Lob des Winters

[17] Wem behagt Aprillenwetter?

Wem des Hundsgestirnes Hitz'?

Wem des Herbstes falbe Blätter?

Niemand, der nicht sparet Witz.

Ich will nun kaltsinnig loben

Die begrau'te Winterszeit,

Die uns unsre Augen weid't,

Und auch billig wird erhoben.


Wie ein fast bejahrter Alter

Nach der schnellen Monden Flucht,

Sitzend bei dem Weinbehalter,

Kostet seiner Arbeit Frucht,

Hält die Ruhtag' für sein Leben

Bis zum vorgesteckten Ziel,

Da der grauen Haar' so viel

Strahlen großer Klugheit geben:[18]


Also pfleget auch zu rasten

Aller Jahrszeit Flucht und Eil,

Und beginnet recht zu masten

An des weißen Winters Seil.

Ceres wohnet in den Scheuern,

Bacchus bringt den süßen Most,

Und Pomona ihre Kost,

Sylvan kann beim Feuer feiern.


Schauet drauß die weißen Flocken,

Wie sie streichen hin und her,

Wie sie sich zusammen stocken,

Wie sie stürmen überquer!

Das ist ein gesundes Wetter,

Und man heizt auch tapfer ein,

Horchend bei dem firnen Wein

Der Musik von einem Bräter.


Mich bedünket, daß die Sterne

Strahlen baß, wann's Winter ist;

Wann das Wasser hartet gerne

Wie Kristallstein durch Gefrüst,[19]

So muß man das Eis belaufen

Mit der Schlittschuh' schnellem Holz;

Wie ein Vogel oder Bolz,

Rauscht man vorwärts ohn' Verschnaufen.


Masken, Fastnacht, Schlittenfahren,

Reiten, Tanzen, Fechten üben,

Lass' ich unbemeldet fahren,

Wie auch auf der Tafel schieben,1

Und erhebe das Studiren,

So uns manche lange Nacht

Auch wohl in das Bett gebracht,

Daß wir Winterslust recht spüren.


Fußnoten

1 D.h. Wie auch die Brettspiele.


Quelle:
Auserlesene Gedichte von Georg Philipp Harsdörffer, Johann Klaj, Sigmund von Birken, Andreas Scultetus, Justus Georg Schottel, Adam Olearius und Johann Scheffler, Leipzig 1826, S. 17-20.
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