Die andere Abhandlung.

[40] Der Schauplatz stellet vor deß Kaisers-Gemach.

Hadrianus. Heliodorus. Epictetus. Antoninus. Svetonius Tranquillus. Salvius Julianus. Septitius Clarus. Unterschiedliche Hofbedienten / Pagen /Freygelassene / Mohren und Trabanten.


HADRIANUS.

Der Sonnen Majestät erleucht zwar alle Welt /

So bald ihr göldnes Rad laufft durchs gestirnte Zelt;

Wie leichtlich aber muß sie Fleck und Nebel leiden /

Wenn düstre Wolcken sie mit schwartzem Flor bekleiden!

So gehts auch mit der Sonn' in dem so grossen Reich /

Vor derer Wunder-Glantz die Sonne selbst wird bleich!

Uns hat zwar Jupiter den Lorber-Krantz geschencket /

Nach dehme sich Trajan den Sternen zugelencket /

Und uns Plotinens Gunst auf diesen Thron gesetzt:12

Wir haben Stadt und Land mit höchster Lust ergötzt /

Der Erden gröstes Theil glückseelig überwunden /

Der Juden Trotz gestillt13 / die Syrer uns verbunden /

Sicilien beherrscht / Britannien bekriegt /

Die Gallier gedämpft / gantz Africam besiegt.

Athen kennt unsre Macht / der Parther muß uns hören /

Der Bactrianer Fürst deß Kaisers Ausspruch ehren.

Wir haben selbst beschaut des Aetna Feuer-Kluft /

Die Stärcke des Euphrats / der Vesta heil'ge Gruft.

Es zeigt das grosse Rom viel theure Sieges-Bogen /

Durch die wir im Triumph höchstprächtig eingezogen.[41]

Man schleußt zum dritten mahl des Janus Tempel zu;

Es blüht das Capitol in unbewegter Ruh;

Kein Donner nahet sich zu unsern Lorber-Blättern.

Mit kurtzem: Hadrian kan ewig sich vergöttern!

Allein diß süsse Glück kehrt sich in Gift und Gall /

Wenn uns der trübe Dunst / der rauhe Donnerknall /

Und ungeheure Blitz / den Christus Schaar erwecket /

Umbnebelt Hertz und Sinn! Der Purpur wird beflecket

Mit Blute für und für; man straft zwar ihren Trotz /

Jedoch so Straf alß Pein bringt annoch schlechten Nutz.

Drumb gebt doch treulich Rath / wie diese Pest zu dämpfen!

HELIODORUS.

Durchlauchtigster Monarch / wenn Nattern mit uns kämpfen /

Wenn uns ihr stich verletzt / so muß man sich bemüh'n

Umb stärckstes Gegen-Gift: Sol uns das Glücke blühn /

Soll Zepter / Kron / und Thron / wie Diamant bestehen /

So muß fürnehmlich man der Götter Macht erhöhen /

Erweitern früh und spat ihr hochgeweihtes Haus /

Was ihnen wiederstrebt / verkehr'n in Asch und Graus /

Und was sich Christen nennt / mit strumpf und stil vertilgen:

Denn eher schaun wir nicht die wahren Wohlfarths-Lilgen /

Biß diese Nattern sind ins Todten-Meer versenckt!

EPICTETUS.

So ists: Diespiter wird durch nichts mehr gekränckt /

Alß wenn der tolle Schwarm der Christen aus sich-breitet /

Und wider sein Altar in blindem Eifer streitet /

Der / wo man länger schont / uns in den Abgrund stürtzt.

Denn wer den Ketzern nicht das Leben stracks verkürtzt /

Eh ihre Fantasie mehr Seelen kan vergiften /

Der wird kein Ehrenmahl dem göldnen Zepter stiften.

Drumb wil der Kaiser auch von Göttern seyn beglückt /

So muß die Schwärmerey der Christen seyn erdrückt /

Sonst werden nur entweiht die himmlischen Altäre.[42]

ANTONINUS.

Es sind die Tempel ja die besten Schutz-Gewehre /

Wenn Hunger / Krieg und Pest so Städt alß Ländern dräut.

Wird nun ihr heil'ger Glantz vom Nebel nicht befreyt /

Vom Nebel / dessen Nacht die Christen-Hund' erwecken /

So werden wir uns selbst mit eigner Faust beflecken /

Denn Kron und Infel muß in gleicher Hohheit stehn.

Drumb wil Er / grosser Fürst / sich wie Trajan erhöhn /

Wil Er / daß Jupiter sein edles Glück vermehre /

So tilg' Er gäntzlich aus der Christen falsche Lehre /

Die nichts alß Unheil spinnt / und Zanck / und Mord erregt!

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Jm fall diß wicht'ge Werck wird weislich überlegt /

So muß man frey gestehn / daß nichts dem Röm'schen Reiche

Mehr Schaden füge zu / alß diese gift'ge Seuche /

Alß diß verfluchte Volck und Schlangenvolle Schaar /

Die ihrem Christus baut ein thörichtes Altar /

Und Dieb und Mördern gleich stets murmelt in den Grüften;

Drumb weil ihr Aberwitz sich selber muß vergiften /

Weil unter ihnen selbst nur lauter Zwiespalt ist /

In dem ein ieder Narr wil seyn ein gutter Christ /

So trete man in Koth die gift'gen Scorpionen!

SALVIUS JULIANUS.

Wahr ists: Wie solte man der tollen Hunde schonen /

Die blosse Fantasie zur Andacht treibt und reitzt?

Denn wer die weite See bald hier / bald dar durchkreutzt /

Und mit dem Bleymaß nicht oft wil die Tieffen gründen /

Der wird wol nimmermehr den rechten Hafen finden:

So ists auch hier bewandt: Dort schwärmt ein Adamit /

Hier ein Zerinthian / dort ein Ebionit /

Hier ein Basilides / dort närr'sche Montanisten;

Und alle deckt das Kleid der reingesinnten Christen.

O grause Schwärmerey! Drumb fort mit ihnen! fort![43]

SEPTITIUS CLARUS.

Kein schöners Richt-Altar / kein angenehmer Mord

Wird unsern Göttern seyn / alß wenn in Band und Eisen

Die abgestraffte Schaar der gantzen Welt wird weisen /

Wie sehr ihr Aberwitz dem Himmel sey verhaßt.

Wil nun Fürst Hadrian von der so schweren Last /

Von diesem Zauber-Volck und Jüdischen Geschwüre

Glückseelig sich befreyn; sol ihm die Gnaden-Thüre

Der Götter offen stehn / sol Bürger und Soldat

In steter Wonne blühn / so setz' er unsern Rath

Doch aus den Augen nicht! Denn weil die Christen leben /

Kan Friede nicht im Reich / Ruh umb den Kaiser schweben;

HADRIANUS.

Ist keine lindre Kuhr zu heilen diesen Brand?

HELIODORUS.

Nein! Wo genesen sol Stadt / Tempel / Thron / und Land!

HADRIANUS.

Stadt / Tempel / Thron und Land wird Jupiter beschützen.

EPICTETUS.

Er schützt nicht / wenn man nicht wil auf die Frevler blitzen!

HADRIANUS.

Vielleicht verändert sich ihr falschgesinnter Wahn.

ANTONINUS.

Es wird kein Rabe nicht zum Kreidenweissen Schwan.

HADRIANUS.

Der Nebel des Gemüths weicht den Gewissens-Sonnen.

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Der Nebel des Gemüths wird durch kein Licht gewonnen.[44]

HADRIANUS.

Den Nebel des Gemüths vertreibt des Glaubens-Glantz.

SALVIUS JULIANUS.

Ja; wo nicht die Vernunft prangt mit dem Sieges-Krantz.

HADRIANUS.

Das Schau-Glaß der Vernunft wird nicht den Glauben dämpfen.

SEPTITIUS CLARUS.

Der Glaube sinckt ins Grab / wenn die Vernunft wil kämpfen.

HADRIANUS.

Vernunft und Glaube kan in einer Seele stehn:

HELIODORUS.

Sie können beyde nicht der Götter Dienst erhöhn.

HADRIANUS.

Genung! So dienen nichts die angezognen Mittel?

EPICTETUS.

Kein besser Mittel ist / alß nur der Sterbe-Kittel;

HADRIANUS.

Der Sterbe-Kittel wird verdunckeln unsern Schmuck.

ANTONINUS.

Hierdurch vergrößert sich des Kaisers göldner Rock.

HADRIANUS.

Je mehr man auf sie stürmt / ie mehr sie sich erweitern.

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Deß Kaisers Sinnen-Schiff muß an dem Fels nicht scheitern.[45]

HADRIANUS.

Sie sind an Fruchtbarkeit der gift'gen Hydra gleich.

SALVIUS JULIANUS.

Es wird die Mißgeburt doch endlich werden bleich.

HADRIANUS.

Soll denn das große Rom sich voller leichen schauen?

SEPTITIUS CLARUS.

Vor Christen-äßern muß den Römern gar nicht grauen!

HADRIANUS.

Soll sich der Tyber-Strohm verkehrn in schwartzes Blut?

HELIODORUS.

Solch Blut beflecket nicht die sanfte Tyber-Flut.

HADRIANUS.

Wie wenn sie für und für im düstern Kercker blieben?

EPICTETUS.

Hiedurch wird diese Pest aus Welschland nicht vertrieben!

HADRIANUS.

Wer im Gefängniß sitzt / lebt sonder alle Macht.

ANTONINUS.

Die gröste Büberey herrscht oft ins Kerckers Schacht.

HADRIANUS.

Durch starcke Wache kan diß Unheil man verhütten.

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Man muß mit einem Schlag der Christen Schwarm zerrütten.[46]

HADRIANUS.

Es läßt die Christen sich nicht tödten auf ein mahl.

SALVIUS JULIANUS.

Dort brenne Zang' und Glut; Hier schneide Strick und Stahl!

HADRIANUS.

Hat sich doch Antonin der Menge kaum erwehret.14

SEPTITIUS CLARUS.

Rom ist von Schwerdt / und Beil / und Foltern nicht entlehret.

HADRIANUS.

Es sey! Hilfft Gütte nichts / so helffe Grimm und Blitz!

HELIODORUS.

O längst-gewündschter Schluß! So grünt deß Kaisers Sitz!

EPICTETUS.

So wird der Römer Haupt des Himmels Gunst genüssen!

ANTONINUS.

So wird die Themis sich mit Fried' und Eintracht küssen!

SVETONIUS TRANQUILLUS.

So wird das Capitol in schönster Blühte stehn!

SALVIUS JULIANUS.

So wird des Kaisers Ruhm zu keiner Zeit vergehn!

SEPTITIUS CLARUS.

So wird das Krieges-heer in tausend Freuden schweben!

HELIODORUS. EPICTETUS. ANTONINUS. SVETONIUS TRANQUILLUS. SALVIUS JULIANUS. SEPTITIUS CLARUS.

So wird Fürst Hadrian auch nach dem Tode leben!


[47] Jtztermelte Personen / Palladia. Honorius. Ein Page der Kaiserin.


HADRIANUS.

Was bringt Palladia mit unsrem Freund' Honor?

PALLADIA.

Der Kaiser gebe nach / daß man ihm trage vor Sophiens Aberwitz!

HADRIANUS.

Was läßt sich die gelüsten?

HONORIUS.

Sie hält sich zu der Schaar der Lastervollen Christen!

HADRIANUS.

Sophie? Die kluge Frau? Die wir stets werth geschätzt Der Kaiserlichen Gunst?

PALLADIA.

So ists! Sie ist verhetzt

Durch das verfluchte Volck! Wir haben selbst geschauet /

Wie vor den Tempeln ihr der alten Götter grauet /

Und wie sie Christum rühmt: nicht aber Sie allein

Hat dieses Gift bethört durch falschgeschminckten schein.

Die ärmsten Kinder sind auch leider so beflecket!

HADRIANUS.

Welch Teufel hat doch wohl den grausen Blitz erwecket

In der so edlen Seel' / und Lilgenreinen Brust?

HONORIUS.

Der Alexander ist ihr Labsal / Trost und Lust.[48]

HELIODORUS.

Der unverschämte Hund darff sich so viel erkühnen?

EPICTETUS.

Sind keine Hencker nicht / sind keine Folter-Bühnen

Vor diesen Buben dar?

PALLADIA.

Es ist was grössers noch

Von der Sophie verübt! Sie hat ins strenge Joch

Der steten Keuschheit auch viel Nymffen eingespannet /

Die sonsten nimmermehr die Lust der Eh' verbannet

Aus dem verliebten Hertz.

ANTONINUS.

Jsts möglich / was sie sagt?

HONORIUS.

Nicht anders!

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Hat Sophie die schnöde That gewagt?

SALVIUS JULIANUS.

Hat ihre Weißheit sich so freventlich vergangen?

SEPTITIUS CLARUS.

Hat die verdammte Lehr auch ihren Geist gefangen?

HADRIANUS.

Vermaledeites Weib! Was Rath zu dieser Sach?

HELIODORUS.

Hier muß sich zeigen bald die höchst-gerechte Rach![49]

EPICTETUS.

Hier muß man ohn Verzug sie vor den Richtstul fodern!

ANTONINUS.

Wer Laster-Flammen liebt / der mag darin verlodern.

SVETONIUS TRANQUILLUS.

Wer Gott und Kaiser trotzt / der fühle Straf und Pein /

SALVIUS JULIANUS.

Man schlüsse schleunig Sie in strenge Fessel ein!

SEPTITIUS CLARUS.

Die werden zweifelsfrey den Irrthum ihr vermindern.

HADRIANUS.

Geh stracks / Septitius / zu den verführten Sündern

Mit der Trabanten Schaar; entdecke / was uns drückt /

Daß durch den Abfall wir mit Sorgen seyn bestrickt:

Und wo sichs so verhält / so führ sie in den Ketten

Ohnsäumbar zu uns her / damit wir sie erretten /

Jmfall es möglich ist / aus diesem Labyrinth.

SEPTITIUS CLARUS.

Was Eure Majestät höchst-gnädig an mich sinnt /

Sol Augenblicks geschehn.

HADRIANUS.

So muß die Rach einbrechen!

PAGE DER KAISERIN.

Die Fürstin wünschet Ihn /Durchlauchster/itzt zu sprächen /

Und zwar gantz in geheim.[50]

HADRIANUS.

Die Fürstin mag uns schau'n!

Entweicht ins Vorgemach! – – –


Hadrianus. Julia Sabina.


JULIA SABINA.

– – – Mein Engel! Jch erstaun!

Jch weiß nicht / wo ich bin! Was hat man doch beschlossen?

Ach! Ist dann nicht genug unschuldig Blut vergossen?

HADRIANUS.

Mein Schatz / was zeigen uns die bangen Seuftzer an?

JULIA SABINA.

Der Christen Jammer macht / daß ich kaum Athmen kan?

HADRIANUS.

Welch toller Aberwitz reitzt sie zu solcher Klage?

JULIA SABINA.

Der grossen Götter Zorn und deß Gewissens Plage.

HADRIANUS.

Die Götter sind erfreut / wenn man die Hunde quält.

JULIA SABINA.

Jch zweifle / daß man so den rechten Zweck erwehlt?

HADRIANUS.

Hier ist kein Irrthum nicht: wir ehren unsre Götter.

JULIA SABINA.

Die Sanftmuth zieret schön deß Kaisers Lorber-Blätter.[51]

HADRIANUS.

Die Sanftmuth in dem Fall kommt nicht dem Kaiser zu.

JULIA SABINA.

Die Edle Tugend schafft dem Kaiser Fried und Ruh.

HADRIANUS.

Wir suchen Fried und Ruh in heil'gen Glaubens Sachen.

JULIA SABINA.

Jm Glauben läßt sich's nicht mit Blitz und Donner krachen.15

HADRIANUS.

Wohl / wenn Halßstarrigkeit sich gar nicht lencken wil.

JULIA SABINA.

Bescheidenheit und Glimpf / ist stets des Glaubens Ziel.

HADRIANUS.

Die Christen lassen sich durch keinen Glimpf bewegen.

JULIA SABINA.

Mehr alß durch Raserey und blutbeströhmte Degen.

HADRIANUS.

Das Richt-Beil muß gewetzt / der Dolch geschlieffen seyn.

JULIA SABINA.

Sie werden nur vermehrt durch angestrengte Pein.

HADRIANUS.

Je mehr das Unkraut wächst / ie mehr muß mans vertilgen.

JULIA SABINA.

Doch mit dem Unkraut nicht die weissen Unschulds-Lilgen.[52]

HADRIANUS.

Die Unschulds-Lilge krönt der Christen Scheitel nicht.

JULIA SABINA.

Jch schau nicht / welcher Trotz deß Kaisers Thron anficht.

HADRIANUS.

Ist diß nicht grosser Trotz / daß sie die Götter schmähen?

JULIA SABINA.

Man muß dem albern Volck was durch die Finger sehen.

HADRIANUS.

Es schadet die Gedult / wenns Gottes Ehr' angeht.

JULIA SABINA.

Der Götter Ehre wird durch die Gedult erhöht.

HADRIANUS.

Princeß / es lässet sich nicht mit den Göttern schertzen.

JULIA SABINA.

Die Götter lieben nur die göldnen Eintrachts-Kertzen.

HADRIANUS.

Wir suchen diese Kertz' in der Religion.

JULIA SABINA.

Wie leichtlich ändert sich der Seitenspiele Thon!

HADRIANUS.

Bey solcher änderung ist kein schön Lied zu hoffen.

JULIA SABINA.

Der Götter Tempel stehn so Gutt- alß Bösen offen.[53]

HADRIANUS.

Sie gehen zwar hinein / doch mit ungleichem Nutz.

JULIA SABINA.

Die Götter nehmen beid' in ihren Schirm und Schutz.

HADRIANUS.

Wie Fürstin? Schwärmet sie? Was sind das vor Gedancken?

JULIA SABINA.

Der Kaiser wolle doch von seinem Vorsatz wancken!

HADRIANUS.

Der Vorsatz bleibet fest! Die Christen müssen fort!

JULIA SABINA.

Sol denn das grosse Rom nichts sehn alß Rach und Mord!

HADRIANUS.

Viel besser Rach und Mord / alß Feinde unsrer Götter!

JULIA SABINA.

Ach! Sol denn die Sophie auch treffen dieses Wetter?

HADRIANUS.

Es trifft Sie / wo sie nicht den Irrthum von sich stößt.

JULIA SABINA.

Es wird den Frauen leicht ein Irrthum eingeflößt!

HADRIANUS.

Dehn Irrthum können auch die kleinsten Kinder wissen.

JULIA SABINA.

Mein Hertz! Er lasse sie doch Gnad' und Huld geniessen.[54]

HADRIANUS.

Es weichet Gnad' und Huld dem Gottgeweihten Recht.

JULIA SABINA.

Es ist ja Hadrian nicht des Gesetzes Knecht!

HADRIANUS.

Das Himmlische Gesetz wird hier den Ausgang zeigen.

JULIA SABINA.

Mein Schatz! Ach wo sich darff Sabina vor ihm neigen /

Sabina / derer Mund – –

HADRIANUS.

Stell' alle Seuftzer ein!

Dein Flehen ist umsonst! Es kan nicht anders seyn!


Der Schau-Platz verwandelt sich in der Sophie Bet-Zimmer. Sophia kniet vor einem Altar.

Sophia, zwey Engel. Fides. Spes. Charitas.


SOPHIA.

Mein JESU! Schau ich an die grosse Liebes-Flamme /

Womit du mich bestrahlt ans Creutzes heil'gem Stamme /

So muß mein brennend Hertz vor Liebe fast vergehn:

Denn deine Liebe kan kein Redner satt erhöhn!

Mein Bräut'gam! Lasse mich doch diese lieb' erfreuen /

Wann mir der Kaiser wird mit tausend Plagen dreuen.

Begnade mich / mein Gott / mit unverzagtem Muth!

Hier opfert dir Sophie Leib / Kinder / Seel' und Guth!


[55] Zwey Engel erscheinen in der Luft / welche bey vorstellung einer Diamantenen Lorber-Krone nebst diesen Feuerflammenden Wörtern: Legitime Certantibus. die Sophie also ansingen:


Sey getreu in aller Noth!

Uberwinde Welt und Tod!

So wird man in jenem Leben

Dir die Ehren-Krone geben!


Die Engel verschwinden.


SOPHIA.

Welch Sonnenheller Glantz erleuchtet mein Gesicht!

Wie? Schau ich Engel hier? O gnadenreiches Licht!

Jedoch was werden mir die blassen Kinder bringen?

FIDES.

Soldaten wollen sich durch Hof und Garten dringen!

SPES.

Ach! Laßt uns eilends fliehn / daß uns der Feind nicht find't.

CHARITAS.

Wo sie / Frau Mutter / bleibt / da bleibet auch ihr Kind!

SOPHIA.

Getrost! Die Tyranney mag alle Qual entdecken!

Ein Gottverlobter Geist läßt sich kein Wetter schrecken.


[56] Sophia. Fides. Spes. Charitas. Septitius Clarus, Nebst einer Menge Römischer Soldaten.


SOPHIA.

Was bringt Septitius mit der bewehrten Schaar?

Sucht man Sophiens Tod / und ihrer Kinder Bahr?

SEPTITIUS CLARUS.

Frau / derer Liebligkeit das grosse Rom erquicket /

Der Pallas Seel' und Geist / den Leib Dione schmücket /

Verzeiht / daß Clarus itzt eur Paradies besucht!

Sie weiß / die Christen sind von Gott und Welt verflucht;

Sie weiß deß Kaisers Schluß / daß / wer sich wird erkühnen

Den Hunden beyzufall'n / auf strengen Folter-Bühnen

In höchster Schmach und Angst sol schliessen Aug' und Mund.

Hier ist der Fürst bestürtzt / daß den verdammten Bund

Sophiens kluger Witz so thöricht eingegangen /

Und daß die gift'ge Pest die Kinder auch gefangen.

Weil nun ihr scheiternd Heil sein sorgend Hertz bestrickt /

So hat er seinen Knecht höchstschleunig abgeschickt /

Zu schau'n / ob nicht Sophie aus dem Morast zu ziehen /

Wo nichts alß Teufels-Fuß / Napel und Disteln blühen.

Jch selber bin betrübt / und wündsche / daß ihr Witz

Die Gnaden-Sonn' erwähl' vor eifer-schwangren Blitz.

SOPHIA.

Mein Freund! Daß noch der Fürst ist seiner Magd geneiget /

Daß ihr Gedächtniß ihm noch ins Gemüthe steiget /

Ist freylich grosse Gunst / die billich rühmens werth!

Jch bleib' ihm auch verpflicht / biß sich mein Leib verzehrt!

Allein / daß Sorgen ihm die sanfte Brust durchnagen /

Weil ich dem Götzendienst der Heiden abzusagen /

Mich freudig hab erklärt / und Jesu anvertraut /[57]

Da kan ich nicht davor! Mein Heil ist nun gebaut

Auf einen solchen Grund / den weder Sturm / noch Wellen /

Noch grimme Tyranney kan brechen und zerschellen!

SEPTITIUS CLARUS.

Jch fürchte / daß der Grund wird brechen / eh' mans meint!

SOPHIA.

Den Monden acht ich nichts / wenn mir die Sonne scheint!

SEPTITIUS CLARUS.

Welch Irrwisch / welch Comet / reitzt sie zu solcher Lehre?

SOPHIA.

Das innerliche Licht / deß wahren Gottes Ehre.

SEPTITIUS CLARUS.

Sie schaut vor Sonn' und Stern ein falsches Irrlicht an!

SOPHIA.

Diß Irrlicht führet uns zur rechten Sternen-Bahn!

FIDES.

Diß Irrlicht führet uns zur rechten Himmels-Wiese!

SPES.

Diß Irrlicht führet uns zum rechten Paradiese!

CHARITAS.

Diß Irrlicht führet uns ins rechte Bluhmen-Thal!

SEPTITIUS CLARUS.

Die schönste Bluhme prangt im Kaiserlichen Saal.

CHARITAS.

Den Kaiserlichen Saal wird nicht die Zeit verschonen.[58]

SPES.

Es fallen leicht entzwey die schönsten Kaiser-Krohnen.

FIDES.

Kein irdisch Paradies wird für und für bestehn!

SEPTITIUS CLARUS.

Es wird der Kaiser Euch den Sternen gleich erhöh'n /

Die Mutter auf den Thron der höchsten Ehre setzen.

FIDES. SPES UND CHARITAS.

Uns kan der falsche Dunst der Ehre nicht ergötzen!

SEPTITIUS CLARUS.

Sophie! Wie hat sie doch die Kinder so verführt!

SOPHIA.

Die Kinder sind nunmehr mit höchstem Schmuck geziehrt.

SEPTITIUS CLARUS.

Wil sie deß Kaisers Gunst / ihr eigen Glück vermindern?

SOPHIA.

Es sol mich beydes nicht an meiner Seele hindern.

SEPTITIUS CLARUS.

Ach! Sie bedencke doch die Wollust unsrer Zeit!

SOPHIA.

Die Wollust leitet uns nicht zu der Seeligkeit!

SEPTITIUS CLARUS.

Der Kaiser sehnet sich nach ihren Marmel-Brüsten.

SOPHIA.

Es darff den Kaiser nicht nach meiner Brust gelüsten.[59]

SEPTITIUS CLARUS.

Der ist des Glückes Kind / den Hadrianus liebt.

SOPHIA.

Durch seine Liebe wird mein Hertze nur betrübt!

SEPTITIUS CLARUS.

So wil sie sonder Eh' im düstern Winckel bleiben?

SOPHIA.

Mich werden Engel hier ins Buch des Lebens schreiben.

SEPTITIUS CLARUS.

Genug! So ist Sophie dann zu bewegen nicht?

SOPHIA.

Nein! Christo hab ich mich biß in mein Grab verpflicht!

SEPTITIUS CLARUS.

So wird sie mir verzeih'n / was ich gezwungen thue!

SOPHIA.

Glaubt / daß auf eurem Thun mein gröstes Glück beruhe!

SEPTITIUS CLARUS.

Schlüßt mit den Kindern sie stracks in die Fessel ein!

SOPHIA. FIDES. SPES. CHARITAS.

Die werden unser Ruhm und schönster Siegs-Krantz seyn.[60]


Reyen


Der Christen und Christinnen mit der Göttlichen Barmhertzigkeit.

Der Schau-Platz bildet ab eine unterirdische Höle in Rom.


DIE CHRISTEN.

So können auch in unterird'schen Hölen

Die Christen nicht mehr sicher seyn?

Wil Hadrian uns in der Gruft entseelen

Durch jammer reiche Qual und Pein?

Ach Weh! Ach Noth! Ach felsenschwere Schmertzen!

Wem gehet wol diß Elend nicht zu Hertzen?

DIE CHRISTINNEN.

Wie seelig ist / wer sonder Furcht und Zagen

Die göldne Sonne schauen kan!

Der sich getrost darff auf die Strassen wagen /

Und wandeln auf der freyen Bahn!

Uns leider ist diß Glücke nicht bescheret:

Weil Heid' und Neid der Christen Blut verzehret!

DIE CHRISTEN.

Du göldnes Rom / du Kaiserin der Erden /

Wie wird dein Capitol verstellt!

Wil denn dein Glantz zu einer Hölle werden /

Den man vor einen Himmel hält?

Sol für und für der Heiden Bosheit rasen /

Und Gift und Mord auf Christus Kirche blasen?

DIE CHRISTINNEN.

Die Themis sol uns ärmste nicht mehr kennen /

Sie trägt nur Säbeln in der Hand!

Wer einen Christ sich bloß erkühnt zu nennen /

Der sinckt bluttrieffend in den Sand;[61]

Und wer nicht wil die todten Götzen preisen /

Dem lohnt man ab mit Schwefel / Pech und Eisen!

DER I. CHRISTEN.

Elender Stand! Ach Leben-loses Leben!

DIE I. CHRISTINNEN.

Wir sehen nichts / alß Schrecken / Angst und Leid!

DER II. CHRISTEN.

Was wird man uns für einen Abschied geben?

DIE II. CHRISTINNEN.

Wer weiß / was uns vor Marter ist bereit!

DER III. CHRISTEN.

Wird man den Leib auf lichte Kohlen legen?16

DIE III. CHRISTINNEN.

Wird fliessend Bley die Lippen schliessen zu?

DER IV. CHRISTEN.

Wird man die Brust mit Holtz und Bein durchseegen?

DIE IV. CHRISTINNEN.

Ein glüend Pferd uns bringen in die Ruh?

DIE I. CHRISTINNEN.

Wird uns ein Rad die morschen Glieder brechen?

DER I. CHRISTEN.

Ein Eisern Pfal durchbohren in der Luft?

DIE II. CHRISTINNEN.

Wird man mit Lantz und Pfriemern uns durchstechen?[62]

DER II. CHRISTEN.

Noch lebendig verscharren in die Gruft?

DIE III. CHRISTINNEN.

Wird man den Geist mit Zangen uns entrücken?

DER III. CHRISTEN.

Mit einer Klau? Mit Riemen schwer von Bley?

DIE IV. CHRISTINNEN.

Wird man den Kopf in Mörseln uns zerstücken?

DER IV. CHRISTEN.

Deß Leibes Bau zermalmen Bäer und Leu?

DER I. CHRISTEN.

Wird Kett und Strick das Leben uns verkürtzen?

DIE I. CHRISTINNEN.

Der Geilheit Zwang die Rosen brechen ab?

DER II. CHRISTEN.

Wird man uns von Tarpejus Felsen stürtzen?

DIE II. CHRISTINNEN.

Der Tyber Strom seyn unser Sarg und Grab?

DER III. CHRISTEN.

Wird man bey Nacht alß Fackeln uns gebrauchen?

DIE III. CHRISTINNEN.

Den zarten Halß durchschneiden Schwert und Beil?

DER IV. CHRISTEN.

Wird unser Fleisch ins Kessels Glutt verrauchen?[63]

DIE IV. CHRISTIN.

Wird oder uns entseelen Keil und Pfeil?

DER I. CHRIST.

Ach!

DIE I. CHRISTIN.

Ach!

DER II. CHRIST.

Ach!

DIE II. CHRISTIN.

Ach!

DER III. CHRIST.

Ach!

DIE III. CHRISTIN.

Ach!

DER IV. CHRIST.

Ach!

DIE IV. CHRISTIN.

Ach!

ALLE zusammen.

Ach! Ach!

DER I. CHRIST.

Rach!

DIE I. CHRISTIN.

Rach![64]

DER II. CHRIST.

Rach!

DIE II. CHRISTIN.

Rach!

DER III. CHRIST.

Rach!

DIE III. CHRISTIN.

Rach!

DER IV. CHRIST.

Rach!

DIE IV. CHRISTIN.

Rach!

ALLE zusammen.

Rach! Rach!


Ach! Heiland / Ach! Schau doch auf deine Sclaven!

Verlasse nicht das Häufflein so dich ehrt /

Führ uns doch ein in den gewündschten Hafen /

Wo man mit Lust das Dreymahl heilig hört!

So werden wir diß Jammervolle Leben

Vor dich getrost in die Rapuse geben /

Und deinen Ruhm erheben!

DIE GÖTTLICHE BARMHERTZIGKEIT erscheinet in den Wolcken / und singet die knienden Christen also an.

Betrübteste / laßt schwinden Furcht und Leid!

Jmfall ihr nur liebt die Beständigkeit /[65]

So wird die Gruft euch noch auf dieser Erden

Zum Paradies und schönsten Himmel werden.

Gold wird durch Glutt / ein Geist durch Angst bewehrt /

Glaubt / Liebste glaubt / wird schon eur Leib verzehrt /

Doch muß euch stets die Seele gantz verbleiben /

Wenn man sie wird ins Buch des Lebens schreiben.

Schaut diesen Zweig! Schaut diese Lorber-Krohn!

Diß Sieges-Mahl wird seyn eur schönster Lohn!

Denn wer hier wird Fleisch / Welt und Tod verhönen /

Den werden dort die Seraphinen krönen.


Sie verschwindet.


DIE CHRISTEN UND CHRISTINNEN zusammen.

O süsser Trost / den uns der Himmel giebt!

Nun werden wir durch keine Qual betrübt!

Man mag auf uns viel tausend Klingen wetzen /

Mit Bäer und Löw' uns auf dem Schau-Platz hetzen!

Doch werden wir stets unter diesem Streit

Mit grossem Helden-Muth schaun nach der Ewigkeit.

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 40-66.
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Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

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