157. Der Bierkönig Gambrinus zu Stendal.214

[145] Die Mark Brandenburg war im Mittelalter wegen ihrer Biere sehr berühmt; dieselben hatten gar wunderbare Namen, so hieß das Bier, welches zu Gardelegen gebraut wurde, Garlei, das Salzwedeler Soltman, das Hallische Puff und Breihahn, das Stendalsche Taubentanz. Noch sonderbarer klangen die Namen des Boitzenburger: Biet den Kerl, des Hadler: Sähl den Kerl, des Stader: Kater, des Wittenberger: Kukuck, des Buxtehuder: Ich weiß es nicht etc. Allein in Stendal muß der Taubentanz sehr hoch geschätzt worden sein, denn noch im Jahre 1840 hatte ein dortiger Brauherr, Namens Baumann, ein altes Bild, welches einen wohlbeleibten Herrn, einen sogenannten Malzgrafen, mit Ordensband und Stern vorstellte und folgende Unterschrift trug:


Camprinus im Leben ward ich genannt,

Ein König in Flandern und Brabant.215

Aus Gersten hab' ich Malz gemacht

Und das Bierbrauen daraus erdacht;[145]


Drum können die Herren Brauer mit Wahrheit sagen,

Daß sie einen König zum Meister haben.

Trotz komm' ein ander Handwerk her

Und zeig' uns dergleichen Meister mehr!


214

Nach Weihe, Bd. II. S. 153.

215

Eine genaue Untersuchung über diesen König Gambrinus, unter dem man sich wahrscheinlich Johann I. von Brabant zu denken hat, gab Coremans im Comte rendu de la Comm. d'hist. de Bruxelles Th. V. p. 378 sq.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 145-146.
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