Zweiter Auftritt

[43] Der Domherr. Ein Bedienter, hernach die Hofjuweliere.


BEDIENTER. Euer Gnaden haben die Hofjuweliere befohlen; sie sind vor der Türe.

DOMHERR. Laß sie hereinkommen! Zu den Juwelieren. Nun, wie sind Sie mit dem Entwurfe[43] des Kontrakts zufrieden, den ich Ihnen zugeschickt habe?

JUWELIER. Wegen der Summe hätten wir noch einige Erinnerungen zu machen.

DOMHERR. Ich dächte doch, der Schmuck wäre gut bezahlt. Sie finden nicht leicht einen Käufer. Liegt Ihnen das Halsband nicht schon ein Jahr müßig?

JUWELIER. Leider! – Und dann – Verzeihen Sie, gnädiger Herr –

DOMHERR. Was ist's noch?

JUWELIER. Wenn wir auch mit der gebotenen Summe uns begnügen und sie in den festgesetzten Terminen annehmen wollten, so werden Sie doch nicht ungnädig nehmen, wenn wir auf Ihre bloße handschriftliche Versicherung ein so kostbares Stück abzuliefern Bedenken tragen. Es ist gewiß nicht Mißtrauen; nur unsre Sicherheit in einem so wichtigen Geschäfte –

DOMHERR. Ich verdenke Ihnen nicht, daß Sie mir eine so große Summe nicht geradezu anvertrauen wollen. Ich habe Ihnen aber schon gesagt, daß ich das Halsband nicht für mich, sondern für eine Dame kaufe, die allerdings so viel Kredit bei Ihnen haben sollte.

JUWELIER. Wir trauen völlig Ihren Worten und wünschten nur eine Zeile von der Hand unsrer gnädigsten Käuferin.

DOMHERR. Ich sagte Ihnen schon, daß es nicht angeht, und empfehle Ihnen nochmals das Geheimnis. Genug, ich werde Ihr Schuldner. Damit Sie aber nicht glauben, als handelte ich übereilt und hätte nicht gewußt, mich und Sie zu decken: so lesen Sie hier. Er gibt ihnen ein Papier und spricht für sich, indem sie es lesen. Zwar hat die Marquise ausdrücklich verlangt, ich soll das Blatt niemanden zeigen, soll es nur zu meiner eigenen Sicherheit verwahren. – Wenn nun aber diese Leute auch an ihre Sicherheit denken, wenn sie nun auch wissen wollen, wer mir und ihnen für eine so große Summe steht – Laut. Was sagen Sie nun, meine Herren?[44]

JUWELIER indem er das Blatt zurückgibt. Wir bitten um Vergebung, wir zweifeln keinen Augenblick. – Auch ohne dies würden wir das Halsband ausgeliefert haben. Hier ist es. Wäre es gefällig, den Kontrakt zu unterschreiben?

DOMHERR. Sehr gern. Er unterschreibt und wechselt das Papier gegen das Schmuckkästchen aus. Leben Sie wohl, meine Herren! Die Termine sollen richtig abgetragen werden, und künftig haben wir mehr miteinander zu tun.


Die Juweliere, gehen mit tiefen Verbeugungen ab.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Berlin 1960 ff, S. 43-45.
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