige mich nun mit den Wanderjahren, welche zunächst zum Drucke hineilen, indem sie zur fünften Lieferung gehören; sie werden euch zu denken geben, und das ist's doch eigentlich, worauf es ankommt. Die vierte Lieferung, welche im Laufe des Monats November ausgegeben wird, enthält nichts Neues für meine alten Leser und Gönner; indessen wird der Inhalt manchen, dem das alles noch unbekannt war, erreichen und hoffentlich festhalten. Zwar ist die Lesewelt so zerstreut, abgestumpft und selbstthätig, daß man mehr als jemals Ursache hat auf die Nachwelt zu vertrauen.

Da du doch einmal das Theater nicht los wirst, so ergetze dich daran, wie es gehen will, aber werde ja nicht mild im Urtheil. Was ist das Herrliche der Vorzeit, wenn sich das Richtige des Tages aufdringen will, weil es für dießmal das Privilegium hat gegenwärtig und lebendig zu seyn.

Dieser gute Öhlenschläger hat mir persönlich viel Noth gemacht; er wollte mir ein und allemal, aus Italien zurückekehrend, diesen Correggio vorlesen, welches ich hartnäckig verweigerte, dagegen mich erbot, das Stück für mich, im Stillen vorzunehmen; worüber[37] er so außer sich gerieth, daß er sich am Schluß noch ganz verrückt betrug. Wie ich denn überhaupt von diesem Gezücht viel auszustehn hatte.

Er ist einer von den Halben, die sich für ganz halten und für etwas drüber. Diese Nordsöhne gehen nach Italien und bringen's doch nicht weiter, als ihren Bären auf die Hinterfüße zu stellen; und wenn er einigermaßen tanzen lernt, dann meynen sie, das sey das Rechte.

Übrigens kommt mir von allen Seiten mancherley Gutes zu, obgleich weniges, was so rein aus der Quelle flösse als Neureuthers Arabesken. Es sind wieder Tiroler hier; ich will mir doch jene Liedchen vorsingen lassen, ob ich gleich das beliebte Jodeln nur im Freyen oder in großen Räumen erträglich finde.

Das offenbare Geheimniß einer bevorstehenden Vermählung wird noch immer bey uns gehegt und verpflegt, indessen es doch bald in's helle Tageslicht hervordringen.

Von den zurückkehrenden Naturforschern habe ich manche bedeutende Unterhaltung genossen. Genau aber besehen bleibt es immer eine entschiedene Wahrheit: was ich recht weiß, weiß ich eigentlich nur mir selbst; sobald ich damit hervortrete, rückt mir sogleich Bedingung, Bestimmung, Widerrede auf den Hals. Dieß begegnet dir mehr als mir, da du mit Menschen aller Art umgehst und in Verhältniß kommst; und doch besucht mich die Widerrede im eignen Hause eben[38] so gewiß, als wenn ich sie auf dem Markt aufsuchte. Das Sicherste bleibt immer, daß wir alles, was in und an uns ist, in That zu verwandeln suchen; darüber mögen denn die andern, wie sie wollen und können, reden und verhandeln. Mit 8 bis 9 Linien über 27 Zoll Barometerstand ging in der Nacht ein recht ordentlicher Schnee nieder und blieb liegen. Vermelde doch, ob dergleichen auch bey euch vorkam.

Weimar den 30. October 1828.

G.


45/26.


An Peter von Cornelius

Ew. Hochwohlgeboren

sende, nachdem sich manche Kunstfreunde daran ergetzt, die Neureutherischen Arabesken mit verpflichtetem Danke zurück. Da Herr v. Cotta, welcher sie bey mir gesehen, sie zu verlegen geneigt schien, so wird dem allgemeinen Antheil daran wohl nichts weiter im Wege stehn, der gewiß nicht fehlen kann, wenn sie glücklich auf den Stein übergetragen werden.

Dem verdienten Künstler die schönsten Grüße unter Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung.

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 1. November 1828.

J. W. v. Goethe.[39]


45/27.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch Banquier Elkan allhier den Betrag Ihrer eingesendeten Rechnung von acht und sechzig Gulden und 26 kr., anerkennend Ihre bisherige Geneigtheit und schönstens dankend für die Besorgung der batavianischen Angelegenheit. Die Sendung ist mir über Mainz vor einiger Zeit wohlbehalten zugekommen.

An den Vorlesungen des Herrn Cousin über Philosophie fehlen mir zwey Stücke des 12. und 13., denn so viele Hefte sollte, wie beygebogenes Blättchen ausspricht, diese Vorlesung haben.

An den Vorlesungen des Herrn Guizot fehlen mir dreye, die 13., 14., 15., die man nach gleichfalls beyliegendem Blättchen erwarten konnte.

Eben so ist es mit Herrn Villemain, Vorlesungen über die französische Litteratur, wo mir die 13. und 14. fehlt, wahrscheinlich sind diese ausgeblieben als überzählig; bitte jedoch mir solche nachzuverschaffen.

Von den Vorlesungen des Herrn Raoul-Rochette ist die 8. ausgeblieben.

Zu welchen sämmtlichen Defecten, wenn auch etwas nachzuzahlen wäre, mir zu verhelfen bitte.

Weimar den 1. November 1828.[40]


45/28.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Carl Jügel, Buch- und Kunsthändler zu Frankfurt a/M., für Rechnung großherzoglicher Bibliothekscasse die Summe von acht und sechzig Gulden 26 kr., als Saldo seiner zum Michaelstermin eingesendeten Rechnung, gefällig auszahlen zu lassen.

Weimar den 1. November 1828.


45/29.


An Carl Wilhelm Göttling

Durch eine Mahnung von Augsburg werde ich veranlaßt Ew. Wohlgeboren zutraulich zu ersuchen, das kleinere Büchelchen, den 11. Band der Sedezausgabe nämlich, gefällig zu fördern, damit die darnach abzudruckende Octavausgabe nicht aufgehalten werde. Das Manuscript hat eher Zeit, da ich einige schon durchgesehene Druckbände vorschieben kann.

Verzeihung und Theilnahme!

ergebenst

Weimar den 1. November 1828.

J. W. v. Goethe.[41]


45/30.


An Johann Heinrich Färber

[Concept.]

Es ist vor nicht gar langer Zeit eine Suite von den württembergischen Salinen nach Jena gekommen; ich wünsche das Verzeichniß derselben herüber, da ich es noch nicht unter meinen Abschriften finde.

Weimar den 1. November 1828.


45/31.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu melden, daß die angezeigte Sendung glücklich zu mir gelangt und also meine Wünsche vom 29. October vollkommen befriedigt sind.

Da an den Bänden 21, 22, 23, die Wanderjahre enthaltend, noch einiges zu arbeiten ist, so sende mit der heutigen fahrenden Post die zwey Bände 24 und 25 revidirt voraus, da es Ihnen wohl gleichgültig ist, welches Sie zuerst drucken. Die übrigen sollen in mäßigen Pausen alsdann zur rechten Zeit nachfolgen, so wie die zum Behuf der Octavausgabe revidirte dritte Lieferung.

Wegen der Eintheilung der Schillerischen Correspondenz in sechs Bände habe ich mich in meinem Vorigen schon beyfällig erklärt, und es bleibt mir[42] nichts zu wünschen übrig, als daß uns beiderseits möge Gesundheit und Kraft verliehen seyn, so bedeutende Werke glücklich zu vollenden.

Das Beste wünschend und mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 2. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/32.


An Carl Gustav Stichling

[Concept.]

[Weimar 4. November 1828.]

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn Sie die zugesagte Zeitschrift etwas später erhalten. Hiebey erfolgen Theil 1 bis 5, auch der 8. und 9. Theil. Ein dazwischen gehöriger ist in Ew. Wohlgeboren Händen, der andere fehlende wird sich unter meinen Büchern und Heften auch wohl noch auffinden lassen. Haben Sie die Gefälligkeit, bis der ganze Jahrgang zusammen ist, diese Theile bey sich zu verwahren.

In Erinnerung der angenehmsten, in Ihrer Nachbarschaft zugebrachten Stunden, mit dem Wunsche dieselben nächstes Jahr erneuern zu können, empfehle mich Ihnen und der lieben Gattin zum geneigten Andenken; in Hoffnung, daß die junge Pflanze zu gedeihen fortfahre, unterzeichne mich hochachtungsvoll.[43]


45/33.


An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

wieder einmal auf das freundlichste zu begrüßen ergreife die Gelegenheit, da mir von Berlin etwas zu wünschen vorkommt und ich die geneigte Erfüllung Ihnen, mein Theurer, Verehrter, am ersten zutrauen darf.

Ich wünsche nämlich von meiner Jubiläums-Medaille

zehen silberne und

funfzig broncene Exemplare

zu erhalten. Wollten Sie die Gefälligkeit haben mit Herrn Brandt das Nöthige deshalb zu verabreden und eine baldige Anhersendung, unter meiner Adresse, mit der fahrenden Post veranstalten, so würden Sie mich sehr verbinden. Eine allzulange Verzögerung dieser Bestellung hat mich in den Fall gesetzt, dem Wunsch meiner Freunde nach Exemplaren nicht mehr genugthun zu können. Bezahlung folgt unmittelbar.

Von den zurückkehrenden naturforschenden Freunden treulich besucht, habe auch von Ihrem Wohlbefinden und Ihrer Thätigkeit immerfort das Erfreulichste vernommen. Wir leben auf die Weise, die Sie kennen, stillbeschäftigt fort und erinnern uns mit Herzlichkeit jener Tage, die Sie uns schenkten; auch ist nichts[44] vergessen, was damals verabredet und zugesagt worden. Gedenken Sie unsrer auf gleiche Weise und nehmen Sie die schönsten Grüße von uns allen für sich und Ihre liebe Tochter. Möge das Gute, das Sie so reichlich verdienen, vom oberen Geiste in voller Maaße gewährt seyn.

Treu theilnehmend

ergebenst

Weimar den 4. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/34.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ich höre, mein Werthester, daß Sie nicht ganz wohl sind, und wünsche nur, daß es eine vorübergehende, bald zu heilende Indisposition seyn möge.

Gönnen Sie beykommenden Blättern einige Aufmerksamkeit! Eigentlich gehört dieses Capitel zwischen Seite 112 und 113 der ersten Ausgabe der Wanderjahre und ist, wie Sie finden werden, eine umständlichere Ausführung des Zustandes der fraglichen Tante und der Absendung Wilhelms an Lenardo.

Meine Schuld für das gute Frauchen lege bey und hoffe Sie bald beiderseits bey mir zu sehen; es geht mir auch nicht sonderlich und ich muß mich auf meinem Zimmer halten.

Begleitet von den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 8. November 1828.

J. W. v. Goethe.[45]


45/35.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die übrigen vier Bändchen der dritten Lieferung, um sie nach Gelegenheit gefällig zu berücksichtigen; wir kommen nun schon nach und nach über die Hälfte hinaus, und mir wenigstens wird die Ahnung eines freyeren Lebens.

Nun aber möcht ich Ihnen recht lebhaft und gründlich ausdrücken, wie ich an dem Gewinn theilnehme, den Sie so glücklich nach Hause gebracht haben. Ihr Gleichniß vom Hintergrunde gefällt mir sehr wohl. Denn wenn wir auf unsern thüringischen Wegen so vor uns hingehen und eben nicht ganz reizende Landschaften im Auge haben, so dürfen wir uns nur umdrehen, um Dioramas und Panoramas zu erblicken, ewig klarer und untrüblicher Art, die uns immer wieder in die heiterste Stimmung versetzen.

Etwa im 29. Theile meiner Werke möchte mein zweyter Aufenthalt in Rom zur Sprache kommen, der, wie er auf dem Papier steht, sich freylich nicht sonderlich ausnehmen wird, aber doch vielleicht andeuten mag, wie hier der Grund meines ganzen nachherigen Lebens sich befestigt und gestaltet hat. Dieß werd ich jetzt um desto lieber redigiren und hinstellen,[46] da ich gewiß bin, daß es für Sie vollkommen zur Evidenz gelangen wird.

Mit den besten Grüßen und Wünschen.

ergebenst

Weimar den 8. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/36.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

haben gewiß schon mehreren Seiten her vernommen, wie sehr mich Ihr Unfall geschmerzt hat, und wie tief die verspätete Genesung mich betrübt; ich darf wohl sagen, daß ich von jeder an Ihrer großartigen Thätigkeit auch in der Ferne den lebhaftesten Antheil genommen, die Förderniß, die Sie den Künsten gegönnt, aufrichtig anerkannt und zu dem Genuß so edler Besitzungen herzlich Glück gewünscht habe. Einen so seltenen Zustand durch ein so großes Übel gestört zu sehen, that mir und thut mir immerfort sehr leid, so daß ich Sie mit einer tröstlichen Aufmerksamkeit öfters gar gerne besuchen möchte.

Nun aber ergreife die Gelegenheit, Gegenwärtiges zu äußern, indem ich die Beylage zu übersenden mir die Freyheit nehme. Demoiselle Seidler gab, im Vertrauen auf Ew. Hochwohlgeboren Geneigtheit, die erste Anregung; nun aber, da der Vorschlag günstigen[47] Eingang gefunden, halte es für meine Schuldigkeit, mich der Sache anzunehmen und mit Ew. Hochwohlgeboren unmittelbar in Verhältniß zu treten. Da ich denn bitte, das weiter zu Verfügende an mich gelangen zu lassen. Dabey zweifle ich nicht, daß in großherzoglichen Landen sich noch mehrere Kunstfreunde finden und sich an diese Anfänge theilnehmend anschießen werden.

Manches Andere verspare auf nächste Veranlassung und schließe mit den treusten Wünschen für die Besserung Ihrer leidenden Zustände, mich mit vorzüglichster Hochachtung unterzeichnend.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 9. November 1828.


45/37.


An den sächsischen Kunstverein zu Dresden

Geneigtest zu gedenken.

Bey näherer Betrachtung der, von Dresden aus, mitgetheilten Statuten des sächsischen Kunstvereins und eines hinzugefügten Blattes, Bekanntmachung und Einladung enthaltend, vereinigten sich in Weimar einer Anzahl Kunstfreunde und unterzeichneten vorerst auf 31 Actien, in folgender Voraussetzung:

Es werde nämlich dem löblichen Dresdener Kunstverein gefallen, gedachten weimarischen Kunstverein[48] dergestalt in sich aufzunehmen, daß alle in obgedachten Druckschriften den Actionärs königlich sächsischer Lande zugesagten Vortheile auch letzteren zu Gute kämen.

1) Daß nämlich weimarische bildende Künstler von ihren Arbeiten nach Dresden zur Ausstellung zu senden berechtigt seyn sollten.

2) Daß dergleichen Arbeiten, insofern sie verdienstlich seyn möchten, Hoffnung hätten, auch angekauft zu werden.

3) Daß die weimarischen Actionärs Theil an der dießjährigen Verlosung, sowie denn auch künftighin genössen.

4) Daß diejenigen, welche das Glück eines Gewinnes nicht begünstigt, Abdrücke der in Kupfer gestochenen Kunstwerke empfingen.

Sollte nun dem löblichen Dresdener Verein gefällig seyn, sich den weimarischen obgemeldeter Maßen zu affiliiren, auch die deshalb nöthigen Actien-Documente ausfertigen zu lassen, so wird man nicht verfehlen, alsbald den für die gemeldeten 31 Actien bereit liegenden Geldbetrag zu übersenden, und des Weiteren sodann nach Umständen gewärtig seyn.

Hochachtungsvoll

Weimar den 9. November 1828.

J. W. v. Goethe.[49]


45/38.


An Luise Seidler

[Concept.]

Zu weiterer gefälliger Anfrage bey weimarischen Kunstfreunden übersende Gegenwärtiges mit den besten Wünschen.

Weimar den 10. November 1828.


45/39.


An Johann Heinrich Meyer

Des Prinzen Bildchen ist bey mir eingelangt, wollten Sie nun überlegen und mit Lieber ausmachen, was er dafür verdient haben möchte; denn wir erhalten den Betrag noch aus der alten Schatulle, und da dürfen wir mit unserer Forderung nicht säumen. Vielleicht besuchen Sie mich heut Abend ein Stündchen. Die Kunstgeschichte hab ich indessen ungeduldig bis zum Abschlusse gelesen, sie macht sich im Flusse sehr gut.

treulichst

Weimar den 11. November 1828.

G.


45/40.


An Friedrich Theodor von Müller

Aufrichtig zu seyn, will mir unsre goldne Zeit nicht gefallen; seitdem ich lebe, hab ich schon sechs bis[50] sieben goldne Zeitalter der deutschen Literatur überstehen müssen, en échelon, auch wohl synchronistisch. Zunächst würde ich vorschlagen, wie beygefügt ist. Doch auch das zur Andeutung, nicht zur Annahme; man müßte länger darüber nachdenken und von den Musen mit einem guten Gedanken beglückt werden, welches aus dem Stegreife nicht wohl zu erwarten steht.

Weimar den 11. November 1828.

G.


45/41.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich von Seiten großherzoglicher Bibliothek zu der Frau v. Pogwisch französischer Lesegesellschaft beygetreten bin, so wird Herrn Professor Riemer beyliegendes Verzeichniß mitgetheilt, ob etwa derselbige von gemeldeten Büchern einiges zu lesen oder sonstige Kenntniß davon zu nehmen wünschte; da denn ein Empfangschein an Frau v. Pogwisch durch Römhild zu senden und die Wiedererstattung des Werkes ebenmäßig zu besorgen seyn würde.

Weimar den 13. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/42.


An Johann Heinrich Meyer

Sie haben, mein Werthester, wohl der Frau Großherzogin, wie verabredet worden, gemeldet, daß es mich[51] höchst glücklich machen würde, Höchst dieselben Donnerstags wieder bey mir zu sehen. Wenn gestern ausgesetzt wurde, so mag es wohl durch die Gegenwart Ihro Majestät des Königs von Württemberg veranlaßt seyn.

Hiebey das endlich aufgefundene Sandische Heft, welches Herrn Probst mit meiner Empfehlung und Entschuldigung zuzustellen bitte.

Die Kunstgeschichte habe mit vielem Antheil abermals gelesen; die recensirten Münzen sehen wir wohl mit einander durch.

Wollten Sie mir den Nahmen überschicken, in welchem der Rembrandtische Hausvater gewesen; ich möchte das vorzügliche Bild mir noch einige Zeit vor Augen stellen.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens.

treulichst

Weimar den 14. November 1828

G.


45/43.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

gefällige Besorgung meiner wegen des Preises der Platina gethanen Anfrage erkenne mit verpflichtetem Dank; die Auslage deshalb nebst dem Betrag des Leipziger Taschenbuchs an fünf rh. 4 Groschen erfolgen baar mit der Post; wie denn das in Dresden radirte[52] Bild meines Gartenhauses schon an Dieselben abgegangen ist. Von einem lithographirten Blatte ist mir nichts bekannt geworden.

Daß eine in allem so wohlgegründete Stadt wie Leipzig, wo so viel wichtige Männer und schöne Talente versammelt sind, auch wohl einen Winter sich ohne Theater gesellig beschäftigen und unterhalten werde, daran hab ich niemals gezweifelt; ja es ist als eine Wohlthat anzusehen, daß man einmal erinnert werde: wieviel Ressourcen vorhanden seyen, die nicht sowohl als Surrogate, sondern als Ersatz für ein Vergnügen sich erweisen, bey welchem öfters mehr Gewohnheit und Vorurtheil als wahrhafte Unterhaltung das Gefühl eines nothwendigen Bedürfnisses aufzudrängen pflegt. Indessen wollen wir alles zu seiner Zeit ehren und genießen, wie es die Umstände geben, und nicht verfehlen, uns auch diesen Winter durch so sinnig, geistreich und geistig als möglich in guter Gesellschaft zu unterhalten.

In vollkommenster Hochachtung

mich nennend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar d. 15. Novbr. 1828.

J. W. v. Goethe.[53]


45/44.


An Ernst Arnold

[Concept.]

[Weimar 15. November 1828.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch die fahrende Post ein paar Medaillen, als Zeichen meiner dankbaren Empfindung, erregt durch das mir so ehrenvoll gewidmete vorzügliche Blatt, mit dem Wunsche, daß Sie bey Erblickung des Inhalts jetzt und künftig meiner im Guten gedenken mögen.


45/45.


An Georg Friedrich von Jäger

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst, daß Sie mich Ihres werthen Andenkens abermals versichern und zugleich ein Zeugniß beylegen, wie Sie fortfahren sich um die höchst interessanten Mißbildungen verdient zu machen. Auch ich habe nicht unterlassen, diese Zeit her jene mir seit vielen Jahren höchstwerthe Studien der Botanik gelegentlich fortzusetzen und darf wohl betheuren: ich würde, wenn nicht so manche Abhaltungen entgegen stünden, meine späteren Jahre ganz der Naturforschung widmen.

Wie ich denn auf Monstrositäten fleißig fortgesammelt, auch die verschiedenen Abweichungen der[54] Pflanzen nach Art und Eigenschaft einer jeden zu beobachten gesucht, um immer klarer das Allgemeine im Besondern zu schauen. Da denn das entstellte Zweigblatt einer Dattelpalme sowohl mir als durchreisenden Naturfreunden immer höchst merkwürdig geblieben ist. Auf Herrn Professor Schübler, welcher mich mit Herrn Professor Martius besuchte und dem ich bestens empfohlen zu seyn wünsche, darf ich mich wohl deshalb berufen.

Doch ich darf nicht weiter gehen, damit ich die schöne Gelegenheit, durch welche mir Ihre Zuschrift zugekommen, in Rücksendung nicht versäume.

Sollte beykommend abgebildete Pflanze noch nicht zu Ihrer Kenntniß gelangt seyn, so wird die Darstellung derselben, nebst botanischer Beschreibung, willkommen seyn. Erst seit einem Jahr ward sie in hiesigen Kalthäusern gepflegt und beschäftigte unsern, leider immer zu früh abgeschiedenen, herrlichen Fürsten, mich und mehrere Botanophilen.

Wenn der Mohn einst anmaßen durfte, von sich zu sagen

foecundum super omne germen

Me Deus fecit

so mag dieß wohl dem Fruchtreichtum in Gefolg einer einzigen Blume gelten; wenn aber von Gemmation, von Augenentwickelung und dadurch hervorgebrachter gränzenloser Fortpflanzung die Rede ist, so möchten sich wenige unsrigen gleichstellen.[55]

Soviel sage und nicht mehr und füge lieber einen solchen Luftstolonen der Rolle bey; er wird in leichtes Erdreich gepflanzt, so daß der Büschel einigermaßen hervorsieht; es vergehen wenig Wochen, so verwandeln sich die Luftwurzeln in rübenartige Rhyzome, die Pflanze fängt an zu treiben und macht bald einen Stab nöthig, um die hervorschießenden Haare oder Fäden daran zu binden.

Sollten übrigens schon dergleichen Exemplare in Stuttgart vorhanden seyn, so bitte doch Gegenwärtiges zu meinem Andenken zu pflegen und, bey dem gränzenlosen Fortbildungs-Triebe, auch meiner unbegränzten Neigung zu den Naturstudien und der immer lebendigen Hochachtung zu gedenken, welche auch Ihren Verdiensten gewidmet habe, und mit der ich mich treugemeint unterzeichne.

Weimar den 15. November 1828.


45/46.


An M. A. Lehmann und Comp.

[Concept.]

[Weimar 17. November 1828.]

Da ein gutes Wort eine gute Statt finden soll, so nehme das mir übersendete halbe Loos, Nr. 22484, hiedurch an und wünsche, um die Unbequemlichkeit einzelner Erneurungen zu umgehen, sogleich für alle Classen zu bezahlen; weshalb Dieselben ersuche, mir die desfalls nöthigen Papiere zu übersenden, worauf denn[56] die Zahlung von 45 Gulden alsobald erfolgen soll. Wegen dieses Punctes mich auf die Stelle des mitgetheilten Plans beziehend.

Mit den besten Wünschen und mit Vertrauen auf die freundlich dringende Veranlassung.


45/47.


An die Herausgeber der Zeitschrift »L' Eco«

[Concept.]

Das von mir früher zugesagte Exemplar der Zeitschrift Kunst und Alterthum ist schon zu Ende des Monats September an das Spediteur-Haus J. M. Grubers Erben in Lindau unter Ihrer Adresse wohlgepackt abgesendet worden. Welches hiedurch vermelde, ob ich schon vermuthe, daß es gegenwärtig zu Ihren Handen seyn wird.

Ihre an Werth immer gleich bleibende Zeitschrift ist in drey Sendungen bis zum 117. Blatt bey mir eingegangen, welches ich dankbar vermelde.

Mich zu ferneren Mittheilungen und geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 17. November 1828.


45/48.


An Carl Friedrich Rungenhagen

[Concept.]

Höchst angenehm ist es mir zu vernehmen, daß Sie das von mir mit dem besten Willen extemporirte[57] Gedicht, so wie es steht und liegt, auf- und annehmen wollen; eilig sage daher auf Ihr Geschätztes vom 14. November: daß es ganz in meinem Sinne sey, die verschiedenen Chöre, wie Sie vorschlagen, durch die sich charakteristisch unterscheidenden Stimmen ausführen zu lassen.

Die Bauenden Baß,

Die SingendenAlt und Tenor,

Die DichtendenSopran.

Ich hatte bescheidentlich, weil ich dieß zu fordern mich nicht getraute, nur die Chorführenden bezeichnet.

Was Sie mir von Ihren eigenen Arbeiten mittheilen wollen, werd ich dankbar theilnehmend aufnehmen; immer aber mit einiger Betrübniß, die in so vielfachem Sinne herrlichen musikalischen Leistungen in Berlin nicht mitgenießen, oder, besser zu reden, mich an ihnen erbauen zu können.

Den schönsten Succeß für das Gegenwärtige und für alle folgenden Unternehmungen wünschend. Fräulein Doris bitte mich zum besten in aller Stille zu empfehlen.

Weimar den 18. November 1828.


45/49.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

übersende hiebey Verschiedenes in Hoffnung baldiger mündlichen Unterhaltung.

[58] 1) Ein lange bey mir zurückgebliebenes Briefblatt von Herrn v. Lützerode.

2) Des Herrn Grafen Reinhard so merkwürdigen als liebenswürdigen Brief.

3) Ein kleines Actenstück, den Antheil an dem königlich sächsischen Kunstverein von weimarischer Seite betreffend, nebst einigen Exemplaren der Statuten, Bekanntmachung und Einladung.

Mein Wunsch wäre, daß Sie sich auch dafür interessirten! Unterzeichnet sind schon einunddreißig Actien, und ich wünschte, daß die Zahl sich vermehre; denn durch den kleinen Beytrag findet sich der Actionär gewissermaßen mit unsern guten Künstlern ab, die wir aufregen, bilden, auf Reisen schicken und zu Hause darben lassen. Dann ist es denn doch auch eine Lotterie, nicht weniger ein Zusammenhang mit größeren Zuständen, welches immer Vortheil bringt.

Möchte Herr Macco mir nun nach und nach die transportablen Bilder in's Haus schicken? damit ich mich an seinem schönen, von jedermann gerühmten Talent ergetze. Wegen der größern wird alsdann auch wohl Rath werden.

Mit den besten Wünschen.

gehorsamst

Weimar den 19. November 1828.

Goethe.[59]


45/50.


An Ludwig Wilhelm Wichmann

Ew. Wohlgeboren

darf ich aufrichtig bekennen, daß bey den Entbehrungen, welche ich erdulde, indem ich mich verhindert sehe, an den höchst bedeutenden Kunstleistungen in Berlin zu ergötzender Belehrung theilzunehmen, es mich besonders schmerzte, von den Vorzügen Ihrer gerühmten Kunstwerke mich nicht mit eigenen Augen überzeugen zu können.

Durch Ihre gefällige Sendung jedoch wird mir das ungemeine Vergnügen, plastische Arbeiten kennen zu lernen, welche bey'm ersten Anblick einen allgemein günstigen, man darf wohl sagen ideellen Eindruck machen, sodann aber bey näherer Betrachtung das Individuelle charakteristisch entscheidend uns gewahr werden lassen.

Mehr sag ich nicht, damit mein Dank nicht, wie es mir so oft ergeht, verspätet werde, wenn ich mich ausführlicher und gründlicher auszusprechen gedächte. Nehmen Sie daher diese zwar einfache, aber wohlgefühlte Anerkennung von mir und allen Weimarischen Kunstfreunden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

und treuster Theilnahme

ergebenst

Weimar den 20. November 1828.

J. W. v. Goethe.[60]


45/51.


An Joseph Carl Stieler

Von München kommt uns, mein theuerster Herr, so viel Gutes und Angenehmes, daß ich mich eilen muß davon Anzeige zu thun und bestens zu danken, um nicht allzutief in Schuld zu gerathen. Die so schön gearbeiteten lithographischen Blätter, so würdige als wohlgebildete Personen vorstellend, gereichten zu Vergnügen und Bewunderung aller; auch verfehlt mein Sohn nicht, auf das traulichste zu danken für das ihm zugedachte Blatt der königlichen Dame.

Herrn Inspector Dillis bitte für die mitgetheilten Radirungen verpflichtet zu danken. Gerade solche, kaum bedeutend scheinende Gegenstände, glücklich aufgefaßt und mit Geschmack wiedergegeben, setzen mich in die angenehmste Empfindung; man gelangt zum Mitgefühl, wie der Künstler, indem er sich mit dergleichen beschäftigte, einer wünschenswerthen Gemüthsruhe genossen und solche der Landschaft, dem Himmel, der Erde, Bäumen und Baulichkeiten, nicht weniger dem Wasser mitzutheilen gewußt habe.

Vielleicht überliefert der Poet nicht so unmittelbar seine innern Zustände als der Maler, der, ohne im mindesten daran zu denken, uns zu seinen Gesellen macht und die Welt durch seine Augen und seinen Sinn anzusehen nöthigt.

[61] Wie soll ich mich aber in der allerliebsten Gesellschaft halten und ausnehmen, in welche mich eine ganz besonders höchste Gunst einzuführen beliebte. Ihro Majestät aber haben die Gabe von Gott, das Große und Einzige auch eben mit soviel Anmuth zu thun und auszuführen, daß man über dem Vergnügen, das eine solche Handlung erweckt, beynahe die Höhe und die Macht desjenigen vergessen dürfte, der allein dergleichen zu verleihen im Stande ist.

Gedenken Sie meiner zum besten, wo es Gelegenheit gibt! Sie haben so tief und genau in unsre Zustände hineingesehen, daß Sie immer überzeugt bleiben werden, wie nöthig mir künstlerische Mittheilungen sind, und wie ich alles dasjenige zu schätzen weiß, was mir vor Augen kommt und irgend mit mir in Berührung tritt.

Empfehlen Sie mich daher der bayerischen Künstlerwelt auf's beste und fahren Sie fort geneigt zu veranlassen, daß von der dortigen großen Thätigkeit auch mir einiger Theil werde.

Die Witterungs-Angelegenheiten betreffend so bemerke, daß die Augsburger Hefte bey unsern Anstalten schon vorhanden sind. Was in diesem Fache mir sonst wünschenswerth wäre, vermelde nächstens, sobald ich meine Gedanken wieder dahin richten darf.

Dem werthen, immer mehr anerkannten Herrn Professor Gruithuisen empfehlen Sie mich zum schönsten;[62] wie ungern vernehm ich seine nicht günstigen Gesundheitszustände. Auch den theuren Boisserées sagen Sie das Beste. Wenn ich mich nach entfernten Freunden umsehe, so thut es mir diese Zeit her gar zu weh, daß Freund Sulpiz gerade in dem Augenblick, wo durch mannichfaltiges Zusammentreffen sein Schicksal die günstigste Wendung nimmt, ihm nicht auch Gesundheit zu statten kommt, die uns denn doch eigentlich das Gute genießen läßt. Versichern Sie ihn meiner treusten Theilnahme.

Und nun zum Schluß noch einen Auftrag, der Sie selbst interessiren wird; in München lebt ein Opticus Namens Nickel, welcher die Glasplättchen und Cuben, nicht weniger die Maschinen, wodurch jene Erscheinungen bey Spiegelung hervorgebracht werden, sehr gut und brauchbar zu verfertigen weiß; möchten Sie sich bey ihm erkundigen: ob er dergleichen vorräthig hat? oder auf Bestellung verfertigt? ob er irgend die Preise anzeigen möchte, wofür er dergleichen Apparat abzulassen geneigt wäre? Es ist der Mann, der Ihnen das weiße und schwarze Kreuz, für das Sie sich bey mir interessirten, am besten darstellen kann.

Hier aber will ich schließen, damit diese, schon einige Tage ruhenden Blätter, von den treuesten Wünschen und der aufrichtigsten Theilnahme begleitet, endlich an Sie abgehen. Wozu ich doch noch nie freundlichsten Grüße an Herrn v. Martins beyzufügen nicht unterlasse.

[63] Sowie ich von seiten meiner und der Meinigen Ihre theure Lebensgefährtin des lebhaftesten Antheils zu versichern bitte.

Treu ergeben

Weimar den 20. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/52.


An den FreiherrnCarl von Stein zum Altenstein

[Concept.]

Ew. Excellenz

meinen Dank für die Zurücksendung der mitgetheilten Manuscripte, welche nunmehr glücklich angekommen, gegenwärtig abzustatten, darf ich nicht ermanglen. Denn wenn auch der Verzug einer Zurücksendung dem Alterthums-Liebhaber gar wohl nachzusehen ist, welcher dergleichen Schätze, wofür er sie doch zu halten Ursache hat, nur so spät als möglich aus Handen gibt, so ist es doch zuletzt höchst angenehm, dieselben wieder an Ort und Stelle zu wissen.

Vergönnen Ew. Excellenz indessen, daß ich die Gelegenheit ergreife meine gefühlte Verehrung auszusprechen, indem ich der weitumgreifenden Wirkungen gedenke, womit Hochdieselben einen kaum übersehbaren Kreis erfüllen, Wirkungen, welche, ich darf es wohl gestehen, auch die Nachbarschaft berühren und selbst mich in meinem beschränkten Cirkel auf mannichfaltige Weise begünstigen. Nehmen Hochdieselben auch hierüber[64] eine dankbare Anerkennung geneigt auf und erlauben mir die Ehre, mich mit hochachtenden und verehrenden Gesinnungen unterzeichnen zu dürfen.

Weimar den 20. November 1828.


45/53.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn v. Quandt, nach Dresden, als Vorsteher des dortigen Kunstvereins die Summe von

einhundertfünfundfünfzig Thaler sächsisch

auszahlen zu lassen und der Wiedererstattung dieser Summe alsobald gewärtig zu seyn.

Weimar den 27. November 1828.


45/54.


An Johann Gottlob von Quandt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

vermelde schuldigst, daß die übersendeten einunddreyßig Actien-Scheine am 19. November glücklich angekommen und sogleich vertheilt worden.

Dagegen hat der hiesige Banquier Elkan den Auftrag, Denenselben einhundert fünfundfunfzig Thaler sächsisch auszuzahlen.

Noch einige Mitglieder sind, wie ich höre, hinzugetreten; sobald ich hievon nähere Kenntniß habe,[65] werde das Weitere anzeigen, etwa gegen Hälfte Decembers, da es bis dahin wohl Zeit hat, und alsdann auch die Namen der schätzbaren Theilnehmenden, worunter Sie unsre sämmtlichen gnädigsten Herrschaften finden werden, anzuzeigen nicht ermangeln.

Der ich mit den treusten Wünschen hochachtungsvoll die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 27. November 1828.


45/55.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hiebey die umgeschriebene und gehörig autorisirte Quittung. Das Bleystift deutet an, was ferner zu thun ist.

Zu der wirklich interessanten Acquisition Glück wünschend.

Weimar den 27. November 1828.

G.


45/56.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche dießmal nur um eine kleine Gefälligkeit; ich habe beliebter Kürze wegen die Blätter des Catalogs ausgeschnitten, worauf diejenigen Gegenstände verzeichnet sind, die ich allenfalls wünsche; vorausgesetzt,[66] daß sie um einen billigen Preis zu erhalten, welches Dieselben gefällig wie sonst zu beurtheilen bitte.

Mit den besten Wünschen eilig.

Weimar den 29. November 1828.


45/57.


An Johann Friedrich Cotta

Möge diese gegenwärtige, einigermaßen verspätete Erwiderung auf drey von Ew. Hochwohlgeboren an mich erlassene Schreiben Denenselben in glücklicher Stunde zu Handen kommen, bey Rückkehr von einem so bedeutenden und hoffentlich nach Wunsch eingeleiteten Geschäft.

Der erste Band der Correspondenz, angenehm gedruckt, ist nunmehr in meinen Händen; den zweyten erwarte zunächst, und das Übrige wird, wie ein jedes Geschäft, das Sie unternehmen, seine gemessene Folge haben.

Wie ich die Widmung dieser Briefsammlung an Ihro Majestät den König verstehe, möchte ich mich gern deutlich ausdrücken. Es ist hier von keiner gewöhnlichen Dedication die Rede, sondern, wenn die sechs Bände vollendet vor uns liegen, soll mir hoffentlich etwas gelungen seyn, was, darauf Bezug habend, das Allgemeine, Würdige und Schickliche ausspräche. Es klingt dieses freylich einigermaßen mystisch, mehr kann ich jedoch nicht sagen und wünsche nur indessen,[67] daß man das, was ich mir vorsetze, als etwas Selbstständiges betrachten und erwarten möge.

Daß Herrn Stieler das Porträt glücklich gelungen und sowohl dem Höchsten Anordnenden als sonstigen Beschauenden Freude macht, bis zu einem Enthusiasmus der Theilnahme, biß ist ein höchst schätzbares Ereigniß; freylich war es zu hoffen und zu erwarten von einem solchen Talente. Ich bin der gültigste Zeuge von seiner Überlegsamkeit, sorgfältiger Wahl und zwar nicht raschem, aber entschiedenen Handeln. Hiezu nun die Unermüdlichkeit, das Erfaßte durch- und auszuführen; wobey denn die Zeit, die darauf verwendet werden mußte, glücklicherweise durch anmuthig-belehrende Unterhaltung auch mir zu Gute kam. Grüßen Sie den werthesten Mann zum allerbesten.

Was den Stich des Bildes betrifft, so müßte nur soviel zu sagen: daß ich mich auf die Künstler über den Alpen bey dieser Gelegenheit am liebsten verlassen würde. So gibt Toschi in Pavia durch seinen Einzug Heinrichs des IV. nach Gérard, sowie durch das Probeblatt einer Nachbildung des Raphaelischen Spasimo di Sicilia das beste Zeugniß von seinen Talenten und einer Mitbewerbung um den Ruhm des vortrefflichen Longhi. Auch ist Anderloni als vorzüglich anzusehen. Ob aber solche Männer, mit wichtigen Arbeiten immerfort beschäftigt, dergleichen Unternehmen selbst eigenhändig ausführen würden, ist noch[68] eine Frage; doch werden Sie ja hierüber noch manche Erkundigung einziehen.

Die von dem guten Neureuther zu erwartenden Blätter geben mir die angenehmste Aussicht; lassen Sie mir die jedesmaligen Probedrücke nicht fehlen. Zugleich aber Verzeihung einer Anfrage: Sollte denn keine Hoffnung seyn, den belobten und beliebten Charon auf irgend eine Weise anständig und eindringlich vervielfältigt zu sehen; sollte denn ein, auf eine so fördernde Anregung, glücklich entstandenes Kunstwerk im Verborgenen bleiben, da so vieles an den Tag kommt, das man ansieht und nicht weiß, warum oder wozu es da ist.

Herrn Baron v. Hormayr bitte, mit den schönsten Empfehlungen, mich möglichst zu entschuldigen. Es bleibt mir, bey genauster Übersicht, zu Neujahr nichts übrig, als mich, in Bezug auf Briefwechsel, für insolvent zu erklären. Der große Unfall, der uns betraf, hat mir zwey Monate fortschreitender regelmäßiger Thätigkeit geraubt, die sich nicht wieder eindringen lassen. An welche Stelle des königlichen Staats-Dienstes ist dieser würdiger Mann aufgenommen worden?

Nun aber lassen Sie mich eine wichtige Betrachtung mittheilen, zu welcher ich durch Ihre neuliche erwünschte Gegenwart veranlaßt worden. Männer, die in so bedeutenden Lebensverhältnissen verbunden sind, sollten nicht so lange anstehen, sich persönlich zu[69] nähern und mündlich zu besprechen. Entfernung entfernt die Gemüther, es sey wie ihm wolle; ein Augenblick der Gegenwart hebt alle die Nebel auf, die sich in der Weite nur gar zu leicht vermehren und verdichten.

Ihrer Frau Gemahlin bitte von uns die angelegentlichsten Empfehlungen zu vermelden, mit der Versicherung, es sey unser bester Wunsch: Sie möge die gleichen Eindrücke mitgenommen haben, die sie bey mir, nicht weniger bey meiner guten Schwiegertochter zurückgelassen hat.

Ew. Hochwohlgeboren auf Ihrer Rückreise von Berlin bey uns zu sehen, wäre freylich von dem höchsten Werthe gewesen; doch durfte ich es nicht einmal wünschen, weil in dieser Jahreszeit die Wege über den Thüringer Wald schwer und unbequem zu passiren sind.

Mich aber und abermals angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 30. November 1828.

J. W. v. Goethe.


45/58.


An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

habe unter dem 4. November d. J. freundlichst ersucht, mir von meiner Jubiläums-Medaille

zehen silberne und

funfzig broncene Exemplare[70]

durch gefällige Vermittelung zu verschaffen. Gegenwärtig, da bey Herannäherung des heiligen Christes mancherley Geschenke auszutheilen sind, so würde mir es höchst angenehm seyn, von jener Medaille wieder Exemplare zu besitzen, die mir jetzt ganz ausgegangen sind. Diesem Heutigen füge nur die besten Grüße für Sie und Ihre liebe Agnes hinzu, mit der Nachricht, daß die Durchzeichnung des Peter Vischers in Arbeit sey.

treu ergeben

Weimar den 1. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/59.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

erweisen sich nicht allein als der aufmerksamste Revisor, sondern zugleich als der wünschenswertheste Leser. Und aufrichtig zu gestehen, mir ist es herzlich lieb, daß Sie das Werklein in seiner frühern Gestalt noch gar nicht kannten, indem ich, durch mannichfaltige Veranlassung bewogen, dasselbe umgestellt und umgeschrieben; wie es denn nunmehr von einem frischen Leser am besten genossen und beurtheilt werden kann.

Auch haben Ew. Wohlgeboren ganz richtig gefühlt, daß die einzelnen Darstellungen, welche durch das Ganze mehr zusammengehalten als in dasselbe verschmolzen sind, jedesmal ein besonderes Interesse erregen und[71] zu den mannichfaltigsten Gedanken Anlaß geben, die denn doch zuletzt an einem Ziele anzulangen die Hoffnung haben.

Hiebey die Ausfüllung der Lücke, welcher ich gleichen Antheil zu wünschen habe.

Soviel für heute; nur noch die Bitte hinzufügend: daß Sie dieses Werklein auch in der Folge mit Asterisken und Obelisken ja begünstigen mögen.

ergebenst

Weimar den 3. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/60.


An Johann Heinrich Färber

[Concept.]

[3. December 1828.]

Hiebey erfolgen zu dem bewußten Zwecke:

1) Geschichte der Crystallkunde von Dr. C. M. Marx. Baden 1825.

2) Grundriß der Crystallographie von Dr. Naumann. Leipzig 1826.

3) De l'Isle, Cristallographie, 3. Volumen.

4) Tabellen und Kupfer dazu.

Gegen Einsendung eines Empfangscheins.

Weimar den 1. December 1828.[72]


45/61.


An den Baron W. de Wolbock

[Concept.]

[Weimar 5. December 1828.]

Ew. Hochwohlgeboren

angenehme Sendung ist am 26. November glücklich und zwar, durch besondere Aufmerksamkeit, völlig portofrey bey mir angekommen. Indem ich nun dieses Zeichen einer lange gehegten Dankbarkeit für die frühere Benutzung der großherzoglichen Bibliothek unter die Merkwürdigkeiten derselben, als eine der schätzbarsten, niedergelegt habe, so wird man nicht ermangeln, wenn wir das Glück haben, Seine Königliche Hoheit den regierenden Großherzog daselbst zu verehren, die Gabe schuldigst vorzulegen, welche Höchstdenenselben, wie zu hoffen steht, gleichfalls angenehm und willkommen seyn dürfte.

Was mich selbst betrifft, so füge dankbar das Exemplar der mir gegönnten prächtigen Krönungsmedaille zu meiner Sammlung, im Andenken jener Zeiten, wo wir des Vergnügens genossen, Sie bey uns zu sehen. Wie denn mein Sohn, der sich zum allerbesten empfiehlt, der anmuthigen Stunden, die er in Ihrem schätzbaren Umgang zugebracht, stets eingedenk ist. pp.[73]


45/62.


An Carl Friedrich Rungenhagen

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das verlangte Lied; möge es nach Wunsch und Erwartung ausgefallen seyn, auch meine Absicht gebilligt werden, auf ein altbekanntes gedeutet zu haben. Der Musiker, dem Rhythmen und Harmonien unzählig zu Gebote stehen, wird durch Annähern und Abweichen sich hervorzuthun wissen.

Mehr sage ich nicht, damit die Post nicht versäumt werde, und füge nur den Wunsch hinzu, daß die bedeutende Festlichkeit mit allgemeinem Behagen möge vollendet werden; wobey ich mich der ganzen Versammlung schönstens zu empfehlen bitte.

Weimar den 6. December 1828.


45/63.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

letzte Sendung habe wohl erhalten und ersuche Sie gegenwärtig, Nachstehendes gefällig zu besorgen.

Von Herrn Cousin

Villemain

Guizot

die Vorlesungen von 1829, von Zeit zu Zeit, wie sie herauskommen.[74]

Traduction des deux Livres de Xenophon sur la Cavalerie par Courier, ein früheres Werk;

Guide de l'enseignement mutuel. Neu.

Ferner ersuch ich Sie um die Gefälligkeit, sich nach der Relieure mobile zu erkundigen, welche vor einiger Zeit zur Sprache gekommen ist. Ich habe im Globe und auch sonst davon gelesen, wüßte aber die Stellen nicht gleich zu finden. Gegenwärtig ist mir sehr viel daran gelegen, davon unterrichtet zu seyn, indem ich einen großen Bibliotheks-Catalog zu heften habe, wo eben dieses bewegliche, Abänderungen erduldende Heften höchst wünschenswerth wäre. Ihre Connexionen in Paris geben ja wohl hievon nähere Kenntniß, da diese Erfindung so nah mit dem Buchhandel und dem Büchergebrauch verwandt ist.

Sodann würden Sie mir eine gleiche Geneigtheit erzeigen, wenn Sie mir Nachricht verschaffen könnten, wie weit es mit der Medaille des Herrn Canning, welche in Frankreich geprägt werden soll, gekommen ist? Ich habe auf 10 Exemplare unmittelbar bey Herrn Baron Dupin unterzeichnet, bisher aber nichts weiter davon vernommen. Da nun aber das Gerücht läuft, sie sey schon hervorgetreten, so werden die hiesigen Theilnehmer ungeduldig, und ich wünschte sie beruhigen zu können.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 6. December 1828.[75]


45/64.


An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

übersende die gewünschte Durchzeichnung, welche nicht sogleich gelingen wollen, und mit der ich, wie sie gerathen ist, vorlieb zu nehmen, auch meiner und der guten Stunden, da Sie solche zuerst bey mir gesehen, dabey geneigtest zu gedenken bitte.

Herr Brandt vermeldet mir, daß der Auftrag wegen der Medaillen besorgt sey, deshalb ich denn dieselben in diesen Tagen erwarten kann. Wie ich denn für geneigte Besorgung dieses kleinen Geschäftes zum schönsten danke.

Sollte die Nachbildung des Telephus mit der Ziege im Kleinen zu Stande kommen, bitte meiner bestens zu gedenken. Einem Kunstfreunde in beschränktem Kreise, wie ich mich befinde, geschieht durch Begünstigung irgend einer Vorliebe ein gar großer Dienst.

Möge es in Fülle so mannichfaltiger Thätigkeit Ihnen immer wohl und frisch ergehen. Haben Sie ja die Güte sich einzurichten, auf Ihrer bevorstehenden Reise nach München bey uns einzukehren und sich mit der lieben Agnes in Gegenwart zu versichern, wie sehr wir Ihnen anhänglich und ergeben sind.

unwandelbar

Weimar den 8. December 1828.

J. W. v. Goethe.[76]


45/65.


An Carl Jügel

[Concept.]

An Ew. Wohlgeboren ergeht dießmal die Anfrage, ob Sie von nachstehend angekündigtem Werke:

Vues Pittoresques des Principaux Chateaux et Maisons de Plaisance Situés aux Environs de Paris et dans les Departements. Papier demi- Jesus 15 Francs.

die herausgekommenen Hefte mir zum Ansehen überschicken mögen? Ein hiesiger Liebhaber möchte sich erst dem Werthe dieser Unternehmung überzeugen, ehe er sich in eine so bedeutende Subscription einläßt. Sie würden für gute Packung sorgen und ich, bey allenfallsiger Zurücksendung, das Gleiche thun.

Mit den besten Empfehlungen und Wünschen.

Weimar den 9. December 1828.


45/66.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Medailleur Brandt in Berlin, Münzstraße Nr. 11, die Summe

59 Thaler 17 Groschen 6 Pf. preußisch[77]

gefällig auszahlen zu lassen; nicht weniger an Herrn v. Quandt in Dresden

45 Thaler sächsisch.

Erstattung erfolgt alsobald.

Weimar den 9. December 1828.


45/67.


An Luise Seidler

[Concept.]

Sie haben, meine Wertheste, wie nachsteht, sieben neue Subscribenten, deren Zahlung 35 Thaler betragen würde; Sie senden mir aber, wie beyliegendes Blättchen ausweist, nur dreyßig für 6 Actien. Da das Geschäft abgeschlossen werden muß, so lege das Fehlende einstweilen aus und bemerke den Umstand nur zu gefälliger Berichtigung.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 9. December 1828.


45/68.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

Wünschen gemäß lege hier das Namensverzeichniß der Weimarischen Kunstfreunde vollständig bey, bezeichnet mit den Nummern, welche, guter Ordnung willen, einsweilen den Actienscheinen gegeben. Aus diesem[78] Verzeichniß geht hervor, daß noch neun Personen hinzugetreten sind, deren Beyträge Dieselben nun wohl auf vorigen Wege werden erhalten haben.

Das Weitere erwartend, mich solcher schönen Verbindung erfreuend und dem angesehenen Verein bestens empfehlend.

Was die Veranstaltung von Preisaufgaben betrifft, so bitte damit vorsichtig zu Werke zu gehen, und allenfalls das nächste Jahr damit noch inne zu halten. Die Weimarischen Kunstfreunde haben den Versuch in einer Folge von sieben Jahren bis 1805 gemacht und können gelegentlich ihre Erfahrungen mittheilen. Wie ich einigermaßen Zeit gewinne, sage hierüber das Behufige.

Der ich mit den besten Wünschen für Ihr Wohl die Ehre habe, mich zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 10. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/69.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

Ihre dritte Sendung, mein Werthester, hat mir abermals Gelegenheit gegeben Ihnen Glück zu wünschen, daß Sie sich an einem Ort und in Verhältnissen befinden, wo so viel Material und Technik Ihrer vorzüglichen Thätigkeit zu statten kommt und möglich[79] macht, Ihre schönen Vorsätze auszuführen. Das bisher Geleitete läßt uns für die Folge das Beste hoffen.

Da Sie gefälligst kleine Aufträge auszuführen sich erboten haben, so wollt ich Sie um Folgendes ersuchen: Fürst Radziwill, welcher verschiedene Privataufführungen einiger Scenen meines Faust begünstigte, ließ die Erscheinung des Geistes in der ersten Scene auf eine phantasmagorische Weise vorstellen, daß nämlich, bey verdunkeltem Theater, auf eine im Hintergrund aufgespannte Leinwand, von hinten her, ein erst kleiner, dann sich immer vergrößernder lichter Kopf geworden wurde, welcher daher sich immer zu nähern und immer weiter hervorzutreten schien. Dieses Kunststück ward offenbar durch eine Art Laterna magica hervorgebracht.

Könnten Sie baldigst erfahren: wer jenen Apparat verfertigt, ob man einen gleichen erlangen könnte, und was man allenfalls dafür entrichten müßte? Das vorzustellende Bild würde man von hier aus dem Künstler hinsenden.

Verzeichen Sie dieser Zumuthung; sie gründet sich auf Ihr wiederholtes freundliches Anerbieten. Nähere Nachricht erwartend; das Beste wünschend und mich angelegentlichst empfehlend.

ergebenst

Weimar den 12. December 1828.

J. W. v. Goethe.[80]


45/70.


An Collmann und Comp.

[Concept.]

Die Sendung des Catalogs deutscher Bücher, welche Sie, meine werthesten Herren, in England zu verbreiten und näher bekannt zu machen geneigt sind, konnte mir nicht anders als höchst angenehm seyn.

Denn die deutsche Nation muß es ihren Wünschen gemäß finden, daß vieljährige Bemühung, sich in einem höhern Sinne auszubilden, auch andern Völkerschaften zu Gute komme, deren Bestreben, gleichmäßig in humaner Cultur fortzuschreiten, sie jederzeit anerkannt und genutzt hat.

Auch ich, seit so viel Jahren ein mitwirkender Zeuge, bin Ihnen für die gute Meynung, die Sie für mich ausdrucken, höchlich dankbar und bemerke vorläufig nur soviel: daß es für Ihr Publicum nicht ohne Nutzen seyn dürfte, wenn Sie, in Gefolg meiner literarischen Arbeiten, auch die Zeitschrift aufführten, welche unter dem Titel Kunst und Alterthum seit 1818 in Cottaischem Verlag von mir herausgegeben wird.

In diesen Heften befindet sich gar manches, was über deutsche Literatur zu äußern von mir und meinen Freunden nützlich erachtet worden, und kann sich auch jeder auswärtige Forscher, der an dem Gang unsres Geistes und der Erzeugnisse desselben Antheil nimmt, im Einzelnen vielleicht besser unterrichten, als es durch[81] eine Behandlung des Ganzen geschähe, wodurch das Besondere gar oft verdunkelt, ja verschlungen wird.

Sollte mir jedoch zunächst auch irgend eine Übersicht gelingen, welche den Auswärtigen sich schneller in unsere inneren Verhältnisse zu finden in Stand setze, so würden Sie die ersten seyn, die ich damit bekannt machte.

Mich zu geneigtem Andenken und zu weiteren Mittheilungen allerbestens empfehlend, die beiden letzten Hefte der gedachten Zeitschrift beylegend und das Gegenwärtige einem abreisenden, geschätzten, jungen Engländer, Herrn Fitzroy, übergebend, unterzeichne mich mit vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 12. December 1828.


45/71.


An Sulpiz Boisserée

Seit dem Aufenthalte des trefflichen Herrn Stieler und der Durchreise des vielseitigen Herrn v. Martius, wodurch ich aufgeregt, erquickt und innigst gestärkt worden, ist mir so viel Gutes von München her gekommen, daß ich mit der größten Zufriedenheit dorthin zu denken hätte, wenn ich mir Sie nicht immer krank und leidend vorstellen müßte. Denn gewiß würden Sie mich, wenn es sich bisher gebessert hätte, mit einigen Zeilen erfreut haben. Ich aber bin durch so vielfaches, durcheinander wirkendes und webendes Leben[82] dergestalt umwickelt worden, daß ich kein gemüthliches Wort in die Ferne zu senden fähig gewesen.

Nun will ich jedoch, wenn auch nur mit wenigem, zugleich meinen herzlichen Antheil ausdrücken und Sie dringend ersuchen, wo nicht eigenhändig, doch vielleicht durch Ihre liebwerthe Gattin, der ich mich bestens empfehle, von Ihren Zuständen Nachricht zu geben.

Die neuste Sendung, vier Blätter Ihres herrlichen Domwerks enthaltend, kam gestern an, ich konnte sie aber nur bey augenblicklichem Aufrollen bewundern. Das Kirchenblatt scheint mir freylich durch den Grabstichel über Vorstellung gewonnen zu haben. Ich bereite mich, die Ausführung neben den Probedruck zu hängen und ihm mit Freunden die gehörige Bewunderung zu widmen.

Von meinem Thun und Lassen kann ich wenig Besonders melden. Die nächste Sendung, welche die Wanderjahre enthalten soll, macht mir noch zu schaffen. Alle Haupttheile sind glücklicherweise schon längst vollendet, nur verlangt das Ganze ein gewisses Geschick, das sich denn auch ergeben wird. Wenigstens wird ein gebührender Gebrauch des Tages und der Stunden nicht versäumt.

Und somit die besten Grüße an das wohlwollende München, mit den treusten Wünschen für Ihr Wohlbefinden.

Da ich die großen Blätter noch nicht ganz aufgerollt habe, so weiß ich nicht, ob die Rechnung für[83] das großherzogliche Exemplar sich darinne befindet. Senden Sie mir solche, so sorg ich für die Bezahlung. Es ist natürlicherweise eine Abänderung mit den Schatullen vorgegangen, doch soll das der Sache keinen Eintrag thun.

treu anhänglich

Weimar d. 15. D. 1828.

J. W. v. Goethe.


45/72.


An Carl Friedrich Zelter

Hiebey folgt endlich eine Abschrift von des wackern Jungius Harmonie; es war schon schwierig diese zu erlangen, eine Übersetzung, wie du wünschtest, war nicht zu veranstalten. Unter deinen musikalischen Freunden und Schülern wird gewiß einer seyn, der lateinisch vermag und das Werk mit dir durchgeht; alsdann wünscht ich freylich ein auslangend Wort darüber, da ich dem wackern Manne gern ein gründlich Andenken stiften möchte.

Deinen auf mein Ansuchen erlassenen Brief lege in Abschrift bey; das, was du sagst, ist besonders bezüglich auf den Schluß des siebzehnten und Anfang des achtzehnten Jahrhunderts; wie es aber 1650 mit der Musik ausgesehen haben mag, davon gibt wohl das fragliche Heft die sicherste Auskunft. Denn der Mann war Mathematiker und Logiker von Haus aus, hatte sich aber mit freyem Sinn der lebendigen Natur[84] ergeben und seiner Zeit vorschreitende Arbeiten geliefert. Bey dem mannichfaltigen Interesse, das er mir einflößte, kommt in Betracht: daß er ein Zeitgenosse Bacos von Verulam, Descartes' und Galilei's gewesen, sich aber in seinem Studien- und Lehrgang durchaus originell zu erhalten wußte. Du verzeihst dieser neuen Zumuthung!

Alles Gute.

treulichst

Weimar den 16. December 1828.

Goethe.


45/73.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

wünsche zu allem empfangenen und erwarteten Guten Glück und Heil! auch ein so sehr verdientes Wohlbefinden und fortgesetzten Genuß Ihrer schönen Thätigkeit und des für die Wissenschaften wohlerrungenen Gewinnes.

Empfehlen Sie mich Herrn Grafen Vargas Bedemar zum allerschönsten, mit dem freundlichen Ersuchen: er möge doch auch meinem Kabinett von den entdeckten und aufgefundenen nordischen Mineralien einiges zukommen lassen. Die Neigung für dieses löbliche Wissen wächst bey mir eher, als daß sie abnähme; da ich aber in meinen hohen Jahren die meiste Zeit auf meine Wohnung eingeschränkt bin, so wird mir ein eigener[85] Besitz von dergleichen Seltenheiten immer nothwendiger und werther.

Das Mitgetheilte zurücksendend, unter Versicherung, daß ich mich freute den Lenzinith auf's neue sorgfältig behandelt zu sehen, empfehle mich zum besten. Den längeren Tagen und dem hiernach zu hoffenden Frühling um desto sehnsüchtiger entgegensehend, als sie mich hoffen lassen, Ew. Wohlgeboren mitten unter Ihren Schätzen schönstens begrüßen zu können.

ergebenst

Weimar den 16. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/74.


An Wilhelm Ernst Christian Huschke

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

werden sich denken, welchen Antheil es bey mir erregt, wenn ich vernehme, daß Hofrath Meyer von seinem alten Übel befallen ist. Ich fühle mich beruhigt, ihn Ew. Wohlgeboren Sorgfalt empfohlen zu wissen, bitte aber inständig, mir seinen Zustand des Tags ein- oder zweymal mündlich oder schriftlich gefälligst erfahren zu lassen.

Vertrauend und das Beste wünschend.

Weimar den 17. December 1828.[86]


45/75.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

das Manuscript des zweyten Theiles übersendend, füge die Bitte hinzu, es möge gefällig seyn, mir das zu dem ersten noch gehörige Heft geneigt zu übersenden. Die Herren Augsburger verlangen um desto eifriger nach Text, weil die vierte Sendung erst jetzt abgeliefert worden; wovon denn auch nächstens ein Exemplar erfolgen soll. Die fünfte ist nun zwischen hier und Ostern fertig zu werden bestimmt.

In diesem 2. Theil finden sich abermals Lücken; doch stehen gleichfalls die Hauptmassen für sich abgerundet und, wie ich hoffe, genießbar.

Eine angenehme Nachricht habe übrigens zu vermelden, daß Ihro Königliche Hoheit unser regierende Herr Großherzog ein Geschenk des kostbaren Werkes Musée des Antiques par Bouillon 3. Vol. in Fol. der jenaischen Bibliothek zu verehren gedenkt. Ich weiß nicht, ob ich es noch vor Neujahr hinüberschaffen kann; auf alle Fälle aber würden Sie mit Herrn Doctor Weller zur Neujahrs-Gratulation herüberkommen und sich dafür schönstens bedanken, auch bey uns vorlieb nehmen.

Gemeldetes Werk wird, hoff ich, in Jena durchaus guten Eindruck machen, Ew. Wohlgeboren aber zu Ihren Studien besonders willkommen seyn, da Sie[87] jene herrlichen Kunstwerke, welche sich früher in Paris befanden, nunmehr wieder an Ort und Stelle gesehen; deshalb die Nachbildungen gewiß angenehm sind.

Das Weitere nächstens.

ergebenst

Weimar den 20. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/76.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

habe zu vermelden, daß eine Kiste trefflicher Mineralien durch Vorsorge des Herrn Grafen Reinhard aus Christiania angekommen. Ein schuldiger Dankbrief liegt bereit abzugehen. Nun wollt ich anfragen, auf welche Weise derselbe am schnellsten und besten diesem würdigen verehrten Freunde zukommen könne? Vielleicht schlössen Sie ihn ein oder gäben mir andere Anleitung. Diese norwegischen seltsamen Mineralkörper geben zu gar vielfachen Betrachtungen Anlaß.

Mich bestens empfehlend, gehorsamst

Weimar den 20. December 1828.

Goethe.


45/77.


An Carl Friedrich von Reinhard

Die letzten Tage des Jahrs, wo wir des Sonnenlichtes so sehr entbehren, sind mir von jeher ungünstig[88] und drückend; was mir deshalb in solchen Stunden Gutes, Liebes und Erfreuliches zukommt, gewinnt einen doppelt- und dreyfachen Werth, sowohl in dem Augenblick als in einer nachherigen Erinnerung.

Dieses ist gegenwärtig anzuwenden auf eine centnerschwere Kiste, welche, eröffnet, mir die crystallisirten Bergschätze des Nordens, erst zum Erstaunen, dann zur Belehrung vorlegte, durchaus bedeutende Stufen, die Einzelheiten in mehreren ausgesuchten, sich einander aufklärenden Exemplaren, einige hundert an der Zahl! Ich sondere, vergleiche, ich ordne und überlege. So denn gehen, mit der angenehmsten Unterhaltung, die Tage und Abende hin, daß ehe ich mich's versehe, die Sonne ihren Rückweg zu uns wieder muß angetreten haben.

Aus soviel gehäuften Motiven werden Sie, mein Verehrtester, den Dank ermessen, zu welchem in dem Augenblick nicht genugsame Worte zu finden wären, da eine so bedeutende Vermehrung meines Kabinetts, wodurch eine bisher unangenehm empfundene Lücke reichlich erfüllt und ausgeglichen wird, mir meinem Sohn, allen Freunden und Beschauern immerfort zu lebendigem Antheil und Anregung gedeihen wird.

Schon diese Tage her wurden daran die bedeutendsten Forschungen mit Herrn Soret, einem vollendeten Crystallographen, angeknüpft, wobey sich gar wohl bemerken ließ: daß von hier aus eine gränzenlose Reihe von Untersuchungen, Kenntnissen und Bestimmungen[89] sich entwickeln müsse. Nehmen Sie daher die allerlebhafteste treuste Anerkennung.

unwandelbar

Weimar den 21. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/78.


An Julius Adolph Völkel

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

werden geneigt seyn, höchsten Orts meinen verpflichteten Dank für Mittheilung der bedeutenden hier zurückkehrenden Papiere lebhaft auszusprechen. Ich habe das concipirte, der Sache völlig angemessene Schreiben, so wie die sämmtlichen Beylagen, mit Vergnügen und Belehrung durchgelesen und mich gefreut, auf einmal zu überschauen, wie viel Gutes und Wünschenswerthes seit den wenigen Jahren schon gestiftet, gegründet und zum allgemeinen Vortheil lebendig erhalten worden. Herr Fürst Reuß wird gewiß daran gleiche Zufriedenheit empfinden und aufregende Muster zu diensamer Nacheiferung daran gewahr werden.

Der ich mit vorzüglichster Hochachtung mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 22. December 1828.[90]


45/79.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

früher angekündigte Sendung ist mir erst gestern geworden; sie findet mich in einer Lage, wo ich sie nur flüchtig durchsehen konnte. Gerade diese Zeichnungen sind von der Art, daß man sich schwer entschließt, etwas davon auszuwählen; es ist nichts Vorzügliches und wohl auch nichts ganz Geringes darunter. Ich thue daher folgenden Vorschlag. Der dafür angesetzte Betrag ist 45 rh. 19 Groschen; mit welcher Summe würden Sie sich begnügen, wenn man das Portefeuille, wie es liegt, behielte und das Geld sogleich übersendete? Ich würde es bis zu gelegenerer Zeit liegen lassen, um mich alsdann, wie es sich finden wollte, mit Freunden darin zu theilen. Melden Sie mir deshalb Ihre Entschließung.

Das Kupferstich-Verzeichniß werde ich näher durchsehen, vorerst legen Sie mir Nr. 1676, Andreas Mantegna, wenn das Blatt gut erhalten ist, bey Seite; wie ich mich den Herren Weigels zu empfehlen bitte.

ergebenst

Weimar den 23. December 1828.

J. W. v. Goethe.[91]


45/80.


An Caroline von Wolzogen

Hier, nur noch eilig zum heiligen Christ, der längst erwartete Abdruck, den Sie, verehrte Freundin, so wohlwollend eingeleitet haben. Erst ein Exemplar, die übrigen für die lieben Töchter folgen baldmöglichst.

Mich angelegentlich empfehlend, unwandelbar

Weimar den 24. December 1828.

Goethe.


45/81.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Beyliegendes zu gefälliger Unterhaltung auf den Freytag. Es schließt sich an das Bergsfest, Wanderjahre Seite 331.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 24. December 1828.

G.


45/82.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch anzuzeigen; daß alles bisher, besonders durch das Schreiben vom 11. December Angekündigte, nicht weniger die Freyexemplare der Schillerschen Correspondenz, glücklich angekommen, welches ich dankbar anerkenne.

Mit der gestrigen Post ging der 21. Band, in Manuscript, an Dieselben ab, wovon guten Empfang[92] wünsche und für die baldige Nachsendung der übrigen Sorge tragen werde.

Und so möge denn auch in dem neuen Jahre dieß, für mich wenigstens, hochwichtige Geschäft durch Ihre Sorgfalt einen geregelten Fortgang haben. Ist es mir beschieden, noch fernerhin an der begonnenen Arbeit theilzunehmen, so werde das Mögliche thun, um von meiner Seite das Vorliegende zu fördern; wobey ich voraussehe, Ihre vorzügliche Thätigkeit fortwährend schätzen und mich derselben erfreuen zu können.

ergebenst

Weimar d. 27. Dez. 1828.

J. W. v. Goethe.


45/83.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

[Concept.]

[27. December 1828.]

Mit den besten Wünschen zum neuen Jahre sende Ihnen, mein werthester Herr Doctor, den schon längst erwarteten Barometerstand vom Februar 1825. Mit dem Wunsche, solchen auf einen durchsichtigen Riemen unsres Maaßes aufgezeichnet zu sehen, um solches mit unsern Barometerständen vergleichen zu können.

Zu gleicher Zeit wünsche zu erfahren, daß Sie sich wohl befinden und in Ihrem Geschäfte eifrig fortschreiten.

Weimar den 26. December 1828.[93]


45/84.


An Friedrich Theodor von Müller

Allerdings bin ich für die Vermittelung der sehr schönen Tassen den besten Dank schuldig; wollten Sie Herrn Wendt und seinen Verleger dagegen die freundlichste Anerkennung wissen lassen, so verpflichten Sie mich auf's neue. Herrn Wendts Brief liegt bey, ersuchen Sie ihn: uns die Aushängebogen, die wir niemand zu communiciren versprechen, gefällig einzusenden; vielleicht findet sich noch einiges darin, woran ich, wie im Dominospiel, aus meinen neuern Gedichten noch etwas knüpfen kann.

Die schuldigen Medaillen folgen hiebey, es stehen deren nach Gefallen mehr zu Diensten.

Noch vierzehn Tage muß ich mich verschlossen und einsam halten; die Ausstattung meiner Wandernden macht mir am Schluß noch zu schaffen; wenn ich sie nur einmal erst eingeschifft weiß, so mögen sie sehen, wie sie zurecht kommen.

Mit wiederholtem Dank mich bestens empfehlend.

Weimar den 29. December 1828.

Goethe.


45/85.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zunächst die Ankunft der vom 23. December datirten Sendung dankbar zu melden, sodann aber zu erklären:

[94] 1) Daß ich auf zehn Exemplare der Canningschen Medaille subscribirt, aber nicht pränumerirt habe; deshalb denn bitte: gedachte Exemplare, durch Ihren Correspondenten, gegen die Gebühr (ich glaube 5 Francs das Stück) in Empfang nehmen zu lassen.

2) Was die Relieure mobile betrifft, so denke ich, zwey Buch weiß Schreibpapier, mittel Folio, auf gedachte Weise gebunden, würde hinreichen, die Art dieser neuen Behandlung kennen zu lernen. Wollten Sie daher die Gefälligkeit haben einen solchen Band, in gedachtem Format, bestellen und anschaffen zu lassen?

Anderes mir vorbehaltend und mich bestens empfehlend.

Dankbar.

Weimar den 29. December 1828.


45/86.


An Joseph Rinald

[Concept.]

Mit verbindlichstem Danke unterlasse nicht zu vermelden: das überschickte Portefeuille sey glücklich angekommen. Haben Sie Gelegenheit, dem talentvollen Sender das Schönste zu sagen und ihn vorläufig zu versichern: daß mir die Ansicht dieser vorzüglichen Kunstwerke den größten Genuß gewähre, so verdoppeln Sie die schon erwiesene Gefälligkeit, die ich mit Vergnügen anerkenne.

Die besten Wünsche hinzufügend.

Weimar den 29. December 1828.[95]


45/87.


An die Cotta'sche Buchhandlung

Die Herren Genast und Schuchardt haben den Betrag ihrer Pränumeration auf die vierte und fünfte Lieferung meiner Werke, weiß Druckpapier, jeder mit 27 Thalern sächsisch abgetragen; deshalb denn die doppelte Summe von 54 Thalern sächsisch auf geneigte Anweisung der löblichen J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart sogleich abzutragen nicht ermangeln werde.

ergebenst

Weimar den 29. December 1828.

J. W. v. Goethe.


45/88.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Julius Elkan dahier wird höflichst ersucht, an Herrn G. C. Börner, Maler und Kunsthändler in Leipzig, die Summe von 32 Thalern sächsisch auszahlen zu lassen. Erstattung erfolgt alsobald.

Weimar den 30. December 1828.


45/89.


An C. Küster

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiermit schuldigst zu vermelden: daß die, von des kaiserlich russischen wirklichen Herrn Staatsraths[96] v. Loder, Excellenz, in Moskau, mir schon seit einiger Zeit angekündigte Kiste Mineralien glücklich angekommen sey; wie ich denn die deshalb übernommene Mühe dankbar anzuerkennen weiß. Eben so ziemt es gleichermaßen Ihres gefälligen Anerbietens, meinen vorläufigen Danksagungsbrief dorthin befördern zu wollen, mich mit Vergnügen zu bedienen. Ich lege ihn deshalb hier bey, indem ich ihm eine günstige Reise und eine gütige Aufnahme wünsche.

Mögen Sie denen Herren Keitel, durch deren Expedition gedachte Kiste an mich gekommen, gleichfalls von derselben wohlbehaltnem Einlangen Nachricht geben, so werden Sie uns auf's neue verpflichten.

Der ich mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 30. December 1828.[97]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 45, S. 1-98.
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