Das XXXIII. Capitel.

Von grosser Sorg und Bekümmernüß.

[398] Sollicita mentes speque metque pavent.


Loenig Antigonus regierete sein Land und Leut treulich mit grossen Sorgen / daß er manche Nacht nicht ruhete (denn Sorg und Bekümmernüß haben auch grosse Herren / wenn man gleich denckt sie sitzen im Rosengarten /) dennoch[398] kunte er es niemand zu recht machen / iederman sagte bey vorigen Königen wäre es besser zu gangen / da er aber gestorben / nahm ein armes Bäuerlein seinen Spaten / grub und ließ es ihm sauer werden / da er gefragt wurd / was er machete /sagte er. Antigonum refodio, nam omnis suceessor deterior.

Stobæus schreibt als er durch seiner Städt einer gezogen / da hat ein altes Mütterlein seinen schönen Rock gerühmet / er aber sich gewendet und gesagt / O liebes Mütterlein wenn du wüstest was vor Elend darunter stecken thäte / du würdest ihn im Mist schwerlich auffheben. Er konte niemals hewogn werden / zu weltlicher Freude zu kommen / seine Räthe stiffteten einsmals deß Königes Bruder an / die Vrsach dessen doch von ihme zu erforschen / das thut er / der König heist ihn deß andern Tags nach einer antwort fragen /unter dessen läst der König eine Gruben machen / mit Kohlen ausschütten / faul Holtz darauff legen / über den Tisch wurd ein scharff Schwerd an einen subtilen Faden auff gehänget / als der Bruder kompt / heist er ihn am Tisch nieder sitzen / läst 4. gerüstete Männer mit Schwerdern ümb ihn stehen / welche stets auff ihn zu stochen / der König aber ließ die Trompeter auffblasen / die Seitenspiel klingen / hieß den Bruder frölich seyn / da sagte er / ach wie kan ich frölich seyn /dieweiln ich in solchen grossen ängsten sitz / da sprach der König / lieber Bruder / wie sol ich denn frölich seyn / in der höh über mich hab ich den gestrengen[399] Richter / unter mich die Hölle / auff allen Seiten die Sünd / Tod und Jüngst Gericht / in welcher Historien die Gefahr und Elend Menschliches Lebens gar schön abgebildet wird. Omnium rerum maror & labor. M. Steinerus. Honderus. Zachæus Faber.


Was dir befohlen ist das richt auß /

Vnd sorg nicht für deins Nechsten Hauß /

In dein Beruff das deine thu /

Daß gedeyen steht allein Gott zu.


Da Keyser Friederich die grosse Meng deß Volcks auffm Reichs-Tag zu Cöln sahe / ließ er die Proviant zu Hauß und Hauß auffzeichnen / da ist auff 4. oder 5. Personen ümb einen Pfennig Brot kommen / als ferner nachgefragt worden / ist noch ein grosser überfluß befunden worden. In silentio & spe erit fortitudo vestra. Strig.


Hiqve homines cæli Saturno sceptra tenente vivebant.


Churfürst Friederich zu Sachsen ließ viel Gruben zurichten / Scheune und Kornhäusser auffbauen / Getraid darein zu schütten / und als ihn Doctor Staupitz derwegen befragete / sprach er / die Leute sind nachläßig / es könte theuer werden / derhalben er billich vorsorg trüge / und das war recht / aber übrige[400] Bauch-Sorg sol man fahren lassen / denn Gott allein die drey S. zustehen / Sorgen / Segnen / Selig machen. Parsimonià est mater divitiarum. Strigenitius.

Wenn Aristoteles und Alexander Magnus was wichtiges zu verrichten gehabt / und sich deß Schlaffs enthalten wollen / haben sie eiserne Kügelein in Händen gehalten und Meßinge Becken unter gesetzet /damit sie durch den Klang deß fallens wieder ermundert würden: Ja ein Philosophus hat nur sitzend geschlaffen / seine Haar mit einem langen Faden oben an Balcken angehefftet / auff daß er desto eher erwachen möcht / wenn er nickete. Strig. pag. 430.


Cum fletunascimur, cum labore vivimus, cum dolore morimur.


Keyser Ludwig der Bair sol in einer Nacht Eyßgrau worden seyn / nach dem er sein Gemahl Mariam aus Braband hinrichten lassen / denn ihm ein greulich Gesicht in der Nacht erschienen / dafür er sich entsetzt gehabt.

Durch ein langwiriges Lager wurd ein Mann in Welschland grau / und als er wieder gesund worden /haben sich die Haar auch wieder in schwartz verwandelt. Nulla gravior, qvâm cura domestica res est.

Ein junger Edelman wurd in einer Nacht Schnee weiß / weiln er eine Jungfer im Frauen-Zimmer[401] zu fall gebracht / und gefänglich gesetzt war / dadurch wurd ihm das Leben geschenckt / aber das Römische Reich verbothen: Deßgleichen geschahe auch einer vornehmen Geschlechts-Person zu Venedig / so von Frantzosen gefangen war / der wurd innen 4. Stunden am Kopff und Bart Schnee weiß / als er loß gelassen ward / ist er also weiß sein lebelang verblieben. Nemo adeo ferus est, qvi non mitescere possit. Aventinus. Strig. pag. 585.

Anno Christi 1640. den 14. Februarii / sticht ein Bauer bey Forchheim ein Schwein ab / dem sehen zwey Kinder zu / eines von 3. das ander von sechsthalb Jahren / gehen hernach in die Stub / da das kleine Kind von 11. Wochen auffm Tisch ligt / nehmen ein Messer / stechen ihm das Kehlichen ab / gehen wieder Haus zum Vater / sagen sie haben auch ein Schweinlein geschlachtet / der Vater erschrickt / laufft / hinein / findet es also / sucht die Ruthe / da verkriechen sie sich in Backoffen / und weiln die Mutter im erschrecknüß anheitzen wil zum backen / und im zurrehren Kinder Bein findet / ersäufft sie sich / der Mann aber erhenckt sich. R.


Das Hertz drumb nicht sol seyn beschwert /

Wann eim viel Unglück ist beschert /

Denn Gott solche alls kan endern wol /

Gekränckts Hertz ihm nur glauben sol.
[402]

König Philadelphus sagte zu seinen Unterthanen als er sie sahe spatzieren gehen / ach wenn es doch mir auch so gut werden könt. Stobæus.

Xerxes und Scipio Africanus haben bitterlich geweinet / als die meng ihres Volcks und der Stadt Carthago untergang betrachtet haben. Herodotus lib. 7.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 398-403.
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