Der Fischer

[35] Ein belobter Fischersmann

Hängt des Angels Anbiß an,

Etwan ein Gericht zu fangen.

Er senkt seines Angels Ruth'

In die silberhelle Fluth.

Ihm ist mancher Fisch entgangen,

Weil sie in des Flusses Krümmen

Schauten seine Stricke schwimmen.


Nachmals, als der Regenguß

Trüb' gemacht den schlanken Fluß,

Sah er an dem Angel hangen

Von dem stummen Schuppenheer

Nach und nach je mehr und mehr,

Die er alle hat gefangen,

Weil sie in den trüben Fluthen

Nicht bemerkt die Angelruthen.[36]


Gottes Wort, das höchste Gut,

Ist dergleichen Angelruth',

Die uns nicht kann leichtlich fangen

In der Ruh' und Glückeszeit.

Kömmt uns Trübsal, Angst und Leid,

Hoffen wir dann mit Verlangen,

Uns zu reißen aus dem Mangel

Mit dem ankergleichen Angel.


Quelle:
Auserlesene Gedichte von Georg Philipp Harsdörffer, Johann Klaj, Sigmund von Birken, Andreas Scultetus, Justus Georg Schottel, Adam Olearius und Johann Scheffler, Leipzig 1826, S. 35-37.
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