Das III Hauptstück.
Von den besonderen Regeln der deutschen Rechtschreibung.

[121] 1 §.


Da bey den doppelten Buchstaben, sonderlich der Mitlauter wegen, oft Zweifel vorfallen, wo man sie setzen soll, oder nicht: so haben wir zwar schon oben, bey dem Register derselben, vorläufig den Grund dazu geleget. Allein, hier geben wir davon mehrerer Sicherheit halber,


die I besondere Regel:


Nach allen langen Selbstlautern setze man einfache, nicht aber doppelte Mitlauter.


Z.E. in Schlaf, Schaf, Graf, Strafe, Vater, los, Loos, Mäuse, Moos, u.d.gl. setze man einfache Mitlauter; obgleich viele aus übler Anführung ihrer ersten Schreibmeister, Schaff, Graff, Schlaff, straffen, Vatter, loß, Looß setzen1. Unter die langen Selbstlauter gehören auch die meisten Doppellaute: wenn man nur das ä, ö, und ü ausnimmt, als welche in schätzen, Pallästen, gönnen, können, müssen, Flüsse u.a. einen sehr kurzen Ton haben, und also einen doppelten Mitlauter leiden können; da sie doch bisweilen, z.E. in Schläfe, mögen, büßen, sehr lang gezogen werden2[121]

2 §. Wenn einem hierbey, und bey etlichen andern Doppellauten, ein Zweifel entsteht, die gleichwohl auch noch ein doppeltes ß, oder ein ch, welches eigentlich ein hh ist, nach sich haben; als in zerreißen, weißen, (DEALBARE) Meißen, Reußen, Preußen, riechen, hauchen, lauschen, u.d.gl. so dienet zur Antwort, daß in dergleichen Wörtern der doppelte Mitlauter ganz zur folgenden Syllbe gehöret, und bey dem ersten Selbstlauter nicht gehöret werden soll. Man spricht und schreibt also, hau-chen, lau-schen, rie-chen, Mei-ßen, Preu-ßen; ganz anders als da, wo kurze Selbstlauter vorhergehen, und man also die doppelten Mitlauter trennet; als: las-sen, tref-fen, küs-sen, fal-len, Aus-satz u.d.gl. Nur bey dem einzigen ch ist die Trennung nicht gewöhnlich. Daher wird es nach kurzen Selbstlautern, ganz bey der ersten Syllbe gelassen, sprech-en; bey langen aber zur folgenden gezogen: wie Spra-che3.[122]

3 §. Hieraus fließt nun die Theilungsregel, die bey dem Zerfällen der Wörter, am Ende der Zeilen zu beobachten ist. Sie ist


die II Regel.


Was mit einem Aufthun des Mundes ausgesprochen wird, das bleibt beysammen: was aber nicht bey der ersten Syllbe gehöret wird, das gehöret zur letzten.


Hier geht unsere Sprache von der lateinischen etwas ab. Denn wir trennen auch solche Mitlauter, die im Lateine beysammen bleiben. Die Römer ließen diejenigen, die im Anfange der Wörter bisweilen beysammen stehen, auch in der Mitte beysammen: wir aber sprechen zwar auch in Pferd, Pfad, Pfund, das pf mit einander aus; schreiben doch aber zap-fen, Töp-fe, pfrop-fen, rup-fen, hüp-fen, im-gleichen fas-ten, Nes-ter, Pos-ten, hus-ten, wüß-ten, Has-pel, Ras-pel, Wis-pel, u.s.w. weil wir es in der Aussprache so hören4.


[123] Die III Regel.


4 §. Einsyllbige Wörter, die am Ende niemals wachsen, werden nur mit einem einfachen Buchstaben geschrieben.


Z.E. Ich bin, an, ab, nun, von, man, mit, bis, der, den, das, von, auf, u.d.gl. Die Ursache ist, weil dergleichen kleine Redetheilchen den Accent, oder Nachdruck im Sprechen nicht bekommen; indem die Zunge über sie wegeilet, um zu dem nächsten Hauptworte, Fürworte, oder Zeitworte zu kommen. Man nimmt davon nur diejenigen aus, die zum Unterschiede anderer, nach der IV Regel, anders geschrieben werden müssen: als z. E, daß, UT, von das, HOC, denn, NAM, von den, EUM, zu unterscheiden, schreibt man die erstern mit einem doppelten Mitlauter5.


Die IV Regel.


5 §. Wörter, die am Ende wachsen, richten sich auch im Stammworte schon nach der Aussprache der verlängerten Syllben.[124]


Z.E. Haus, schreibe man nicht Hauß; weil ich nicht spreche, des Haußes, die Häußer, sondern des Hauses, die Häuser: der Tod, nicht Todt; weil man saget, des Todes, nicht Todtes: Glas, Gras, nicht Graß, Glaß; weil man spricht des Grases, Glases. Biß, MORSUS, ist recht; hergegen nicht Bis: weil ich nicht spreche des Bises, der Bisen; sondern des Bisses, der Bissen. So auch der Schluß, der Fuß, der Mann, der Brunn, das Lamm, der Stamm, weiß, heiß, Maaß; weil man spricht, Schlüsse, Flüsse, Mannes, Brunnen, Lammes, Stammes, weißer, heißer, Maaßes, u.s.w.6.


Die V Regel.


6 §. Nach einem Mitlauter setze man keinen andern doppelten Mitlauter, sondern nur einen einfachen.[125]


Z.E. In werffen, schärffen, Hertzen, schertzen, Schmertzen, tantzen, schantzen, kürtzen, Wercken, wircken, sind alle ff, ck und tz überflüßig: weil man sie in der Aussprache nicht höret; sondern nur wer-fen, schär-fen, Her-zen, tan-zen, kür-zen, wir-ken, etc. deutlich vernehmen kann. Unsere Sprache verliert auch dadurch den Vorwurf der Härtigkeit, den ihr einige Ausländer, bloß wegen der vielen überflüßigen Mitlauter gemachet haben; die man ohne Ursache zu schreiben pflag, ob man sie gleich nicht aussprach7.

7 §. Aus dieser Ersparung unnöthiger doppelter Mitlauter, die an einigen Sprachkennern wahrgenommen worden, haben andere übel geschlossen: daß man alle doppelte Buchstaben abschaffen wolle. Daher haben sie denn, auch nach den kurzen Selbstlautern, einfache Mitlauter zu schreiben angefangen: z.E. Saz und sezen, für Satz und setzen, verlezen, für verletzen, Wiz und wizig, für Witz und witzig; Bliz und blizen, für Blitz und blitzen; Schuz und schüzen, für Schutz u.s.w. Daher sey


die VI Regel:


Nach kurzen Selbstlautern muß man doppelte Mitlauter schreiben:[126]


Weil die Aussprache solches erfordert; das Gegentheil aber so klingen würde, als ob man Saaz, Bliez, Wiez, Schuuz geschrieben hätte8.

8 §. Viele, welche die Eigenschaft und den Ursprung unsers ck und tz nicht recht eingesehen, haben diese unschuldigen Buchstaben aus dem Deutschen verbannen, und dafür ein kk und zz einführen wollen. Diese schreiben also: Glükk, Pakk, Lakk, hakken, hezzen, schäzzen, wizzig, hizzig, Rizz, Schmuzz, u.s.w. Allein, wie häßlich diese Neuerung in die Augen falle, haben schon unsere Vorfahren um Zesens Zeiten eingesehen; und wir setzen also


die VII Regel:


Das ck und tz vertreten allemal die Stelle des doppelten k, und des doppelten z.


Es gründet sich dieselbe auf den allgemeinen Gebrauch des ganzen Deutschlandes, seit dreyhundert und mehr Jahren, der in der obigen III Regel zur Richtschnur angegeben worden9.[127]

9 §. Das h ist einer andern Feindseligkeit gewisser Sprachlehrer unterworfen gewesen, die es fast aus der ganzen Sprache haben verbannen wollen. Sie wollen es nirgends leiden, wo es zur Verlängerung der Selbstlauter gewöhnlich ist, in Lehren, mehr, Ohr, Rohr, sehr, Mahlzeit, Wahl, Gefahr, kahl, Zahl, Bohrer, Stroh, froh, Uhr, Schuh, u.d.gl. Hergegen setzen es andere ohne Noth bey ganz kurzen, und solchen Mitlautern, wobey es gar nicht hergekommen ist; als in der Syllbe bar am Ende, z.E. offenbahr; in gahr, klahr, spahren, quehr, schwehr, Gebuhrt, Spuhr, Natuhr, Schluhs, Bluht, Fluht u.d.gl. Diesem Misbrauche vorzubeugen, dienet


die VIII Regel:


Man setze das h zu denen Selbstlautern, die einer Verlängerung bedörfen; bey denen aber nicht, die solche nicht nöthig haben.


Z.E. in den letztern, wie auch in holen, (ARCESSERE) malen, (PINGERE) war es ganz unnöthig: aber in wohl, [128] hohl, Höhle, Mahl, mahlen, (MOLERE) ist es zum Unterschiede nöthig. Man sehe auch die IV Regel vom Unterschiede der Wörter nach10.

10 §. Ein anders ist es mit dem h hinter dem t; welches auch einigen alten Sprachlehrern11 anstößig gewesen, die seinen Ursprung und seine Kraft nicht eingesehen haben. Diese wollten nicht mehr That, Rath, bethen, miethen, Bothe, roth, thun, Ruthe, sondern Raht, Taht, behten, miehten, Bohte, roht, tuhn, Ruhte, schreiben: weil sie glaubten, daß es auch hier zur Verlängerung des Selbstlautes dienen sollte. Allein, wenn man erstlich in fremden Wörtern auf den Ursprung des Th aus dem Θ der Griechen geht, welches bey[129] den Lateinern in Θεοςzu DEUS geworden: so sieht man wohl, daß es seiner Natur nach, mit dem d eine nahe Verwandtschaft hat. Man bemerket ferner, daß in allen griechischen Wörtern, die mit Θ anfangen, und im Deutschen gewöhnlich sind, in der plattdeutschen Sprache ein d beliebet worden: z.E. von θυγατηρ, Dochter, von θηριον, Deer, von θυρα, Door, Döre; aber im Hochdeutschen mehrentheils ein Th geblieben: als Thier, Thor, Thüre u.d.gl. Wir setzen also erstlich


die IX Regel.


In allen aus dem Hebräischen und Griechischen herkommenden Wörtern, bleibt für das ת und θ ein th: als Seth, Methusalem, Thomas, Thaddäus, Themistokles, Thermopyle, Thracier, Thron, Thränen, u.d.gl.


11 §. Eben dergleichen kann man bey der ältesten deutschen Mundart, die uns aus Ottfrieden, Notkern, Willeramen, imgleichen Tatians Harmonie, bekannt ist, anmerken. Unzählige Wörter, die wir heut zu Tage mit D schreiben, schrieb man dazumal mit dem TH, als THAZ, THING, THEIN, THESEMO, THER, THIU, THEGAN, THORN, das, Ding, dein, diesem, der, die, Degen, Dorn, u.s.w. Es ist also das Th, seiner Natur nach, mit dem D, fast gleichgültig: denn was wir itzo Thüringen nennen, das schrieb man sonst Döringen. Daher kömmt es auch, daß eine große Anzahl Wörter, die im Plattdeutschen mit einem D gesprochen und geschrieben werden, im Hochdeutschen[130] ein Th haben, als Dom, Thum, Door, ein Thor, (FATUUS) Don, Thon, doen, thun, Dal, Thal, Daler, Thaler, Roode, Ruthe, Bade, (NUNCIUS) ein Bothe, beeden, biethen, bäden, bethen, raden, rathen, tomooden, zumuthen. Und wir machen also daraus


die X Regel.


Das th muß man in allen deutschen Wörtern, wo es gewöhnlich ist, behalten, wenn es im Platt deutschen das d ausdrücken muß12.


12 §. Doch sage ich damit nicht, daß man es durchaus in alle die Wörter einführen solle, wo im Plattdeutschen ein d steht: denn sonst würden wir abermal unzählige Neuerungen anfangen müssen; die eben so seltsam aussehen würden, als wenn man es ganz abschaffen wollte. Man muß sich erinnern, was oben in der Einleitung, von der eingeschränkten Macht eines Sprachlehrers gesaget worden; und sich nicht einbilden, daß irgend eine Sprache in der Welt sey, die nach lauter allgemeinen Regeln geredet, oder geschrieben wird. Auch im Lateinischen und Griechischen ist nicht alles analogisch geredet und geschrieben worden13. Wo es also der Gebrauch nicht gewollt hat, da schreibt man auch kein th; als in Tod, ob es gleich plattdeutsch Dood heißt. Wo man hergegen durchgehends eins findet, als in Thurm, da behält mans bey, ob es gleich von TURRIS herkömmt: imgleichen Thurnier, Themse u.d.gl.[131]

13 §. Viele Wörter, die aus dem Hebräischen und Griechischen herstammen, sind eine geraume Zeit mit einem C geschrieben worden; ob sie gleich in der Grundsprache ein K haben. Da wir nun im Deutschen das K auch haben, welches die Lateiner nicht hatten: so haben viele Sprachkenner lieber dem Ursprunge der Wörter folgen, als den Lateinern blindlings nach ahmen wollen. Sie haben auch nicht unrecht gethan, in soweit die deutsche Aussprache des C, vor A, O, und U, der hebräischen und griechischen Kraft des K keinen Abbruch thut. Man setze also


die XI Regel:


Hebräische und griechische Wörter, die vor A, O, und U, imgleichen vor andern Mitlautern, ein K, haben, behalten solches im Deutschen auch.


Z.E. Kain, Kadmus, Krösus, Nikolaus, Katharina, Krates, Ktesiphon, Sokrates, Perikles, Isokrates, Kallimachus, Kallisthenes; imgleichen Kirche, katholisch, Katheder, Katechismus, Kobold, κοβαλος Kavallier14 von καβαλλος, Kammer von καμαρα, Kalender von καλεω u.d.m.[132]

14 §. Eine neue Regel, oder vielmehr eine Ausnahme, geben hier diejenigen Wörter, die zwar auch im Griechischen ein K haben, aber vor einem e, oder i, wo mans bereits aus dem Lateine gewohnt ist, dasselbe als ein scharfes C auszusprechen. Z.E. Centaurus, Cepheus, Cerberus, Cimon, Cyrus, u.d.gl. Denn wenn man hier auch jener Regel folgen, und Kentaurus, Kepheus, Kerberus, Kimon, Kyrus schreiben wollte: so würde auch eine andere ganz ungewöhnliche Aussprache daraus erfolgen, und eben dadurch bald lächerlich werden15. Man muß also in solchen Wörtern, wo es die Aussprache nicht leidet, nachgeben, und das C der Lateiner beybehalten.

15 §. Was die lateinischen Wörter betrifft, so haben einige Neuern auch darinnen eine Änderung machen, und Kajus, Kaligula, Kato, Klaudius, Knejus, Kotta u.s.f. schreiben wollen. Und in der That kann man es nicht läugnen, daß nicht von CÆSAR, CASEUS, CANCELLI, CLAUSTRUM, CRUX, CORONA, CUSTOS, seit undenklichen Zeiten, Kaiser, Käse, Kanzel, Kloster, Kreuz, Krone, Küster, wäre geschrieben worden: ja, seit einiger Zeit sind auch Körper von CORPUS, und Köln von COLONIA, hinzugekommen.[133] Und in beyden letztern scheint man destomehr Recht zu haben, da das C vor ö von rechtswegen, wie vor Cepheus und Cölius, klingen sollte; welches aber nicht gewöhnlich ist: so daß dergestalt die Aussprache selbst ein K erfordert. Indessen wollte ich doch nicht rathen, solches auf alle Fälle zu erstrecken: und setze


die XII Regel:


Lateinischen Namen und Wörtern, die im Deutschen vorkommen, lasse man ihr ursprüngliches C; außer in denen wenigen, wo das K schon eingeführet worden16.


16 §. Doch selbst im Deutschen giebt es Zweifel, wo man das K setzen soll, oder nicht. Es giebt Wörter, die unstreitig deutsches Ursprunges sind, und doch durch einen Misbrauch mit einem C, ch oder qu geschrieben werden: dahin rechne ich die Namen, Carl, Cöthen, Churfürst, Cabinet, Laquay, Cubach; da sie doch Karl, Köthen, Kuhrfürst, Kabinet, Lackey, Kuhbach, heißen sollten. Denn Karl ist unstreitig das Wort Kerl, welches vormals nichts gemeines, sondern einen tapfern Mann angezeiget hat; auch in alten geschriebenen und gedruckten Büchern mit seinem K vorkömmt. S. Schilters THESAURUM. Kuhrfürst, kömmt von Kühren, oder Wählen, wovon die Willkühr, erkohren, erkiesen, stammen; ist auch vor ein Paar hundert Jahren diesem Ursprunge gemäß geschrieben worden. Köthen kömmt von Salzkothen, oder Kathen, und klingt auch in der Aussprache keinem C gleich. Kabinet hieß im alten[134] Deutschen eine Kemnate, d.i. ein steinernes gemauertes Zimmer, von dem obigen pohlnischen Worte Kamien, ein Stein, davon auch Camenz, Camin, und Camieniecz kommen. Siehe das Heldenbuch. Lackey aber kömmt von läcken, d.i. laufen, hüpfen; wie dort steht: Die Lahmen werden läcken, wie ein Hirsch17. Es sey also von diesen


die XIII Regel:


Wörter von deutschem Ursprunge sollen mit einem K, und nicht mit einem C geschrieben werden18.


17 §. Endlich sind einige im vorigen Jahrhunderte so weit gegangen, daß sie das Q aus unserer Sprache abschaffen, und selbiges allemal durch ein K haben ersetzen wollen. Sie schrieben also anstatt Qual, Quelle, Querfurt, Quirl, quit, Quitten, gequollen: Kwahl, Kwelle, Kwerfurt, Kwirl, kwit, Kwitten, gekwollen etc. So häßlich nun eine solche Neuerung in die Augen fällt: so ungegründet ist sie auch. Denn wo steht es geschrieben, daß das Q nicht[135] eben sowohl ein deutscher, als ein lateinischer Buchstab sey; da es in unzähligen ursprünglichen deutschen Wörtern Platz findet19? Dieser Seltsamkeit also, die auch unlängst wieder erneuert worden, zu steuren sey


die XIV Regel:


Das Qu bleibt in allen deutschen und lateinischen Wörtern, in welchen es bisher gebrauchet worden; soll aber nicht in Qv verwandelt werden.


18 §. Da eine gewisse Landschaft, die keine geringe Verdienste um die deutsche Sprache hat, aber an den östl. Gränzen[136] von Deutschland liegt, ihrer besonderen Mundart nach, gewisse Mitlauter theils verdoppelt; theils aus gelinden in harte verwandelt: so muß man hier derselben auch begegnen. Sie spricht und schreibt z.E. Gutt, Mutt, Blutt, Gütter, Gemütter, verterben, Prister u.d.gl.20. Weil aber dieses, in der weit allgemeinern obersächsischen Mundart, der Aussprache zuwider läuft; darinnen man Gut, Blut, Muth, Güter, Gemüther, verderben, der Priester, etc. spricht und schreibt: so muß man sich dadurch nicht irre machen lassen, daß einige sonst berühmte Poeten also geschrieben haben. Und es ist


die XV Regel:


Man muß sich durch das Beyspiel einzelner berühmter Schriftsteller niemals verführen lassen, gewisse sonderbare Dinge nachzumachen, die keinen andern Grund, als die besondere Mundart einer abgelegenen Provinz, oder einer besondern Meynung für sich haben.


Fußnoten

1 Man hat mir hier den Einwurf gemachet, ob es nicht besser wäre, die Selbstlauter in harte und weiche einzutheilen? Bey den Mitlautern geht dieses wohl an, und ist gewöhnlich: aber bey den Selbstlautern kann man sich keinen Begriff von der Härte und Weichigkeit machen; indem sie beyde ganz gelinde aus dem Munde fahren, und nur in der Dauer des Tones unterschieden sind. Die Exempel, die man angiebt, passen auch nicht. In behend sind eben sowohl, als in Menschen, beyde e kurz, obgleich das eine wegen der Mitlauter, die mit ihm eine Syllbe machen, den Accent in der letzten; das andere aber in der ersten Syllbe kriegt. In Weh, mehr, Klee, See, Schnee, Panacee, ist das e ein langes e.


2 Wem es bekannt ist, daß auch die griechische Sprache kurze Doppellaute hat, den wird solches im Deutschen nicht Wunder nehmen.


3 Grüwel, der doch sonst in seiner Rechtschreibung viel Gutes lehret, will, man solle das ch auch nach kurzen Selbstlautern verdoppeln.Z.E. Der Spruchch, gesprochchen, sprechchen: gleichwohl schreibt er sprich, mit einem einfachen ch; da es doch eben so kurz lautet. Nach dieser Regel wurde man auch machchen, lachchen, schreiben müssen. Allein, wer sieht nicht, daß ch schon ein doppelter Mitlauter ist, der den vorigen Selbstlaut kurz machen kann; ob es gleich auch Wörter giebt, wo ein langer vorher geht; z.E. sieche, rauchen, Leiche, Seuche, brachen, Sprache, Buche, suchen, fluchen etc. wo das ch ganz zur letzten Syllbe gehöret.


4 Hier müssen aber die Wörter ausgenommen werden, die vor dem pf, noch einen andern Mitlauter haben, als Krampfen, dämpfen, impfen, rümpfen, Sümpfen: denn hier laßt man billig den ersten Mitlauter bey der ersten, die beyden andern aber bey der folgenden Syllbe beysammen. Ich weis zwar, daß einige andere Sprachlehrer alle doppelte Buchstaben bey der ersten Syllbe lassen wollen; weil dadurch der kurze Ton des Selbstlautes desto besser bestimmet würde. Man soll also nach ihrer Meynung schreiben und buchstabiren fass-en, komm-en, brenn-en, Mann-es, Vätt-er, Nonn-e, Rott-e, Butt-e, Buß-e, Füß-e. Was das nun für eine Buchstabirerey werden würde, sieht ein jeder von sich selbst. Allein, zum Überflusse will ich folgendes anführen. 1) Würde diese Regel auch mit sich bringen, daß man alle Mitlauter zur vorhergehenden Syllbe ziehen müsse, z.E. Rasp-eln, Mensch-en, werf-en, Pferd-e, Schust-er, Schläg-el, u.d.m. Denn es ist gar kein Unterschied. 2) Würde solches offenbar wider die Aussprache laufen; da wir ausdrücklich die letzten Mitlauter zur folgenden Syllbe zu ziehen pflegen; als: schla-gen, neh-men, rei-ßen, bren-nen, zer-ren, has-sen, ret-ten u.s.w. 3) Endlich zeiget uns das Beyspiel alter und neuer Sprachen, wie man es darinn zu halten habe. Weit gefehlet, daß Griechen und Römer alle doppelte Mitlauter zur vorhergehenden Syllbe ziehen sollten; so schlagen sie gar zween verschiedene, womit nur immermehr eine Syllbe anfangen kann, zur folgenden; als BL, TR, PR, PT, PHR, Φρ, κρ, κλ u.d.m. In ATTALUS aber, ASSER, CALLUS, PORRO, SCOMMA, γραμμα, ἀττικη, ἀρρηθον u.s.w. ist keinem in den Sinn gekommen, anders, als mit einer Trennung, zu buchstabiren.


5 Hiervon scheinen gleichwohl aus, in und hin eine Ausnahme zu machen, welche allemal mit einem s oder n geschrieben werden, ob sie gleich auch eine Verlängerung leiden; in außen, draußen, innen, drinnen, von hinnen. Vor kann zwar auch wachsen in voriger: behält aber doch wegen des langen o nur einen Selbstlaut am Ende. Eben so ist es mit den und der, in denen und derer. Mitte für mit, zu sagen, ist falsch.


6 Diejenigen, die allen doppelten Buchstaben gramm sind, mögen es einmal mit diesen Wörtern versuchen, ob sie das Herz haben, auch Schlüse, Flüse, Mäner, Brunen, Lämer, Stäme, reisen, (für RAPERE) weiser, (für CANDIDIOR) heiser, (für wärmer) zu schreiben? und ob man hernach, durch solche Schreibart die wahre Aussprache und Bedeutung finden wird? Eben das will ich denen zu bedenken geben, die lieber gros, ein groser, als großer; lieber anmasen, als anmaaßen, ja wohl gar Mas für Maaß schreiben: weil ihre Zunge nicht zart, und ihr Gehör nicht scharf genug ist, ein doppeltes s nach einem langen Selbstlauter zu hören. Das höret aber ein gutes Ohr, wenn rasen und spaßen, blasen und Straßen, reisen und reißen, weisen und weißen, losen und stoßen, Hosen und großen, gleich hintereinander gesprochen werden. Nun muß ja die Schrift, nach der ersten Grundregel aller Rechtschreibung, eine treue Bewahrerinn der Aussprache, und zwar so viel möglich, der zärtesten und besten seyn. Wie will man uns denn nun in solchen Wörtern das doppelte s, oder ß abgewöhnen, ohne welches wir der Aussprache keine Genüge thun können? Will man es aber nicht, als ein ß, ganz zur folgenden Syllbe rechnen; gut, so theile man es, als ein ss, und schreibe Stos-sen, wie Rossen, verdrossen: so wird sichs abermal zeigen, daß das o kurz klingt; und die gute Aussprache des Wortes, das ein langes gezogenes o (ω) fordert, nicht erhalten wird. Denn stoßen klingt gewiß ganz anders, als Rossen und Rosen.


7 Viele doppelte Mitlauter scheinen nur von unwissenden Schreibmeistern herzukommen, die ein zierliches ss oder ß, ein ff, ein tz und ck, für eine besondere Schönheit einer guten Hand gehalten, und es also bey aller Gelegenheit angebracht haben. Daher kömmt es, daß viele wackere und sprachliebende Männer sichs nicht abgewöhnen können, Graffen, schlaffen, straffen zu schreiben; ob sie gleich wohl einsehen, daß die langen Selbstlauter keine Verdoppelung begehren; und der Schlaf ganz anders, als schlaff, die Strafe anders, als der straffe, die Schafe anders, als schaffe mir, klingen müssen. In alten deutschen Handschriften findet man diese Verdoppelungen selten.


8 Ein gelehrter Schlesier machet mir hier die Frage: ob man nicht auch nach einem langen Vocale einen doppelten Mitlauter setzen könne? und giebt die Wörter, Fluß, Schluß, zu Beyspielen an. Ich gebe es zu, daß hier das ß nöthig ist: aber nach meißnischer Mundart, die durch den besten Theil Deutschlandes geht, ist das u in diesen Wörtern kurz; obgleich die Herren Schlesier es sehr lang sprechen. Man sieht auch aus der Verlängerung der Wörter, Schlusses, Flusses, daß sie scharf und kurz bleiben. Ja so gar in der mehrern Zahl werden Schlüsse, Flüsse, nicht anders, als müsse gehöret. Indessen sprechen die Obersachsen, oder doch die Meißner, in Gruß, Fuß, das u ebenfalls lang aus: ob sie recht daran, thun, will ich nicht sagen. Imgleichen spricht man hier Stufen, rufen, lang, und schreibt es also billig nur mit einem f; ungeachtet andere es verdoppeln und kurz sprechen. Bey groß, Stoß, indessen, ist es durch eine allgemeine Übereinstimmung wahr, daß man ein lang o vor dem ß höret, gleichsam als grooß, Stooß.


9 Das tz ist eigentlich aus dem cz der Alten entstanden, welches sie darum schrieben, weil sie das z -viel gelinder, als wir, etwa wie ein sanftes s aussprachen: wie auch die Pohlen und Franzosen noch diese Stunde thun. Daz, waz, hieß bey ihnen das, was, u.d.m. Wenn sie nun den scharfen Ton des heutigen z nöthig hatten, setzten sie ein c vor, und schrieben z.E. Schacz, wie auch die Pohlen noch in vielen Wörtern thun, als in Choczim. Nachmals aber sah theils das geschriebene Fractur t, in der Mönchschrift, dem c so ähnlic, daß es leicht verwechselt ward: und theils that dieses t vor dem s eben den Dienst; indem das z aus t und s, wenigstens im Griechischen, entstanden seyn soll. Und daraus entstund also das tz. Wir aber, die wir das z schon so scharf, als Griechen, Römer und Wälsche sprechen, können doch bey der nöthigen Verdoppelung dieses Tones, die alte Art beybehalten. Mit dem ck hat es auch vollends keine Schwierigkeit, da das c eigentlich das k der Lateiner ist, und wir dieses ck einmal gewohnt worden; das kk aber vielen Wörtern ein recht lächerliches Ansehen giebt. S. den III Anhang am Ende.


10 Man kann sich davon noch mehr durch die Exempel und durch den Augenschein überzeugen. Welches Auge stößt sich nicht daran, wenn mancher schreibt: Die Wal ist ser übel geraten; Die Gefar ist nicht mer zu vermeiden: Du wirst mit deiner Lere sehr kal bestehen: Diesen Feler wird man notwendig übel nemen: Die Zal derer, die ihren Wonplatz verlassen u.d.m. Will man nun gleich sagen, das käme nur von der Gewohnheit her, und könne zu keiner Richtschnur dienen: so dienet doch zur Antwort: in Sprachen sey die Gewohnheit oftmals ein Tyrann, dem man folgen müsse. Horaz saget:


SI VOLET USUS,

QUEM PENES ARBITRIUM EST; ET VIS ET NORMA LOQUENDI.


Hier ruft mir ein gelehrter Sprachkenner zu:


HIC ANIMIS OPUS, AENEA, EST, HIC PECTORE FIRMO!


und will mich bereden, mich auf den zerbrechlichen Rohrstab des Gebrauches, wie er spricht, nicht zu verlassen. Allein, die in diesem Falle mir schuldgegebene gar zu große Bescheidenheit wird mir vieleicht von mehrern für eine Tugend, als für ein Laster ausgeleget werden. Ich darf zu meiner Rechtfertigung den Hrn. Verfasser, als einen gelehrten Mann, nur auf den Quintilian verweisen, der dem Gebrauche im Lateine, wo nicht mehr, doch gewiß eben so viel eingeräumet hat. Kühner mag ich nicht seyn, einer ganzen Nation zu widersprechen. Wenigen Neuerungsbegierigen zu folgen, das würde mich und die Sprache lächerlich machen. Wer mehr Herz hat, der versuche sein Heil!


11 Z.E. Dem sel. Rathe Jablonsky zu Berlin, der eine kleine Rechtschreibung, gleichsam im Namen der Königl. Societät der Wissenschaften zu Berlin, deren Secretär er war, ans Licht gestellet: vieler andern zu geschweigen. Allein, da ihre Regel aus einer falschen Voraussetzung entstanden, so kann sie auch nichts gelten. Ich theile hier aber die Fälle ein, wo das h zum t und nicht zum Selbstlauter gehöret. Die fremden Wörter gehen vor; die andern folgen.


12 Die Schwierigkeit ist hier diese, daß nicht alle Hochdeutschen das alte Deutsche, Engländische, und Plattdeutsche können. Allein, hierauf dienet zur Antwort: daß sie alle nur der Gewohnheit derer folgen dörfen, die solches können; oder der gemeinen Rechtschreibung nachgehen sollen, ohne sich eine Änderung einfallen zu lassen. Ein jeder Liebhaber schicket sich nicht zur Verbesserung der Rechtschreibung: weil er nicht alle nöthige Geschicklichkeit dazu hat. Wie viel eigenmächtige Orthographisten schließt diese Anmerkung nicht aus!


13 Z.E. Da die Römer bey den meisten griechischen Namen und Wörtern, das θ durch TH ausgedrücket haben: so ist es in DEUS von Θεος nicht geschehen; in ANTLARE, von αθλος, auch nicht, und so in mehrern nicht. Aus dem η in μητερ und Λητω, haben sie ein A in MATER und LATONA gemachet; aus dem in γη aber, in GEOGRAPHIA nicht. Aus dem ODYSSEUS der Griechen ist Ulysses geworden: anderwärts aber ist das ω ein o geblieben. In ANIMIS, haben sie aus ἀνεμος, das ε in I verwandelt; anderwärts ist es ein E geblieben. Aus ει machen sie zuweilen ein E, zuweilen ein I, wie den Liebhabern des Griechischen zur Genüge bekannt ist, und allenfalls aus Heraklea und Posidonius erhellen kann: unzähliger andern zu geschweigen. Wer will also begehren, daß unsere Sprache gar keine Ausnahmen und Abweichungen von der Regel haben soll? Thurnier soll nach einigen von TORNEO, TOURNOIS, TUR NAMENT kommen, und also kein h haben: allein, haben denn nicht alle südliche Völker die Thurniere von den Deutschen bekommen?


14 Man wendet hier abermal ein: Man könne es unmöglich von allen Deutschen fordern, daß sie hebräisch und griechisch können sollen, um die Wörter recht zu schreiben. Die Sache ist richtig, und das Unmögliche begehret man nicht. Aber können denn die Gelehrten nicht etwas davon? Von diesen kann man es also fordern: und die übrigen dörfen nur ihrem Exempel folgen, ohne sich auf die Ursache einzulassen. So haben bisher alle, die Kirche, Thüre, Thiere, Rhein u.d.gl. geschrieben, ob sie gleich nicht gewußt, daß diese Wörter von Κυριακη, θυρα, θηριον, ῥεω, herkommen.


15 Wem es hier nicht beliebet, der Gewohnheit nachzugeben; sondern durchaus allgemeinen Regeln, ohne Ausnahme, folgen will, der versuche immerhin sein Heil! Ich will ihm den Beyfall nicht beneiden, den er mit einem solchen Eigensinne erlangen wird. Wider den Strom zu schwimmen, das ist noch niemanden sonderlich gelungen. VESTIGIA ME TERRENT!


16 Ich sehe, daß auch einige so weit gehen, daß sie folgende Wörter mit einem K schreiben, ein Kandidat, Kantor, Konfusion, Korrespondent, Kruzifix, Kollege, Kom pliment, Koncept, Kondition, Konrector, Konsistorium, Kommercium u.d.m. Allein, wie seltsam dieses abermal in die Augen falle, und wie lächerlich eine Schrift dadurch werde, das brauche ich nicht zu erinnern. Es ist also am besten, daß man es bey der 12ten Regel bewenden läßt; und dergestalt die Mittelstraße geht. S. den III Anhang.


17 Weil ich bemerke, daß viele hieran zweifeln: so will ich zur Bestätigung, sie noch des Sprüchwortes erinnern, CONTRA STIMULUM NE CALCITRES! Es ist schwer, wider den Stachel läcken. Hier heißt CALCITRARE gewiß nicht LAMBERE, lecken, sondern hinten ausschlagen, oder auch vorwärts dagegen springen: welches offenbar den Begriff des Laufens und Hüpfens bey sich führet. Eben so spricht man: ein junger Lecker, von einem jungen muthigen Menschen. Was hier das lecken zu thun habe, wird schwerlich jemand zeigen. Aber wenn läcken springen heißt: so ist ein junger Läcker so viel, als ein junger Springer.


18 Ohne Zweifel gehöret unter die Zahl dieser Wörter auch eine gute Anzahl deutscher Namen, die bisher mit einem C geschrieben worden, als Coburg, Colberg, Cörlin, Cöslin, u.d.m. die man billig mit einem K hätte schreiben sollen. Nur Co blenz, Costnitz und Culm, weil jenes von CONFLUENTIA, das von CONSTANTIA, wie dieses von CULMEN kömmt, könnten ihr C behalten; wofern die Abweichung von dem Ursprunge nicht schon groß genug ist, um ihnen ein ganz deutsches Ansehen zu gönnen.


19 Dieser Buchstab ist im Deutschen so alt, daß ihn auch die Ostgothen schon in ihrem Alphabethe gehabt, womit Ulfila sein N. Test, geschrieben hat. Sie zeichneten ihn ⊙, und dieses Zeichen kömmt sowohl dem natürlichen Alphabethe, welches der gel. Hr. Wachter in seiner PALÆOGRAPHIA, zu den GUTTURALIBUS überhaupt sehr sinnreich angegeben, Ϟ, als mit dem lateinischen Q sehr nahe überein. Nur hat das gothische ⊙ dieses an sich, daß es kein u neben sich haben dorfte, wie das lateinische und heutige: und doch so ausgesprochen ward, als ob es dabey stünde. Ja in vielen Wörtern verlor sich bisweilen, des Wohlklanges wegen, das q, so daß nur das u oder v gehöret wurde. So findet sich in Stiernhielms Ausgabe des goth. Evang. Marci 9, im 42 Verse, Asilu Quairnus, eine Eselsmühle; davon unser Quirl, oder eine Handmühle noch kömmt: in Fr. Junii Ausgabe aber steht nur Asilu vairnus, wie auch die neueste Ausgabe desselben zeiget, die Benzel und Lye in London 1750 herausgegeben. Und eben so sind diese beyden Ausgaben in andern Fällen mehr unterschieden. Wer nun von beyden der Urschrift genauer gefolget sey, lasse ich dahin gestellet seyn. Die Angelsachsen haben ihr q durch cu oder cv ausgedrücket; wie man u.a. aus Eduard Thwaites HEPTATEUCHO sehen kann, der zu Oxford 1698 in THEATRO SCHELDON. gedrucket worden. Z.E. Im I B. Mos. im I heißt: Gott sprach; GOD CVÆTH, welches die Gothen und Franken mit qu schreiben quath. Die alten Franken aber, wie aus dem Ottfried und dem Übersetzer Tatians erhellet, behielten die lateinische Figur des q durchgehends in unzähligen Wörtern, QUAD, sprach, QUAM: (d.i. kam) QUICK lebendig, davon erquicken, und Quecksilber, ARGENTUM VIVUM. u.d.m.


20 In einer gewissen gelehrten Zeitung hat man sich eingebildet, hier habe man von einer mittäglichen Provinz Deutschlandes geredet, die doch nicht so spräche; sondern vielmehr Guot, Muot, Bluot, hören ließe. Allein, wer nur ein wenig die deutschen Mundarten kennet, der wird leicht sehen, daß hier von einer östlichen Landschaft Deutschlandes die Rede sey, nämlich von Schlesien; deren Verdienste um das Deutsche unstreitig viel größer sind, als aller an Wälschland stoßenden Provinzen. Der Doppellaut uo klingt auch in deutschen Ohren so barbarisch, daß es entweder Lachen, oder Mitleiden bey uns erwecket. Und was wird also erst von denen Sonderlingen zu sagen seyn, die nicht einmal die Aussprache einer ganzen Landschaft auf ihrer Seite haben? Gewiß, solche Grillenfänger verdienen keine Aufmerksamkeit, sondern müssen mit ihren Einfällen in die platonische Republik verwiesen werden; wo man sich eine neue Sprache und Rechtschreibung zu erdenken, berechtiget ist. In unserer Welt kann man die Sprache zwar bessern, aber nicht von Grunde aus umkehren. Unser vornehmster Sprachlehrer ist, wie Horaz saget:


USUS,

QUEM PENES ARBITRIUM EST, ET JUS ET NORMA LOQUENDI.[137]


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. 12 Bände, Band 8, Berlin und New York 1968–1987, S. 121-138.
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