Das beglückende Unglück

[42] Es dunken uns zwar schwer die Creutz und Trübsal-Zeiten:

Jedoch sie / nach dem Geist / sehr nutzlich seynd und gut:

dieweil / den Palmen gleich / der Christlich Heldenmuht

sich schwinget hoch empor in Widerwärtigkeiten.

Man pflegt mit grosser Müh die Kräuter zubereiten /

eh man das Oel erlangt / der Kräuter Geist und Blut:

man brennt und läutert sie bey mancher heißer Glut.

So will uns Gottes Raht auch zu der Tugend leiten.

Es muß das Spiegelglaß sehr wol geschliffen seyn /

sonst ist es nicht gerecht und wirffet falschen Schein.

der Mensch / in dem sich Gott bespiegelt / soll er leuchten /

so muß durch Creutzes-Stahl er werden zugericht.

Allein in Vnglücks-Nacht / siht man das Liecht im Liecht.

uns nutzt das Creutz / als wie dem Feld das Thaubefeuchten.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 42-43.
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