Siebenter Auftritt


[132] Märten. Görge mit einem Stock.


GÖRGE. Wo ist der Schurke?

MÄRTEN. Wer?[132]

GÖRGE. Ist es wahr, Vater?

MÄRTEN. Was denn?

GÖRGE. Röse sagte mir, sie hätte, da sie weggegangen wäre, Schnapsen ins Haus schleichen sehen.

MÄRTEN. Er kam; ich habe ihm aber gleich die Wege gewiesen.

GÖRGE. Da habt Ihr wohlgetan. Ich schlag ihm Arm und Bein entzwei, wenn ich ihn hier antreffe.

MÄRTEN. Du bist gar zu aufgebracht.

GÖRGE. Was? nach allen den Streichen?

MÄRTEN. Das ist vorbei.

GÖRGE. Er hat noch keine Ruhe. Jetzt, da Röse meine Frau ist –

MÄRTEN. Was denn?

GÖRGE. Hört er nicht auf, uns zu necken, uns zu beunruhigen.

MÄRTEN. Und wie denn?

GÖRGE. Da sagt er zu Rösen im Vorbeigehen: »Guten Abend, Röse! Wie Ihr doch allen Leuten in die Augen stecht! Der Offizier, der da durchritt, hat nach Euch gefragt.«

MÄRTEN. Das kann wohl wahr sein.

GÖRGE. Was braucht er's wiederzusagen? Nein, es sind lauter Lügen.

MÄRTEN. Wahrscheinlich.

GÖRGE. Da kommt er einmal und sagt: »Der Fremde, der auf dem Schlosse gewohnt hat, der hat Euch recht gelobt. Wollt Ihr ihn in der Stadt besuchen? Es wird ihm recht lieb sein. Er wohnt in der Langen Straße Numero 636.«

MÄRTEN. Das heißt man ja kuppeln.

GÖRGE. Er ist alles imstande.

MÄRTEN. Ich glaub's wohl.

GÖRGE. Und Röse gibt ihm immer was ab, wie er's verdient, und der böse Kerl trägt's ihr nach. Ich fürchte, er tut uns einen Possen.

MÄRTEN. So böse ist er doch nicht. Er spaßt nur.[133]

GÖRGE. Ein schöner Spaß! Ich will ihn aber treffen.

MÄRTEN. Nimm dich in acht! das kostet Strafe.

GÖRGE. Die bezahl ich gern. Und ich will's ihm gedenken, daß er mich jetzt von Rösen weggesprengt hat. Wenn er nur nicht gar draußen bei ihr ist! Geschwind, geschwind! ich muß fort. Eilig ab.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Berlin 1960 ff, S. 132-134.
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