116. Der Teufelssee.167

[112] Am Fuße des Ravensberges, einer 200 Fuß hohen waldigen Bergspitze unweit Bergholz, befindet sich der Teufelssee, ein schwarzer unergründlicher Pfuhl, umgeben von alten dunkelgrünen Kiefern, die seine Oberfläche noch dunkler machen; aus seinem Gewässer trinkt kein Vogel und nur eine einzige Art sonderbarer schwarzer Fische hält sich in ihm auf. Da, wo er sich jetzt befindet, soll früher ein Götzenbild gestanden haben, zu welchem die Wenden auch noch nach ihrer Bekehrung zum Christenthum heimlich des Nachts bei Mondschein pilgerten und ihm opferten. Das Bild aber hat einst der Teufel bei Nacht weggenommen und sein eigenes an dessen Stelle gesetzt und die dummen Wenden haben den Tausch nicht gemerkt, da sie eben nur des Nachts hinkamen, und haben so den Teufel selbst angebetet. Es hat aber die christliche Geistlichkeit sich eifrig bemüht, diesem heidnischen Götzendienst ein Ende zu machen und der Bischof von Brandenburg hat zu Saarmund im Kloster ein Ketzergericht niedergesetzt und dieses hat alle, so der Sünde der heidnischen Ketzerei überwiesen wurden, hinrichten lassen. Dann aber hat der oberste Ketzerrichter, ein durch seine Teufelsbeschwörungen berühmter Mönch aus Italien, den der Bischof zu diesem Zwecke dorthin hatte kommen lassen, die Ritter und Herren, sowie die Bürger und Bauern des ganzen Sprengels aufgefordert, zusammen zu kommen und mit ihm von Saarmund auszuziehen und das Götzenbild, das man freilich nur vom Hörensagen kannte, da jeder Christ, der sich demselben bisher hatte nähern wollen, durch teuflische Verblendung im Walde in der Irre herumgeführt worden war, zu zerstören. Als der Zug am frühen Morgen aus dem Kloster auszog, war der schönste reinste Himmel, je näher man aber dem Fuße des Ravensberges kam, desto dunkler ward er und schwere Gewitterwolken thürmten sich über dem Gipfel desselben auf. Endlich gelangte die Prozession in später Nachmittagsstunde an die runde Mooswiese im Grunde des Thales, in deren Mitte unter dem uralten Kreise von fast abgestorbenen Kiefern das Götzenbild vor dem Opfersteine stand. Um diese Wiese schritt nun der Mönch, geheimnißvolle Gebete murmelnd, mit dem Weihwasser, pflanzte am Rande derselben kleine Kreuze von geweihtem Holze hin und stellte sich dann außerhalb des so bezeichneten Ringes dem Götzenbilde gegenüber mit seinen Gehülfen und den heiligen Geräthen auf.[112] Hierauf begann er seine Beschwörung, allein bei den ersten Worten derselben begann sich die finstere Wetterwolke ins Thal herab zu senken, schwere Regentropfen und Hagel prasselte aus derselben herab und eine gewaltige Windsbraut bog die Wipfel der Bäume tief herab zur Erde, helle Blitze jagten einer den andern und furchtbares Donnerrollen übertönte die Stimme des Beschwörers. Allein dieser ließ sich nicht irre machen, immer lauter erhob er seine Stimme und es gelang ihm auch, sich in dem Wüthen der Elemente hörbar zu machen; als er aber mit dem Krucifix in der einen und dem Weihwasser in der andern Hand sich dem Kreise näherte, da erschollen von allen Seiten aus der Erde und den Lüften so furchtbare nie gehörte Laute, daß alle Anwesenden erschreckt auf ihre Kniee sanken, der Mönch aber setzte furchtlos seinen Fuß über den Kreis, und siehe die Erde um das Teufelsbild borst auseinander, es versank in die Tiefen, und seit dieser Zeit erfüllt ein schwarzer See den Boden des Thales. Noch heute aber sagt man, müsse der, welcher mit dem Bösen Umgang pflegen wolle, um Mitternacht an diesen See gehen und dreimal den Namen desselben rufen, wenn er von demselben erhört sein wolle.

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Nach Reinhard S. 58 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 112-113.
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