Die dritte Abhandlung.

[66] Der Schau-Platz stellet vor einen grossen Richt-Saal / nebst einer Heidnischen Capelle.

Hadrianus. Heliodorus. Epictetus. Antoninus. Svetonius. Julianus. Palladia. Honorius. Septitius. Sophia. Fides. Spes. Charitas. Die Hof-Leute /Pagen / Mohren / Kriegsbediente / und Trabanten.


HADRIANUS.

Wer sich in tollem Wahn den Göttern widersetzet /

Deß Kaisers Schlüsse trotzt / das heil'ge Recht verletzet /

Der Ahnen Glantz beschimpft / das Vaterland betrübt /

Dem schwartzen Rhadamant die theure Seel' ergiebt /

Auf dessen Scheitel wird die Themis schrecklich krachen!

Frau / derer Schönheit kan die Todte lebend machen /

Die du im grossen Rom von Aedlen bist erzeugt /

Von Aedlen / derer Lob noch Ost noch West verschweigt /

Welch Wahn hat dich verblend't / daß du die alten Götter /

Deß Römschen Kaiserthums hochmächtigste Erretter /

Vor Galiläer Gift und garst'ges Christen Blut

So liederlich vertauscht? Ha! unverschämter Muth!

Ist dir des Kaisers-Schluß ein blosser Dunst und Schatten?

Wil dein verblendter Geist mit Teufeln sich begatten?

Wilstu der Kinder Schaar dem höllschen Abgrund weih'n?

Wilstu in Nacht verkehr'n der Ahnen göldnen Schein?

Jedoch weil Frauen leicht ein Irrweg kan verführen /

So wirstu Gnad' und Huld vor Pein und Straffe spühren /

So wird der Kaiser dich mit steter Gunst umfah'n /[67]

Jmfall du lassen wirst die Dornenvolle Bahn /

Und dich zum Paradies der alten Götter wenden.

SOPHIA.

Mein Fürst / wer an den Port des höchsten Glücks wil lenden /

Wem die Narcisse sol der wahren Ehre blüh'n /

In dessen Seele muß der rechte Glaub' einziehn /

Denn dieses Kleinod kan noch Zeit noch Tod verletzen.

Der Schatz beruht nun nicht auf unbeseelten Götzen /

Die blosser Aberwitz und die Vernunft erdicht!

Ach nein! Deß Glaubens Glantz und silberklares Licht17

Entspringt aus jenem Licht / daß alle Himmels-Kertzen /

Den dunckeln Kreiß der Welt / der Menschen finstre Hertzen

Mit Gnadenreichem Strahl erleuchtet für und für.

Daß nun Sophie erkiest die reine Seelen Zier /

Daß nebst den Kindern sie des Himmels Erbtheil suchet /

Und was sie ewig stürtzt / mit guttem Grund verfluchet /

Da wird der Kaiser Jhr nichts übels mässen zu.

HADRIANUS.

Welch Licht ertheilt dir denn die wahre Glaubens Ruh?

HELIODORUS.

Welch Licht ertheilt dir denn die wahre Glaubens-Sonne?

EPICTETUS.

Welch Licht ertheilt dir denn die wahre Glaubens-Wonne?

ANTONINUS.

Welch Licht ertheilt dir denn des Glaubens reinen Glantz?

SVETONIUS.

Welch Licht ertheilt dir denn des Glaubens Sieges-Krantz?

JULIANUS.

Welch Licht ertheilt dir denn die wahre Glaubens-Kertze?[68]

SEPTITIUS.

Welch Licht ertheilt dir denn ein solch erleuchtet Hertze?

PALLADIA.

Welch Licht ertheilt dir denn das rechte Glaubens Pfand?

HONORIUS.

Welch Licht ertheilt dir denn des Glaubens Diamant?

SOPHIA.

Mich wundert / daß das Licht der Weißheit Euch nicht scheinet /

Und daß eur hoher Sinn mich nur zu spotten meinet!

Deß wahren Gottes Sohn / der / alß die Zeit erfüllt /

Aus grosser Liebe sich in unser Fleisch verhüllt /

Der sein hochheil'ges Blut am Creutz vor uns vergossen /

Durch seine Himmelfarth den Himmel aufgeschlossen /

Der zu der rechten Hand deß Ew'gen Vaters sitzt /

Der Tugenden bekrönt / und auf die Laster blitzt /

Und der uns schencken wird deß Paradieses Wonne /

Der ist mein göldnes Licht / und schönste Glaubens Sonne!

HADRIANUS.

Ach Thorheit sonder gleich! Wer hat dich so verblendt?

SOPHIA.

Der siehet mehr alß wol / der Gottes Allmacht kennt.

HELIODORUS.

Du betest diesen an / der an dem Creutz gestorben?

SOPHIA.

Und der die Ehren-Krohn' uns durch sein Creutz erworben.

EPICTETUS.

Wer todt ist / bleibet todt / und steht nicht wieder auf![69]

SOPHIA.

Der Fürst hemmt auch im Tod dem Tode seinen Lauff.

ANTONINUS.

Ein rechter Gott stirbt nicht / nur blosse Menschen sterben.

SOPHIA.

Es muste Gott und Mensch den Himmel uns erwerben.

SVETONIUS.

Wie kan doch Gott und Mensch in einem Leibe stehn?

SOPHIA.

Hier muß sich die Vernunft nicht über'n Glaub'n erhöhn.

JULIANUS.

Der Glaube sol euch stets zu einem Mantel dienen!

SOPHIA.

Wer Christlich glaubt und lebt / wird einst in Eden grünen.

SEPTITIUS.

Wer Christlich glaubt und lebt / ist ärger alß ein Schwein.

SOPHIA.

Ein falsch Geschrey muß nicht der Unschuld Hencker seyn.

PALLADIA.

Es weist's ihr Ausgang aus / wie sich die Christen halten.

SOPHIA.

Oft muß die Tugend selbst in höchster Schmach erkalten.

HONORIUS.

Der Tugend Majestät kennt Hund und Tyger nicht.[70]

SOPHIA.

Gott und der Tugend sind die Christen stets verpflicht.

HADRIANUS.

Sophie! Bedencke doch Stand / Schönheit / Kinder / Jugend!

SOPHIA.

Sie gehen alle nach der Gottverlobten Tugend.18

HADRIANUS.

Geneuß doch dieser Welt! Bequäme dich der Zeit!

SOPHIA.

Ich ziele nach der Lust der wahren Seeligkeit.

HADRIANUS.

Die wahre Seeligkeit beruht auf dem Altare.

SOPHIA.

Wer dem Altare dient / der stürtzt sich auf die Bahre.

HADRIANUS.

Mein Kind! geh! Wirff doch was von Weirauch in die Glutt!

SOPHIA.

Wer diese Flammen ehrt / der kommt umb Seel' und Blutt.

HADRIANUS.

Durchaus verwehntes Weib! Durchaus verstockte Sinnen!

Führt uns die Kinder her! Euch sol die Ehre spinnen

Den schönsten Purpur Rock! Die Wollust aller Welt

Sol Euch zu Dienste stehn / wofern ihr willig stellt

Euch vor den Opfer-Tisch der Göttlichen Dianen.

Folgt / liebsten Engel / doch den hochberühmten Ahnen /

Aus dehnen ihr entsproßt! Folgt ihrem Glaubens-Licht!

Streut Weirauch aufs Altar / und leistet eure Pflicht![71]

FIDES.

Die Pflicht ist keine Pflicht / die wieder das Gewissen /

Und Seel' und Glauben kämpft! Sol ich den Abgott küssen?

Das stumme Götzen-Bild / das weder sieht noch hört?

Nein / grosser Kaiser! Nein! Mein Glaube wird versehrt

Durch keine Dünste nicht der falschgeschminckten Erden /

Noch durch ein Gauckelwerck verliebtester Geberden.

Jch bleibe dem getreu / der mir die Krohne schenckt /

Die keine Raserei der tollen Feinde kränckt.

Drumb wolle mich der Fürst in diesem Werck verschonen!

SPES.

Mein Herr! Wir achten nichts die Goldbesteinten Krohnen /

Die Kleider aus Scarlat / so uns dein Mund verspricht:

Denn dieses Schatten Werck erblaßt ob jenem Licht /

Das uns den rechten Weg kan zu dem Himmel weisen.

Wie solte nun mein Hertz den schnöden Abgott preisen?

Wie solt' ich dehn umb Schutz demüttig ruffen an /

Der / wenn ein Unglück blitzt / sich selbst nicht schützen kan?

Und dehm so Zeit alß Neid die Grabe-Lieder singen?

Nein! Grosser Kaiser! Nein! Spes ist nicht zu bezwingen!

CHARITAS.

Mein Fürst! Wer treulich liebt / siegt über Höll' und Tod:

Jch lieb' auch / aber nicht den Lastervollen Koth

Deß schnöden Götzen-Diensts / der Seel' und Sinn beflecket!

Ach nein! Jch liebe dehn / der mich vom Tod' erwecket

Deß düstern Heidenthums / der mir die Krohne reicht /

Die nimmermehr vergeht / die nimmermehr erbleicht!

Drumb liebt der Kaiser mich / so lieb er meine Flammen!

SOPHIA.

Recht so! Jhr Kinder! Recht! So müssen wir verdammen

Den Nebel dieser Welt / der nichts alß Blitz gebiehrt!

Fahrt fort in solcher Treu! Wer treu bleibt! wird geziehrt![72]

FIDES. SPES UND CHARITAS.

Uns sol noch Lust / noch Pein auf einen Irrweg leiten!

HADRIANUS.

Wie fühl' ich Lieb' und Ehr in meiner Seele streiten!

Jhr Götter! Ach ich bin / ich bin / ich bin verwund't!

Jedoch bezwinge dich! O höchst verfluchter Bund!

Verteufelt falscher Wahn! Wollt ihr den Kaiser pochen?

Allein was wollen wir der zarten Unschuld fluchen?

Die ärmsten sind verführt durch ihrer Mutter Wahn:

Drumb bindet diesen Wurm an eine Ceder an

Jm Garten unsrer Burg ohn' eintziges verweilen /

Biß er den Lohn empfängt von uns mit scharffen Pfeilen.

Jhr aber seid bemüht umb dieser Kinder Glück

Mit Gaben und Geschenck / und wie man sie erquick:

Hilfft dann die Gütte nichts / so mag die Pein sie zwingen!

HELIODORUS, EPICTETUS, ANTONINUS UND SVETONIUS.

Wir werden ohn Verzug deß Kaisers Schluß vollbringen.


Heliodorus. Epictetus. Antoninus Septitius. Fides. Spes. Charitas. Hadrianus. Unterschiedliche Soldaten Pagen und Hencker.


HELIODORUS.

Jhr Kleeblat schönster Frucht / Jhr Rosen dieser Welt /

Bey derer Anmuth selbst Cupido wache hält /

Ach beugt doch euren Sinn / und laßt die Thorheit fahren!

Jch schwer' / es sol mit Euch das höchste Glück sich paaren![73]

EPICTETUS.

Du Lilgenweisses Bild! Ach Fides! Ach! Gib nach!

Dein Glaube führt dich nicht auf das besternte Dach!

Dein Glaube wird allein durch diß Altar beglücket.


Zwey Pagen bringen allerhand Geschencke.


Schau was der Kaiser dir in diesem silber schicket!

Wie gläntzt die Kette doch! Wie spielt der Diamant!

Wie fünckelt dieses Kleid / und Perlenreiche Band!

Durch diß wil Juno dich zu einer Göttin machen /

Wo du Dianens Bild holdseelig an-wirst-lachen.

FIDES.

Weg mit dem Schatten! Weg! Des Glaubens Angesicht

Darff Schmincke / Steine / Perl' und Gold / und Purpur nicht!

So Juno alß Dian sind Athemlose Götzen;

Wir suchen jenes Guth / das niemand kan verletzen /

Und das noch Zeit noch Tod aus unsrer Seele reißt!

ANTONINUS.

Ach wunderschöne Spes! Du Hoffnungsvoller Geist!

Wo deine Klugheit wil auf unsre Göttin hoffen /

So steht dir auf der Welt ein ird'scher Himmel offen!


Zwey Knaben treten auf / einer mit einer Schale Zuckerwerck; der ander mit einem Pocal Geträncke.


Versuche doch den Tranck / diß Genueser Werck /

Daß deiner Brust ertheilt recht über ird'sche Stärck /

Und mit Unsterbligkeit dein zartes Hertze kröhnet!

SPES.

Weg mit dem Nebel! Weg! Mein Hoffnungs Ancker lehnet

Sich nicht auf dises Eiß / das Augenblicks zerspringt![74]

Diß ist die Angel nicht / die unsern Geist bezwingt!

Ach nein! Das Himmel-Brod / der Nectar / den wir küssen /

Kan auch die Koloquinth der schärffsten Pein versüssen!

SEPTITIUS.

Ach liebste Charitas! Du Engel unsrer Zeit!


Drey Cupidines erscheinen / welche der Charitas trefflich liebkosen / aber nichts ausrichten.


Schau was vor Freude dir der Römer Haupt bereit!

Schau / wie umb deine Brust die liebes Götter lachen!

Sie wollen dich / O Kind / zu ihrer Venus machen!

Liß einen Bräut'gam dir aus diesem Kleeblatt aus /

Und ehre neben uns diß Gottgeweihte Haus;

So wird kein schwartzer Stern dein liebend Hertz betrüben!

CHARITAS.

Weg mit dem Gauckelwerck! Diß Lieben ist kein Lieben /

Daß sich bezaubern läßt die Wollust dieser Welt!

Eur Arbeit ist umbsonst / daß ihr mir Netze stellt /

Daß ihr durch Mummerey mein Auge wolt verblenden /

Und einen falschen Gott aus eurem Himmel senden!

Mein unbeflecktes Hertz hat Jesu sich vertraut:

Er ist mein süsser Schatz / und ich bin seine Braut!

HELIODORUS.

O Marmorharter Sinn! Man muß den Schwarm zertrennen:19

Führt die zwey Jüngsten weg! Ach! Wilstu nicht erkennen

Der Warheit helles Licht? Ach Fides! Geh in dich!

Du trägst in deiner Hand Heil / Leben / Tod / und Stich.

EPICTETUS.

Mein Kind! Bedencke doch die tausendfachen Plagen![75]

ANTONINUS.

Mein Kind! Bedencke doch der Mutter herbes Klagen!

SEPTITIUS.

Mein Kind! Bedencke doch den Schimpf der Henckerey!

FIDES.

Der Schluß ist fest gemacht: Jch bleibe Gott getreu!

EPICTETUS.

Führt diese Natter weg / und laßt die Mittlre kommen!

Ist deine Seele nun dem Labyrinth entnommen?

Beliebt nun deinem Geist der Alten Götter Lehr?

Ach schone deiner selbst / und gieb uns gutt Gehör!

HELIODORUS.

Ach schone deiner selbst! Sonst schaustu Folter-Kertzen!

ANTONINUS.

Ach schone deiner selbst! Sonst fühlstu Pein und Schmertzen!

SEPTITIUS.

Ach schone deiner selbst! Sonst wirstu nicht beklagt!

SPES.

Der Schluß ist fest gemacht: Jch bleibe Christus Magd!

ANTONINUS.

Führt diese Schlang' auch weg / und laßt die Jüngst' erscheinen!

Die Schwestern wollen nun den falschen Wahn verneinen /

Sie sagen Christo ab / und ehren diß Altar:

Drumb stürtz dich nicht allein so schändlich in Gefahr![76]

EPICTETUS.

Folg' ihrem Beyspiel nach! Dich wird kein Mensch verdammen!

HELIODORUS.

Folg ihrem Beyspiel nach! Und opfre diesen Flammen!

SEPTITIUS.

Folg ihrem Beyspiel nach! So liebt dich alle Welt.

CHARITAS.

Ach! Wo der Schwestern Treu so teuflisch sich verstellt /

Wo sie den wahren Gott so liederlich verlassen /

So müsse Qual und Angst ihr zitternd Hertz umfassen!

Alleine glaubt ihr wol / daß Charitas diß glaubt?

Ach nein! Durch solche List wird mir gar nicht geraubt

Des Glaubens edler Schatz! Braucht alle Marter-Zeichen!

Jch werde dennoch nicht von meinem JESUS weichen.

EPICTETUS.

O Höchst-verfluchter Schluß! Nun! Die Gedult reißt aus!

Wer Gott und Kaiser trotzt / der fall' in Asch' und Grauß!

Hohlt die zwey Bestien! Solt ihr uns diß beweisen?

Auf! Bringet Foltern / Pech / Bley / Pfriemer / Ruthen / Eisen!

FIDES.

Der Glaube gegen Gott besieget alle Qual.

SPES.

Die Hoffnung gegen Gott verlachet Strick und Stahl.

CHARITAS.

Die Liebe gegen Gott kan ieden Schmertz bezwingen.[77]

HELIODORUS.

Der Muth ist trefflich groß! Jhr werd't bald anders singen!

ANTONINUS.

Es ist kein Schertz dabey / wenn man die Folter fühlt.

SEPTITIUS.

Der würtzt Ihm nur die Pein / der mit der Straffe spielt!

EPICTETUS.

Entblösset diesem Wurm den Felsenharten Rücken.

FIDES.

Hat doch mein Heiland auch sich also müssen bücken.

HELIODORUS.

Peitscht / biß ihr gift'ges Blut aus allen Adern springt:20

FIDES.

Mein Gott! Schau / wie dein Feind die Unschuld quält und zwingt!

ANTONINUS.

Wofern dein Gott ein Gott / so mag er dich auch schützen!

FIDES.

Er wird / eh mans vermeint / auf eure Häupter blitzen.

SEPTITIUS.

Schaut mir doch den Prophet / die kluge Pallas an!

FIDES.

Mein Jesus steh mir bey / wenn ich nicht Athmen kan!

EPICTETUS.

Genug! Laßt diese Ruhn! Spannt an die andre Schlange![78]

SPES.

Mir ist in diesem Werck vor keiner Marter bange.

HELIODORUS.

Sprützt siedendheisses Bley der Natter auf die Brust:

SPES.

Die Pein vor Christus Ehr' ist meine beste Lust.

ANTONINUS.

Er mag nun Ehr' und Ruhm an dir / du Wurm / beweisen!

SPES.

Jch werde biß ins Grab sein Vater-Hertze preisen.

SEPTITIUS.

Ein Vater läßt sein Kind nicht so verlassen stehn!

SPES.

Er wird auch lassen mich in keiner Angst vergehn!

EPICTETUS.

O blinder Aberwitz! Recht thörichte Gedancken!

SPES.

Mein Jesus / Bleib bey mir / so werd ich auch nicht wancken!

HELIODORUS.

Zerreißt mit Klauen ihr Leib / Wangen / Brüst' und Hand!21

SPES.

Hiedurch gelanget man ins rechte Vaterland!

ANTONINUS.

Wo Pech und Schwefel rauscht und Kröt- und Schlangen zischen.[79]

EPICTETUS.

Man muß (die Ohnmacht kommt!) mit Wasser sie erfrischen!

SEPTITIUS.

Laßt Strick und Folter nach / sonst möchte sie vergehn!

SPES.

Wo bin ich! Leb ich noch! Schau ich hier Engel stehn!

EPICTETUS.

Quält nun den kleinsten Molch! der mag indeß verblasen.

CHARITAS.

Die wahre Liebe steht / wenn tausend Wetter raasen.

HELIODORUS.

Knüpfft den verdammten Leib an dieses Kreutze an!

CHARITAS.

Es ist das Creutze stets der Liebe Sieges-Fahn.

ANTONINUS.

Durchbohrt mit Pfriemen ihr Brust / Armen / Füß' und Seiten.22

CHARITAS.

Durch die wird Charitas das Paradies beschreiten.

SEPTITIUS.

Wo Tantalus sich quält / und Rhadamantus blitzt!

CHARITAS.

Wo JESUS seine Schaar mit starcker Macht beschützt.

EPICTETUS.

Dieß schwartze Blut zeigt an der Christen schwartze Lehre.[80]

CHARITAS.

Dieß Blut vergiesse ich zu meines Bräutgams Ehre.

HELIODORUS.

Der Dorn und Disteln gibt vor eine Lorber-Kron.

CHARITAS.

Der Christen Sieges-Krantz ist ein unschätzbar Lohn.

ANTONINUS.

Streut Saltz aufs Wundenmahl / und waschet sie mit Essig!

CHARITAS.

Wie ist / mein Heyland / man doch deiner Braut gehässig!

SEPTITIUS.

Der Bräut'gam und die Braut sind von sehr schlechter Macht.

CHARITAS.

Erlöser stärcke mich in dieser Unglücks-Nacht!


Der Kaiser kommt unverhofft wieder auf den Schauplatz.


HADRIANUS.

Räumt stracks die Foltern weg / wie? sind sie zubewegen?

EPICTETUS.

Sie achten weder Gold / noch scharffgeschlieffne Degen.

HELIODORUS.

Der Schmertz ist ihnen Schertz / die Marter höchste Lust.

ANTONINUS.

Jch weiß nicht / welcher Geist verhärtet ihre Brust![81]

SEPTITIUS.

Ob etwan Zauberey mit ihnen sich wil pahren.

HADRIANUS.

Laßt unterdessen sie im Kercker wol verwahren:

Vielleicht verändert sich durch ihrer Kinder Pein

Sophiens toller Wahn. Jtzt lasset uns allein.

HADRIANUS.

O Felsenharte Schaar! O Diamantne Hertzen!

Die weder Lust noch Qual gewinnt!

Wil eur verstockter Sinn mit unsrer Gütte schertzen /

Die Euch der Ehre Scharlach spinnt.

Wollt ihr in Schimpf und tausendfachem Leiden

Von dieser Welt abscheiden?

Wolan! Der Donner sol auf euren Häubtern stehn!

Jhr solt in höchster Schmach / und Angst / und Pein vergehn!

Jedoch wie wird Sophie den schweren Schlag empfinden /

Sophie / der keine Venus gleich?

Wird ihre Schönheit auch dem Kaiser sich verbinden /

Wenn ihre Töchter werden bleich?

Wird sie uns auch mit Gegenlieb' erquicken?

Mit holdem Aug' anblicken?

Wird sie uns auch ertheil'n ein sanft geneigtes Ohr?

Ach schwerlich! Die Natur geht aller Liebe vor!

Halt inne / Hadrian! was wilstu dich verlieben

In ein verfluchtes Christen-Bild?

Wilstu das grosse Reich durch solche Brunst betrüben?

Beflecken deinen Thron und Schild?

Nein sicher! Nein! Die Kinder mögen sterben!

Ja selbst Sophie verterben![82]

Es wird den Kaiser doch manch Himmlisch Bild erfreun!

Denn die schätzt sich beglückt / die umb den Fürst mag seyn.

Ach aber! Schau ich an ihr Englisches Gesichte /

Das weise Tugend Göttlich macht /

So schmeckt mein lodernd Mund so angenehme Früchte /

Daß ich die Zypris selbst veracht!

Wie solt' ich nun durch ihrer Kinder klagen

Sophiens Gottheit plagen?

Es tadle Rom und Reich die Flammen meiner Glut;

Gnug / daß der Kaiser sucht sein auserkohrnes Gut!

Allein wo denck ich hin? Wo bleibt des Kaisers Ehre?

Die Wollust weicht des Reiches Nutz:

Durch der Sophien Glück kriegt die verdammte Lehre

Der Christen Freyheit / Luft und Schutz.

Schweig Hadrian! Sophie kan sich bekehren /

Und größern Nutz gewehren;

Denn Frauen ändern leicht auch in dem Glauben sich /

So bald ihr Geist empfindt den süssen Liebes-Stich.

Jhr Götter! derer Arm der Römer Feinde dämpfet /

Wie wird doch Hadrian gequält!

Schaut / wie in meiner Brust Furcht / Lieb' und Ehre kämpfet:

Weil man den rechten Zweck verfehlt!

Doch Venus mag die Oberhand behalten!

Sophie sol nicht erkalten!

Wir wollen itzo gleich zu unser Chloris gehn /

Und schaun / ob ihre Brunst werd' unsre Brunst erhöhn!


Hadrianus. Palladia.


PALLADIA.

Wo eilt der Kaiser hin? Ach! welche Liebes Strahlen /

Die nichts als Nebel sind und Perlenleere Schaalen /

Entzünden seinen Geist? Wil Er Sophiens Brunst /[83]

Die Natter unsrer Burg / die nichts als Asch und Dunst

Den Liebenden gewehrt / zu seiner Sonn' erwehlen?

Läßt denn Palladia an Wollust ichtwas fehlen?

HADRIANUS.

Wie das die Neßel dich der Eiversucht so brennt?

PALLADIA.

Mein Fürst / es jammert mich / daß ihn der Balg verblendt!

HADRIANUS.

Der ist kein schnöder Balg / der uns Vergnügung giebet /

PALLADIA.

Der Tempel und den Fürst / und Stadt und Land betrübet?

HADRIANUS.

Fürst / Tempel / Stadt und Land rühmt ihrer Schönheit Glut.

PALLADIA.

Jhr falschgeschminckter Glantz bezaubert Seel' und Blut.

HADRIANUS.

Die Tugend / so sie krönt / ist keine Zauberschmincke.

PALLADIA.

Ach! daß der Kaiser nicht in diesem Meer ertrincke!

HADRIANUS.

Des Kaisers Auge sieht nur kluge Lorbern an.

PALLADIA.

Die hat Sophie verscherzt durch den verdammten Wahn.

HADRIANUS.

Des Glaubens Unterscheid kan nicht die Liebe dämpfen.[84]

PALLADIA.

Die Lust ist sonder Lust / wo Glaub' und Liebe kämpfen.

HADRIANUS.

Weiß auch Palladia der Liebe Wundermacht?

PALLADIA.

Ach! daß der Kaiser sich nicht besser nimmt in acht!

HADRIANUS.

Welch unverschämter Mensch wird unsre Liebe schelten?

PALLADIA.

Mein Fürst / wo jene gilt / so werd' ich wenig gelten?

HADRIANUS.

Die Venus soll Sophie / du unsre Pallas seyn.

PALLADIA.

Die zwey Göttinnen gehn kein füglich Bündniß ein!

HADRIANUS.

Diß holde Götter-Paar kan wohl beysammen stehen.

PALLADIA.

Zwey Sonnen können nicht durch einen Himmel gehen.

HADRIANUS.

Der Himmel unsrer Brunst beherbergt Sonn und Stern.

PALLADIA.

Wenn man die Schal' aufbricht / so zeiget sich der Kern.

HADRIANUS.

Sophiens Sittsamkeit zeigt gute Kern' und Schalen.[85]

PALLADIA.

Die stets mit Gall und Gift die Liebenden bezahlen.

HADRIANUS.

Du must den Zucker nicht verkehr'n in bitter Gall'.

PALLADIA.

Mein Abgott! Ach mir ahnt ein grauser Donner-Knall /

Wofern Sophia sol des Kaisers Aug' erquicken!

HADRIANUS.

Man muß / Palladia / sich in die zeiten schicken.

PALLADIA.

Ach! Labt den Käiser nicht die Schwanenweiße Brust?

HADRIANUS.

Sophiens Alabast erweckt uns gröss're Lust!

PALLADIA.

Bewegen ihn dann nicht die reinen Mund-Rubinen?

HADRIANUS.

Dein Lippen-Scharlach muß Sophiens Purpur dienen!

PALLADIA.

Cometen sieht der Fürst vor göldne Sonnen an!

HADRIANUS.

Der Kaiser siehet wol; dich blend't ein falscher Wahn /

PALLADIA.

So wil sein lüsternd Hertz die Natter nicht vertreiben?

HADRIANUS.

Schweig! Mägde sollen nicht dem Fürst Gesetze schreiben![86]


Reyen


Der Himmlischen und der Jrdischen Liebe / nebst der Ewigkeit und Eitelkeit.

Der Schauplatz verwandelt sich in eine lustige Gegend mit vielen Gezelten. In diesem Reyen ereignen sich in dem inneren Schauplatze Sechs stille Vorstellungen / welche aus dem Innhalte des Textes leichtlich können ersehen werden.


EIN ENGEL UND EIN CUPIDO.

Verliebter Geist / schau diese Flammen an!

Schau / welche Glutt dich recht vergnügen kan!

Hier zeigen sich zweyfache Liebes-Kertzen /

Hier öffnen sich die Freuden und die Schmertzen /

Hier wird entdeckt ein doppelt Bluhmen Zelt /

Hier kan man sich mit Lilg- und Rosen schmücken /

Das Wolcken-Schloß und auch die Höll erblicken!

Erkiese was du wilt / und was dir mehr gefällt!


Der Engel nebst dem Cupido verschwindet.


HIMMLISCHE LIEBE.

Mein brennend Hertz hat Gott selbst zu bereitet /

Die Krohne schmückt mein Sonnenhell Gesicht /

Mein Stern-Kleid wird von Sternen stets begleitet /

Und dieses Gold kenn't die Verwesung nicht.

Wer mich bedient / der kan noch auf der Erden

Aus einem Mensch zum schönsten Engel werden.

JRDISCHE LIEBE.

Laßt diesen Dunst Euch / Liebste / nicht verblenden!

Jhr Schatten Werck hegt nichts / als Kreutz und Leid:

Jch aber kan gewündschtes Labsal senden /

Mich ziert allein der Rock der Herrligkeit:[87]

Mein Rosenkrantz besieget jener Lilgen /

Denn diesen kan noch Zeit noch Tod vertilgen /


Die 1. Vorstellung.


Schaut / wenn Adon der nackten Venus küsset

Den Purpur-Mund / die Alabaster Brust /

Wird nicht hirdurch das Leben recht versüsset?

Jst dieses nicht die allerschönste Lust?

Ein Paradies gantz unerschöpffter Wonne?

Ein steter Tag / und immerhelle Sonne?

HIMMLISCHE LIEBE.

Ohnmächt'ge Magd / Was sind doch deine Flammen?

Ein Irrlicht / das bald auf / bald untergeht.

Dein Fabelwerck muß selber sich verdammen:


Die 2. Vorstellung.


Schau / wie es itz umb den Adonis steht!

Wie kräncket sich die lüsternde Dione!

Solch Trinckgeld kriegt die Geilheit stets zu Lohne!

Jch aber kan die Seele recht vergnügen:

Mein Tempel ist ein Gott verlobtes Hertz.


Die 3. Vorstellung.


Schau / wie Sophie kan zu den Sternen fliegen:

Weil sie umbarmt mein' überird'sche Kertz:

Die Kinder selbst verlangen meine Liebe;

Nur daß kein Feind dort ewig sie betrübe.

JRDISCHE LIEBE.

O Laue Glutt / so deine Fackel zeiget!

O falsche Brunst / die nichts als Blitz gebiehrt!


Die 4. Vorstellung.


Schau / wie Sophie sich vor den Henckern neiget /

Wie ihre Schaar zum Richtblock wird geführt!

Wer wolte nun nicht meine Flammen ehren:

Weil deine Kertz so schändlich kan versehren?[88]

HIMMLISCHE LIEBE.

Hieraus erscheint / daß ich dich überwinde /

Weil diese Schaar Gold / Pein und Tod verlacht:

Der Folter Strick ist ihre Sieges-Binde /

Der sie im Pol zu Venus-Bildern macht.


Die 5. Vorstellung.


Mich dünckt / ich seh sie schon mit Lorbeern prangen:

Weil du sie nicht durch süsses Gift gefangen.

JRDISCHE LIEBE.

Nicht du allein kanst Tod und Qual verjagen /

Mein starcker Pfeil hat eben diese Macht:


Die 6. Vorstellung.


Seleucus wird dir meine Stärcke sagen /

Dem Jch den Sohn rieß aus des Grabes Nacht /

Nach dem ich Ihm Stratonicen gegeben.

Drumb müssen ja die Palmen umb mich schweben.

HIMMLISCHE LIEBE.

Schweig / Geiler Bock / du hast dich nun verrahten /

Du hast entdeckt die Früchte deiner Brunst!

Mein keusches Hertz fleucht solche Liebes-Thaten;

Der Himmel liebt nicht schwartzen Geilheits-Dunst.

Du bist nicht werth Pfeil / Hertz und Kertz zuführen:

Weil Mir numehr der Siegs-Krantz wil gebühren.

JRDISCHE LIEBE.

Was? Mir Gewalt? Sol diß die Göttinn leiden /

Vor der selbst Zevs den Scepter leget hin?

Wil meinen Glantz dein Hochmuht so beneiden?

Wolan! du solst erfahren / wer ich bin!

Auf! Eitelkeit! Auf! Schwester / Auf! erwache!

Komm! Steh mir bey in der gerechten Sache!


[89] Die Eitelkeit erscheinet.


DIE EITELKEIT.

Wer tastet dich / Hochwerthe Freundin / an?

Wer ist so kühn / zu schimpfen deine Macht?

Entdecke nur / wer dir so weh gethan?

Wir wollen stracks auf Rache seyn bedacht.

JRDISCHE LIEBE.

Diß freche Weib / die Feindin meiner Flammen /

Hat Kertz / und Hertz / und Pfeile mir entwandt:

Drumb ruffe bald mein Krieges-Heer zusammen /

Daß diesen Wurm wir stürtzen in den Sand!

EITELKEIT.

Es sol geschehn / was deine Hoheit schafft.

Kommt schleunig an / ihr Printzen dieser Welt!


Vier und zwantzig Cupidines treten auf mit Pfeil und Bogen.


Bringt Seil und Pfeil! beweiset eure Kraft /

Schießt hurtig loß / biß sie zu bodem fällt!


Jn dem die Cupidines auf die Himmlische Liebe los schiessen wollen / erscheinet in einer Wolcke die Ewigkeit mit Donner und Blitzen.


EWIGKEIT.

Welch Raasen pocht die Engel-reine Braut /

Der JESUS sich auf ewig hat vertraut?

Halt inn! Halt inn! Jhr blinden Eitelkeiten!

Jhr müsset nicht mit Gott und Himmel streiten!


24. Engel fliegen aus den wolcken mit flammenden Schwerdten auf die Cupidines los und entwaffnen Sie.
[90]

Fliegt fort! Fliegt fort / ihr Seraphinen / ihr!

Strafft ab! strafft ab die schändliche Begier!

Zeigt aller Welt / daß eure Flammen-klinge

Den morschen Pfeil der ird'schen Liebe zwinge!

Jhr toller Trotz ist gäntzlich nun gestillt:

Jtzt weiset auch der Liebe wahres Bild!


Die irdische Liebe erscheinet inwendig als ein Todtengerippe.


Entkleidet sie: Schaut welch ein Todten-Schatten

Sich mit dem Glantz der Venus wil begatten!

DIE EWIGKEIT / DIE HIMMLISCHE LIEBE / UND ALLE ENGEL zusammen.

So triumphirt die Gott geweihte Glutt!

Kein Sturm noch Blitz kan ihre Strahlen tilgen!

So grünen recht die weissen Unschulds-Lilgen /

Die fruchtbar macht das theure Märtrer-Blut!

Drumb wer das Licht der Ewigkeit wil schauen /

Der muß auf Gott / und nicht auf Menschen bauen.

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 66-91.
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