Erster Abschnitt,
darinn der Beweis geführet wird,
I. Die Abstammung lehre uns Deutsch, und nicht Teutsch, schreiben.

[755] Das Wort Deutsch kömmt ohne Zweifel von THEOTISC her: wie solches in unsern ältesten Schriften, die noch vorhanden sind, vorkömmt. Dieses aber stammet vermuthlich von dem noch ältern THUISCON, THUIT, THEUT, als dem Gotte oder Stammvater der Deutschen her1. Da sehe ich nun zwar, bey dem überall so einhällig vorkommenden T, noch wenig vortheilhaftes für meine Meynung: allein, ich will es bald finden. Das TH der Alten hat sonder Zweifel in der damaligen Aussprache, mehr Verwandschaft mit unserm D, als mit dem T, gehabt. Denn hätte das beygefügte H den harten Buchstab T nicht ein wenig gelinder gemachet; warum hätte man denselben wohl hinzugefüget? Sogar das griechische Θεος ist im Lateinischen durch DEUS, und also ein TH durch ein D ausgedrücket worden: woraus man schon im Griechischen und Lateinischen die Gleichgültigkeit dieser Buchstaben dem Klange nach, abnehmen kann. An die heutige Aussprache dieser bey den Buchstaben hat man sich nicht sonderlich zu kehren: weil man in Obersachsen das Th mehrentheils wie ein schlechtes T ausspricht. Die Engländer aber, als Abkömmlinge der alten Angelsachsen, zeigen uns noch einige Spuren, wie man es vorzeiten ausgesprochen habe. Der berühmte D. Wallis saget ausdrücklich, in dem vierten Abschnitte seiner engländischen Grammatik, wo er von der Aussprache handelt: daß das TH einen gelinden Klang habe, der mit dem[755] D verwandt sey; und zwar in den Vorwörtern, Beziehungs- und Verbindungswörtern. Er giebt die Exempel THOU du, THEE dir, THY dein, THINE deine, THEE dich, THIS dieß, THAT daß, THESE diese, THOSE diese, THEY Sie, THEM denen, THEIR deren, THERE dar, THENCE dannen, THITHER daher, WITHER, EITHER, WHETHER, NETHER, THOUGH doch, ALTHOUGH. Ja auch in den Nennwörtern und Hauptwörtern, als: FATHER, MOTHER, BROTHER, LEATHER, WEATHER, FEATHER, SMOOTH, NEATHER, SEETHE, WREATHE, BREATHE, BEQUEATH, BLOTHE hat solches statt. Und es ist gewiß, daß ein deutsches Ohr, in der engländischen Aussprache aller dieser Wörter, fast nichts anders, als ein einfaches, oder doppeltes D hören kann; Fäder, Moder, Brodder, Ledder, Wedder, Fedder etc. Es ist wahr, daß es auch andere Wörter giebt, darinnen das TH mit einem gewissen Zischen, fast wie ein S ausgesprochen wird: allein, dieses ist ohne Zweifel etwas neuers, welches eben deswegen im Engländischen nicht hat allgemein werden können; weil es der alten angelsächsischen Aussprache nicht gemäß gewesen, und der Zunge weit beschwerlicher gefallen, als der obige gelindere Ton. Gesetzt aber, es wäre auch alt: so wurde es doch weder meinen Gegnern helfen, noch mir schaden. Und ich halte also dafür, daß das alte TH in dem Worte THEOTISC, THEUT, THIUT, heut zu Tage weit besser durch D, als durch T, ausgedrücket werde.

Ich bestätige diesen Satz durch eine große Menge solcher Wörter, darinnen die Verwandelung des alten TH in ein neues D ganz unstreitig und augenscheinlich geschehen ist. Wir schreiben ja jetzo in ganz Deutschland Dienen, Degen, Ding, Dorf, Dörfen, Darben, Durst, Edel, u.d.gl. imgleichen der, die, das, des, den, du, da, dar, u.s.f. Die alten Franken und Allemannen aber schrieben THIENAN, THEGAN, THING, THORF, THURSTAN, THARFAN, THYRST, ETHEL, eben so auch THER, THIU, THAZ, THES, THEN, THU, THO, THAR, u.s.f. Ein Paar Proben werden die Sache vollkommen[756] ins Licht setzen. Ottfried schreibt von dem Geschlechtsregister Mariä in des 1 B. 3 C.


Thin thritta ZUAHTA thaNANA.

Thaz UUARUN EDIL theGANA. (Degen) d.i.


Die dritte Zucht darnach,

Das waren edle Ritter.


Tatian imgleichen, der fast zu eben der Zeit geschrieben, XXI.6. Ther BRUT HABET, ther IST BRUTIGOMO. d.i. Der eine Braut hat, der ist Bräutigam. Und abermal Ottfried im 3 B. 25 Cap.


Thaz SI GISUNT thesSELBO FOLK

Thuruh thes EINEN MANNES DOLK.


das ist:


Daß sie gesund (machen) desselben Volk

Durch des einen Mannes Wunde.


Und wiederum Tatian LXV,1. Tho BIGONDA ITIUUIZON then BURGIN; d.i. Da begonnte er zu schelten die Städte. Im INDICE VERELII steht THING, THORP, ein Ding, ein Dorf. Im GLOSSARIO LIPSIANO liest man INNERON thinGON. In der CATECHESI THEOTISCA, die Herr Eccard herausgegeben, und die aus dem IXten Jahrhunderte ist, steht diese Erklärung in der vierten Bitte, a.d. 62 S. ALLOMANNES thurFTI SINTUN IN themO BROTES NAMEN GAMENITO, therO ER CI theseMO ANTUERDEN LIBE BEtharf: das ist: Aller Menschen Nothdurft ist in des Brotes Namen gemeynet, deren man zu diesem gegenwärtigen Leben bedarf. Das Wort Dieb heißt in dem Evangelio des Bischofes Ulfila auf Gothisch THIUBS, auf Fränkisch und Alemannisch THIOB, auf Angelsächsisch THEOF; und in der CATECH. THEOTISCA heißt der Diebstahl THIUBHEIT. Hier sieht man die große Übereinstimmung der alten Mundarten der Deutschen,[757] in dem Gebrauche des TH, wo wir heutiges Tages D schreiben. Und man bemerke nur zugleich, daß jene drey große Nationen, ich meyne Gothen, Alemannen und Franken, der heutigen hochdeutschen; die Angelsachsen aber der heutigen niedersächsischen Sprache näher kommen; indem ja das THIUB und THIOF dem obersächsischen Dieb; das angelsächsische THEOF aber, dem plattdeutschen Deef so sehr nahe kömmt: als welches uns in dem folgenden nützlich seyn wird. Ja wer weis denn endlich nicht, daß dasjenige Land, welches die Alten Döringen, und Düringen schrieben, heutiges Tages Thüringen geschrieben wird: zu einem deutlichen Zeichen, daß D und Th gleichviel gelten. Da nun in so vielen Wörtern das TH, darinnen die alten Mundarten der deutschen Völker so einstimmig gewesen, in neuern Zeiten in ein D verwandelt worden: so ist es ja überaus billig, auch das alte Wort Theotisc nicht Teutsch, sondern Deutsch zu schreiben.

Doch man beruft sich hier auf den Tacitus, der unsere Vorfahren allemal TEUTONES, nicht aber DEUTONES genennet. Man vermuthet nämlich, dieser große Geschichtschreiber werde es wohl aus dem damaligen Klange der Wörter gehöret haben: ob man das TH zu seiner Zeit hart oder weich ausgesprochen habe? Dieser Einwurf aber scheint mir von keiner sonderlichen Wichtigkeit zu seyn. Tacitus war ein Ausländer, der das Deutsche nicht verstund. Aber was glaubet ein solcher nicht zuweilen zu hören? Hernach hat er ja auch einer deutschen Göttinn HERTHA, einer SILVA HERCINIA, eines ARMINII, u.d.m. gedacht. Wäre nun seine Schreibart untrüglich, und müßten wir uns darnach richten: warum schreiben wir denn nicht an statt Erde, Hertha; an statt Harzwald, Herzwald; und für Herrmann, Armin? Hätte er den Namen der Deutschen von deutschen Lippen so genau aussprechen gehöret, und so treulich aufgezeichnet: so würde er es auch in den andern Wörtern so gemachet haben. Hat er nicht auch eine deutsche Alrune, AURINIA genennet; und aus einem Ehrenvest,[758] ARIOVIST, aus einem Sieg viel, CIVILIS, aus Gottwald aber CATUALDUS gemachet? Wer sieht aber aus diesen Exempeln nicht, wie ungewiß es ist, sich in der Rechtschreibung eines einheimischen Wortes, auf das Zeugniß eines Ausländers zu berufen? Fremde Ohren hören zuweilen in unserer Aussprache etwas, welches wir doch nicht sagen. Wer spricht wohl unter uns in dem Worte Welcher ein i aus? oder wer höret dasselbe, indem es andere aussprechen? Und doch dünket es einen Franzosen, daß er es zwischen dem l und ch ganz deutlich höre und aussprechen müsse: wie ich solches selbst von gebohrnen Parisern mehr als einmal vernommen habe. Tacitus kann also in diesem Falle, weder ein glaubwürdiges Zeugniß von der Aussprache der alten Deutschen ablegen; noch ein solcher untrüglicher Richter seyn, nach dessen Aussprache die Rechtschreibung unserer Wörter nothwendig einzurichten wäre. Kurz, ich werde mich nicht eher bereden lassen, das Deutsche mit einem T zu schreiben, bis meine Gegner sich auch in dem Worte Erde, wo Tacitus Th gesetzet, dieses harten Buchstabens bedienen, oder anstatt Ehrenvest, Ariovist, schreiben werden.


2. Die Aussprache lehret Deutsch, und nicht Teutsch schreiben.

Ich komme zur zweyten orthographischen Regel, daß man sich in der Rechtschreibung nach der Aussprache und dem Gehöre richten müsse. Sonst wird dieser Grundsatz nur alsdann gebrauchet, wenn man aus der Abstammung des Wortes nichts rechtes bestimmen kann: allein, es ist desto besser, daß ich in der vorhabenden Frage, mich auch dieses Grundes, zur Bestätigung meiner Meynung, bedienen kann. In Schlesien, im Brandenburgischen, in Preußen, Pommern, Meklenburg, Hollstein, Lüneburg, Magdeburg, Halberstadt, Braunschweig,[759] Hannover, Westphalen und Ostfriesland, ja auch wohl im Mannsfeldischen und Anhältischen, spricht kein Mensch teutsch, sondern alle deutsch. Ich berufe mich deswegen auf diese Provinzen, weil ihre Aussprache so zärtlich ist, daß man den Unterschied von D und T ganz deutlich darinnen wahrnehmen kann. Die andere Hälfte von Deutschland unterscheidet diesen Buchstab so genau nicht, sondern verwechselt entweder einen mit dem andern; oder trifft doch ein solches Mittel zwischen beyden, daß ein anderer nicht hören kann, ob es ein D oder T gewesen sey? Z.E. wer höret in Oberdeutschland wohl in den Wörtern, dumm und dichten, ob es ein hartes T, oder ein weiches D, wie man hier spricht, gewesen? Eben dieses wiederfährt den hochdeutschen Provinzen in dem B und P, indem sie z.E. das Wort Bauer fast wie Pauer, und das Wort Pracht wie Bracht aussprechen; des einfachen und doppelten S nicht zu gedenken, da sie z.E. reisen und reißen, preisen und Preußen, durch die Aussprache gar nicht unterscheiden können. Das Wort drucken gehöret auch hieher: daher man es in alten oberländischen Büchern allemal mit t findet, trucken, getruckt, die Truckerey. Folglich haben die Einwohner der mittäglichen Landschaften von Deutschland, in Entscheidung dieser Frage, der Aussprache nach, von rechtswegen gar keine Stimme.

Allein, zu allem Glücke brauchen wir dieselbe nicht. Genug, daß uns die Niedersachsen, fast wider ihren Willen, mit ihrer Aussprache zu statten kommen. Philipp von Zesen schrieb einen deutschen, nicht teutschen, Helikon, der 1561 zu Wittenb. herauskam. M. Jac. Stolterfoth gab Luc. Ann. Senecä Büchlein von der göttl. Providenz ins Deutsche übergesetzet, zu Lübeck, 1642. Oswald Beling hat Virgils Hirtenlieder zu Schleswig 1649 verdeutschet, nicht verteutscht. Eben so hat M. Christian Haberland zu Lübeck 1659 dieselben Hirtenlieder in Deutsch versetzet. Philomusens verdeutschter Sueton, ist 1664 zu Kopenhagen gedruckt, und P. TERENTII sechs Freuden-Spiele sind 1670, zu[760] Hamburg, in die hochdeutsche Sprach übersetzet worden. Barth. Feind, endlich, dessen Gedichte in Stade 1707 gedrucket sind; und F. Fabricius, dessen Poesien in Stettin herausgekommen, waren auch ohne Zweifel niedersächsische Poeten: doch haben sie uns deutsche, nicht aber teutsche Gedichte geliefert; weil sie nämlich ihrer Aussprache gefolget sind. Und da wir noch von den Hochdeutschen die meisten Schlesier, und einen guten Theil der Obersachsen, auf unserer Seite haben, eines Theiles der Rheinländer nicht zu gedenken: so ist es wohl außer Zweifel, daß unsere Meynung durch die Aussprache vollkommen erwiesen sey.

Es ist hiebey auch nicht aus der Acht zu lassen, daß selbst unsere Nachbarn, deren Sprachen für Schwestern, oder gar für Töchter der Deutschen anzusehen sind, sich für das D. erkläret haben. Die Holländer schreiben unsern Namen Duytsch, und die Engländer nennen eben die Niederländer, THE DUTCHMEN: ohne Zweifel, weil der Laut ihrer Aussprache es so mit sich bringt. So sehr sie also in andern Stücken von der heutigen oberdeutschen Sprache abweichen: so helfen sie uns doch die rechte Kraft und den eigentlichen Ton des alten TH in THEOTISC bestimmen und bestätigen. Nur die einzigen Dänen gehen von diesen westlichen Nachbarn ab: denn die Redlichkeit erfodert es, auch das anzuführen, was wider mich ist. Sie nennen uns de Tydske. Ich ersehe dieses aus Thomas Clitaus Tagebuche, über den gefährlichen weitaussehenden grammatikalischen und orthographischen Krieg, der 1742 zu Copenhagen in 4 herausgekommen. Imgleichen steht auf dem Titel meiner ins Dänische übersetzten Weltweisheit, die 1742 eben daselbst ans Licht getreten: Skreven paa Tydsk, d.i. geschrieben auf deutsch. Allein, diese Ausnahme wird von der Wichtigkeit schwerlich seyn, alles obige über einen Haufen zu stoßen. Es mag nun herkommen, woher es will, daß uns die Dänen so nennen: so wird es uns so wenig irre machen, als, daß uns die Polen NIEMEC nennen. Hernach hat die dänische Sprache auch in andern Wörtern, wo wir unstreitig ein d[761] brauchen, die Alten aber ein TH setzten, ein T. Z.E. der Dritte, heißt dänisch den tredie, ein Diener aber Tiener, dürftig, torfftig, dulden, tole, eine Dirne, Terne, u.d.m. Wir sehen also, daß diese harte nordische Aussprache uns nicht berechtigen kann, ihrem Exempel im Hochdeutschen zu folgen.


3. Die Gewohnheit bestätigt eben diese Schreibart.

Zum dritten ist noch die Gewohnheit im Schreiben übrig, die gleichfalls einen Grund in der Orthographie abgiebt, wenn man die Frage nicht anders entscheiden kann. Ich will zum Überflusse, auch diesen zu Hülfe nehmen, meine Meynung zu bestärken; ungeachtet ich ihn, nach dem, was bereits gesaget worden, gar nicht nöthig hätte. Man gesteht es von der andern Partey selbst; daß vor und nach Luthers Zeiten, das D in Obersachsen gebräuchlich gewesen, und daß man es allererst vor dreyßig Jahren auszumustern angefangen: wiewohl dieses letztere der strengsten Wahrheit nicht gemäß ist. Ist dem also, wie es denn in der That nicht älter, als das weiche D, ist: was hätten denn die Deutschen für Ursachen, von einer so wohl hergebrachten Gewohnheit abzuweichen? Alle Bibeln, die von dem sel. Luther selbst herausgegeben worden, sind Deutsch und nicht Teutsch, übersetzet: und nach seinem Tode ist man ihm darinnen, nicht nur in allen neuern Auflagen derselben, sondern auch in andern Schriften gefolget. Ich mag die Herren Gottesgelehrten nicht anführen, die in deutscher Sprache nach ihm geschrieben haben: denn man möchte sie vieleicht für keine Sprachverständige gelten lassen.

Ich berufe mich also 1) auf die besten und meisten Poeten unsers Vaterlandes. Da finde ich nun, daß von den ältern, die nämlich nicht mehr am Leben sind, Opitz, Dach, Tscherning, Derschau, Kindermann, Kongehl, Hoffmannswaldau, Gryphius, Lohenstein, Besser, Neukirch,[762] Rothe, Weise, Feind, Fabricius u.a.m. von denen aber, die (1730) noch leben, Hofr. Pietsch, Philander von der Linde, Joh. Hübner, Benj. Schmolk, Sen. Scharf, und andere mehr, Deutsch und nicht Teutsch, geschrieben haben. An Benj. Neukirchen wird man vieleicht einige Unbeständigkeit wahrgenommen haben: allein, es ist genug, daß er nicht völlig auf der Partey meiner Gegner ist; indem er theils in Lohensteins Arminius, theils in den Theilen der Hof mannswaldauischen Gedichte, die er herausgegeben, das D. dem T. vorgezogen hat. Nichts wollte ich lieber, als daß ich auch den Herrn von Kanitz zu meiner Partey rechnen könnte. Allein, da er seine Gedichte niemals selbst herausgegeben: so kann man nicht wissen, wie er eigentlich das Wort deutsch geschrieben habe.

2) Beruffe ich mich auf eine Anzahl, zum Theile viel älterer prosaischen Scribenten, die das d dem t vorgezogen haben. Dahin gehören


Instituten, ein warer vrsprung vnd fundament des Keyserl. rechtens, von dem hochgelerten Thomam Murner etc. verdeütscht, in 4to ohne Ort. (vermuthlich zu Basel) 1520.

Caij Julij Cesaris, des großmechtigen ersten Römischen Keysers Historien etc. übersetzet von Philesius. Gedruckt zu Maynz bey Joh. Schöffer, in Fol. 1530. Hier heißt es in der Vorrede:


Julius Cesar binn ich genannt,

Durch sondre mannheyt weit bekannt.

Die Gallier ich bestritten hab,

Die Deutschen offt getrieben ab.


Des hochgelörtesten philosophen, Xenophontis Commentarien etc. durch Herrn Hieron. Boner auß dem Latein inns Theütsch gebracht. Fol. Augsp. bey Hainrich Stainer. 1540. Hier merke man das alte Th; aus Thuiscon.

Spiegel des menschlichen Lebens. Die Tafel Cebetis etc. verdeudscht durch Ge. Wicelium. Mentz, druckts Franc. Behem. 8vo 1545.

SAXONIA. Beschreibung der Ankunft, Sitten, Regiment, Religion, Policeyen etc. der Sachsen etc. durch Albertum Krantz. Itzt zum ersten mall trewlich verdeutscht. Leipzigk. bey M. Ernesto Vögelein. Fol. 1563.

[763] HOMERI ODISSEA ETC. Verdeutscht durch M. Simon Mineruium. Franckf. a.M. bey Johannem Schmidt. 8vo 1570.

Regentenbuch auffs fleissigst und herrlichst jetzt von newem vbersehen etc. vnd letzlich in vnser Deudsche Sprach versetzt, durch Georgium Lauterbecken. Fol. 1572.

P. RAMI DIALECTICA verdeutscht durch FRIDERIC BEURHUSIUM in 8vo 1587.

S. AUGUSTINI Buch, SOLILOQUIORUM ANIMÆ AD DEUM ETC. Verdeudscht durch Heinr. Räteln zu Sagan. Witenb. 8, 1589.

DE CONSERVANDA VALETUDINE. Das ist, von Erhaltung menschlicher gesundheit etc. Itzt gantz trewlich verdeutscht, durch JOH. VUITTICHIUM VINARIENSEM. Leipzig bey Vögelin, in 4TO 1594.

Chronica DITHMARI Bischoffs zu Marßburg etc. alles zum theil jetzo erst verdeutschet durch GEORGIUM Hahn. Leipz. bey Henningi Grossens Erben. Fol. 1606.

VIRGILII MARONIS zwölff Bücher: Item das Buch Maphei von dem thewren Helden ÆNEA. Jehna durch Joh. Weidnern, 8vo 1606. Hier steht in der Vorrede: Nachdem die Eneadische Bücher Virgilii vor viel Jahren, von einem gelehrten Manne ver deutschet, vnd ausgangen etc.

Griechischer Sprach Vbung, Ins Deutsche gebracht, zur Lehr-Art. Cöthen in 8vo. 1620.

Der gülden Esel. Ein schöne History von dem Esel Luciani etc. Magdeb. bey Joh. Francken 8vo 1620. Hier heißt es in der Vorrede: Nun bin ich offt gebeten worden, dasselb lateinische Gedicht weiter auch in vnsere Deutsche Sprach zu bringen etc. Der Autor heißt Niclas von Weile.

PUBLII TERENTII, Sechs Frewdenspiel, in gute, reine, vbliche, Deutsche Sprache versetzet etc. Durch MICH. Meisterum, ZITTAVIENSEM LUSATIUM. Magdeb. 8vo 1623.

PROSODIA GERMANICA, oder von der deutschen Poeterey etc. durch Martin Opitzen. Wittenb. bey Rothen. in 8vo 1638.

Andr. Heinr. Bucholtz verdeutschtes Odenbuch Q. HORATII FLACCI. Rinteln an der Weser. in 8vo 1639.

Die deutsche Rechtschreibung, durch den Ordnenden. Halle in 8vo 1645.

Zehen auserlesene Hirten-Lieder Marons etc. in deutsche Reime übersetzet etc. Halle in 8vo 1648.

PHILOMUSEN verdeutschter SUETON ETC. Kopenhagen, in 8vo 1664.

IGNATII Episteln oder Brieffe etc. verdeutscht durch C.D.V.B. 8vo 1693.[764]


So wenig nun dieses diejenigen Bücher alle sind, die ich für meine Meynung anführen könnte: so wenig begehre ich zu läugnen, daß eine weit größere Menge der widrigen Schreibart beygefallen ist. Allein, was für Schriftsteller waren es, die das T dem D vorzogen? Solche, die es auch in trucken, tichten, tumm, u.d.m. allemal braucheten; darinn ihnen gewiß niemand nachfolget. Denn insgemein heißt es auf den Titeln derer in Oberdeutschland, um die Donau, den Rhein und den Mäyn gedruckten Bücher, Getruckt etc. noch nie also getruckt; oder getichtet, u.d.m. Was beweist nun dieß gegen uns? Manche sind auch mit sich selbst nicht eins, und setzen bald d, bald t, weil ihre Aussprache ungewiß war.

Von neuern prosaischen Scribenten, die meiner Meynung beypflichten, will ich nur den sel. Professor Krausen aus Wittenberg anführen, der gewiß von allen Kennern, für einen Meister in seiner Muttersprache gehalten wird. Dieser hat nämlich, sowohl in seinen gelehrten Zeitungen, als in andern Schriften allezeit gewiesen, daß er sich von der wohlgegründeten Gewohnheit seiner Landesleute, der berühmtesten Schlesier, niemals abwendig machen lassen. Eben dahin muß ich unsern Just. Gotthard Rabenern, und Prof. Christ. Gottl. Jöchern zählen: welche gleichfalls, und zwar als gebohrne Leipziger, in den deutschen ACTIS ERUDITORUM, allezeit diese Schreibart beliebet haben. Und wie groß würde nicht dieses Verzeichniß noch werden, wenn ich noch alle übrige gelehrte Männer namhaft machen wollte, die in neuern Zeiten, ich meyne seit 1730, dieser Seite beygetreten sind?


Neuer Beweis.
Die alten deutschen Handschriften bestätigen auch das D.

Man kann nämlich diesen, aus gedruckten Büchern hergenommenen Beweis, noch merklich bestärken; wenn man auf alte deutsche Handschriften sehen will, die lange vor[765] Erfindung der Buchdruckerkunst geschrieben worden. Hier wird man finden, daß die allermeisten sich des D, und nicht des T bedienet haben. Aus einer großen Menge itzt nur etliche anzuführen: so ist in Heinrichs von Veldecke verdeutschter Äneis Virgils, die im XII Jahrhunderte geschrieben worden, als Kaiser Friedrich I oder Barbarossa regierte, im Schlusse folgendes zu lesen:


Nu sulle wir enden das Buch

Iz duchte den meister genug

Der iz uz der walische kette

In Dützsche herz uns lerte (nicht tütsche)

Das was von Veldecken Heinrich.


Das MSt. davon ist auf der Hochfl. Gothaischen Bibliothek, und aus dem XIV Jahrhunderte.


Eben so schrieb Thomassin von Verrere, in seinem großen poetischen Werke, welches er der wälsche Gast nannte. Er lebete zu den Zeiten Kaisers Friedrichs des II im XIII Jahrhunderte, und war aus dem Friaul gebürtig; aber so lange in Deutschland gewesen, daß er ein deutsches Gedicht machen konnte. Doch entschuldiget er sich in der Vorrede, wegen seiner Fehler im Deutschen:


Darum so bitte ich alle Kind

Stunt von ir gewissen mute

Vnd von jrm synn vnd von jrm gute

Daß sie es alles lassen one rache

Wes mir gepriestet an der sprache

Ob ich in dewtsche misse spriche (nicht teutsche)

Es en soll nicht dunken wunderliche

Wan ich vil jar ein Walich bin

Man wird es an meiner dewtsche in

Ich bin von vriul geporen etc.


Auch dieses Mspt. ist auf Pergament sehr sauber geschrieben, und mit vielen Figuren gezieret, auf der Herzogl. Goth. Bibliothek: wiewohl ich auch selbst eine etwas neuere Abschrift davon habe, die doch einerley Rechtschreibung beobachtet.[766]

Eben so schrieb in eben dem XIII Jahrh. Johann von München, in seiner Geschichte der Kaiser und der Päpste. Bald nach dem Anfange heißt es:


Herr Got nu pis meiner Sinn ler

Daz ich Heinrich von Payrlant

Der sich nicht anders hat genant

Wan von Münichen auz der stat

Der ditz puch geticht hat

In Däwtsch do er hub an (nicht Täwtsch)

Mit chranken sinnen sunder wan.


Und bald darauf heißt es vom Jul. Cäsar:


Den santen Römer da

Mit einem her in däutschen lant (nicht teutschen)

Daz er die twung in ir Hant.


Nicht anders hat im folgenden XIV Jahrhunderte, der berühmte Verfasser des so genannten Renners, Hugo von Trymberg, oder von Trienberg im Frankenlande, wie ihn andere nennen, geschrieben. Ein altes Mspt. aus der Pauliner Bibliothek zu Leipzig, das im 1312 Jahre geschrieben worden, hat ausdrücklich im Anfange:


Vor hat ich syben büchelyn

In düczch ghemacht vnd czu latin.


Und gegen das Ende heißt es:


Wer dützch wyl eben tychten

Der muz syn hercze richten

Vf mangerley sprache

Wer wenet, daz die von ache

Reden also dy francken

Dem sullen die müse dancken.


Noch ein anderer Dichter um diese Zeit, der von den Körpern der heil. drey Könige geschrieben, welche vom Kaiser Friedrichen dem I aus Mayland gen Köln gebracht worden,[767] schreibt ebenfalls das Deutsche mit einem weichen D. Das MST. ist auf der Königl. Dresdner Bibliothek, in eben dem Bande, darinn das Heldengedicht auf Karl den Großen, und der Ritter Tristrand befindlich ist, und welches im 1433sten Jahre geschrieben worden. Es heißt darinnen gegen das Ende:


Da ich das den vrauwin wislich ted

Do sprachen sie daz es mir getromet het

Das solde ich so war machin

Mit listiclichen sachin

Vnd wil senden die dry Hern

Der zcu gnadin vnd zcu errn

Hin zcu Kolne uff den ryn

Dar die dütschen vmmer sin etc.


In Bayern schrieb man um eben die Zeiten nicht anders. Denn D. Johann Hartlieb, Herzog Albrechts zu Bayern Leibarzt, schreibt in der Vorrede zu seiner verdeutschten Geschichte von Alexandern dem Großen also:


So hat der hochgeporn und durchleichtig furst Herzog Albrecht, Herzog in Bairn, Phaltzgraue pei rein und graue zw Voburg, auch sein Durchleichtigs gemahl Fraw, Fraw Anna geborn von prawnsweig nicht vnpillig an mich meister Johannsen Hartlieb, Doctor der ertzenej vnd naturliche Kunstes, Irn vndertan pegert, das Puch des grossen Alexanders zu deitsche machen etc.


Die Abschrift, die ich von diesem Buche selbst besitze, ist 1472 gemachet; und hat dem Vincentius Schiefer, weiland Mautnern zu Ibs, gehöret.


Bey solcher Einstimmung des XII, XIII, XIV und XV Jahrhunderts nun, und zwar unter lauter Schriftstellern des obern Deutschlandes, kann man ja keinen Zweifel tragen: daß dieses die eingeführteste und gemeinste Art zu sprechen und zu schreiben gewesen, in die sich das ottfriedische THEOTISC,[768] nach der deutschen Mundart, allmählich verwandelt hat. Und giebt es gleich einige alte Handschriften, worinnen auch das T vorkömmt: so sind freylich nicht alle Schreiber gleich aufmerksam, und fleißig gewesen. Und wenigstens zeigen die wenigen angeführten, daß das D in dem Namen der Deutschen gar keine Neuerung der plattdeutschen Buchdrucker sey, die nach ihrer niedersächsischen Aussprache ein x für ein u gesetzet hätten. Fürwahr, man muß gar keine alte geschriebene Denkmäler gesehen haben, wenn man sich mit einer solchen kahlen Ausflucht behelfen will; und sich damit auszukommen getrauet.

Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. 12 Bände, Band 8, Berlin und New York 1968–1987, S. 755-769.
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