Sturmabend

[143] Rausche nur vorüber, Wind!

Wühl' im Laub und knicke,

Während ich mein süßes Kind

An die Brust hier drücke!

Nestle aus dem dunklen Haar

Ihr die junge Rose,

Wirf sie ihr zu Füßen dar,

Während ich hier kose.[143]


Eine Todesgöttin, tritt

Sie die zarte Schwester

In den Staub mit stolzem Schritt

Und umschlingt mich fester;

Läßt dir willig gar das Tuch,

Das ihr, wenn ich neckte,

Sonst noch niemals dicht genug

Hals und Busen deckte.


Rausche, Wind! Wir seh'n die Zeit

So, wie dich, entfliehen,

Doch, bevor sie Asche streut,

Wagen wir zu glühen!

Lockend vor mir, rund und roth,

Ihre Feuerlippe!

Zwei Schritt hinter mir der Tod

Mit geschwungner Hippe.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 143-144.
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