Aufmunterung

[25] Der Geschöpfe zu Gottes Lob und des Nechsten Liebe.


Nach der Stimme: Wie schön leucht uns der Morgenstern, usw.


1.

Wolauf, du grosses Himmelsvolck,

Ihr Engel ob der Sternen Wolck,

Lasst eure Lieder hören:

Begebt euch in die Lufft hervor,

Bestimmt des Höchsten Music Chor

GOTT Zebaoth zu Ehren.

Heilig,

Heilig,

Heilig, Mächtig,

Hoch und Prächtig

Solt ihr singen,

Daß es bey uns müß erklingen.[25]


2.

Ihr Himmel Himmel von Crystall,

Ihr Wasser nechst der Sternen Saal,

Ihr höchstgewölbte Bogen,

Die ihr von Gott des Schöpffers Hand

Ohn Seul' und Stütze mit Bestand

Schwebt um die Welt gezogen:

Ferne

Sterne,

Mond und Sonne,

Kommt voll Wonne,

Mit zu singen

Und dem Höchsten Lob zu bringen.


3.

Der zarte Lufft mit seinem Volck,

Das schwimmt und stimmet in der Wolck,

Zu Gottes Lob erschaffen:

Die Vögelein auf Berg' und Thal,

Die singen manches Madrigal,

Wann wir zu Morgens schlaffen.

Segen,

Segen,

Schauer, Blitze,

Frost und Hitze

Sich erschwingen,

GOTT in Lüften Lob zu singen.


4.

Die Fisch und alles Schuppenheer

Vermehrt im Meer des Schöpfers Ehr,

Mit stummer Sprach begabet.

Die Quellen in dem schlancken Thal,

Die Flüß und Bächlein ohne Zahl,

Was Vieh und Felder labet,

Lispelt,

Wispelt,

Fliessend platschert,

Lieblich glatschert,

Fortzudringen.

Gottes Lob soll stets erklingen.


5.

Der Erdenkreiß ist Gottes Ehr,

Und jede Blum gibt ihre Lehr',

Im PerlenTau begläntzet.

Es kommt von GOTT der helle Schein,

Und was kan schön und ruchbar seyn

Hat Gottes Hand bekräntzet,

Weisend,

Preisend

Mit der Schöne

Gleichs getöne,

Wie man ringen

Und sich soll zum Höchsten schwingen.


6.

Es grünt und grünt der Bäume Frucht,

Es schosst und sproßt der Reben Zucht,

Es kleet die nasse Matten;

Es wächst des Ackers fette Saat,

Da Heerd und Hirt die Nahrung hat,

Erquickt von braunen Schatten.

Mastet,

Astet!

Jeder Zweige

Sich nun neige,

In dem schwingen

Seine Früchte GOTT zu bringen.


7.

Wie alles nun den Menschen dient,

Was auf der gantzen Erden grünt

Zu seinem Nutz ergeben,

So soll auch er nechst seinem GOTT

Hülff reichen seines Nechsten Noht,

So lang er hat das Leben,

Friedlich,

Schiedlich

Sich erweisen,

GOTT zu preisen

In den Dingen,

Die Er durch Ihn lässt gelingen.


8.

Ihr Christen, von Gott reich begabt,

Die Ihr Verstand und Zungen habt,

Erkennt des Höchsten Güte!

Das Hertz und Puls mit jedem Schlag

Sich regend und bewegend sag'

Aus treuem Danckgemüte:

Heilig,

Heilig,

Heilig, löblich

Ist GOTT ewig!

In dem Singen

Wird dein Hertz in Freuden springen.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 25-26.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Horribilicribrifax

Horribilicribrifax

Das 1663 erschienene Scherzspiel schildert verwickelte Liebeshändel und Verwechselungen voller Prahlerei und Feigheit um den Helden Don Horribilicribrifax von Donnerkeil auf Wüsthausen. Schließlich finden sich die Paare doch und Diener Florian freut sich: »Hochzeiten über Hochzeiten! Was werde ich Marcepan bekommen!«

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon