Das XII Hauptstück.
Von den Kern- und Gleichnißreden, imgleichen den Sprüchwörtern der deutschen Sprache.

[606] 1 §.


Durch diese Kern- und Gleichnißreden verstehe ich zum Theile die so genannten IDIOTISMOS, oder die unserer Sprache allein zuständigen Redensarten, die sich in keine andere Sprache von Wort zu Wort übersetzen lassen. Daß unsere Sprache dergleichen Ausdrücke habe, das fällt einem jeden in die Augen, der etwas Deutsches entweder übersetzen, oder aus andern Sprachen etwas ins Deutsche bringen will. Z.E. sich mit etwas breit machen, sich auf etwas viel einbilden; einem in den Ohren liegen; einem den Rang ablaufen, u.d.gl.m. In solchen Redensarten nun besteht aller Sprachen wahre Stärke; und wer sich ihrer geschickt und am gehörigen Orte zu bedienen weis, der zeiget sich als einen Meister in denselben1.

2 §. Hergegen, wer eine Sprache nur so schreibt, daß sie sich von Wort zu Wort in eine andere übersetzen läßt, der hat[606] gewiß ihren rechten Kern noch nicht geschmecket. Drücket er aber die Kernreden einer andern Sprache in der seinen, oder dieser ihre in einer andern, ganz genau aus; so schreibt er elend und schülerhaft, ja barbarisch. Im Lateine nennet man das Küchenlatein, und giebt die EPISTOLAS OBSCURORUM VIRORUM, als Nachahmungen des vormaligen barbarischen Mönchslateins, zum Muster an. Hier muß man nun sonderlich junge Übersetzer warnen, sich nicht durch die eingebildete Schönheit des Französischen, Englischen und Lateinischen, dahin verleiten zu lassen, daß sie die Kernausdrücke dieser Sprachen im Deutschen sclavisch nachäffen wollten: als worinn es bereits mehrere bey uns versehen haben, als uns lieb ist2.

3 §. Man darf auch nicht sagen: dergestalt könne man unsere Sprache bereichern. Denn dergleichen erbettelte Lappen fremder Sprachen würden in der unsrigen einen schlechten Putz abgeben. Wer würde nicht lachen, wenn ich das französische, SE FAIRE DU JOUR, sich Tag machen; das IL EST DU METIER, er ist vom Handwerke; TUËR LE TEMS, die Zeit tödten; VOIR DU MONDE, Welt sehen; AVOIR DU MONDE, Welt haben; oder PROMENER SES YEUX SUR LES CHAMPS, seine Augen über das Feld spazieren schicken, geben wollte? Die englischen Ausdrücke klingen noch wunderlicher, und wenn es auch nur in der Wortfügung wäre. Man muß also in allen solchen Fällen kerndeutsche Redensarten brauchen, die nach keiner fremden Luft riechen3.[607]

4 §. Man bemerket aber, daß die deutsche Sprache unter diesen ihr eigenen Kernreden, einen sehr großen Vorrath von Gleichnißreden hat: die gewiß einen großen Witz der Nation verrathen. Ihr Reichthum darinnen ist fast unaussprechlich; wenigstens viel größer, als viele sich einbilden. Und dadurch entsteht im Reden und Schreiben ein Nachdruck, den Ausländer bewundern, und in ihren Sprachen unmöglich erreichen können. Nun ist es zwar gewiß, daß viele darunter etwas niedrig klingen, und außer dem gemeinen Leben, in edlen Schriften, als in der Beredsamkeit und Dichtkunst, nicht statt finden. Allein, eine gute Urtheilskraft weis ihnen schon, dem Gebrauche nach, ihren Platz anzuweisen: und in dieser Absicht, will ich folgende, als eine Probe mittheilen, die sich ein jeder nach Belieben wird vermehren können. Ein Ausländer, der diese Redensarten versteht, und recht brauchen kann, der kann versichert seyn, daß er recht Deutsch verstehe.

5 §. Was ich nun von diesen Kernwörtern und Gleichnißreden gesaget habe, das gilt auch von Sprichwörtern. Erasmus, und viele andere haben die griechischen und lateinischen ADAGIA gesammlet: und auch im Deutschen haben wir vom Agricola, Eyring, Zinkgräf, und vielen andern solche Sammlungen aufzuweisen. Darinn zeiget sich nun die Weisheit und moralische Klugheit eines Volkes; wie in den Sprüchen Salomons die Weisheit der Hebräer. Es ist also wohl der[608] Mühe werth, daß man sich die besten und gewöhnlichsten davon bekannt mache, und die rechte Art sie zu schreiben und auszusprechen fasse. Zu dem Ende habe ich einen Auszug aus jenen größern Werken gemachet, um Ausländern, die deutsch lernen wollen, sie gleich mit der Sprachkunst bekannt zu machen. Doch auch Einheimische werden sie nicht ohne Vergnügen lesen.


Sammlung einiger Kern- und Gleichnißreden der deutschen Sprache.4

A.


Einen abführen.

einem was auf den Ärmel binden oder heften.

einem etwas weiß machen.

Affen feil haben.

Affen zu Markte schicken.

einen anschlägigen Kopf haben.

einem aus den Augen geschnitten seyn.

einem etwas an den Augen ansehen.

einem das Weiße in den Augen sehen.

einem nicht die Augen im Kopfe gönnen.

einem ein Dorn im Auge seyn.

einem Sand in die Augen werfen.

einem aus den Augen gehen.

seine Augen woran weiden.


B.


Einem ein Bad zurichten.

das Bad austragen.

das Kind mit dem Bad verschüetten.

lügen, daß sich die Balken biegen.

von der Bank gefallen seyn.

einen zur Bank hauen.

eine Banke machen.

auf die Schlachtbank liefern.

einen Bären anbinden.

sich um des Kaisers Bart streiten.

nicht wissen, wo Barthel Most holet.

weder zu beißen noch zu brechen haben.

bey jemanden hoch am Brete seyn.

einen Stein bey jemanden im Brete haben.

vors heiße Bret kommen.

das Bret bohren, wo es am dünnsten ist.

einem auf einem Brete bezahlen.

einem ein Bein unterschlagen.

einem Beine machen.

mit einem anbinden.

[609] kurz angebunden seyn.

einem auf den Bränden liegen.

einem was braten.

durch die Brille sehen.

es brennet ihm auf der Seele.

einem die Brücke treten.

in einer Sache beschlagen seyn.

einen zum Besten haben.

einem den Beutel fegen.

in einer Sache bewandert seyn.

einen mit Blindheit schlagen.

den Bock zum Gärtner setzen.

die Kunst geht nach Brodte.

Kinder womit zu Bette jagen.

die Hoffhung fällt in den Brunnen.

in die Büchse blasen.

Bley für Gold verkaufen.

kein Blatt vors Maul nehmen.

es tauget weder zu sieden, noch zu braten.

auf der Bärenhaut liegen.

sich breit machen.


C.


Calender machen.

einen clystiren.

einen in der Cur haben.


D.


Ein gläsern Dach haben.

einem auf dem Dache sitzen.

einem den Daumen aufs Auge setzen.

einem den Dampf anthun.

den Daumen halten.

unter einer Decke liegen.

mit einem deutsch reden.

einem auf den Dienst lauren.

einem den Dienst aufsagen.

einen zum Diebe machen.

dreyhärig seyn.

einen blauen Dunst machen.


E.


Bunt über Ecke gehen.

das Eisen schmieden, dieweil es warm ist.

das Eis brechen.

wie auf Erbsen gehen.

Erbsen in den Ohren haben.


F.


Es ist nicht aus dem rechten Fache.

bey jemanden etwas im Fasse haben.

einem eine Falle bauen.

etwas vor den Fäusten haben.

einem die Feigen weisen.

einem das Fell gerben.

einem das Fell über die Ohren ziehen.

einem auf die Finger klopfen.

einen mit Fingern weisen.

etwas an den Fingern herzählen.

der Sache eine Farbe anstreichen.

fliegen, ehe die Federn gewachsen sind.

viel Federlesens machen.

sich mit Feigenblättern bedecken.

aus hohen Fenstern sehen.

Fersengeld geben.

Ferkel machen.

um die Fichte führen.

lange Finger haben.

sich die Finger verbrennen.

einem auf die Finger sehen.

einem durch die Finger sehen.

einen ausfilzen.

den rechten Fleck treffen.

Flöhe husten hören.

einem einen Floh in die Ohren setzen.

Fliegen fangen.

sich die Flügel verbrennen.

einem die Flügel beschneiden.

einen auf die Folter spannen.

[610] einen unter der Fuchtel halten.

nicht fünf zählen können.

Fünf gerade seyn lassen.

die Sache steht auf lahmen Füßen.


G.


Die Galle läuft ihm über.

einer Sache das Garaus machen.

es ist nicht gesalzen, nicht geschmal-zen.

Das hat sich gewaschen.

einem gewachsen seyn.

nicht wissen, wo die Glocken hängen.

Glossen machen.

in seinen Gränzen bleiben.

mit einem Fuße im Grabe gehen.

Gras wachsen hören.

Grillen fangen.

grün und gelb vor den Augen werden.

Grütze im Kopfe haben.

auf den Grund gehen.


H.


Der Haber sticht ihn.

einem auf die Hacken treten.

das Ding hat einen Haken.

Hällerarm, thalerreich.

das bricht ihm den Hals.

die Sache hat nicht Hand, nicht Fuß, oder Hände und Füße.

Haare auf den Zähnen haben.

einem auf den Haspel passen.

einen auf den Händen tragen.

auf seine eigene Hand etwas thun.

die Hand worüber halten.

nichts in der Hand haben.

lange Hände haben.

einen auf das Haupt schlagen.

einen nach Hause führen.

seine Haut theuer verkaufen.

seine Haut zu Markte bringen.

einen bis aufs Hemde ausziehen.

einen heimleuchten.

einem ans Herz greifen.

zu hoch hinaus wollen.

sie trägt die Hosen.

die Hörner ablaufen.

etwas auf die Hörner nehmen.

einem das Seil um die Hörner legen.

mit einem in ein Horn blasen.

ein Hufeisen verlieren.

mit einem ein Hühnchen pflücken.

Hunde führen.

er geht wie ein begossener Hund.

einen Hund aus dem Ofen locken.

Hundehaare drein hacken.

eine Hurenstirn haben.


K.


Dem Kalbe in die Augen schlagen.

dem Kalbfelle folgen.

zu tief in die Kanne gucken.

mit einem in einem Karren ziehen.

die Sache karten.

wie die Katze um den Brey gehen.

Er hat weder Kind, noch Rind.

Kleinlaut werden.

bey der Klinge fechten.

über die Klinge springen.

das Ding hat einen Knoten.

einem den Knoten auflösen.

einem die Kolbe lausen.

wie du kömmst, so gehst du.

einem auf den Kopf bezahlen.

einem den Kopf waschen.

sich auf den Kopf setzen.

sich etwas in den Kopf setzen.

mit dem Kopfe durch die Wand laufen wollen.

auf seinem Kopfe bestehen.

einen Kopf für sich haben.

einen offnen Kopf haben.

[611] einem im Kopfe stecken.

den Korb geben.

den Korb kriegen.

durch den Korb fallen.

mit Körben handeln.

sich den Korb holen.

einem ein Körbchen flechten.

Hahn im Korbe seyn.

er menget es wie Kraut und Rüben.

den Krebsgang gehen.

mit doppelter Kreide anschreiben.

bey einem in der Kreide stehen.

wer das Kreuz hat, segnet sich zu erst.

sein Kreuz tragen.

zu Kreuze kriechen.

am Kreuze stehen.

etwas im Kropfe haben.

den Kropf voll haben.

auf Krücken gehen.

sich krümmen und bücken.

krumm gerade seyn lassen.

krumm gerade machen.

aus der Krümme in die Beuge bringen.

krumme Gänge gehen.

den Kürzern ziehen.

einem den Kützel vertreiben.


L.


Einen in ein Labyrinth führen.

mit der Latte laufen.

einem eine Lauge zubereiten.

einem eine Laus in Pelz setzen.

die Laus um den Balg schinden.

einem ein Licht anzünden.

einem das Licht ausblasen.

einen hinters Licht führen.

einem das Licht halten.

auf dem letzten Loche blasen.

zu Loche kriegen.

Schlösser in die Luft bauen.

lügen, wie gedruckt.


M.


Einem den Magen füllen.

etwas an den Mann bringen.

seinen Mann finden.

an den unrechten Mann kommen.

den Mantel nach dem Winde drehen.

etwas bemänteln.

etwas ausmärzen.

einem das Maul wäßricht machen.

einem das Maul stopfen.

einem ums Maul gehen.

lange Messer tragen.

Mücken säugen.

einen mit gleicher Münze bezahlen.


N.


Einem den Nacken beugen.

etwas an den Nagel henken.

einen zum Narren haben.

am Narrenseile ziehen.

einem eine Nase drehen.

einen bey der Nase herum führen.

gleich der Nase gehen.

eine dünne Nase haben.

einem auf die Nath fühlen.

die Sache ist auf der Neige.

es geht bey ihm auf die Neige.

die Noth geht an den Mann.


O.


Die Ochsen hintern Pflug spannen.

mit ungleich Ochsen pflügen.

hinterm Ofen sitzen.

hinterm Ofen stecken.

einem was ins Ohr setzen.

einem in den Ohren liegen.

sich etwas hinters Ohr schreiben.

er hat es hinter den Ohren.

er hat dünne Ohren.

er ist noch nicht hintern Ohren trocken.

[612] einem das Ohr leihen.

verstopfte Ohren haben.

er hat keine Ohren.

ein Stein vor ihren Ohren.

das Ding am rechten Orte angreifen.


P.


Einem den Pelz ausklopfen.

den Pelz waschen, und ihn nicht naß machen.

am Pfahle stehen.

vom Pferde auf den Esel kommen.

auf einem fahlen Pferde betroffen werden.

Die Pferde hintern Wagen spannen.

einem ein Polster unterlegen.

einem den Puckel fegen.

einem auf den Puls fühlen.


R.


Das fünfte Rad am Wagen.

das Rauhe nach außen kehren.

einen mit Recht aufheben.

einen Schriftsteller reiten.

im Rohre sitzen und Pfeifen schneiden.

welke Rüben schaben.


S.


Umsatteln.

einen aus dem Sattel heben.

in alle Sättel gerecht seyn.

auf den Sand bauen.

einen in den Sattel heben.

mit der Sauglocke läuten.

seine Schafe aufs Trockne bringen.

mit einem Schatten fechten.

aus Scherz Ernst machen.

einen faulen Schinken haben.

er hat den Schnupfen.

über die Schnure hauen.

einem das Geschwür aufstechen.

mit dem Schwerte drein schlagen.

es thut ihm die Seele weh.

wenig Seide wobey spinnen.

sich setzen, (heurathen)

sich mit einem setzen, (vergleichen.)

in seinem Sode leben.

einen Sparren zu viel haben.

einem die Spitze biethen.

mit der Sprache nicht heraus wollen.

einem auf die Sprünge helfen.

einen schlimmen Stand haben.

einem die Stange halten.

aus dem Stegreife etwas thun,

auf Stelzen gehen.

nicht Stich halten.

auf der Mittelstraße bleiben.

einen auf der Streue halten.

einem den Stuhl vor die Thüre setzen.

sich zwischen zween Stühlen niedersetzen.


T.


Den Tag mit Mulden austragen.

aus dem Tage Nacht machen.

einem den Tanz versagen.

einem zum Tanze pfeifen.

nach jemands Pfeife tanzen.

einen tanzen lehren.

auf frischer That ertappen.

einem die Taschen lausen.

einem den Text lesen.

mit der Thüre ins Haus fallen.

einem die Thüre weisen.

zwischen Thür und Angel seyn.

aus dem Regen in die Traufe kommen.


W.


Einem nicht das Wasser reichen.

Wasser ins Meer tragen.

[613] eine Sache zu Wasser machen.

kein Wasser betrüben.

einem die Wege weisen.

einem etwas weiß machen.

am Wege bauen.

in ein Wespennest stören.

Wind machen.

mit Winde handeln.

vom Winde leben.

den Wolf sehen.

mit den Wölfen heulen.


Z.


Einem auf den Zahn fühlen.

mit langen Zähnen essen.

einem die Zähne weisen.

einen in den Zähnen halten.

einen im Zaume halten.

die Gelegenheit vom Zaune brechen.

aus der Zeche fallen.

die Zeche bezahlen.

einen zeichnen.

einen für eine Ziffer halten.

etwas bey allen vier Zipfeln ergreifen.

des Zieles verfehlen.

sich zum Ziele legen.

einem das Ziel verrücken.

einem den Zügel schießen lassen.

einem die Zunge lösen.[614]


Verzeichniß der gewöhnlichsten deutschen Sprüchwörter.

Adler fangen keine Fliegen.

Alle Freyer reich; alle Bettler arm.

Alle Morgen neue Sorgen.

Aller Tage Abend ist noch nicht gekommen.

Alles mit Bedacht.

Allzuscharf macht schärtig.

Altes Geld machet neuen Adel.

Alte Freunde soll man nicht verlassen.

Alte Kirchen, dunkele Fenster.

Alte Hennen geben fette Suppen.

Alte Liebe rostet nicht.

Alte Wunden bluten leicht.

Alte Fuhrleute hören gern klatschen.

Alter hilft für Thorheit nicht.

An der Hunde Hinken,

An der Huren Winken,

An der Krämer Schwören, Soll sich niemand kehren.

Anfang ist kein Meisterstück.

Angebothener Dienst stinkt.

An Gottes Segen ist alles gelegen.

An Riemen lernen die Hunde Leder käuen.

Arbeit ist für Armuth gut.

Arme Leute, kalte Küche.

Armuth lehret viel Künste.

Armuth thut weh.

Art läßt von Art nicht.

Auf der Neige ist nicht gut sparen.

Auf einen groben Ast gehöret ein grober Keil.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Auf halbem Wege ist gut umkehren.

Auf heiler Haut ist gut schlafen.

Aus den Augen, aus dem Sinne.

Aus fremder Haut ist gut Riemen schneiden.

Aus Kindern werden Leute.

Aus fremdem Beutel ist gut zehren.

Aus zweyen Übeln muß man das kleineste wählen.


B.


Bescheret bleibt unverwehret.

Bey den Lahmen lernet man hinken.

Bey den Wölfen muß man mit heulen.

Bey dem Trunke erkennet man den Narren.

Bey Nachte sind alle Katzen schwarz.

Bekümmere dich nicht um ungelegte Eyer.

Berg und Thal kommen nicht zusammen; aber gute Freunde wohl.

Besser Neider, als Mitleider.

Besser beneidet, als beklaget.

Besser arm mit Ehren, als reich mit Schanden.

Besser einäugig, als blind.

Besser etwas, als nichts.

[615] Besser ists bey Eulen sitzen, als mit Falken fliegen.

Besser ist ein kleiner Zorn, als ein großer Schaden.

Besser ein offenbarer Feind, als ein falscher Freund.

Besser ist ein Sperling in der Hand, als ein Kranich auf dem Dache.

Besser spät, als nie (gelernet.)

Besser spät, als nimmermehr.

Besser einen Arm, als den Hals gebrochen.

Besser ehrlich gestorben, als schändlich gelebet.

Bethe und arbeite.

Biedermanns Erb ist in allen Landen.

Bittet man den Bauren, so schwillt ihm der Muth.

Bittkauf, theurer Kauf.

Bleib daheim bey deiner Kuh, willst du haben Fried und Ruh.

Borgen machet Sorgen.

Böse Art verliert sich nicht.

Böse Augen sehen nichts gutes.

Böse Ältern machen fromme Kinder.

Böser Hund, zerrißnes Fell.

Böser Vogel, böses Ey.

Böses bleibt nicht ungestrafet.

Böses erfahrt man Zeit genug.

Böses Geld kö it immer wieder.

Böses lernet man bald.

Böses muß man mit Bösem vertreiben.

Den Bürgen soll man würgen.


D.


Das Ende trägt die Last.

Das Ey will klüger seyn, als die Henne.

Das Herz triegt nicht.

Das Fett will allezeit oben schwimmen.

Das Hemd ist mir näher, als der Rock.

Das ist ein böser Gast, der seinen Wirth vertreibt.

Das ist ein schlimmer Wirth, der nicht eine Zeche borget.

Das Kind muß man nicht mit dem Bade ausschütten.

Das Gut ist unverloren, was gute Freunde kriegen.

Dem geschenkten Gaule sieht man nicht ins Maul.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme.

Der am Wege bauet, hat viele Meister.

Der Fuchs läßt seine Tücke nicht.

Der Fuchs weis mehr ab ein Loch.

Der ist nicht Ehren werth, der sich der Schande rühmet.

Der Jugend Fleiß ist des Alters Ehre.

Der Katzen Scherz, der Mäuse Tod.

Der Mensch denket, Gott lenket.

Der Tod will eine Ursache haben.

Der Milde giebt sich reich, der Geizhals nimmt sich arm.

Der muß früh aufstehen, der es allen recht machen will.

Der Tod sieht ihm aus den Augen.

Der Verräther schläft nicht.

Der Tugend Lob stirbt nimmermehr.

Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.

Die Alten sind auch keine Narren gewesen.

Die Alten sind gut zu behalten.

Diebe meynen, es stehlen alle.

Die meisten Stimmen gelten.

[616] Die Nacht ist niemands Freund.

Die Worte sind gut: hast du Geld, so kriegst du Schuhe.

Dieser jaget das Wild, jener ißt den Braten.

Disteln tragen keine Trauben.

Drey Schüsseln giebt er leer, und in der vierten nichts.

Durch Wein und Weiber wird mancher bethöret.


E.


Ehre dem Ehre gebühret.

Ehre verlohren, alles verlohren.

Eigener Heerd ist Goldes werth.

Eigen Lob stinkt.

Eigennützig, keinem nützlich.

Ein böses Gewissen ist ein nagender Wurm.

Ein Ding ist, wie mans hält.

Eine Gans flog übern Rhein, eine Gans kam wieder heim.

Ein räudig Schaf stecket die ganze Heerde an.

Ein gutes Wort findet eine gute Statt.

Ein Keil treibt den andern.

Ein kurzes Lied ist bald gesungen.

Ein Lügner muß ein gut Gedächtniß haben.

Ein Mensch ist des andern Wolf.

Ein Narr kann mehr fragen, als sieben Weise antworten.

Ein willig Pferd muß man nicht übertreiben.

Ein Narr machet viel Narren.

Eine Schwalbe machet keinen Sommer.

Ein Schwert hält das andere in der Scheide.

Ein Tag lehret den andern.

Ein Wort ein Wort, ein Mann ein Mann.

Ein Wurm krümmet sich, wenn er getreten wird.

Einem Diebe ist nicht gut stehlen.

Einen Kuß in Ehren, darf niemand wehren.

Einer gewinnt, der andere verliert.

Einer säet, der andere ärndet.

Eines Gewinn ist des andern Verlust.

Eines Glück ist des andern Unglück.

Ende gut, alles gut.

Er bleibt bey seinen Worten, wie Hasen bey der Trummel.

Er geht mit Unglück schwanger.

Er geht herum, wie die Katze um den Brey.

Er geht davon, wie die Katze vom Taubenschlage.

Er hat alle Schaam ausgezogen.

Er hat der Schande den Kopf abgebissen.

Er hat einen breiten Rücken.

Er ist Hans ohne Sorge.

Er höret Gras wachsen, und Flöhe husten.

Er ißt mit allen, und hälts mit keinem.

Er schicket sich dazu, wie der Esel zum Lautenschlagen.

Er ist weder Fuchs noch Hase.

Er ist weder kalt noch warm.

Er nimmt kein Blatt vors Maul.

Er kann mehr als Brod essen.

Er kömmt aus dem Regen in die Traufe.

Es brennt in Zeiten was eine Nessel ist.

Es geht mehr liebes, als schönes zur Kirche.

[617] Es glaube es wer da wolle, in meinen Kopf geht es nicht.

Es gilt treffen, nicht nahe schießen.

Es ist ein böser Vogel, der in sein eigen Nest thut.

Es ist ein schlimmer Brunnen, darein man Wasser trägt.

Es ist gut, den Schnitt an fremdem Tuche zu lernen.

Es ist kein Kinderspiel, wenn alte Leute auf Stecken reiten.

Es ist nicht alles Gold, was da gleißt.

Er hat noch nicht aller Tage Abend erlebet.

Es ist noch nicht in dem Fasse, darinn es gähren soll.

Es giebt nur ein böses Weib: jeder meynet er habe es.

Es ist so große Kunst, erhalten als gewinnen.

Es ist Hopfen und Malz an ihm verlohren.

Es tauget weder zu sieden, noch zu braten.

Es ist so breit, als lang.

Es hat weder Hand noch Fuß.

Es reimet sich nicht, es schicket sich nicht.

Es ist nicht gehauen, nicht gestochen.

Es hat weder Art noch Geschick.

Es ist kein gutes Haar an ihm.

Es muß biegen, oder brechen.

Es muß einmal gestorben seyn.

Es müssen starke Beine seyn, die gute Tage ertragen wol len.

Es sind nicht alles Köche, die lange Messer tragen.

Es stecket im Spiegel nicht, was man drinnen sieht.

Es wird ihm bekommen, wie dem Hunde das Grasfressen.

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.


F.


Faule haben immer Feyertage.

Faule Herren, träge Knechte.

Feuer fängt an von Funken.

Fleiß bricht Eisen und Stahl.

Freyheit geht über Gold.

Fremdes Brod schmecket allezeit besser.

Fremdes Pferd und eigene Sporen machen kurze Meilen.

Freund in der Noth, Freund im Tod, Freund hinterm Rücken, das sind drey starke Brücken.

Freunde in der Noth, gehen hundert auf ein Loth.

Fried ernähret, Unfried verzehret.

Friß Vogel, oder stirb!

Frisch gewaget, ist halb gewonnen.

Fröhliches Gemüth, gesundes Blut.

Fromme Kinder ziehen sich selbst.

Fromme Schafe gehen viel in einen Stall.

Früh gesattelt, spät geritten.

Für böse Schuld nimm Bohnenstroh.

Für den Tod ist kein Kraut gewachsen.


G.


Gar zu höflich ist halb grob.

Gebrannte Kinder scheuen das Feuer.

Geld ist die Losung.

Geld machet krumme Sachen schlecht.

Geld machet Schälke.

Geld vergeht, Kunst währet ewig.

[618] Gelegenheit machet Diebe.

Gelehrten ist gut predigen.

Geschwind zum Hute, und langsam zum Beutel.

Geringer Leute Zorn ist lächerlich.

Gewalt geht oft vor Recht.

Gleiche Brüder, gleiche Kappen.

Gleich suchet sich, gleich findet sich.

Gleich und gleich gesellet sich gern.

Glück läßt sich wohl finden; es halten ist die Kunst.

Glück und Glas, wie bald bricht das?

Gott bescheret zwar die Kuh, aber nicht den Strick.

Gott kann man belügen, aber nicht hintergehen.

Gottloser Leute Freude währet nicht lange.

Gott verläßt die Seinen nicht.

Gott weis was wir brauchen, ehe wirs bitten.

Gottes Wort bleibt ewig.

Gottes Güte ist alle Morgen neu.

Groben Leuten muß man aus dem Wege gehen.

Große Fische fressen die kleinen.

Große Herren, große Thorheiten.

Große Herren haben lange Hände.

Große Worte und nichts dahinter.

Gunst geht vor Recht und Kunst.

Gut machet Muth, Muth machet Übermuth, und Übermuth thut selten gut.

Gut gesessen, ist halb gegessen.

Gute Arbeit, guter Lohn.

Gut Ding will Weile haben.

Gute Freunde kommen ungeladen.

Gute Tage kosten Geld.

Gute Waare rühmet sich selbst.

Guter Wein brauchet keinen Kranz.

Gute Worte verkaufen böse Waare.

Guter Muth ist halbes Leben.

Gutes thut man nie zu viel.

Gutes wird erst spät erkannt.


H.


Hab ich, ist besser, als hätte ich.

Hast du Geld, so bist du lieb.

Hast du gut gekochet, so wirst du gut essen.

Hänge dem Narren nicht Schellen an, man kennet ihn so schon.

Hans in allen Gassen.

Herren Bitten, ist befehlen.

Herrenfeuer wärmet und brennet.

Herrengunst währet nicht lange.

Herren und Narren haben frey reden.

Herren Sünde, Bauren Buße.

Heute mir, morgen dir.

Heute roth, morgen todt.

Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.

Hilft mir Gott, so geht es wohl.

Hochmuth kömmt vor dem Falle.

Hofart ist leicht gelernet, kostet aber viel zu unterhalten.

Hofart und Armuth halten übel Haus.

Hofart muß Zwang leiden.

Hoffen und harren machet viele zu Narren.

Hohe Berge, tiefe Thäler.

Hohe Gaben, kurzes Leben.

Hohe Steiger fallen tief.

Hundert Jahre unrecht, ist keine Stunde recht.

Hunger ist der beste Koch.

Hunger ist ein scharfes Schwert.

Hunger lehret die Katzen mausen.

Hüte dich vor der That, der Lügen wird schon rath.

Huren sind Kohlen, die schwärzen und brennen.


[619] J.


Jagen und nichts fangen, machet verdrossene Jäger.

Ich weis was ich habe, und nicht was ich bekomme.

Jedem dünket seine Braut die schönste zu seyn.

Jedem Narren gefällt seine Weise.

Jeder bleibe in seinem Stande.

Jeder Kramer lobet seine Waare.

Jeder ist sich selbst der Nächste.

Jedermanns Freund, jedermanns Geck.

Jeder Schäfer lobet seine Keule.

Jeder für sich, Gott für uns alle.

Jedes Ding hat seinen Nutzen.

Je ärgerer Schalk, je besser Glück.

Je krümmer Holz, je bessere Krücke.

Je fetterer Floh, je magerer Hund.

Je lieber Kind, je schärfere Ruthe.

Je größerer Baum, je schwerer Fall.

Je länger, je lieber.

Je länger, je schlimmer.

Je länger hier, je später dort.

Je mehr man hat, je mehr man begehret.

Je näher der Kirche, je später darinnen.

Jenseit dem Wasser wohnen auch Leute.

Im Finstern ist gut mausen.

Immer was neues, selten was gutes.

In des Armen Beutel verdirbt viel Weisheit.

In eigener Sache ist niemand klug.

In einen sauren Apfel beißen.

In solchem Wasser, fängt man solche Fische.

Im trüben Wasser ist gut fischen.

Irren ist menschlich.

Junges Blut, frischer Muth.

Jung gewohnet, alt gethan.

Junge Schlemmer, alte Bettler.

Junge Springer, alte Stelzner.


K.


Kappen machen keine Mönche.

Kaufet in der Zeit, so habt ihrs in der Noth.

Katzen essen gern Fische, wollen aber nicht ins Wasser.

Katzenkinder mausen gern.

Keiner ist zu alt zum lernen.

Keiner ist so arg, er findet einen ärgern.

Kein Feuer ist ohne Rauch, kein Rauch ohne Feuer.

Keine Freude ist ohne Leid.

Kein Meister wird gebohren.

Keiner suchet den andern hinterm Ofen, der nicht selbst dahinter gestecket hat.

Kinder und Narren reden die Wahrheit.

Kinderzorn ist bald gestillet.

Kleider machen Leute.

Kleine Brunnen sind bald erschöpfet.

Kleine Diebe hängt man, die großen läßt man laufen.

Kleine Kinder, kleine Sorgen.

Kleine Liebe, großes Weh.

Kleiner Rauch beißt nicht.

Kleiner Zank machet großen Stank.

Kluge Leute fehlen auch.

Komme ich über den Hund, so komme ich übern Schwanz.

Krauses Haar, krauser Sinn.

Krieg ist kein Kinderspiel.

Krümlein sind auch Brod.

Kundschaft machet Freundschaft.

Kunst hat einen güldnen Boden.

[620] Kunst geht nach Brod.

Künftig Ding ist ungewiß.

Kunst währet lang, das Leben kurz.

Kunst ißt kein Brod.

Kunst ist leicht zu tragen.

Kurze Rechnung, lange Freundschaft.

Kurze Thorheit ist die beste.

Kurzweil will verstanden seyn.

Kurz und gut ist angenehm.


L.


Ländlich, sittlich.

Lange fasten ist kein Brod sparen.

Lange geborget, ist nicht geschenket.

Lange quälen ist der Tod.

Langes Trauren, kurzes Leben.

Laß die Hunde bellen, wenn sie nur nicht beißen.

Laß die Leute reden; Gänse könnens nicht.

Laß die Vöglein sorgen.

Laß die Kleinen unverachtet.

Laß die Todten unbestichelt.

Laß dir keine grauen Haare wachsen.

Laß fahren, was nicht bleiben will.

Laufe nicht, ehe man dich jaget.

Leiden und dafür danken, ist die beste Hofkunst.

Leide, was du nicht meiden kannst.

Lerne was, so kannst du was.

Liebe machet Gegenliebe.

Liebe kann viel; Geld kann alles.

Lieben Kindern giebt man viele Namen.

Lieb und Lust zum Dinge, machet alle Arbeit geringe.

Liegt auf den Bergen Schnee, so ist in Thälern kalt.

Lügen vergeht, Wahrheit besteht.

Lustiger Muth machet gutes Blut.


M.


Mache die Rechnung nach deinem Beutel.

Magre Fliegen stechen scharf.

Man diene wie man wolle, so ist Undank der Lohn.

Man erschöpfet auch einen Brunnen.

Man hat nicht länger Frieden, als der Nachbar will.

Man hängt den Dieb nicht eher, als bis man ihn hat.

Man kann keinem ins Herz sehen.

Man kann es am Neste sehen, was für Vögel drinnen sind.

Man kennet den Vogel am Gesange.

Man kennet den Esel an den Ohren.

Man muß das Beste hoffen.

Man muß sehen und nicht sehen.

Man muß lernen, dieweil man lebet.

Man muß nicht alles zu Bolzen drehen.

Man muß nichts Böses thun, daß Gutes draus erfolge.

Man muß oft Lehrgeld geben.

Man muß aus der Noth eine Tugend machen.

Man muß leben und leben lassen.

Man muß sehr viel hören, ehe ein Ohr abfällt.

Man siehts am Gesichte, was er im Schilde führet.

Man sorget sich eher alt, als reich.

Mancher läuft ungejaget.

Mancher muß bezahlen, was er nicht gegessen.

Mancher vergiebt wohl, aber er vergißt nicht.

Maaß ist zu allen Dingen gut.

Milde Geber liebt Gott.

Misrechnung ist keine Zahlung.

[621] Mit einem Pflaster will er alle Schäden heilen.

Mit einer Klatsche zwo Fliegen schlagen.

Mit fragen kömmt man durchs ganze Land.

Mit redlichen Leuten ist gut handeln.

Mit gefangen, mit gehangen.

Mit gezwungenen Hunden ist übel jagen.

Mit großen Herren ist schlimm Kirschen essen.

Mit Narren muß man Geduld haben.

Mit nichts gewinnt man nichts.

Mit schweigen verräth sich niemand.

Mit vielen zum Streite, mit wenigen zu Rathe gehen.

Mit vielem hält man Haus, mit wenigem kömmt man aus.

Morgenstunde hat Gold im Munde.

Muß ist ein bitter Kraut.

Müßiggang ist aller Laster Anfang.


N.


Nach böser Ärnde muß man doch wieder säen.

Nach dem Regen scheint die Sonne.

Nach dem Sparer kömmt ein Zehrer.

Nach der Arbeit ist gut ruhen.

Nach der That kömmt der Rath zu spät.

Narren haben mehr Glück als Recht.

Narren muß man mit Kolben grüßen.

Narren sind auch Leute.

Narren wirft man bald aus der Wiege.

Nesseln brennen Feinde und Freunde.

Neuer Arzt, neuer Kirchhof.

Neue Besen kehren rein.

Neue Gäste hält man wohl.

Neue Mähre höret man gern.

Nicht alles dienet dem Magen, was gut schmecket.

Nicht mehr thun, ist die beste Buße.

Nicht ein Härlein, saget Kahlkopf.

Nichts ist gut in die Augen, aber nicht in den Magen.

Nichts ist so böse, es ist wozu gut.

Nichts wird so klein gesponnen, es kömmt doch endlich an die Sonne.

Niemand hinket von fremdem Schaden.

Niemand kann dem Tode entlaufen.

Niemand kann des Morgens sehen, was vor Abends geschieht.

Niemand stirbt ohne Erben.

Nimmer Geld, nimmer Gesell.

Noth bricht Stahl und Eisen.

Noth hält keinen Feyertag.

Noth hat kein Geboth.

Noth lehret bethen.

Noth lehret den Bären tanzen.

Noth schlägt den Feind.

Nüchtern Leben, gutes Leben.


O.


Oben aus, nirgend an.

Oft fängt ein kleiner Hund ein großes Schwein.

Oft findet eine blinde Henne auch ein Korn.

Oft irre gehen, machet den Weg nicht recht.

Oft lachet der Mund, und das Herz weinet.

Oft wohnet ein kluger Mann in einem schlechten Hause.

[622] Ohne Macht ist eitler Zorn.

Ohne Wasser schleift sichs übel.


P.


Pfennig ist Pfennigs Bruder.

Pferde, die den Haber verdienen, kriegen ihn nicht.

Pflügen und nicht säen, lesen, nichts verstehen, ist halb müßig gehen.

Priester sollen bethen, Bauren sollen gäten.


R.


Rathe niemanden ungebethen.

Rauch vertreibt die Bienen.

Rechten und borgen, machen viel Sorgen.

Recht ist für Wachende, Glück für Schlafende.

Reiche haben viel Freunde.

Reichthum stiftet viel Thorheit.

Reichen giebt man, Armen nimmt man.

Reich genug wer sich begnügen läßt.

Redet das Geld, so schweigt die Welt.

Röche Hofart wohl, so wäre sie lauter Balsam.

Rom ist nicht in einem Jahre gebauet.

Rüben in die Bauern, Häu in die Ochsen.


S.


Schaden machet klug, aber nicht reich.

Schandthaten lassen sich mit Schandworten nicht gut machen.

Schickt den Esel nach Paris, so wird doch kein Pferd daraus.

Schläge sind eine behaltene Waare.

Schlecht ist bald geschliffen.

Schlimmes Leder, schlimme Schuhe.

Schnelle Ändrung ist gefährlich.

Seine Finger heißen, greif zu.

Sein Leid der Stiefmutter klagen.

Setze keinen Bock zum Gärtner.

Setze Narren nicht auf Eyer.

Sich selber kennen, ist die allergrößte Kunst.

Sie gehen nicht alle bethens halber in die Kirche.

Sie sind nicht alle gleich, die bey dem Kaiser reiten.

So lange der Narr schweigt, hält man ihn für klug.

So lange kriecht ein Kind, bis es gehen lernet.

So viel Köpfe, so viel Sinne.

Sparmund und Nährland kaufen Land und Leute.

Spötter essen auch Brod.

Stehend Wasser wird bald stinkend.

Stiehlt mein Bruder, so hängt der Dieb.

Schneide ich mir in die Nase, so schimpfe ich mein Angesicht.

Stille Wasser haben tiefe Gründe.

Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg.

Stolpert doch ein Pferd auf vier Füssen.

Süß getrunken, sauer bezahlet.


T.


Thue recht, scheue niemand.

Todte Hunde beißen nicht.

Traue, schaue wem.

Treue Hand, geht durchs ganze Land.

Trauwohl ritt das Pferd weg.

Treue ist ein seltner Gast.

Trink und iß, Gott nicht vergiß.

Trunken gestohlen, nüchtern gehangen.

[623] Trunkenheit entschuldiget nicht.

Trunken klug, nüchtern närrisch.

Tugend besteht, wenn alles vergeht.


U.


Überfluß macht Überdruß.

Verborgner Schatz liegt sicher.

Versehen ist auch verspielet.

Viel Bäche machen einen Strom.

Viel Geschrey, und wenig Wolle.

Viel Hände machen leichte Arbeit.

Viel Hunde sind der Hasen Tod.

Viel Kinder, viel Vater Unser.

Viel Köche versalzen den Brey.

Viele können einem helfen.

Vierzehn Künste, funfzehn Unglück.

Ungebethene Gäste setzet man hinter die Thüre.

Ungelegte Eyer, ungewisse Jungen.

Unkraut vergeht nicht.

Unrecht Gut gedeihet nicht.

Unrecht leiden ist besser, als unrecht thun.

Unterm Segel ist gut rudern.

Untreue schlägt ihren eigenen Herren.

Undank ist das größte Laster.

Unverhofft kömmt oft.

Ungegönnetes Brod wird auch gegessen.

Unwissend sündiget man nicht.

Unzeitige Gabe verdienet keinen Dank.


V.


Voll machet toll.

Von einem Schlage fällt keine Eiche.

Vom Pferde auf den Esel kommen.

Vor dem Essen wird kein Tanz.

Vorgethan und nach bedacht, hat manchen in groß Leid gebracht.

Vorsicht schadet nicht.

Vorsorge verhütet Nachsorge.

Vorrede machet keine Nachrede.


W.


Wagen gewinnt, wagen verliert.

Was allen gefällt, ist schwer zu behalten.

Was bald kömmt, vergeht auch bald.

Was die Augen sehen, das glaubet das Herz.

Was du säest, wirst du ärnden.

Was einer selbst will, das kann ihm nicht unrecht seyn.

Was der Reiche spricht, das ist klug.

Was Hänschen nicht lernet, wird Hans nicht lernen.

Was hilft genau dingen, und nicht bezahlen?

Was Gott nicht bewahren hilft, das verwahret kein Schloß.

Was nicht von Herzen geht, das geht auch nicht zu Herzen.

Was schadet ein gut Wort? darf man es doch nicht kaufen.

Was zum Häller geschlagen ist, wird kein Groschen werden.

Wem die Kuh gehöret, der greift sie an die Hörner.

Wem Gott hilft, dem ist geholfen.

Wenn das Kind den Willen hat, so weinet es nicht.

Wenn der Bauer nicht muß, so reget er weder Hand noch Fuß.

Wenn die Löwenhaut nicht gilt, muß der Fuchsbalg gelten.

Wer Vögel fangen will, muß nicht mit Knütteln unter sie werfen.

Wer alles verfechten will, hat viel zu rechten.

[624] Wer andern Gruben gräbt, fällt selbst darein.

Wer andre jaget, muß selbst mitlaufen.

Wer viel anfängt, endiget wenig.

Wer jedem Rathe folgen will, kömmt nimmer zur That.

Wer am Wege bauet, hat viel Meister.

Wer Bauern plagen will, muß Bauern dazu brauchen.

Wer nicht bethen kann, werde ein Schiffmann.

Wer da stiehlt, der ist ein Dieb.

Wer den Häller nicht sparet, wird keines Pfennigs Herr.

Wer den Hund henken will, findt leicht einen Strick.

Wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen.

Wer Lust zu tanzen hat, dem ist bald gepfiffen.

Wer den Stein nicht heben kann, der muß ihn fortwälzen.

Wer das kleine nicht begehret, der ist des großen nicht werth.

Wer geliebet werden will, muß sich darnach stellen.

Wer Honig lecken will, muß den Stachel nicht scheuen.

Wer ihn kennet, der kaufet ihn nicht.

Wer im Rohre sitzt, hat gut Pfeifen schneiden.

Wer es vermag, steckt den andern in den Sack.

Wer kann wider Unglück, wenn das Haus voll ist?

Wer kein Gutes thut, hat wenig zu gewarten.

Wer keine Pferde hat, muß mit Ochsen fahren.

Wer keine Stühle hat, muß auf Bänken sitzen.

Wer leicht glaubet, wird leicht betrogen.

Wer bald läuft, ist bald gejaget.

Wer gern zanket, der findt leicht Ursache.

Wer nur ein Auge hat, dem ist immer bange dafür.

Wer Nüsse essen will, der muß die Schalen beißen.

Wer oft schießt, trifft endlich einmal.

Wer schmieret, der fährt.

Wer seinen Satz gewinnt, hat nicht übel gespielet.

Wer Schulden bezahlet, bessert sein Gut.

Wer sich bey Frommen setzet, der steht bey Frommen auf.

Wer sich des Fragens schämet, der schämet sich des Lernens.

Wer sich genügen läßt, der ist der Reicheste.

Wer übersehen kann, darf keine Brille kaufen.

Wer viel fraget, der krieget viel Antwort.

Wer viel redet, lüget viel.

Wer vorhin nicht reich gewesen, dem thut die Arbeit nicht weh.

Wer was bringt, ist überall willkommen.

Wer wohl sitzt, der rücke nicht.

Wie die Zucht, so die Frucht.

Wie der Herr, so der Knecht.

Wie die Frau, so die Magd.

Wie die Mutter, so die Tochter.

Wie der Vogel, so das Ey.

Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen.

Wie einer ins Holz schreyt, so schallt es heraus.

[625] Wie gewonnen, so zerronnen.

Wo der Zaun am niedrigsten ist, da steigt alles hinüber.

Wo Gott eine Kirche bauet, da bauet der Teufel eine Capelle.

Wohl gelebet, wohl gestorben.

Womit man sündiget, damit wird man gestrafet.

Womit man umgeht, das klebet einem an.

Wo Zucht ist, da ist Ehre.


Z.


Zeit bringt Rosen.

Zeit hat Ehre.

Zeit gewonnen, viel gewonnen.

Zeitigen Dieb erläuft ein hinkender Scherg.

Zeit überwindet alles.

Zeit verzehret Stahl und Eisen.

Zerbrochne Töpfe findt man überall.

Ziemliches Glück währet am längsten.

Zins und Heute schlafen nicht.

Zu der Fürsten Gastgeboth, giebt der Bauer Wein und Brod.

Zu große Ehre, ist halbe Schande.

Zu Hofe giebts viel Hände, wenig Herzen.

Zusagen machet Schuld.

Zusagen ist adelich, halten ist bäurisch.

Zuviel ist ungesund.

Zuviel melken, giebt Blut.

Zuviel zerreißt den Sack.

Zwang machet keine gute Christen.

Zween harte Steine malen selten klein.

Zwo Mahlzeiten schlagen sich nicht.

Zween Hunde bey einem Beine, vertragen sich selten.

Zween können mehr, als einer.

Zwey Augen sehen mehr, als eines.

Zwey ungleiche Dinge kann keiner zugleich thun.

Zwischen Thür und Angel stecken.

Fußnoten

1 Wer das Latein und Französische versteht, der wird wissen, daß die rechte Schönheit und Zierde derselben in solchen Redensarten besteht, die man in einer andern Sprache von Wort zu Wort nicht geben kann. Z.E. HOMO EMUNCTÆ NARIS, ALBÆ GALLINÆ FILIUS; IOVEM LAPIDEMQUE JURARE; HOMO NAUCI VEL FRUGI; OMNEM MOVERE LAPIDEM, u.d.gl. TRANCHER DANS LE FIN; SE METTRE AU LARGE; ALLER LE GRAND TRAIN; AVOIR DU MONDE; VOIR LE GRAND MONDE, u.d.gl. Wer sich nun dieser, und unzähliger solcher Redensarten recht bedienen kann, der ist allererst in der Sprache stark: wiewohl allemal eine gute Wahl dazu gehöret, sie am rechten Orte zu brauchen.


2 Z.E. Wenn jemand schreibt, Heil dir! anstatt wohl dir! oder die ganze Schöpfung, für die ganze Welt; oder der gesegnete Heiland, anstatt der theureste; weil etwa die Engländer sagen: HAIL YOU! THE WHOLE CREATION, THE BLESSED SAVIOUR, u.d.gl.


3 Das abgeschmackte Wesen dieser Art von Ausdrücken hat niemand begreiflicher gemachet, als der scharfsinnige Verfasser des volleingeschankten Tintenfässels, a.d. 71. S. Hier giebt er einen französischen Brief zur Probe, darinn er der französischen Akademie zu Paris ein Mittel vorschlägt, ihre Sprache zu bereichern; indem sie nur deutsche Redensarten von Wort zu Wort ins Französische bringen dörften: wie einige Schweizer es mit dem Deutschen gethan hätten. Hier kommen nun folgende Brocken vor: SE COUCHER DANS LES CHEVEUX, einander in Haaren liegen. IL M'EST TOMBÉ DEDANS, mir ist eingefallen. TENIR LA BOUCHE, das Maul halten. ON ME COUCHE DANS LES OREILLES, man liegt mir in den Ohren. MONTRER LES FIGUES À QUELQU'UN, einem die Feigen weisen. ILS SE FONT INUTILES, sie machen sich unnütze. EMMANTELER SON OPINION, seine Meynung bemänteln. IL NE ME REGARDE PAS POUR PLEIN, er sieht mich nicht für voll an. CROITRE À LA TÊTE DE QUELQU'UN, einem zu Kopfe wachsen. FAIRE LA VAPEUR À QUELQU'UN, einem den Dampf anthun, u.d.gl.


4 Man gesteht mir, daß man den rechten Sinn und Gebrauch dieser Kern- und Gleichnißreden nicht überall wisse, und verlanget eine Erklärung von mir. Antwort. Das zeiget, daß der Hr. Verfasser kein rechter Hochdeutscher, sondern ein Niedersachs sey, wo man wieder seine Sprüchwörter hat, die ein Oberdeutscher nicht versteht. Aber die Erklärung solcher Reden gehöret nicht in die Sprachkunst, sondern ins Wörterbuch; oder in besondere Sammlungen.[626]


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. 12 Bände, Band 8, Berlin und New York 1968–1987, S. 606-627.
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