Dritter Teil

[127] Lucca, Mai.


Ich sitze hier an den Höhen des Tals von Lucca, wo über mir der Wind durch die Buchen säuselt und unter mir die Quellen rieseln, bewegt in der innersten Seele, wie am Scheidewege meines Lebens. O wer die Zukunft aufhüllen könnte! Aber diese kennt niemand als der, der alles weiß; wir sind nur Funken, unsers Schicksals ungewiß, die in dem Unermeßlichen herumstäuben. Wohl dem, der wie ein Schmetterling sich an den Blumen ergötzt, die er vor sich findet! Hat der, welcher mit Gefahren kämpfte und sein Ziel errang, am End etwas Bessers? Genuß jedes Augenblickes, fern von Vergangenheit und Zukunft, versetzt uns unter die Götter. Was hat der Mensch und jedes Wesen mehr als die Gegenwart? Traum ohne Wirklichkeit alles übrige.

Doch weg mit dieser Mückenweisheit! Unser Geist hat mehr Tiefe. Nur die Kraft ist selig, die Widerstand nach ihrem Maß überwältigt und ihn nach ihrem Wesen ordnet, sei's auch unter Pein und Leiden. Dem Herkules, als er den Antäus bezwang, rannen die Schweißtropfen süßer hervor aus seiner Stirn, als ihm je die Umarmungen einer schwachen gefälligen Dirne waren; und nur Omphale, die ihn die Spindel drehen machte, verdiente die Liebe des Helden.

Meine Tante schrieb mir nach dem Tode des Cosmus, daß wichtige Veränderungen am Hofe vorgefallen wären und unsre Feinde einen starken Stoß erlitten hätten; ich sollte mich auf den Weg in mein Vaterland machen: sie sei versichert, daß alles gut gehen und ich meine väterlichen Güter wiedererhalten würde; und noch außerdem woll ihr der Kardinal wohl, der alles vermöge.

Diese Nachricht kam mir nun gelegen und ungelegen, nach Lucindens Verwirrung; ich hatte ganz andre Dinge im Kopfe zur Ausführung: aber niemand kann sich von seiner Wurzel losreißen; und so bin ich auf der Grenze. Der junge[127] Herzog ist wenig Schritte von mir zu Pisa und bei ihm Bianca, von welcher man sagt, daß sie ihm einen Zaubertrank eingegeben habe: so sehr hält sie ihn an sich gefesselt. Beide gebrauchen die Bäder, weil sie gern einen Erben von ihm bekommen möchte.11

Es geht mir hart an, daß ich in diese Sphäre hinein soll; wenn ich hineinkomme, so erlieg ich vielleicht unter den Trümmern.

Ardinghello
[128]

Pisa, zu Ausgang des Mai.


Da sieh mich nun schon am Hofe! Noch aber bin ich wie ein fremdes Tier hier, wie ein Sperber unter dem zahmen Federvieh, das mit aller Macht herbeigelaufen und -geflattert kömmt, wenn man ihm Futter hinwirft, und seine Eier legt.

Ich hörte von einer neuen Art olympischen Spielen, die in den Bädern sollten gehalten werden; und ging den Tag, der zum Fest anberaumt war, bei guter Morgenzeit von Lucca durch das fruchtbare Tal über den Berg.

Unentschlossen, wie von einem andern Wesen geleitet, wandelt ich herunter und langte bei den Häusern an; mir widerstand die Luft, und ein geheimer Ekel hielt mich so ab, daß ich zusammenschauderte und mir die Ohren brausten; doch aber drang ich durch.

Ich hatte mich kaum im Wirtshause zu einem Frühstücke niedergesetzt, als zwei von meinen ehemaligen Kameraden hereintraten, mich anstaunten und mir um den Hals fielen; wir waren wie in einer neuen Welt beieinander, und mein[129] Blut stürmte in Katarakten von meinem Herzen. »Willkommen! willkommen, Prospero!« riefen sie; »bleibst du bei uns? O du mußt bei uns bleiben! Es soll dir wohl gehen, du hast uns immer gefehlt.«

Mich freuten die natürlichen Aufwallungen, ihre Blicke schienen nicht erlogen, und ich vergaß gleich zum erstenmal das απιστειν des Sizilianers.12

Ich antwortete ihnen bloß auf ihre Fragen, daß ich nach Rom reisen wolle und jetzt von Genua käme, und soeben in Lucca von ihrem Feste gehört hätte. Währenddem überraschten mich noch verschiedne andre alte Bekannten, und sie ließen nicht ab, bis ich versprach, mit Anteil an ihren Spielen zu nehmen. Öffentlich konnte man mir nichts zuleide tun; ich war weder verbannt, noch hatt ich etwas gesündigt.

Ein Teil von ihnen machte darauf mit mir einen Spaziergang; und ich suchte, durch eingeleitete Gespräche mit diesem und jenem, nach und nach geschwind kennenzulernen, was sich seit meiner Abwesenheit verändert hatte.

Zu Mittage speist ich in großer Gesellschaft; und bemerkte bald ein paar Spürhunde, die auf mich ausgesandt waren; und führte ihre Nasen auf allerlei Abwege. Das Völkchen war überaus lustig und witzelte und sang und scherzte; aber überall fehlte der edle Kern der Selbstständigkeit, bis auf einen meiner alten Freunde, Mazzuolo, der seinen Geist wunderbar gestärkt hatte: und wir teilten einander unsern Seelenjubel mit im Winkel durch Blick und Kuß und Händedruck und kurze abgebrochne Reden.

Nach einundzwanzig Uhr kam der Herzog an mit seinem Gefolge von Pisa in den zu dem Feste besonders aufgepflanzten Zelten; und gleich darauf wurden die Spiele mit Trompeten und Paukenschall eröffnet. Das erste war ein Pistolenschießen und der Preis ein herrlicher spanischer Hengst aus seinem Marstall. Der Mitstreiter waren mit mir[130] sechzehn, lauter junge Leute aus den besten Häusern im Florentinischen, der älteste nicht über dreißig Jahre und der jüngste nicht unter siebzehnen.

Sie baten insgesamt für mich um Erlaubnis mitzustreiten, zumal da einer an der geraden Zahl fehle, der plötzlich krank geworden war. Der Herzog ließ mich in meinen Reisekleidern vor sich und sagte, nachdem ich ihm einen Lobspruch wie einem andern Herkules gemacht hatte: es gefall ihm, daß ich eben bei dieser Gelegenheit von meiner langen Reise zurückkomme. Bianca, die zugegen war, blickte mich an mit einer großen Neugierde, und tausend Fragen schwebten auf ihren Lippen.

Du wirst Dich verwundern über meine Kühnheit und mich vielleicht für unbesonnen halten: allein fürs erste reizten mich die Spiele selbst, und mein ganzer Mut sagte mir, daß ich wenigstens in einem den Preis davontragen würde, da ich meine Gegenstreiter so vor mir sah; und dann scheint es mir allemal zuträglicher, von ohngefähr mit den Tyrannen der Welt Bekanntschaft zu machen, als durch lange Vorbereitungen, wo die Zeremonien alle Natur ersticken.

Ich will Dich nicht lange mit der Erzählung aufhalten. Wir schossen mit Pistolen zu Fuß und zu Pferde, und ich traf allemal bei weitem das Ziel, dreißig Schritt entfernt, am besten. Es war ausgemacht, daß im andern Falle die zwei ersten Schützen noch einmal um den Preis kämpfen sollten; dies unterblieb also, und die adriatische Zauberin überreichte mir den Zügel des stolzen jungen Rosses mit diesen Worten: »Seid auch so trefflich im Streite, wo es das Leben gilt, fürs Wohl des Vaterlandes.« Ich sah sie an mit einem kühnen Blick und wieder schamhaft, und berührte ihre schöne Hand wie in der Zerstreuung zärtlich mit den letzten Fingern der meinigen, und antwortete: »O wäre schon die Gelegenheit da, Euch, o Wunderfrau, und demselben meinen Eifer zu zeigen.«

Darauf wurde aus freier Hand mit Büchsen nach der Scheibe geschossen, zweihundert Schritt weit, und Mazzuolo kam[131] dem Mittelpunkte vor mir näher; ich hatte hier mein eigen Gewehr nicht. Der Preis bestand in einem andern neapolitanischen Hengst und einem schönen Jagdhunde.

Den andern Tag waren die Fechterspiele. Erst fochten acht Paar nach dem Lose, einzeln jedes Paar. Die den Stoß beibrachten, machen dann wieder vier Paar; diese vier alsdenn zwei, bis endlich eins und einer allein der Sieger blieb.

Die Herrchen fochten mit vieler Zierlichkeit und sagten ihre Lektionen her; ich aber gewann ihnen mit gegenwärtigem Auge und fast lauter geraden Stößen, womit ich in ihre Gaukeleien hineinfuhr, den Preis ab; dem letzten und Geschicktesten schlug ich zweimal mit starken unhöflichen Paraden das Rapier aus der Hand und setzte ihm alsdenn noch obendrein nach einer Sekundenfinte eine Quart über den Arm, gerad auf den rechten Zitz, so daß der schwarze Fleck eine vollkommne sichtbare Finsternis auf seiner weißen Weste machte.

Für dieses Probstück gab mir Isabella, die Geliebte meines Vaters, einen goldnen mit Steinen besetzten Degen; und mir schwoll die Hand von Grimm, wie ich ihn am Griffe faßte: »Tapfrer,« sprach sie leise zu mir mit blitzenden Augen und Honiglippen, »ziehe stolz damit wieder in Florenz ein, und trag ihn mir zum Angedenken.«

Den dritten Morgen, nachdem Bianca sich gebadet hatte, war Wettlauf in sandiger Bahn, und abends Ringen, wovon Mazzuolo und ich ausschieden, um weder aus Höflichkeit uns überwinden zu lassen, noch den andern vielleicht auch diese Preise wegzunehmen und so die allgemeine Freude zu stören. Und damit es uns kein stolzes Ansehen gab, schieden noch mehrere davon aus. Zu Elis hätten wir dieses nicht nötig gehabt; aber man merkte noch außerdem, daß wir uns nicht in Griechenland befanden: der Olivenkranz wäre mir lieber gewesen als Roß und Degen; sie blieben immer eine kindische, tyrannische und sklavische Belohnung.

Mir überlief die Galle, wie ich abends zu Pisa einritt und[132] sehen mußte, daß man mehr das Pferd und den Degen als mich betrachtete; und wahrlich nicht etwa deswegen, weil ich auf meine Person eitel wäre, sondern daß die Nation seit weniger als hundert Jahren so den großen Sinn verlor, wodurch sie sich in den Zeiten der Freiheit auszeichnete.

Mit einem Wort: eine Weiberanstalt. Bianca wollte dem Herzog eine Kurzweil machen und zugleich den jungen Adel von Florenz sich verbinden; an einen andern Zweck wurde wenig dabei gedacht; denn wenn man im Ernste daran gedacht hätte, so wär alles unterblieben.

So sieht man oft bei einer Ausführung ohne Gedanken, daß Fürstin und Fürst etwas Gutes in einem Buche mag gelesen haben.

Ardinghello


Pisa, Junius.


Ich werde die Güter meines Vaters wiedererhalten, Bianca hat es mir versprochen, mit welcher ich oft im Gespräch bin; und dies ist mir sichrer, als ob es mir der Herzog selbst versprochen hätte. Sie ist wirklich ein reizendes Weib, voll Schlauheit und Verstellung, weiß das Leben zu genießen und führt bei ihrem Honig einen scharfen Stachel. Sie macht Venedig, der hohen Schule der Weiber, gewißlich vor einer großen Anzahl Ehre; und es ergötzt sie, daß ich dies so gut kenne. Das gefällige Wesen, das sie dabei hat, wie alle vorzügliche Personen ihres Geschlechts, wärmt und erheitert mich sehr angenehm. Sie weiß sich wie die meisten ein wenig viel mit ihrem Spiegel; und dies muß man benutzen.

Auch der Herzog will mir wohl, vermutlich durch sie. Ich habe schon verschiednemal mit ihm Schach spielen müssen, worin er sich einbildet, ein großer Meister zu sein. Ich verlor mit Fleiß das erste Spiel und gab ihm Gelegenheit zu feinen Zügen, die meine Stellung sehr spannten; doch macht ich ihm seinen Sieg noch sauer, welcher ihn dann höchlich freute. Das zweite Spiel dreht ich so lange, bis keiner mehr gewinnen konnte; und überließ ihm wieder das dritte. Beim[133] vierten und fünften aber macht ich den Herrn schachmatt in einer Reihe von Kettenzügen, rühmte seine Geschicklichkeit und entschuldigte ihn mit kleinen Versehen. Bis an den zehnten und zwölften Zug und in die Mitte spielt er in der Tat vortrefflich, hat pünktliche Erfahrung, und man muß bei jeder Art von Spiel wohl auf seiner Hut sein; aber bei den Ausgängen, was eigentlich nur Freude macht und tief verwickelte Mannigfaltigkeit hat, hapert's.

Soweit ging es nun alles gut; aber Isabella ist in mich verliebt! Mir sagen es ihre wollüstigen Augen und das Herneigen ihrer Seele, wenn ich in ihre Gesellschaft komme. Sie hält wie ein Lämmchen und scheint zwischen Blutsfreundschaft und andrer Liebe, gegen die Gesetze des Judenlykurgs, keinen Unterschied zu machen; oder die erstre dünkt ihr vielleicht ohne diese ein leerer Name, wobei niemand vom Ursprung an einen sinnlichen Begriff habe. Und ihr Vater und ihre drei Brüder lebten so mit ihr nach der allgemeinen Rede. Stammen sie etwa wie Alexander der Sechste und dessen Söhne und Lukrezia von einer besondern Menschenart? Es mag Fehler der Erziehung sein oder von dem Mord herrühren: mir kömmt es abscheulich vor, und ich werde zuverlässig mit ihr keinen Bastarden von Magus zeugen.

Ich finde hier eine gute Schule, den Menschen zu studieren, wo er in verschiednen Punkten seine Vorurteile abgelegt hat und bloß nach seiner innern Natur lebt; schier wie unter den Imperatoren Claudius und Nero. So viel ist wenigstens richtig: man trifft unter ein Dutzend Personen von beiderlei Geschlecht beisammen, wie in wohlgeordneten Staaten, kaum drei oder vier an, die jederseits Pein litten, wenn sie sich einander helfen könnten. Sorgten nur die Gesetze für die Folgen, wie in Sparta!

Mit klopfender Sehnsucht hoff ich auf Nachricht von Euren Gewässern.

Prospero Frescobaldi
[134]

Ardinghello schien mir schon von dem Wirbel des Hofs ergriffen, und mir war bange vor den Gefahren, die ihn umgaben. Ich glaubte, daß, was ihm so schnell und heftig aufeinander begegnete, sein junges Gemüt in etwas aus seiner Grundverfassung gesetzt habe; und rief ihm zu als warmer Freund von fern unter manchem andern:

›Kein hoher Geist, der frei sein kann, verpflichtet sich an den Hof eines Despoten; er erwählt lieber Wasser und Brot. Bei einem schlechten Fürsten kann keiner ausdauern, ohne schlechte Streiche zu begehn: es ist platterdings nichts anders zu tun für einen Edeln, der sich retten will, als zu fliehen. So hätte Seneca unter dem schicklichsten Vorwand erst Agrippinen und dann den Nero verlassen, wenn er ein Stoiker, wie sich gebührt, hätte bleiben wollen. Allein es gefiel dem Herren zu herrschen: er blieb bei den Tigern und duckte sich unter ihre Klauen.‹

Ich erinnerte ihn an seine ehemaligen republikanischen Gesinnungen, warnte ihn vor den Ausschweifungen in der Liebe; und beschloß mit der Nachricht, die ihm so freudenvoll sein mußte, daß Cäcilia schon vorigen Monat auf dem Landgut ihres Vaters am Lago di Garda von einem gesunden und starken Knäblein ohne lange Mutterwehen glücklich entbunden worden sei; und ich mich nun wieder in der Nachbarschaft befinde, wo unsre Freundschaft so frisch und mächtig aufgrünte und in unsern Herzen unzerstörliche Wurzeln schlug. Er könne nun alles einlenken, sein Leben in Zukunft äußerst angenehm zu machen.


Florenz, Julius.


Deine zärtliche Sorge für mein Heil rührt mich bis ins Innerste, und die Nachrichten von Cäcilien freuen mich herzlich: allein die Zeiten meiner Ruhe, des glückseligen Maulwurflebens sind noch nicht gekommen.

Ich verstehe alles, was Du sagst: nur möcht ich das Blättchen umwenden und behaupten: bei einem trefflichen Fürsten kann keiner ausdauern, ohne schlechte Streiche zu begehen.[135] Die Sokratische Philosophie hat den Fehler, daß sie fast alles auf den Nebenmenschen und die Gesetze des Staats bezieht und nichts an und für sich betrachtet, welches natürlicherweise allemal vorgeht. Nach der Meinung des alten Patrioten, der doch den Schierlingsbecher zu seinem eignen Besten ausleerte, wäre nur der Löwe gut und schön, der seinen Atheniensern Hasen fing. Nero, der zwar immer im Taumel lebte und selten klar sah und bei Überlegung, hat wenigstens damit der wahren Politik ein Ziel gesteckt, daß er sagte: keiner habe so wie er vor ihm verstanden zu herrschen. In der Tat zeigt die Geschichte des Decemvirn Appius mit der Virginia die Einfalt der damaligen Zeiten, und Sylla, Augustus und Tiberius sind schon Virtuosen dagegen im Despotismus.

Mit der Idee von einem vollkommnen Staate kann man leider geschwinder fertig werden als der Wirklichkeit; da legen Grund und Boden, Ursprung und Geschichte des Volks, gegenwärtige Stärke an Leib und Seele, dessen Glauben, Meinungen und Sitten und Nachbarn unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg und kommen lauter unbezwingliche borstige Ungeheuer zum Vorschein. Hier hast Du kurz mein Glaubensbekenntnis; und ich will Dir reinen Wein einschenken:

Man betrachtet eine Gesellschaft von Menschen, die man einen Staat nennt, am besten als ein Tier, das von innen Kräfte, Proportion aller Teile haben und gesund sein muß, und volle Nahrung, um für sich auf die Dauer zu existieren und glücklich zu sein; und von außen Stärke, Erfahrung und Klugheit, um sich gegen die Feinde zu erhalten; denn alles von außen, wie Kindern bekannt, ist Feind.

Das Wohl des Ganzen ist das erste Gesetz, wie bei jedem lebendigen Dinge; und jede Staatsverfassung, wo nur ein Teil sich wohl befindet oder gar abgesondert wäre, ist ein Ungeheuer, eine Mißgeburt.

Ein Despot also, das ist, ein Mensch, der ohne Gesetze, die aus dem Wohl des Ganzen entspringen, über die andern[136] herrscht, bloß nach seinem Gutbefinden, ist kein Kopf am Ganzen des Staats, sondern ein Ungeziefer, ein Bändelwurm im Leibe, eine Laus, Mücke, Wespe, das sich nach Lust an seinem Blute nährt; oder will man lieber: ein Hirt, weil doch dies das beliebte Gleichnis ist, der seine Schafe schiert und melkt und die jungen Lämmer schlachtet und die fetten Alten, wahrlich nicht zu ihrem Besten, sondern zu seinem Besten.

Der Staat ist endlich ein Tier, das seine Gesetze hat, weder von Kühen noch Schafen, sondern von der Natur des Menschen, weil er aus Menschen besteht; und kein Mensch ist so über andre wie ein Hirt über seine Herde. Ein vollkommner Staat muß ein Tier sein, das sich selbst nach seiner Natur, seinen Bedürfnissen und Erfahrungen regiert, wie ein Ulysses für sich nach den Umständen und gegen andre.

Eine reine Aristokratie, wo mehrere beständig herrschen nach ihrem Gutbefinden, ohne Gesetze aus dem Wohl des Ganzen, nur mit Gesetzen für ihr Wohl, die sie nach Belieben ändern, ist eine vielköpfige Hyder von Despotismus, viel Ungeziefer auf dem Leibe statt eines.

Ein Staat von Menschen, die des Namens würdig sind, vollkommen für alle und jeden, muß im Grund immer eine Demokratie sein; oder mit andern Worten: das Wohl des Ganzen muß allem andern vorgehn, jeder Teil gesund leben, Vergnügen empfinden, Nutzen von der Gesellschaft und Freude haben; der allgemeine Verstand der Gesellschaft muß herrschen, nie bloß der einzelne Mensch.

Diese Lage aber zu erhalten, dazu gehört ein durchgearbeitetes Volk, das sich selbst, seine Kräfte und sein Interesse kennt und sich in einen Punkt vereinigen kann; und selten ist einer, der an der Spitze steht, aus Liebe oder Gewalt, imstande, eine andre Verfassung in eine solche umzuändern, geschweig ein Philosoph auf seinem Studierzimmer. Die ursprüngliche Ungleichheit der Menschen und die daraus entspringende äußerliche Ungleichheit der Besitzungen und[137] der Gewalt und des Ansehens machen noch überdies den gordischen Knoten, der durch keine Vernunft an und für sich, ohne Rücksicht auf die jedesmalige Verfassung, aufzulösen ist. Nur ein Dichter kann auf einmal Tausende und Millionen von Menschen wie überein gedrechselte Maschinen in einen Raum, wo kein Grad der Breite von Europa, Afrika, Asien und Amerika ist, hinstellen und in beliebige Ordnung bringen.

Was für Mühe kostete es nicht dem römischen Volke, das in dieser ersten Kunst über alle Nationen hervorragt, ehe es sich von der Gewalt der Könige losmachte und hernach durch seine Tribunen die Aristokraten bändigte! O es ist dem Menschen so süß, über andre zu herrschen, deren Knaben und Töchter und Weiber sich aufwarten zu lassen, ihren besten Wein zu trinken, ihre besten Früchte, ihr bestes Gemüs und Fleisch zu schmausen, sie im Sonnenbrand arbeiten zu sehen und selbst in kühlen Schatten faulenzen, sie unter den Schwertern und dem donnernden Geschütz der Feinde zu wissen, wenn junge zarte Dirnen ihm sorgsam die Fliegen wegwedeln! Jeder will dazu Recht haben, und göttliches Recht haben, sobald er im Besitz ist, und ließ eher den letzten Kopf von allen seinen Untertanen, Vater und Sohn, Mutter, Bruder, Schwester, Tochter, über die Klinge springen, die es rebellisch leugneten, und befände sich lieber allein in einer Wüste zwischen der Pest der Hingerichteten, als daß er zum Exempel einem Rom gestattete, außer seiner Unterjochung das erste Volk der Welt zu sein. Dies ist in der Natur; so elend ist der Mensch; alle unsre Moral ist gemacht und steht nur in Büchern: lehrt es nicht alle Geschichte?

Dasselbe tut man, um Herrschaft zu erlangen, und düngt die Felder mit Bürgerblute; Du kennst die Verse des Euripides, die Cäsar im Munde führte.

Sie haben allerlei Blendwerk von Beschönigung ausersonnen, worunter das täuschendste ist, dem Staate Ruh und Ordnung zu verschaffen und behende Stärke zu geben; und[138] sie stellen sich an, als ob sie nur dessen erste Diener wären und große Lasten auf sich trügen. Wie ist aber einer Bedienter, dem niemand befiehlt, der keinen Herrn über sich erkennt? Wie ist einer Bedienter, der nach Gutbefinden Gesetze macht und gibt und keins annimmt? nach Willkür ohne Gesetze straft? Gesetzt auch Ruh und Ordnung: ist dies Glückseligkeit? Im Kerker ist auch Ruh und Ordnung.

Behende Stärke? Xerxes erfuhr sie anders von den Themistoklessen der Griechen; und die Diktatoren der Römer, die Camille, sind andre Leute, als vielleicht je einer unter ihnen war, und kosteten sicherlich weniger zu unterhalten. Doch wenden wir unsre Ohren ab von diesem Larifari, die Sache springt von selbst in die Augen. Kein Tyrann wird wohl je so ein Narr sein und sein Sklavenreich einem freien Rom, Athen oder Sparta vorziehen, strahlende Namen durch alle Zeitalter; allein wenn er gescheit ist und mit einem Gescheiten unter vier Augen spricht, ganz etwas anders behaupten; etwa folgendes:

›Jedes Wesen darf von Natur um sich greifen, soviel es Macht hat, es sei unter seinesgleichen oder andern Dingen. Du zürnst, daß du gehorchen mußt? Gehorche nicht, wenn du kannst! und du erhältst ein ander Recht. Daß ich, Sultan, zu Konstantinopel herrsche, da es mir Millionen und Millionen Sklaven erlauben, wie nimmst du das mir übel? Willst du über nichts herrschen? Ist nicht jeder Mensch ein Sultan, wenn er kann, nicht jeder Stier und Hirsch? Die Verständigen werden freilich nie gehorchen, wenn sie nicht müssen. Gehorchet nicht, wenn ihr könnt, solange bis ihr alle Herren seid! und euer Staat ist die Vereinigung des reinsten Ganzen, eine Sonne, wo jeder Teil Licht hat und flammt und brennt, und einer den andern verstärkt und entzückt, und alle insgesamt dann fremde träge Erdenkörper zum Leben erwecken wie jetzt allein ich.‹

Es ließ sich vielleicht hierauf noch immer antworten: ›Daß der Löwe minder starke Tiere zerreißt und ihr Blut aussaugt,[139] ist nun freilich einmal so in der Natur und erhält ihn und macht ihn glücklich. Daß du Sultan aber über Millionen herrschest, ist Stelzenwerk und macht dich im Grunde unglücklich; denn du lebst nur im Traum und Nebel, ohne eigentlichen Genuß. Der Zufall hat dich obenan geschleudert, nicht deine Kraft hingestellt. Du füllst deine Sphäre nicht aus und bist immer in einem ohnmächtigen Streben, Gefühl von Schwäche; hast den Anschein von Held und Sieger und das Innre von einem niedergetretnen Überwundenen!‹ und so weiter, wenn man ohngeachtet aller Traulichkeiten Lust hätte, auf der Stelle gespießt zu werden.

Um zum Beschluß hiervon nach der Schule noch zu reden: so teilt man die Staaten ein in Demokratien, Aristokratien und Monarchien; und sagt, jede Verfassung sei schier gleich vortrefflich, wenn die Menschen gut da wären, das ist: wenn jeder, oder doch diejenigen, welche regieren, die andern lieben wie sich selbst und ihr Wohlsein nur in dem des Ganzen finden; und führt zu Beispielen an Athen nach dem Pisistrat, Rom nach der Vertreibung der Könige und den Theseus und Cyrus und Romulus aus den dunkeln Zeiten der Fabel.

Weil aber ein böses principium im Menschen stecke und der reine Geist nicht allein in ihm herrsche, welches alle die Schlechtigkeiten bewiesen, die sonst unerklärlich blieben: so habe jede von diesen glückseligen Verfassungen nur äußerst kurze Dauer und arte bald entweder in Tyrannei aus, denn fast allemal folge auf einen raren weißen Raben Mark Antonin eine Menge Commodusse, oder in Oligarchie, wie nach den Scipionen und Gracchen in Rom unter dem Marius und Sylla, Pompejus und Cäsar; oder Anarchie und zügellose Frechheit. Und in Betrachtung der Natur dieser Dinge schmieden sie denn einen Staat zusammen, der aus allen dreien Verfassungen zugleich besteht, und erhalten ihn unsterblich und ewig vollkommen durch ihre Gesetze, als ob das Leben sich festhalten ließe, besser als Metall und[140] Holzwerk bei Maschinen! Inzwischen sind solche Ideale der Vollkommenheit von scharfsinnigen und erfahrnen Männern äußerst ersprießlich und verdienen warmen Dank und hohen Ruhm und Preis, ob ich mich gleich lieber an Rom und Sparta halte, den edelsten und vollkommensten Greisen unter allen Staaten, die wir kennen und die vielleicht je gelebt haben. Jeder, der in der bürgerlichen Welt sich herumschlägt und da und dort groß und herrlich und menschenfreundlich wirken will oder irgendwo an der Spitze steht, les' ihre Geschichte und denke sie tief durch mit einer Seele voll Erfahrung: und sie wird ihm ganz ander Licht gewähren als auch die besten Maßregeln eines einzelnen Politikers.

Einem Tyrannen den Dolch ins Herz: ändert allein noch keinen Staat um, wenn er nicht reif zu einer bessern Verfassung ist; das göttliche Wesen, und wenn es sich auch lauter und rein erkennt, als es von seinem Ursprung gekommen ist, muß sich überall nach der Materie bequemen, wohinein es vom unerbittlichen Schicksal getrieben fuhr. Einer, der aus beiden Brutussen zusammengesetzt wäre, würde nun bei uns immer als Pöbel herumgehen, wenn er ohne Hoffnung sich selbst immer gram bleiben könnte.

Unsre Tarquine hatten wir schon verjagt, allein sie wurden uns von einer unendlich größern Macht als der des Porsenna wieder aufgebunden, und unsre innerliche Einrichtung war bei weitem noch nicht so wie die römische zur Republik gediehen; und noch außerdem war der heidnische toskanische König gewiß ein beßrer Mensch als der orthodoxe Karl der Fünfte. Dieser, voll Ehrgeiz und kalter List und Schlauheit, ohne eigentlichen weitsehenden Verstand, kam zu früh zur Regierung von großen Reichen, um ein Mann von natürlichem Gefühl bleiben zu können. Er ging übrigens noch auf dem Welttheater mit den Menschen um wie hernach in der Einsamkeit mit seinen Uhren; und es gehörte ein Sturm von Leben wie beim Rückzug von Algier dazu, und Untergang und Verderben mußten gräßlich vor[141] Augen liegen und seine eigne Person ergreifen, bevor sein Herz in wärmere Wallung gebracht und gegen fremde Not empfindlich wurde. Geboren zu Anfang des Jahrhunderts, hat er mit wunderbarem Glück die ganze erste Hälfte desselben durchgeherrscht, und alles mußte gewissermaßen sich in seinen Ton stimmen. Unsre Freiheit und die Glückseligkeit von Millionen künftiger Seelen vernichtete er so ganz ohne Gefühl, wie ein Vogelsteller einem Gramsvogel im Garn die Brust eindrückt.

Es bleibt uns nun nichts anders übrig, nachdem der eiserne Arm mit Gericht und Beil über uns vereinzeltem bunten Haufen schwebt, der sich nicht mehr vereinigen kann, als daß einer des andern innerliche Kraft im Vertrauen klüglich anrege und wenigstens den einen großen Grundsatz auf die sinnlichste Weise ausbreite, daß der Staat der beste sei, wo alle überhaupt und die Bessern und der ausbündig Vortreffliche bei den Vorfallenheiten ihre Rechte genießen; und daß man dabei nicht allein auf glücklichre Zeiten hoffe, sondern dieselben herbeileite. Unter dem Cosmus hat der Despotismus schon zu tiefe Wurzeln gefaßt, und sein Sohn mag so schwach sein und immer mehr schwach werden, als er will: so läßt er sich sogleich nicht ausrotten.

Ich für mein Teil darf mich jedoch wenig über Franzen beklagen: er hat mir nun meine väterlichen Güter wiedergegeben, in besserm Stand, als sie waren, und, um mich sich desto mehr zu verbinden, noch eine kleine dichterische Villa dazu geschenkt, nahe bei Cortona, mit der reizenden Aussicht über das fruchtbare Tal der Chiana und den Trasimenischen See; und mich zugleich zum Oberaufseher aller seiner Kunstsachen, Schlösser und Gebäude angestellt. Freilich, wenn ich Isabellen sehe, flammen nichtsdestoweniger immer aufs neue rächerische Blitze von meinem Herzen.

Meine Tante und der Kardinal Ferdinand13, der ein ganz andrer Mann ist, scheinen sich das Leben sehr froh zu[142] machen; so wunderbarlich laufen die Begebenheiten ineinander.

Wegen meiner Ausschweifungen in der Liebe brauchst Du nicht sehr bange zu sein: der hat gewiß ein verwahrlostes Haupt, der nicht beizeiten erkennt, daß die Gesundheit der Grund und Boden aller unsrer Glückseligkeit ist, ohne welchen kein Vergnügen bestehen kann; und überhaupt, daß volle Existenz das höchste Gut in der Welt ist und alles andre dagegen nur Freude von kurzer Dauer.

Ohnerachtet dieser Grundsätze schweb ich vom neuen in Götterwonne, mehr als jemals. Ich war noch keine funfzehn Jahr, als ich mit einem kleinen Engel aus der Nachbarschaft, noch unter meinem Alter, eine Tochter zeugte. Meine Eltern vermittelten, verbargen und bemäntelten die Sache mit der Schwiegermama, der hinterlaßnen Witwe von einem Buchhändler, so gut als es geschehen konnte. Meine Geliebte ward in ein Kloster getan und den Augen der Leute so entrückt, und die Frucht der Unschuld mit lächelnder Zärtlichkeit erzogen.

Ich habe beide wiedergefunden. In einem Garten voll Blumen aus einem Traubengeländer flog Emilia auf mich und hing an meinen Lippen, an meinem Herzen mit tausend neuen Reizen; und führte mir behende dann das süße Geschöpf zu, das liebkosend mit ausgestreckten Armen nach mir aufsah und »Vater! Vater!« entzückend mir durch Mark und Bein frohlockte.

Sobald ich's möglich machen kann, reis' ich zu Euch; ich muß Cäcilien selbst sehen und sprechen, mit Briefen ist's nicht getan; und Du begleitest mich dann hieher. Wir wollen wie in einem Paradiese leben.

Frescobaldi


Cäcilia an Ardinghello

Nur die Liebe zu Dir hat mich erhalten. O daß ich nicht bei Dir bin! Welch ein Gegenstück zu unsrer bangen furchtbaren Trennung! Aber noch ist mir die Sonne der Freude[143] nicht ganz aufgegangen; doch weiden sich meine Blicke an ihrer lieblichen Morgenröte, und schon wall ich auf den purpurnen östlichen Fluten entgegen ihrem blendenden ersten Feuer.

O Du mein alles, Licht und Leben und Heiterkeit meiner Seele, wenn werd ich mich wieder um Dich winden? mich in Dich verwandeln, nur voll von Dir, nichts mehr, Dein unaussprechliches entzückendes Selbst sein?

Wie eine Rebe den Ulmbaum werd ich Dich umflechten, und die süße Traube soll Dich schmücken.

Hand in Hand wollen wir nun die Gestirne blinken und den Mond aufgehn sehen, im kühlen erquickenden Geflister der bewegten Zweige, ohne Furcht bei der Nacht; und uns laut küssen und unsre Wonne girren, zwischen Rosen gelagert unter dem hohen Ahorn, worin die muntern Philomelen seufzen und zwitschern und schlagen.

Lange lebt ich eine Gefangne, mit schrecklichen Phantasien und Träumen: nur Du, nur Du, mein Abgott, und wär ich auch ein Vogel in den Lüften, bist in der weiten Welt meine Freiheit.


Fulvia an Ardinghello

Größter und strahlendster Diamant von allen jungen Rittern!

O wär ich so die schönste und größte Perle! nur Deinetwegen.

Fortuna und Victoria halten nun den Rosen- und Lorbeerkranz über Deinen Scheitel verschlungen hinten auf Deinem Triumphwagen: aber ich war auch glücklich! die Glücklichste unter den Weibern. Jene Königin der Amazonen mußte den Überwinder von Asien aufsuchen: und Du kamst zu mir, Genua zu verherrlichen, und den schwachen kraftlosen Stamm, womit ich vermählt bin.

Ich trage mit üppiger Hoffnung die Frucht unter meinem Herzen, und sie beginnt zu reifen. Die Parzen selbst haben[144] ihr künftig Leben aus Deinem Munde gesungen. Die Korsaren und das Mißtrauen meiner Verschwägerten machten, daß ich noch unverdorben in Deine Arme kam.

Dir fehlt zum König aller Könige nichts als ein Konstantinopel, ein Ispahan.


Florenz, September.


Man muß das Eisen schmieden, weil es warm ist. Wir Besten haben es miteinander abgekartet und den Minister gestürzt, eh er sich's versah. Es war mit dem alten Ziegenfüßler ohne Bestechung nichts anzufangen, und er hat uns Tort und Drangsal genug angetan. Wir sind jedoch säuberlich mit ihm verfahren, und er darf in Einsamkeit und Muße noch seine Beute überzählen. Die Kammerjungfer der Bianca und der Kammerdiener des Großherzogs schlugen ihm für eine Summe Zechinen das Bein unter; das ist: sie brachten ihm aus den Morgenstunden falsche, ganz entgegengesetzte und doch fein und wahrscheinlich erdichtete Nachrichten von dem, was man gern sähe: und er plumpte hinein. Wir warfen bei der Gelegenheit noch einige Lächerlichkeiten auf ihn und empfohlen unvermerkt den, welchen wir an seine Stelle wollten.

Ich hätte den Posten vielleicht für mich erobern können; aber ich mocht ihn nicht. Auch bei einem wackern Fürsten, dem ein schlaues Weib gelüstet, kömmt der trefflichste Mann zu kurz; er hält ihn mit seinen allerweisesten Ratschlägen doch nur immer bei den Ohren: und die reizende Kreatur, mit geringerm Aufwande, weit stärker anderswo in nektarsüßen Banden. Überdies mußt ich scheuen, bei erster Gelegenheit ein Opfer der Eifersucht zu werden.

Der neue läßt sich gut an; er scheint ein Mann von Kopf und hat Aufwallungen von Mut, doch merk ich Winkelzüge. Wir wollen sehen, wie lang er aushält: noch ist er den Zauberfelsen der Sirenen nicht vorbei und keine Scylla und Charybdis durch, und an seiner Stelle werden die mehrsten bald über einen Leisten geschlagen. Jetzt gefällt er sehr der[145] Bianca und dem Fürsten. Es war eben kein Beßrer da. – Ich hab ihn beredet, sogleich in der Stadt und auf dem Lande einige neue Anordnungen einzurichten, die ersprießliche Folgen haben dürften.

Fürs erste ist die Anzahl der täglichen Lehrstunden in den öffentlichen Schulen vermindert, das bloß leere scholastische Geschwätz, soviel möglich, daraus verbannt; und es sind andre wackre Meister in verschiednen Fächern mit guten Besoldungen angesetzt worden.

Die Geschichte von Florenz und dessen bürgerlicher Verfassung wird nun gelehrt, woran man nicht mehr dachte, nebst der von Griechenland und Rom, nach kurzen einfachen vorläufigen Begriffen von menschlicher Gesellschaft überhaupt.

Alsdenn die Naturgeschichte des Landes; mit sinnlicher Anzeige dessen, was der Boden gut hervorbringt, am besten zum Lebensunterhalt dient und am besten verkauft wird. Noch überdies sollen die Zöglinge während der Ferien bei den Wallfahrten alles an Ort und Stelle in eignen Augenschein nehmen.

Ferner haben wir den Festen und Spielen der Jugend einen edlern Zweck zugesellt; und man wird nun Schwert und Schießgewehr mit Leichtigkeit bei Beleidigungen gebrauchen lernen. Zugleich sind sie unvermerkt Gelegenheit, daß der Kern der Mannschaft sich geschwind vereinigen kann, wenn es die Not erfordert. Alle Woche ist in den Städten und wichtigsten Flecken eine Fechtakademie und doppelte Ehrenpreise, weil die Verdorbnen die Belohnung doch gleich in der Hand haben müssen; und in Stadt und auf dem Lande wird ebenso nach dem Ziele geschossen.

Und endlich sind nun für Knaben und Mädchen öffentliche Musikschulen und Tanz- und Zeichnungssäle; was ist Leben ohne Freude?

In das Seewesen hab ich mich noch nicht einmischen können. Mehr ist nicht möglich, für jetzt zu tun: so ist das Volk schon gesunken.[146]

Unser junger Monarch ist übrigens leicht zu leiten; und er findet, obgleich nicht ohne gute natürliche Anlagen und manche helle Blicke, doch dies, aus einer sonderbaren Schwachheit, selbst zu handeln, fast immer das beste, was der letzte Wohlredner ihm entschlossen vorträgt.

Äußerst selten tut er etwas aus sich: Hülfe und Gesellschaft muß er überall haben.

Gewohnheit ist eine schreckliche Tyrannin! Die Quelle des Übels liegt darin, daß die bequemlich gewordnen Romulusse und Cäsarn durch bloße Geburt von Kindheit an bei der geringsten Kleinigkeit bedient werden und hernach Maschinen sind, von einer Menge Leuten zusammengesetzt, nie ganz und unabhängig, eher Schnecken und Schildkröten als Adler in den Lüften, die sie doch sein möchten. Bauer und Bettler haben mehr Gefühl eigner Existenz als sie und genießen größre Glückseligkeit.

Noch ißt und trinkt er gern etwas Gutes; und er hat seine Zunge im Geschmack so ausgebildet wie ein großer Tonkünstler sein Ohr und ein Correggio sein Auge. Auch läßt er die besten Reben kommen von Osten und Westen und pflanzt sie an in Toskana: und dies verdient gewißlich allen Dank. Die Zunge ist der Maßstab seiner Gesundheit; wenn sie nämlich gerade das Mittel hält zwischen Trocken und Feucht, befindet er sich am besten. Süß und Bitter unterscheidet er nach allen Graden wie Licht und Finsternis mit ihren Farben.

Frescobaldi


Rom, Oktober.


Ich bin mit dem Kardinal hieher gereist, um Kunstsachen zu kaufen und in Ordnung zu bringen; und streiche nun herum wie eine Flamme, so ist alles bei mir in Bewegung.

Wer Rom in seinen Ruinen und seiner Versunkenheit ganz fühlen wollte, müßt ein neuer und doppelt und dreifach großer Marius auf den zerstörten und zerfallnen Kaiserpalästen des Monte Palatino sitzen. Kein Mensch auf dem[147] heutigen Erdboden vermag dies; alles ist dagegen zu klein, was herkömmt und was da ist. Meine Tränen rinnen auf die heilige Asche der Helden, und ich schaudre zusammen in der Unwürdigkeit, wozu mich das Schicksal verdammt hat. Welch ein Glück, bei seiner Geburt in ein Rom zu den Zeiten der Scipionen auf die Welt geworfen zu werden! Aber dies kann niemand mehr begegnen.

Wer sich eine Idee von der römischen Gegend machen will, muß sie an einem heitern Morgen oder Abend auf dem Turme vom Kapitol sehen. Weit, voll großer reinen Gegenstände, ein entzückend Stück Welt, zu handeln und wieder auszuruhn, ist sie; schöne Hügel, fruchtbare Flächen, ferne Ketten kühl Gebirg und das unermeßliche Meer in der Nähe zum leichten Ausflug in alle Nationen. Und wie stolz und königlich nun Rom in der Mitte liegt auf seinen freundlichen mannigfaltigen Höhen, an der Schlangenwindung des Tiberstroms, als stark anziehender Vereinigungspunkt! Zeigt mir eine andre Stadt in der Welt, im herrlichen Europa, von wo aus man dasselbe und Afrika und Asien so bequem beherrschen könne, gerad im mildesten menschlichsten Klima zwischen Hitze und Kälte!

Es bleibt dabei: Luft und Land macht den Hauptunterschied von Menschen: alsdenn kömmt Zufall und die Kette der Begebenheiten, Neuheit und Ablebung; alles geht im Kreis und Taumel, und die Bewegung läuft immer fort. Es kann nicht fehlen, jede Gegend stimmt mit der Zeit die Seelen der Einwohner nach sich. Rom ist weit, glänzend und groß in prächtigen Fernen, schön in der Nähe; still auf seinen bekränzten Hügeln und einsam zum Genuß und Nachdenken: und so die Römer von jeher, was die Form betrifft, und sie werden's bleiben. Jetzt geben ihnen ihre eignen Ruinen etwas Zerstörendes, das noch entferntere Gegenden als ehemals empfinden.

O daß Du nicht hier bist und mich begleiten kannst! Doch ist auch wieder Genuß und Rührung stärker bei traurigen Gefühlen, wenn der Mensch allein ist.[148]

Ich bin die ersten Tage in den Gebirgen herumgeritten zu Tivoli, Palestrina, Frascati und Albano; und hernach an der See herum zu Nettuno, Ostia, Civitavecchia. Wie ein Hannibal such ich es einzunehmen, das unbändige Rom: aber es wird mir wie ihm nicht gelingen. Alsdenn hab ich es wieder von seinen Höhen betrachtet: und nun stürz ich mich hinein in die Tiefe. Meine Seele kann wegen der vorigen Stürme noch keine rechte Ruhe finden, und dies treibt mich oft nach kurzem Schlummer vom Lager auf; hier will ich Dir denn, um mich zu zerstreuen und viel leicht zu Deinem Vergnügen etwas beizutragen, zuweilen einige Worte über mein gegenwärtig Leben hinwerfen. Für Eingeweihte ist das willkürliche Zeichen immer ein guter Zauberstab, die Gefühle eines andern wieder hervorzurufen, zumal wenn sie dereinst dieselben Gegenstände vor sich haben.

Gestern früh bin ich an dem Kolosseum herumgeklettert. Es liegt auf dem herrlichsten Platze, den man sich denken kann; gerad in der Mitte des alten Roms, in dem Tale zwischen den drei Hügeln Palatino, Celio und Esquilino; und war der bequemste Freudenort für alle Einwohner. Es ist rührend und schrecklich zugleich, wie einige Zwergenkel der heroischen Urväter und die Barbaren an den erhabnen, in schöner Form erbauten Massen genagt und zerstört haben und sie doch nicht zugrund richten konnten. Die eine Hälfte der äußern Einfassung ist weggetragen, und aus den geraubten Trümmern sind die stolzesten Paläste der neuern Welt aufgeführt; die andre steht noch, ein weiter Kreis in hoher grauer Majestät mit lauter Quaderstücken von Felsen und dreifachen festen Säulen übereinander mit korinthischen kleinen Pilastern oben gekränzt. Die Zusammenfügungen von Stein auf Stein hat das Maulwurfsgeschlecht überall durchlöchert, um die metallnen Pflöcke herauszuholen; und die breiten Sitze von Bausteinen stehen auf Gewölben noch zum Teil rundum in Trümmern, und zum Teil hat sie die Zeit in Ruinen darniedergestürzt, und sie liegen unten im Schutte.[149]

Gras und Kraut und Gesträuch mit Lorbeerstauden grünt und blüht überall, wie auf einem Anger von fruchtbarem Boden, und das Oval der Arena ist eine vollkommne Wiese.

Eine solche Gestalt hat jetzt das ehemalige Wunder der Welt, das achtzigtausend Zuschauer faßte, welche alle binnen wenig Minuten wieder auf der Straße sein konnten, und erschüttert noch den kühnsten der heutigen Erobrer. Herum trauern der Esquilino und Palatino und Celio mit ihren zerfallnen Tempeln, Bädern, Wasserleitungen und niedern Gewölben.

Der Plan zum Ganzen ist äußerst einfach. Die Rundung eiförmig; und der größere Durchmesser teilt sich in vier kleine, von denen zwei die Arena einnimmt und einen auf jeder Seite der Gang vom Gebäude selbst, die zusammen etwas über achthundert Palme ausmachen; die Peripherie hat deren drittehalbtausend.

Die Höhe besteht aus vier Absätzen. Die drei untern sind mit Säulen nach dorischer, ionischer und korinthischer Ordnung in Bogen übereinander, der vierte ist mit kleinen korinthischen Pilastern geziert und schließt ohne Bogen mit einem prächtigen dreigestreiften Gebälke. Die ganze Höhe macht zweihundertundzweiunddreißig Palme.

Es muß viel Holz darinnen gewesen sein, weil es verschiednemal abbrannte, und zuweilen bloß einfach und zuweilen reich verziert und vergoldet war. Die innre Aussicht ging in eine Ordnung von einzelnen Säulen aus, die das Zelt festhielten, nach den Münzen des Titus und Domizian.

Die Schönheit der Säulen besteht mehr im Verhältnis der Teile als der Arbeit; ihre Form ist rauh und einfach, wie es die ungeheure Festigkeit erheischt.

Das Amphitheater von Verona ist kleinlich und provinzial dagegen.

Mir winkte obenauf durch Ruinen und Gesträuch, ewig jung und unversehrbar, die Pyramide des Cestius von fern[150] in blauer Luft, und ich konnte nicht erwarten, dahin zu gelangen; strich an dem halb eingefallnen Septizonium des Severus vorbei durch die Niederlagen des Circus Maximus zwischen den Aventinischen und Palatinischen Bergen nach dem Tiberstrom zu und daran fort, bis ich der reinen schroffen Felsenspitze immer näher kam. Ach, wie alle die Herrlichkeit so verwüstet liegt! Und doch sind die Überbleibsel der Verwüstung nur klein gegen das, was stand: vom Circus Flaminius, Agonalis, Florealis, Vaticanus, von denen des Sallust und Nero ist keine Spur mehr zu finden. Und was waren die Gebäude selbst in ihrer Vollkommenheit gegen das ungeheure Leben darin! Die Phantasie des Menschen mit ihrer Götterkraft scheut sich zurück, wenn sie sich eine Vorstellung machen soll, wie nach dem Siege des Metellus in Sizilien über Karthago hundertundzweiundvierzig Elefanten auf einmal kämpften und erlegt wurden, und von hundert Löwen unter dem Sylla es bis auf sechshundert unter dem Pompejus kam. Unter den Kaisern vollends folgte hierin eine Ausschweifung auf die andre. Trajan gab nach dem Dacischen Kriege und dem Tode des Decebalus hundertunddreiundzwanzig Tage lang dergleichen Schauspiele, wo zuweilen bis auf zehntausend zahme und wilde Tiere und unzählbare Gladiatoren kämpften; und Commodus brachte nach dem Lampridius hundert Elefanten mit eigner Hand um.

Es ist klar genug, daß ein solches Volk, welches noch überdies wirkliche Könige und Helden am Leben, wie Jugurtha, ihren letzten Tropfen Existenz in seinen öffentlichen Gefängnissen bis auf den äußersten Hunger ausdauern sah, der kleinern atheniensischen Tragödie nicht bedurfte, um das Herz nach dem Aristoteles von Furcht und Schrecken zu reinigen. Und was sind wir, denen die Vorstellungen des Sophokles und Euripides zu grausam vorkommen?

Es ist wohl wahr, der Mensch bezieht alles auf sich selbst, und also auch die Werke der Kunst; sein Gefühl ist wie sein Charakter. Ein Miltiades, Themistokles, ein Sylla und[151] Cäsar können bei Gegenständen Vergnügen empfinden, die bei einem Schwachen Abscheu erregen und ihn martern, weil er nicht die große starke Selbstständigkeit hat, die Leiden andrer außer sich zu fühlen, ihre Natur und Eigenschaften wie jene mit ihren Kräften zu ergründen und zu erkennen, die Sphäre seines Geistes dabei zu erweitern und zugleich über alles dies emporzuragen, ohne sich als Teil damit zu vermischen und selbst zu leiden. Griechen und Römer vergnügte vieles, wovor wir fromme moralische Seelen Abscheu haben. Der letztern Fechter waren meist zum Tode verdammte Sklaven; und die Tragödien der erstern zeigten ihnen, wie Menschen untergehen, die nicht vollkommen genug sind, und wie Held und Heldin bei Ausübung hoher Tugenden leiden soll oder sich weise mit ganzem Bewußtsein unter das Gesetz der Notwendigkeit, den ungefähren Zusammenstoß der Begebenheiten beugt. Dies ergreift männliche Seelen, und ein solch ausgewählt Leben, von trivialen Lumpereien fern, dringt in nichtsdestoweniger rein und scharf fühlende Herzen; es ging nach dem großen paradoxen, unsrer empfindelnden Welt unbegreiflichen Grundsatze der Stoiker: der Weise erbarmt sich, hat aber kein Mitleiden.

Die Pyramide ist ein gar herrlich Werk, hundert und etliche Fuß hoch. Sie steht ewig jung da, obgleich das Grün von Gesträuchen sich hineingenistet hat, wie ein gediegner Feuerwurf aus der Erde, so scharfflammend; grade gegen die vier Weltteile mitten zwischen den Ringmauern, die Seite nach der Stadt gegen Norden. Üppig fest trotzt sie der Luft, dem Himmel und seinen Wolken. Eine dauerhaftere Form gibt's nicht: alles, was von oben herunterfällt und in der Erde anzieht, macht sie stärker, die mächtigste Feindin der Zerstörung. Aber was hilft's? Der Geist und das Leben ist doch weg aus dem Menschen, der darunter begraben liegt; sein Name bleibt indessen immer etwas. Wie das zarte Schwarz dem innen blendendweißen Marmor so lieblich läßt! Sie steigt hervor so natürlich wie ein Gewächs, und[152] die ägyptische Nachahmung schlägt alle römische Grabmäler, selbst die der Metella, des August und Hadrian, darnieder.

Da ich so nahe mich befand, wandelte ich noch zum Tore hinaus über die alte Via Ostia nach der Sankt-Pauls-Kirche, die Konstantin der Große angelegt haben soll. Welch ein Eindruck von verschiednen Empfindungen! Schönheit und Pracht in ihrer größten Herrlichkeit entzückt Augen und Phantasie: und die Armseligkeiten darum her setzen einem das Messer an die Kehle wie Diebsgesindel. Man hat hier Roms ungeheure Macht und Ruin beisammen.

Sie ist von innen wie ins Kreuz gebaut, doch merkt man's kaum, und sie bleibt ein Oblongum; nachher erst hat man die Verehrung vom Kreuz ins Alberne getrieben. Die vierzig gestreiften haushohen korinthischen Säulen und die vierzig kleinen glatten unter dem Schiffe machen, mit den über doppelt breiten mittlern, fünf Gänge, die ihresgleichen in der Welt nicht haben. Unter den gestreiften sind zwei Dutzend von parischem Marmor in höchster Schönheit. Das Scheurendach und Obergebäude darüber mit den acht Fenstern macht damit einen wunderbaren Kontrast, der aber doch einfach ist und gewissermaßen dem Untern entspricht, und dies gibt dem Ganzen eine furchtbare Größe; die entzückendste griechische Schönheit muß, vom Schicksal unwiderstehlich genötigt, den wilden Barbaren dienen.

Der Boden ist aus Marmortrümmern, worin hier und da noch Fetzen von Inschriften sich befinden. Im Kreuzgange, wenn ich ihn so nennen darf, sind sechs große und zwei kleine Altäre mit dreißig Porphyrsäulen, alle, zwei oder drei etwa ausgenommen, aus einem Stück, wie die achtzig weißen Marmorsäulen; und noch tragen da die Decke sechs ungeheure von ägyptischem Granit und vier ebenso große von Marmor. Der herrliche freie Raum tut einem ungemein wohl zwischen den Säulen, samt der uneingeschränkten Höhe.

Diese Kirche bleibt die höchste Pracht der Welt, und nichts[153] übertrifft sie. Man mag von den gefangnen rührenden Schönheiten nicht weggehn, wie von lauter Iphigenien in Tauris, und die ganze Seele stimmt sich daran rund und geschmeidig.

Man sagt, die Säulen wären vom Grabmale Hadrians, der jetzigen Engelsburg, genommen, und es ist sehr wahrscheinlich. Die Asche des Kaisers muß dort wie in Blumen gelegen haben; unglückliche Manen! Übrigens ist es den Römern wieder ergangen, wie sie es den Griechen machten; und derjenige, welcher diese Kirche baute, hat vielleicht, wie Mummius bei Fortschaffung der geplünderten Statuen von Korinth den Schiffern, ebenso den Baumeistern gedroht, sie sollten andre Säulen machen lassen, wenn sie etwas daran verdürben oder zerbrächen.

Mich überfiel der Mittagsbrand, wie ich wieder in der freien Sonne war, als ob ich aus einem kühlen Bade käme; und ich verdoppelte meine Schritte nach dem Tore, wo die zwei wilden Türme aus den mittlern Kriegszeiten und die mit Efeu dicht behangne alte Stadtmauer neben der Pyramide mit ihrem Schatten mich erfreulich an sich zogen. Mir schien der Weg zu weit bis auf den Spanischen Platz, und ich begab mich unter die Pinien, Zypressen, grüne Eichen und Maulbeerbäume, nach den frischen Weinkellern des Monte Testaccio; ließ mir's köstlich bei einem alten Wirt, einem Sizilianer und Sohn des Ätna, schmecken, und legte mich nach wohlgehaltnem Mahl und angenehmem Geschwätz in ein Zimmer gen Norden zur süßen Ruh nieder, und fiel in einen erquickenden Schlaf.

Gegen Abend erwacht ich wieder und hörte in einem Saale neben mir: ›Michelangelo, Raffael und Antiken‹ und unten Trommel und Geige. Ich sprang auf, und sah zwischen den Bäumen Fest und Tanz und Schönheit, und trat in den Saal. Der Streit war so heftig, daß man mich nicht bemerkte. »Michelangelo«, sprach ein reizender junger Mensch, »gehört gar nicht unter die Maler, so wenig als einer, der bloß den Kontrapunkt versteht, unter die großen Sänger und[154] Geiger. Was hat er denn hervorgebracht? Seine Capella Sixtina, und weiter nichts als seine Capella Sixtina. Ist dies gemalt? Ist dies Natur? Wer kann sich erinnern, irgend etwas in der Welt gesehen zu haben, das seinen Herrgöttern, Propheten und Sibyllen und vollends seinen Seligen und Verdammten gliche? Geschöpfe einer ungeheuren Einbildungskraft, die zwar erstaunlich viel für Studium den Künstlern, aber wenig für Volksverstand und nichts für Auge und Herz sagen.

Der elende Florentinerschmeichler Vasari hat mit dem Dampf von seinem Weihrauchkessel, den er dem alten Kunstdespoten unter der Nase herumschwenkte, damit er durch dessen Empfehlung etwas zu malen bekäme, den Leuten das Gehirn benebelt. Und ist dies groß im Geiste, wie er die gütige himmlische Seele, den Raffael, verfolgt hat? Weil er selbst sein Unvermögen in der Farbe erkennen mußte, so zeichnete er mit aller seiner Gelehrsamkeit die Umrisse dem Venezianer Bastian, und dieser sollte mit seinem Kolorit den Pfeil vergiften. Aber was kam zum Vorschein in Pietro Montorio? Ein Zwitterding, welches seiner Einsicht wahrlich wenig Ehre macht, und der Göttliche blieb, wer er war. Raffael hingegen, der edle reine Jüngling, der nur die Vollkommenheit der Kunst im Auge hatte, sonder Neid, strebte in Unschuld, das zu dem Seinigen noch zu gewinnen, was der weit Ältere, der Mann in Rücksicht seiner, Vortreffliches besaß; und wahrlich meistens aus kindlicher Gutherzigkeit: denn die Antiken sind doch auch hierin ganz andre Muster, und Michelangelo ist dagegen ein Wilder. Und endlich konnte Raffael wohl von Michelangelo lernen, aber Michelangelo nicht von ihm; denn was den Raffael zum ersten Maler macht, lehrt und lernt sich nicht.«

Ein Landsmann von mir, der eigentlich mit diesem im Klopfgefechte begriffen war, wurde darüber vor Ärger grün und gelb, und die Nase schwoll ihm zusehends: doch konnt er vor Zorn nichts hervorbringen, so wortreich er auch sonst ist, und hätte bald wie Markus Tullius Cicero[155] vor dem schönen Clodius, dem rebellischen Tribun, das Hasenpanier ergriffen, wenn ich nicht einigermaßen seine Partie aufnahm. Ich antwortete:

»Die Herrgötter von Michelangelo könnt Ihr freilich nicht in der Welt gesehen haben: aber gibt's in der neuern Kunst erhabnere Gestalten? und entsprechen sie nicht doch alle dem, was der gemeine Mann bei uns sich als Zauberer vorstellt? Eure Gestalt selbst, Freund, ist zu edel und Eure Blicke zu hochgeistig,« fuhr ich fort, »als daß der Gott, der die Sonne schafft, und der, welcher die Eva schafft, Euch nicht ergriffen haben sollten. Das Erhabne schlägt ein wie ein Wetterstrahl und berührt am ersten die großen Seelen. Die Propheten und Sibyllen sind lauter mächtige Charakter in Feuer, Eifer und Begeisterung. Und im ›Jüngsten Gericht‹ verdammt Christus streng, droht die Sünder majestätisch mit aufgehobner Rechten fort: indes die zärtliche Mutter mit angelegten Armen und Händen an die Brust die Seligen heraufwinkt; und es ist ein Spiel der Phantasie, wo der menschliche Körper in allen möglichen Stellungen wunderbar sicher ausgezeichnet ist.

Ich habe vor wenig Tagen«, fügt ich hinzu, »ein kleines Gemälde von ihm gekauft, welches vorstellt Christum am Kreuz, wo der Erlöser gesagt hat: ›Weib, siehe, das ist dein Sohn!‹ und zu dem Jünger, den er liebhatte: ›Siehe, das ist deine Mutter!‹ Unten auf beiden Seiten mit der Mutter und dem Johannes, sie rechts, dieser links; und an den Armen des Gekreuzigten schweben zwei Engel in einem Gewitterhimmel voll Dunkelheit und Feuergewölk.

Christus und die Madonna sind die erhabensten tragischen Gestalten, die ich je in Malerei gesehen habe. Christus ist ein leidender Alexander, Hannibal, Cäsar und was man Großes und Erhabenes von Menschheit kennt. Ein göttlicher Jüngling voll Güte für den großen Haufen, welcher der Menge unterlag: ein Tiberius Gracchus, und die Mutter eine Cornelia, voll Geistesstärke und Größe.

O wie verschwinden alle Madonnen und wie ist selbst Raffael,[156] den ich bewundre und liebe wie den neuern Apelles, klein dagegen und gewöhnlich! Stellung von ihr, Blick zu ihm, zu seinem schmerzenbändigenden scharfen Aug und hohen Angesicht; herabgehaltne Rechte, voll Kraft und Zorn angehaltner linker Arm, Daum und Zeigfinger nach dem Jünger hin gerichtet; der Wurf des blauen Mantels über das rote Gewand: alles harmoniert und macht ein Ganzes. Johannes sinkt vor Schmerz zusammen mit übereinandergeschlagnen auf die Brust gelegten Händen.

Welch Meisterwerk von Zeichnung ist der Körper des Gekreuzigten! Wahrheit bis in die kleinsten Teile und zugleich Leben und Leiden durchaus in Einheit.

Man fühlt wirklich hier etwas von dem, was Vasari im allgemeinen sagt, der zuweilen so golden beschreibt, ob es gleich wahr ist, daß ihn seine antike Vaterlandsliebe zu Ungerechtigkeiten gegen die drei großen Apostel der Kunst, Raffael, Tizian und Correggio, verleitet: es ist, als ob ein himmlischer kraftvoller Genius heruntergekommen wäre und Mitleiden mit allen den Stümpern gehabt und denselben gezeigt hätte, wie ein Christus am Kreuz und eine Madonna und ein Johannes dabei vorzustellen sei. Er ist bis zur Täuschung angenagelt und bewegt sich gerade dazu, wie es sich schickt.

Die Mutter ist ein hohes Weib, noch in unverwelkter Schönheit, ihres Adels bewußt, die über die Grausamkeit zürnt, welche man an dem Sohn ausübt, sein ganzes Leiden fühlt mit dem weinenden Feuerblick: aber in der Zerknirschung noch solche Festigkeit und Erleuchtung hat, um erhabner als eine Niobe dabeizustehen und anzuschauen.«

Der junge Künstler fuhr auf, drückte mir beide Hände, freudig und verschämt im Gesichte glühend, und sprach freundlich zu mir: »Ich habe nur gelästert, um den dort zu schrauben; und überhaupt erfährt man mit den bittersten Widersprüchen am besten die Wahrheit, die man sonst selten aus den verborgnen Tiefen eifersüchtiger Virtuosen hervorholt. Ich kenne das kleine Gemälde von Michelangelo[157] wohl; wievielmal ist es nicht kopiert worden! Nur wünscht ich, daß die Figuren in Lebensgröße wären. Ich kann das Kleine nicht leiden, es geht mir wider den Sinn; und ist ein Schlupfwinkel, wohinein sich Mittelmäßigkeit und Schwäche verbirgt und bei Weibern und Kindern und Unverständigen großtut.«

Ich antwortete ihm, daß ich hierin gar sehr seiner Meinung wäre, daß aber doch am Ende alle Kunst bloß Zeichen sei und Verstand und Geist am mehrsten von einem Menschen entscheide; und daß, wer keinen Verstand habe, nirgendwo obenan stehen könne. Michelangelo hätte sich überaus mit seinen Enakskindern, den Propheten und Sibyllen genug gerechtfertigt. Unterdessen sei wieder wahr, es könn einer außerordentlich viel Verstand und Erhabenheit in der Denkungsart haben und doch ein schlechter Maler sein.

Hier tat einer in der Ecke mit hämischem Blick und boshaftem Lächeln den Mund voll gerader weißer scharfer Zähne aus einem prächtigen schwarzen Bart auf, streckte die rechte Hand hervor aus einem abgetragnen grauen Mantel, fuhr in meiner Rede fort und sagte:

»Und einer blutwenig Verstand haben und ein sehr berühmter, vielleicht auch guter Maler sein.

In dieser Kunst kann es einer ohne Schöpfungskraft, Erfindungsgeist, ohne eigentlichen Verstand, oder wie Ihr das heißt, was im Leben einen Menschen über den andern setzt, nach dem allgemeinen Urteile weiter bringen als in irgendeiner andern, wenn er nur ein gutes Auge hat, sich eine fertige Hand erwirbt im Schweiße seines Angesichts und überdies Achtung gibt, was denen gefällt, die reich sind und kaufen. Und je mehr er bloßer Kopist der Natur ist, desto mehr wird er gefallen. Und er muß behaupten, dies sei das Wahre, und alle Überflüge der Einbildungskraft, die nur hie und da einige Sonderlinge aufhielten, als leeres Zeug verachten und fragen, was nennt ihr erhaben?«

Ich wußte nicht, ob ich dies für Mutwillen, Satire oder Ernst aufnehmen sollte; doch hetzt' es mich schnell auf,[158] und ich antwortete geradezu, wie es die Lage der Sachen erheischte.

»Erhaben?« versetzt ich, »ist ein höher Wesen, das in uns eindringt mit Empfindungen, Gedanken, Gestalt, Gebärde, Handlung; und man bedarf da keiner weitläuftigen Schreiberei von Sophisten. Wer nicht über andre ist, soll sie nicht zu Paaren treiben und ihnen vorpredigen wollen, es sei, worin es sein mag. Pracht läßt sich wohl damit vereinigen, aber Pracht ist nicht Erhabenheit. Erhaben im höchsten Grade, was die Kräfte des Menschen unendlich übersteigt. Überall füllt es die Seele mit Entzücken, Schauder und Erstaunen, daß sie die Zeit vergißt, und versetzt den Menschen unter die Götter.«

»Wir werden nie mit der Kritik nur einigermaßen ins reine kommen,« erwiderte er darauf kalt und trocken, »wenn wir nicht die Grenzen jeder Kunst bestimmen und feststellen, was sie überhaupt selbst ist. Und wir sind jetzt da, uns zu freuen, und nicht, den Weg durch dieses Labyrinth auszuspähen. Lassen wir es also bei dem Gesagten bewenden.«

»Nein, nein!« riefen hier einstimmig verschiedne, »es ist noch hoch am Tage, und die schönste Zeit dazu; setzen wir das angenehme Gespräch weiter fort.« Und so baten sie ihn: und der so heftig gegen Michelangelo sprach, streichelte ihn liebkosend am Barte, bis er folgendermaßen anfing:

»Das erste und heftigste Verlangen der Seele, welches sie nie verläßt, ist Neuheit, und dann Durchschauung, und endlich Vollkommenheit oder Zerstörung der Dinge. Dies treibt die Unsterbliche durch alle Welten. Sie schafft und wirkt, ihre Schwingen sind unermüdlich und verlieren ihre Kraft nie, und sie kann nicht aufhören, sich zu bewegen und bewegt zu werden; so bescheiden gegen sich, daß sie von sich selbst nichts weiß: aber die Iliade zeugt überall genug von Homeren.

Nun ist der Mensch selten in der Lage, daß seine Seele in der Wirklichkeit hienieden nach diesen ihren Neigungen[159] glücklich sein könnte: sie wirft sich also aus Verzweiflung in die Kunst und treibt damit ihr Spiel. Wohl derjenigen, die lange in den seligen Träumen hinschwebt, ohne zu erwachen!

Alle Kunst ist Darstellung eines Ganzen für die Einbildungskraft. Sie unterscheidet sich nach den Mitteln, die sie dazu braucht; und diese sind in jeder Art ihre notwendigen Schranken, wohinein sich ein Weiser leicht bequemt und worüber nur die Unklugen hinauswollen.

Aristoteles, und wer ihm folgt, schränkt die Poesie auf Handlungen ein, als ob die Sprache nichts anders sinnlich vorstellen könnte: aber selbst die griechischen Dichter haben sich nie diesem Gesetz unterworfen; und Virgils Georgica und die Natur der Dinge des Lukrez und manche hohe Hymne bloßer Empfindung werden Meisterstücke bleiben.

Die meisten haben wunderliche Begriffe von Poesie und meinen, sie könne ohne Nebel und Wolken nicht bestehen, und müsse platterdings ein Rausch, eine Raserei sein, und scheue das Licht der Vernunft; und die albernsten Pöbelmärchen und Kinderfabeln wären ihr Bestes und Wesentliches, und würdigen sie so herab von ihrem Adel. Wenn sie nur den Sophokles und Euripides wollten sprechen hören, die diese Kunst zur Vollkommenheit gebracht, so könnten sie sich leicht von ihrem Wahn befreien.

Die Bildhauerei und Malerei stellt Oberflächen von Körpern dar, die letztere, insoweit sie sich durch Farben zeigen.

Ein neues Ganzes, wie schon gesagt, oder ein altes neu auf die wahrste und lebendigste Weise den Men schen in die Seele bringen ist Kunst. Das Schicklichste für den Dichter sind Handlungen, oder Bewegungen im Zeitraum, weil seine Zeichen, das sind Worte, nur nach und nach können gehört werden; aber doch kann er immer auch damit Dinge nebeneinander oder Körper darstellen, und der Zuhörer denkt sie sich zusammen, wie er am Ende bei den Begebenheiten[160] selbst muß. Homer würde wohlgetan haben, wenn er die Gegend von Troja nicht für bekannt angenommen und die Jahrszeit, worin alles geschah, sinnlicher gemacht hätte. Wer denkt an Zeit, wenn ich einem mit Worten etwas beschreibe und dieser getäuscht dasselbe dabei sich vorstellt? Bei jedem Genusse sind wir ewig und scheinen die Zeit nicht mehr zu fühlen.

Unser Leben ist kurz: wer uns ein Ganzes täuschend am geschwindesten in die Seele bringt, erhält den Vorzug.

Wenn einer inzwischen gar zu große Begierde hat, ein neues Ganzes zu wissen: so behilft er sich auch mit dem mangelhaftesten Mittel, bis er ein bessers vorfindet.

Ein Dichter muß dem Maler immer in Schilderung körperlicher Gegenstände unterliegen: und geradeso geht's dem Maler im Gegenteil mit Handlungen. Nichtsdestoweniger ragt doch die Poesie mit ihren willkürlichen Zeichen über alle ihre Schwestern hervor. Kein Maler kann die Größe der Alpen, das unendliche Meer, den unendlichen Himmel schildern auf seinem Läppchen Leinwand; und kein Tonkünstler Kanonenschall, Donner und Orkan, ob er gleich das seelenergreifendste Mittel unter allen hat, da das Lebendigste, woraus wir bestehen, selbst Luft und Feuer ist.

Die Musik überhaupt geht ganz aus der sichtbaren Welt hinaus und wirkt mit bloßen verschiednen Arten von Bewegung, die von der Materie nur den Punkt zu ihrem Aufflug nehmen, und durch ihre Proportionen Empfindungen erregen: und ich glaube schier nach dem Pythagoras, daß das eigentliche Element, worin die Geister existieren, reiner Klang und Ton ist.

Geschichtmaler ist ein wahrer Widerspruch, da ein Maler nur einen Moment vorstellen kann und Geschichte notwendig eine Reihe von Begebenheiten erheischt. Es versuch es nur einer und erzähle mir mit seiner Malerei Begebenheiten, die ich nicht schon weiß, von Menschen, die ich noch nicht kenne! Und gesetzt auch, einer stellte mir eine Geschichte zum Beispiel vom ältern Scipio mit lauter Porträten[161] dar, so wahr und vortrefflich, als ob sie alle Tizian gemacht hätte: was weiß ich dadurch mehr als den Moment? Weiß ich, was entweder vorher oder nachher geschehen ist, da keiner auch von seinem bekanntesten Freunde zuversichtlich mit einem momentanen Blicke weiß, was er vorher getan hat oder nachher tun wird? So tief im Verborgnen lebt der Urquell unsrer Wirkungen. Und wo ist der Zauberer, der mir aus einer Tat oder aus tausend Taten das Gesicht nur eines Mannes darstellt, das er noch nicht sah, mit allem seinen Eigentümlichen? Dazu gehört der Gott Platons, um den sich das Weltall rollt, und kein Sterblicher. Alles, was der Maler erfinden kann, ist Ideal von Gestalt dieser oder jener Klasse von Menschen, oder Gattung von Geschöpfen im allgemeinen.

Jedes Werk der bildenden Kunst mit dem Ausdruck von Leidenschaft ist alsdenn doch nur eine unaufgelöste Dissonanz. Das vollkommenste historische Gemälde, das ist, wo der interessanteste Moment aus einer Begebenheit gewählt ist und man das Vorhergehende und Nachfolgende am besten erkennen kann, bleibt also immer an und für sich schon ein quälendes Fragment, das weder Herz noch Geist befriedigt.

Um hierüber nicht zu streiten, so bleibt ausgemacht: das Vortrefflichste derselben ist das schöne Nackende; mit dem Ausdruck geht's hernach wie bei der Musik: er ist die Blüte der Vollkommenheit, aber nicht eigentlich die Vollkommenheit selbst. Jeder Sinn hat sein eignes Element, worin der Ausdruck nur schwimmt. Die Poesie arbeitet zwar für alle, aber doch ist auch die Sprache und Harmonie derselben für das Ohr ihr Grundstoff. Die schlechten Künstler meinen, sie hätten genug getan, wenn sie nur eine rührende interessante Geschichte mit ihren Wechselbälgen ausstaffieren und ein schmachtend Auge hineinbringen: Ihr Toren! eine einzige vortreffliche griechische Statue ohne Kopf und allen Ausdruck von Leidenschaft geht bei dem Kenner von kunstfertigem Sinn über all Euer Fratzenwesen von unreifen[162] Gesichtszügen, noch so affektiert geworfnen Gewändern und tausenderlei nachgeäfftem Kostüme. Aber auch im Gegenteil ist's nicht genug getan, wenn einer einen Haufen nackender Körper hervorheckt, die weiter nichts haben als ihre gehörige Anzahl von Rippen und Knochen, und Muskeln, und Augen, Mäulern, Nasen, Ohren.

Mit einem Worte: die Schönheit nackender Gestalt ist der Triumph bildender Kunst; viel für Auge und den ganzen körperlichen Menschen, wenig für den innern. Sie allein ergreift das Unsterbliche nicht; dazu gehört etwas, was selbst gleichwie unmittelbar von der Seele kömmt und ihrer regenden unbegreiflichen Kraft: Leben, Bewegung. Und dies haben unter allen Künsten allein Musik und Poesie: neigt euch, ihr andern Schwestern, vor diesen Musen.«

Ich sahe wohl, mit was für einem Feind ich's hier zu tun hatte; ein Federmesserstich von ihm verwundete tödlicher als der Schlag von einer Keule; doch wollt ich ihn erst ganz herauslocken und bat: er möchte die Grenzen jeder Kunst näher bestimmen, und ins besondere von Bildhauerei und Malerei, und alsdenn uns seine Begriffe von der Schönheit entdecken. Und freute mich unaussprechlich, einen solchen Meister so unvermutet plötzlich anzutreffen. Er wollte abbrechen: allein wir ließen ihn nicht. Ich setzte mich ihm gegenüber, und wir stutzten die Gläser an, die von dem besten Monte Giove schäumten.

»Die Bildhauerei ist eigentlich für einzelne Figuren«, fing er vom neuen an; »die Malerei hat die Not emporgebracht, mehrere vorzustellen. Sie hat dies den Siegen der Griechen zu verdanken, besonders nach der Schlacht bei Marathon. Der Bruder des Phidias, Panäos, malte dieselbe, da dieser selbst sie in Stein nicht vorstellen konnte, weil kleine Figuren darin nicht wirken und die Materie fürs Weitläuftige zu unbehülflich ist.

Es ist wohl keine Frage, welche von beiden Künsten die Formen des Menschen besser darstellen kann. Die Malerei ist eine beständige Lüge und ihre Erhabenheit und Tiefe[163] erkünstelt. Wir lassen uns täuschen, weil völlige Wahrheit und Wirklichkeit wie bei Bildhauerei unmöglich ist, und geben uns zu unserm eignen Vergnügen alle Mühe, die Köpfe und überhaupt das Nackende zum Beispiel vom Tizian rund und hervorgehend und die Fernen und Mittelgründe seiner Landschaften im gehörigen Abstand zu sehen. Ihre eigentlichen Gegenstände sind, wo die Farbe, leichte Bewegung und zarter Stoff einen vorzüglichen Teil ausmacht. Die Neuheit hauptsächlich und dann die überwundne Schwierigkeit machten sie unter dem Zeuxis und Apelles so reizend; und gewiß ist's, daß die Farbe viel zur Täuschung, im ganzen genommen, beiträgt. Auf den ersten Blick wirkt ein gemaltes Bild auch auf den Verständigen mehr als eine ebenso vortreffliche Statue in ihrer Art; aber wenig Zeit und Besinnung macht die Malerei dagegen ganz verschwinden. Unter tausend Gesichtern findet man ferner in einem guten Klima nur äußerst wenige für den Marmor, aber weit mehrere für die Farbe. Die Bildhauerkunst ist die echte Probe schöner Form und geht ins Wesentlichre und das Erhabne: die Malerei gibt sich mit allem ab, wo sie nur ein wenig Reiz findet.

Die letztere muß sich also vor allem hüten, was schon die Bildhauerei vollkommen darstellen kann; und beide müssen sich davor hüten, das Reich der Poesie zu beschreiten: denn jede bleibt überwunden, sobald sich nur ein gewöhnlich guter Meister der andern Kunst an den Kampf macht. Poesie enthält sich der Formen und Farben; Bildhauerei enthält sich der Farben und Geschichten von vielen Figuren; Malerei enthält sich alles dessen, was sich bloß durch Form zeigt, und so wie die Bildhauerei noch der Geschichten, wo man das Ganze nicht mit einem Blicke herausnehmen kann. Dienste und Gefälligkeiten mögen sie sich übrigens gern erzeigen. Rom allein ist voll von Beispielen, wie gute und wackre Meister verunglückt sind, indem sie über diese Regeln hinauswollten, und den schönsten Teil ihres Lebens umsonst dagegen kämpften.[164]

Apelles nahm sich wohl in acht, kein bloßes Porträt vom Alexander zu machen; hierin mußt er allezeit dem Lysipp wegen seiner Formen nachstehen. Er bildete ihn also mit dem Blitz in der Hand; mit dem Kastor und Pollux und der Victoria; auf einem Triumphwagen mit dem Krieg hinterdrein, diesem die Hände auf den Rücken gebunden. Dies mußte Lysipp so natürlich wohl bleiben lassen. Aber Bildhauerei behält doch immer den Rang; denn sie zeigt das edelste der bildenden Kunst, nämlich die Form, am vollkommensten. Bei Weibern, es ist wahr, und bei Knaben ist die Farbe auch sehr reizend; allein sie ist doch bloß ein seichter Augengenuß, der nicht in den ganzen Menschen so eindringt wie die Form.

Das Klassische überall ist das gedrängt Volle, wenn einer alles Wesentliche und Bezeichnende von einem Gegenstande herausfühlt und nachahmt; und in diesem Verstande kann man gewiß schon aus einer Hand oder irgendeinem Teil am menschlichen Körper bei einem Künstler den großen Mann erkennen, wie aus der Klaue den Löwen. Phantasie, die aus Tausenden zusammenträgt, aber nicht das Rechte, sondern Außerwesentliche, ist das Gegenteil und Bettlerarmut; Lumpen und Lappen und kein ganz Stück. Ein Ding recht fassen, zeigt den trefflichen Menschen und macht den Virtuosen.

Der schöne Mensch im bloßen Gefühl seiner Existenz ohne Leidenschaft in Ruhe ist der eigentlichste Gegenstand der Nachahmung des bildenden Künstlers, und seine Nummer eins; in dieser Verfassung ohne alle Bekleidung liegt die reinste Harmonie der Schönheit, und sie paßt am allerbesten zu dem gänzlichen Mangel an Bewegung seiner Werke. Alle Leidenschaft, alle Handlung zieht, leitet unsre Betrachtung von ihren schönen körperlichen Formen ab. Zur Schönheit selbst gehört der Charakter oder das, wodurch sich eine Person von der andern unterscheidet. Schönheit mit lebendigem Charakter ist das Schwerste der Kunst.[165]

Bei Gruppen von Figuren sind Spiele, Scherze, die wenig bedeuten, die besten Handlungen, weil sie von der Schönheit und den angenehmen Stellungen der Formen am wenigsten abziehen. Die entzückendste Handlung für den Betrachtenden hierbei ist freilich, wo gerad ein Körper den andern genießt: Kuß, Umarmung –

Nach diesen Grundsätzen arbeiteten die Alten: nicht, wie einige Antiquaren sagen, weil die Stille der eigentlichste Zustand der Schönheit wäre, wie bei der See, und die schönsten Menschen überhaupt von gesittetem Wesen zu sein pflegten. Das Meer ist im Gegenteil natürlich immer in Bewegung, und gewiß schöner im Sturm als in der Stille; und Alkibiades, und Phryne, und Thais, welche Persepolis in Brand steckte, die schönsten Menschen unter den Griechen, sind wahrlich nicht berühmt wegen ihres stillen gesitteten Wesens; und Clodius nicht, und die Faustinen, und die größten Schönheiten. Es sind die Schranken der Kunst! Sie kann das hohe Leben, schnelle Bewegung selten darstellen; und es ist wunderlich, dies deswegen mit Verachtung in der Wirklichkeit selbst ansehen wollen.

Wenn das Kunstwerk eine Geschichte darstellen soll: so muß der Ausdruck herrschen; denn dieser ist alsdenn der Hauptzweck, und Schönheit in Stellung und Formen und Gestalten muß hier der Wahrheit aufgeopfert werden. Allein Geschichte, Szenen aus Dichtern bleiben immer die letzten Vorwürfe der bildenden Kunst; weil sie dieselben nie ganz und nie so mit dem ergreifenden Leben darstellen kann wie ein Herodot und Homer. Der bildende Künstler begibt sich außerdem von selbst schon hierbei ganz unter den Geschichtschreiber und Dichter und schafft als Gehülfe zu dessen Leben und Bewegung nur die Körper alsdenn; augenscheinlich hat dieser das Ganze und er nur den Teil.

Die alten Künstler wagten es außerdem nicht, den Kern von manchen tragischen Geschichten darzustellen, weil sie bloß das Grausame würden dargestellt haben, und das andre nicht konnten, was die Tat mildert; zum Beispiel Medeen[166] im Morden ihrer Kinder: die vereinzelte Szene hätte durch ihre Gegenwart alle Geschichte überblendet. Nur Agesander und Michelangelo unter den Neuern sind darüber hinausgegangen: der eine der Kunst, der andre der Religion wegen. Ähnliche Bewandtnis hat es bei wahrer Darstellung einer alten Hekuba; man denkt sich bei der gerunzelten Haut ihr ganzes Leben nicht, um davon gerührt zu werden. Und eine junge oder noch schöne Hekuba ist Widerspruch und Unsinn.

Kurz, eine lebendige Gestalt von einem Charakter sich vorzustellen, in aller Vollkommenheit und Schönheit, ist das Meisterstück des bildenden Künstlers; welches wenige noch bis dato geleistet haben.

Schönheit überhaupt in allen Künsten ist, wie mich dünkt, leichtfaßliche Vollkommenheit für Sinn und Einbildungskraft. Wer damit nicht zufrieden sein will, kann sich an die Erklärung des Erzbischofs della Casa halten, welcher das weltberühmte Kapitel über den Backofen geschrieben hat; dieser sagt: Schönheit ist eins, soviel nur immer möglich; und Häßlichkeit im Gegenteil ist viel. Allein der Künstler bedarf solcher tiefen Philosophie nicht bei seiner Arbeit. Vergebt übrigens, lieben Brüder und Freunde, wenn ich an dem Ziele vorbeigeschossen habe, und macht es besser.«

Der Mann zog mich doch an sich, trotz aller seiner hämischen Blicke auf bildende Kunst und besonders Malerei, und ich verlangte genauere Bekanntschaft mit ihm zu machen. »Schade,« rief ich aus, »daß ich kein junges Lorbeerreis habe, Euer weises Haupt zu bekränzen! ob ich gleich in manchem nicht Eurer Meinung sein kann. Um Kopf und Schweif gleich zusammen zu paaren: so glaub ich nicht, daß ein Künstler etwas Gutes hervorbringen werde, der ohne deutlichen Begriff, ohne klares Gefühl von Schönheit zu Werke schreitet.

Nach Platons Erklärung, den Ihr mir wohl zu kennen scheint, ist die Schönheit die ursprüngliche Idee der Dinge in Gott. Und die Seelen, die sein Anschauen genossen und[167] diese Ideen erkannten, schaudern, wenn sie in diesem Leben die Bilder davon mit den Augen erblicken, erinnern sich dunkel ihres vorigen Zustandes, erschrecken und werden entzückt. Ihre Schwingen regen sich, gehen vom warmen Einfluß auf, der Federstock keimt und so weiter.

Es ist gewiß eine erhabne Hymne auf die Liebe und liegt tiefe Wahrheit zugrunde.

Was sich selbst bewegt, ist Seele, ewig, ohne Anfang: davon alles Werden und alle Körper, die sich bewegen. Schönheit ist die vollkommenste Harmonie der Bewegung, und die Seele erkennt darin ihren reinsten Zustand. Schönheit gibt der Seele das lauterste Gefühl ihres Daseins. Schönheit ist die freieste Wohnung der Seele. Schönheit erinnert die Seele an ihre Gottheit, an ihre Schöpfungskraft, und daß sie über alle die Körperwelt, die sie umgibt, ewig erhaben ist. Im Anfang macht ihr dies Freude, aber endlich Pein; sie sieht sich gefangen, und daß sie nicht mehr ist, was sie war: und die Tränen rinnen über ihren nichtigen gegenwärtigen Zustand. Doch stärkt sie wieder ihre ewige Natur, und die süße himmlische Hoffnung regt ihre Fittige, daß sie doch bald aus dieser Dunkelheit, aus diesem Wahne von Irrgestalten sich erheben werde in das Licht zu den Scharen der seligen Geister, wo weder Frost noch Hitze abwechseln, und alles ist in seiner mannigfaltigen Wahrheit und ursprünglichen Schönheit.

Nicht geboren werden übertrifft alle irdische Glückseligkeit; und wenn du da sein wirst, so ist, je geschwinder, je besser, wieder dahin zu kehren, wo du herkömmst. Sobald die Jugend sich einstellt mit ihren tollen Streichen, wer windet sich mit aller Arbeit daraus? wer steckt nicht in Plagen und Leiden? Morde, Parteien, Streitigkeiten, Gefechte und Neid. Auf die letzt überschleicht uns das unzufriedene, schwache, menschenscheue, verhaßte Alter, wo alle Übel haufenweise zusammen wohnen.

So seufzte selbst der bewunderte Sophokles am Ende seiner glücklichen und glänzenden Laufbahn.[168]

Ihr sagt: Schönheit nackender Gestalt sei viel für Auge und den ganzen körperlichen Menschen, wenig für den innern? Sie allein ergriff das Unsterbliche nicht?

Wenn wahr ist, was Ihr selbst behauptet, daß, wer ein Ganzes täuschend am geschwindesten in die Seele bringt, den Vorzug erhalte: so steht wohl bildende Kunst aller andern voran; die Seele genießt vor ihren Werken, der mühseligen Zeitlichkeit entrückt. Ihre Zeichen, wodurch sie darstellt, scheinen die Sache selbst zu sein, so leicht verschwinden sie; sie sind die natürlichsten und sichersten und gelten überall einerlei ohne Mißverstand. Ich habe hier volle Gewißheit, da ich bei Poesie immer träumen muß und nach Wirklichkeit hasche. Bei ihr hab ich alles zusammen mit einem Blick, und dies ergreift den Niedrigsten bis zum Höchsten. Mit einem Wort: ihr ist allein die Schönheit im strengsten Verstand eigen; denn diese muß mit einem Blick aufgewogen werden können.«

Hier wurd er erbittert und schüttete auf einmal das Kind mitsamt dem Bad aus, und fiel in meine Rede:

»Alle bildende Kunst«, behauptete er streng, »ist am Ende bloß Oberfläche. Und dies ist die Ursache, warum wahrhaftig große Menschen unter den Künstlern mit ihren Werken so selten zufrieden waren. Sie konnten nur wenig von dem hineinbringen, was sie fühlten; und dies nicht einmal so rein bestimmt, daß es gerade dasselbe Leben wieder erregte. Ein gen Himmel gekehrtes Auge, nehmen wir das edelste Glied, das am deutlichsten vom Innern spricht, was kann dies zum Exempel nicht für vielerlei ausdrücken? Ich brauch es nur obenhin; denn ich weiß wohl, daß alle Professoren im Grunde der Natur keins nachmachen. Bei einem Volke von Stummen, da möchten die bildenden Künste in der Tat viel vermögen; denn sie hätten da mehr Natur für sich nachzuahmen; bei uns andern Menschen aber, die wir den größten Teil unsrer Empfindungen und Gedanken mit der Sprache ausdrücken, wo sich besonders bei den Vortrefflichen am wenigsten die Gebärden ändern, die, wie[169] man sogar bei Gelegenheit des Laokoon bemerkt hat, auch bei den heftigsten Gefühlen sich selten von außen regen, läßt sie ihnen vielleicht gerade das Schlechteste übrig; und der größte Künstler kann oft so wenig von einem Sokrates, Lykurg und Epaminondas darstellen als von einem unvergleichlichen Sänger oder Geiger.

Nehmen wir vollends, wie sauer, und selbst nach dem Ausspruch des alten Michelangelo, kinder- und weibermäßig auch dies Schlechteste muß nachgeahmt werden, und welch eine unerträglich mechanische Übung auch für Menschen von der höchsten Fähigkeit dazu gehört, ehe sie es zur Vollkommenheit bringen; und daß das meiste Wirkliche der bildenden Kunst in den Sälen der Großen jämmerlicher Wust und Unsinn ist: so gehört wahrlich ein starker Entschluß dazu, sich in ihr Feld zu wagen. Ihre besten Gegenstände bleiben gewiß die andern Tiere und Pflanzen, Gras und Bäume; diese können sie darstellen, die Künstler! den Menschen sollen sie dem Dichter überlassen. Die Landschaftsmalerei wird auch endlich alle andre verdrängen. Und also können wir gewissermaßen die Griechen übertreffen, weil wir uns gerad an die wahren Gegenstände machen, die sie verfehlt haben.

Nichts wirkt recht auf den Menschen, was stillesteht; aller Stillstand wird bald Tod.

Es bleibt gewiß eine Kleinigkeit, einen Cäsar, einen Brutus von außen auch vertrefflich zu malen und zu bildhauen, gegen das herauszuholen, was in ihnen steckt. Auf der Oberfläche kann man den Menschen leicht kennenlernen: aber im Innern, in der Tiefe? Da gehört ganz andrer Gehalt und Stand dazu.

Wer behaupten wollte, daß die bildende Kunst über Poesie, Beredtsamkeit und Philosophie ginge, müßte behaupten: daß eine Statue oder Brustbild vom Homer, Pindar, Demosthenes, Aristoteles, oder nehmen wir neuere, daß ein vollkommen, wie möglich auch, getroffnes Bild in Farbe oder Stein von Ariost, Machiavell über ihre Schriften[170] ginge. Und gewiß möcht ein Gott mehr daran haben, wenn sie mit Haut und Haar so wären wie sie selbst; welches jedoch menschlicher Hand unmöglich: aber ein Sterblicher muß eine gigantische Einbildung von seinem physiognomischen Sinn haben, um dies zu wollen. Ein solcher versuch es einmal und ersetz uns aus dem übriggebliebnen Kopfe des Sophokles seine hundert verlorne Trauerspiele!

Man schaue einen Sokrates an, einen Plato, einen Euripides: wer wird ihre Marmorbüsten für ihre lebendigen Reden und Gedichte nicht gleich weggeben? Wir können an uns selbst nicht im Spiegel wahrnehmen, auch in dem nämlichen Moment, was wir denken und empfinden; und sogar verschiedne Leidenschaften zeigen sich bis auf ihre hohen Grade im Gesicht überein. Die ganze bildende Kunst ist ein vages unbestimmtes Wesen, das seinen Hauptwert eigentlich von der Schönheit der Formen und Umrisse enthält; und dann außerwesentlich ist sie eine große Zierde der Poesie und Geschichte, die aber ganz natürlich ohne sie bestehen können. Poesie ist das innre Leben selbst: Bild von Farbe oder Stein bloß das Zeichen; wer jenes nicht schon in sich hat, kann bei diesem wenig fühlen und erkennen.

Wo hat in aller Welt je ein Gemälde die Wirkung hervorgebracht, die die Ödipe und Iphigenien hervorbrachten? Und wo wird es je möglich sein, daß eins solche hervorbringen könne, wenn man auch den Raffael, Correggio und Tizian in ein Wunderwesen zusammenschmelzte? Es versteht sich wahrlich, daß hier nicht davon die Rede sei, was päpstliche Neffen und Mönchs- und Nonnenklöster teurer bezahlen.

Ich leugne übrigens gar nicht, daß eine erstaunliche Phantasie und Fülle von Leben dazu gehört, sich einen Alkibiades, Perikles oder die Aspasia so vorzustellen und ihre Bilder durch die spätere Kunst lange Zeit nach ihnen so wirklich zu machen, aus bloßen Geschichtbüchern, wie sie lebendig waren und handelten; denn in der Tat – hat es auch keiner noch getan. Allerlei Gestalten träumen mag man[171] sich wohl, und wer sich an leerer Spreu satt ißt, mag darnach gaffen und hinlaufen: aber Wahrheit, physiognomische mit Leib und Leben wie Wirklichkeit, ohne Miene und Gebärde Punkt für Punkt von der Natur selbst abzukonterfeien, diese aus bloßen Erzählungen und selbst eignen Reden der Menschen zu erfinden: geht über des Menschen Kräfte; dazu haben wir noch keine Wissenschaft, keine Gründe und Regeln, weder Ja noch Nein. Unser Bestes sind noch die allgemeinen Züge der Leidenschaften und andern Empfindungen, die sich in Bewegungen besonders von außen zeigen, durch öftre Wiederholung bei wirklichen Menschen sich in die Gestalt prägen und nach und nach Charakter bilden; aber mit dem Allgemeinen wird man bald fertig, und es entsteht endlich ein rasendes Einerlei.

Kurz, ich habe von dem Menschen, außer der wirklichen Vermischung, hauptsächlich Genuß durch seine Reden und Handlungen, durch Worte und Bewegungen; beides kann mir die bildende Kunst nicht geben. Man stelle sich seinen Freund auch in dem interessantesten Moment der Freundschaft auf einmal wie zu einer Büste versteinert, unveränderlich mit seinen Mienen und Gebärden vor! Mit Erinnerung der Worte aller vor und nach dem Moment wird das Bild gewiß lieblich in die Seele leuchten und anfangs einen Freudenschauer erregen. Aber wie die Erinnerung sich schwächt, wird es nach und nach immer weniger bedeuten und bei den Gedanken an hundert andre Szenen endlich leer und sogar Spott werden: statt daß nur ein herzlicher Brief von demselben immer neu die Seele erquickt, sooft man ihn nötig hat wieder durchzulesen. Was soll nun so ein Bild auf andre für Wirkung machen, die sich dabei platterdings nichts Gewisses vorstellen können, die die Person nicht kennen, nicht gekannt haben, nichts von ihr aus der Geschichte wissen?

Geschieht dies bei wirklichen Menschen: was wollt Ihr mit Euren Idealen, wovon Ihr nicht eine Form als wahr beweisen[172] könnt? Die schönsten Bilder sind weiter nichts als ein geistig Licht in die Seele, die sie aufheitern und allerlei unbestimmte süße Gefühle in ihr erregen, wie ein reiner, vollkommner Akkord auf einem wohlklingenden Instrumente. Und solche Schönheit ist das eigentliche Wesen der bildenden Kunst, und keine Handlung, die die Poesie weit wahrer und lebendiger vorstellt. Die Handlung kann höchstens nur dienen, der Schönheit den besondern Charakter zu geben; das ist, die Handlung ist des Körpers wegen und der Körper nicht der Handlung wegen da.

Es ist wahr, die Schönheit ist ein momental Gefühl und unterscheidet sich dadurch von bloßer Vollkommenheit, die für den Verstand, so wie jene für den Sinn, gehört. Wo sie aber in der Zeit folgt, wie bei Tanz und Melodie und Gedicht, ist sie hauptsächlich für die Seele, eigentliche Seelenschönheit, tiefe, lebendige; denn die Seele hat die Kraft, eine Folge sich wie ein Beisammen auf einmal vorzustellen und zu denken. Daraus die Regel: daß ein solches Ganzes nicht zu verwickelt sein müsse, damit man wie in einem Atem alle dessen Teile und ihre Verbindung im Geist übersehe. Dies erregt dann, was man Begeistrung nennt. Ein schönes Gedicht, eine schöne Musik, ein schöner Tanz muß diese allezeit auf die letzt hervorbringen: so wie der Dichter, Tonkünstler, Tänzer sie vorher in der Seele haben muß, ehe er sie in einen Strom dahinwallt; eine volle Seele, die sich ausschüttet und eine andre wieder schwängert.

Alle bloß bildende Kunst macht auch den stärksten Liebhaber und Besitzer über kurz oder lang zum Tantalus. Das schönste Bild, sei's auch eine Venus vom Praxiteles, wird endlich ein Schatten ohne Saft und Kraft, es regt und bewegt sich nicht und verwandelt sich nach und nach wieder in den toten Stein oder Öl und Farbe, woraus es gemacht war; und für den lebendigsten Menschen am geschwindesten. Ich glaube, daß, wenn die goldnen Zeiten der Griechen länger gedauert hätten, sie endlich alle Statuen würden ins Meer geworfen haben, um des unerträglich Toten, Unbeweglichen[173] einmal ledig zu werden. Und wir finden auch nicht, daß Themistokles, Plato und Euripides und die andern großen Griechen der ersten Zeiten sich schon viel darum bekümmert hätten: die Bildsäulen gingen immer die Religion und das gemeine Volk an. Alkibiades schlug sogar vor Überdruß einer Menge öffentlicher Hermen die Nasen entzwei; und hernach gehörten sie mit den Gemälden zum Luxus der Reichen, die vor ihrer gewöhnlichen Langenweile nicht wußten, was sie anfangen sollten. Plutarch fragt ehrlich in seinem Perikles: ›Welcher gutartige Jüngling wird Phidias oder Polyklet sein wollen wegen des Olympischen Jupiters oder der Juno zu Argos?‹, und so setzt der verständige Horaz eine Ode von Pindar über hundert Statuen; und die aufgeheitertsten Kaiser zu Rom, Antonin und Mark Aurel, waren wirklich schon des steinernen Volkes satt: und so ist das steinerne und gemalte Volk bei den heutigen Römern bloßer Prunk, und man sieht es den besten an, daß auch sie dessen von Herzen satt sind. Die Natur übt ihr Recht aus und zeigt ihnen mit Gewalt, daß es doch nur eitel Träumerei ist.

Die beste Kunst ist ein bloßes Denkmal verfloßnen Genusses oder Leidens für den Künstler selbst, das ihm lediglich Anlaß gibt, sich das Ganze wieder vorzustellen und in sein Gedächtnis zurückzurufen. Welch ein Abstand von Poesie und ihrer Gewalt über die Herzen! Überhaupt ist die bildende Kunst eine jugendliche Sache, wo der Mensch noch an der Hülle herumschwebt. Ein alter Maler, ein armer Sünder! Wenn einer innen ist, kann er nicht mehr außen sein. Es käme darauf an, ob Raffael nicht den Pinsel würde weggeworfen haben, wenn er älter geworden wäre! Wenigstens sind seine ersten Gemälde im Vatikan die besten, und er trachtete nicht umsonst nach dem Kardinalshut.«

Sein Mund glich einem vollen Springbrunnen, so goß er hervor. Mir riß endlich die Geduld, und ich ergrimmte. »Bist du noch nicht fertig, Barbar, Bilderstürmer?« zürnt ich ihm entgegen.[174]

»Was du wahr gesagt hast, trifft alle menschliche Kunst. In der Natur haben wir freilich alles beisammen, und die verschiednen Künste teilen sich nur in sie. Jede muß dagegen ihre Mängel, ihre Schranken erkennen. Die Malerei hat keine wirkliche Bewegung, nur den Schein davon, Zeichen; die Poesie kann keine Gestalt, keine Schönheit für den Sinn darstellen, bleibt ewig unglückselig blind; und Musik an und für sich ist ohne bestimmten Ausdruck und nur eine Magd der Musen.

Der Dichter ahmt und stellt im Grunde nicht einmal etwas Wirkliches selbst dar, sondern nur Mittel, nämlich die Reden der Menschen; und wie weit liegt die erste Natur der Sprache in den Abgründen der Zeit verborgen! Für uns Schaumblasen auf ihren Tiefen ist sie meistens bloß willkürlicher Schall. Wir haben allen unsern Genuß durch Körper, und von diesen kann er nichts Individuelles darstellen; alles ist bei ihm allgemein, bis auf die Namen schier Peter, Paul, und Lukas und Johannes, wenn ihm gute Schauspieler nicht zu Hülfe kommen. Dafür hat er freilich ein weitschweifig Reich und flattert überall an, wo die Malerei und Bildhauerkunst wegen enger Schranken ihrer unbeweglichen Mittel nicht hin kann.

Das höchste Leben ist das schwerste in allen Künsten, sowohl in den bildenden als Poesie und Musik: Sturm in der Natur, Mord zwischen Mann und Mann, Seelenvereinigung zwischen Mann und Weib, und Trennung, Abgeschiedenheit verliebter Seelen. Das Tote kann auch der bloße Fleiß darstellen, aber das Leben nur der große Mensch. Wen beim Ursprung seiner Existenz nicht die Fackel der Gottheit entzündet, der wird weder ein hohes Kunstwerk noch eine erhabne Handlung hervorbringen. Schönheit ist Leben in Formen und jeder Regung, und nichts Totes ist schön, außer in einem Verhältnis von Leben.

Warum ist der Torso schön, warum die Kolossen auf dem Monte Cavallo, warum unsre Venus? Weil sie in höchster Vollkommenheit menschlicher Kraft im freudigen Genuß[175] ihrer Existenz sich befinden. Warum Apollo, warum der Fechter? Weil ihr Leben in der Vollkommenheit seiner Kraft sich in hoher Wirkung zeigt. Warum Laokoon, Niobe? Weil auch ihr höchstes Leben einer stärkern Macht unterliegt. Der Dichter deutet's mit Worten an, der bildende Künstler stellt's mit dessen Oberfläche selbst dar.

Zu der Zeit, wo die Menschen am mehrsten lebten und genossen, war die Kunst am größten: zu der Zeit, wo sie am elendesten waren, am schlechtesten; dies ist die Geschichte derselben in wenig Worten.

Wie bis zum bloßen Tier herabgesunken, kalt und gefühllos muß der Mensch sein, den es nicht ergreift, dessen Herz es nicht erhebt, wenn er in die Hallen tritt, wo die Helden unsers Geschlechts, die Weisen, die Dichter von Phidiassen und Praxitelen aufgestellt wie lebendig atmen! Der Armselige wird erschrecken wie in einer Götterversammlung, der Edle schüchterne aber begeistert werden, die glorreiche Bahn zu verfolgen; welche Kunst kann ihr hohes Leben sinnlicher in die Seele blitzen? Und eine Fromme, die alle Morgen die schönen himmlischen Figuren an den Wänden im Tempel mit inniger Freude schaut, kann kein häßliches und böses Kind gebären.

Die Griechen mußten denn doch mehr Leben in der Malerei finden als Bildhauerkunst, weil sie dieselbe, wo sie am verständigsten waren, mehr als diese belohnten und beförderten. Ein Bild in Stein war ihnen nur Zeichen einzelner Wahrheit, nämlich der Form: die Malerei aber Zeichen aller Wahrheit und Wirklichkeit und von ungleich größerm Umfange; jenes gleichsam nur Dämmerung, Ding im Mondschein: Gemälde von Apelles, Gestalten wirklicher Welt in ihrem Tage; und Zeichen bleibt immer weiter nichts als Zeichen, sei's von Stein oder Farbe. Und eben dies ist es, warum die Bildhauerei sank, nachdem die Malerei emporstieg, und bei uns nun nie wird fortkommen können, solang es noch gleich gute Maler als Bildhauer gibt.

Welcher Bildhauer wollte zum Exempel die Waffenläufer[176] des Parrhasius übertreffen, wo der eine im Lauf zu schwitzen schien, der andre aber die Waffen ablegte und keuchte? Freilich kannte dieser Wollüstling den höchsten Reiz des Eigentümlichen seiner Kunst.

Für Gestalt gibt es keine mathematische Wissen schaft, wo man alles und jedes mit Zirkeln und Linien und Zahlen beweisen könnte; das geläuterte Gefühl erfahrner hoher Menschen entscheidet hier allein endlich und hat zu aller Zeit jedem Kunstwerk seinen Rang angewiesen. Deswegen aber beruht Ideal nicht auf bloßen Hirngespinsten, sondern die Natur selbst ist die ewige Regel: und ein Künstler muß von ihren Quellen schöpfen, wenn er neue Schönheit und neuen unsterblichen Reiz hervorbringen will. Durch Übung gewinnt man nach und nach doch auch sichre wissenschaftliche Fertigkeit.

Was bildet den lebendigen Körper von innen hervor, vom ersten Stoff zum Dasein an, so wie er ist, die erste regende Kraft; hernach sein Leben in der Welt?

Kann ich von der äußern Bildung auf die Art des Geistes schließen?

Warum nicht? Vom Werk auf den Meister; nur gehört Erfahrung und Verstand genug dazu und Adlerheit über andre, es mit Gewißheit zu können und nicht eine Ursache für die andre zu halten. Jede Gestalt zeigt Ursprünglichinnres, wenigstens was jung in Tätigkeit war, das Leben in der Welt und die Begriffe und Einbildungen darüber. Und wer das Innre nicht kennt, kennt gewiß auch schlecht das Äußere.

Warum soll der Künstler keine Handlungen darstellen dürfen? Körper und Handlungen machen hier eins aus, das ist: Leben; und beides ist dafür da; hohes edles Leben; dies ist sein letzter Endzweck. Bei einzelnen Figuren gibt dies Schönheit; bei mehrern zu Darstellung einer Begebenheit kann und muß er zuweilen gar die Häßlichkeit abbilden, wie zum Beispiel den Maxentius in einer Schlacht vom Konstantin, einen Attila, einen Heliodor. Vollkommenheit[177] zeigt sich von außen durch Schönheit, Unvollkommenheit durch Häßlichkeit; und die mehrsten Begebenheiten in der Welt sind ein Kampf zwischen Tugend und Laster. Soll er das Laster schön darstellen? Und ist er deswegen ein Kotmaler, wenn er es häßlich darstellt? Häßlichkeit verändert hier seinen Namen und wird zu Schönheit der Kunst. Die Geschichte soll auch bei dem Maler nicht bloß Augenweide sein, sondern tiefer dringen. Der Kunst dieses nehmen wollen heißt sie zum schalsten Zeitvertreib machen. Außerdem sind immer diese dreierlei Gattungen getrieben worden, wie schon in Griechenland, wo, nach dem Aristoteles, Polygnot die Menschen besser malte, als sie waren, Pauson schlechter und Dionys nach der Wirklichkeit.

An Ausdruck und Bewegung von Leidenschaften wird die Natur hoffentlich immer ebenso unerschöpflich bleiben als an neuen Gesichtern und Gestalten.

Kurz, der Künstler stellt wie ein Zaubrer für den Verständigen mit einem Blick auf einmal die wirkliche Tat dar, wo der Augenschein über alle andre Vorstellung hinreißt; und darüber macht der Geschichtschreiber und Dichter für die Unwissenden nur eine Brühe darum her, gleichsam seines Evangeliums Ausleger und Dolmetscher, – stellt die schönsten Denkmale der Begebenheiten auf für Herrscher, Philosophen und Völker dem ersten feinsten Sinn des Geistes, und ihm am naturnächsten, dem Auge. Und es ist nicht mehr als billig, daß Zaubrer nicht darben.

Die Dichter, die einen Epaminondas aufführen, wie er leibte und lebte, laßt sie auch alles in der Geschichte dazunehmen, werden so rar sein wie die Maler, die seine Gestalt so treffend aus ihrem Kopf erfinden, daß sie seinem Porträte gliche; und es erwächst dem Praxiteles und Apelles daraus wohl wenig Nachteil, daß ihre Phryne den neuen Namen Venus aus der Mythologie, oder Helena oder Iphigenia aus den Dichtern, oder einen andern in ihren Kunstwerken aus der Geschichte habe: so wie dem Raffael, daß sein Oheim Bramante in der durch alle Zeiten göttlichen[178] Gruppe der Schule den Archimedes vorstelle, wenn sich auch einmal des letztern Bildnis finden sollte.«

»Vortrefflich, mutiger, tapfrer, edler Jüngling!« rief er mir hier zu, »und nun genug. Wir haben den Kreis durchlaufen und sind unvermerkt auf derselben Seite wieder angekommen, wovon wir ausgingen. Ich reich Euch zum Frieden die Hand, schlagt ein; ich hoffe, daß wir gute Freunde sein werden, sobald wir uns ein wenig besser im Innern kennen. Man behauptet in der Hitze des Streits oft Dinge, die man selbst für falsch und übertrieben hält. Zuhörer, die Verstand haben, nehmen von selbst das Wahre heraus; und die keine Unterscheidungskraft besitzen, müssen überall Schwärmern oder der großen Herde wie die Kälber folgen. Der Abend ist zu schön, als daß wir ihn hier im Zimmer verplaudern sollten; und die unten tanzen und sich ergötzen, haben uns schon längst gerufen.«

Wir umarmten uns denn beide mit glühendem Gesicht und klopfendem Herzen.

Unten erfuhr ich, daß mein Mann ein Grieche sei aus der Insel Scio, den die Giustiniani als Knaben mit sich genommen hatten. Er hielt sich nun für beständig in Rom auf und lebte frei von einer kleinen Pension aus diesem Hause, und erwarb sich das übrige damit, daß er griechische Handschriften aus der vatikanischen Bibliothek für auswärtige Gelehrten teils kopierte, teils die verschiednen Lesarten daraus sammelte. Er heißt Demetri und mag an die vierzig Jahr alt sein. Sein Wuchs ist groß und stämmicht, und seine Gestalt so kühn und unabhängig, und seine Sitte so gegen alles Vornehme, daß er wie Diogenes dem Dionysios von Syrakus zu Korinth hätte sagen können: er sei des glücklichen Lebens nicht wert, das er nun führe. Wie mir dies in meinen Eingeweiden herumging, kannst Du Dir leicht vorstellen.

Der bildschöne Jüngling, welcher den Streit erregte, heißt Tolomei, ist ein weitläuftiger Anverwandter von ihm, Sohn eines griechischen Kaufmanns zu Brindisi, treibt hier die Malerei und steht unter seiner Aufsicht.[179]

Ich sah ihn mit einer schlanken Römerin tanzen und mußte lächeln, daß der holde Bube den alten strengen Michelangelo so hart angegriffen hatte; das Rätsel ließ sich nun leicht auflösen. Das süße Paar wallte in jeder Bewegung neue entzückende Schönheit von sich; der Knabe schien ein Mädchen und die Jungfrau mit ihrem zündenden Blick ein verkleideter Jüngling. Die Menge stand umher, und kein Auge verwendete sich von ihnen aus den erheiterten Gesichtern.

Der Monat Oktober wird in Rom und auf dem Lande herum ganz der Freude gewidmet: jedes spart dafür den Sommer auf.

Ich machte mich bald wieder an den Griechen; ich hatte noch manchen Punkt mit ihm ins reine zu bringen, der kaum war berührt worden. Er erzeigte sich gefällig. Wir stiegen den Monte Testaccio hinauf, um die Gegend zu überschauen, und trafen oben Künstler an, die nach der Natur zeichneten. Man hat hier reizende Aussichten hin überall und verschiedne Landschaften, jede so vollkommen für Gemälde, um sie schier nur abzunehmen. Pyramide, die das Kleinod der Gegend bleibt; Sankt Paul und Tiber; Steffano rotondo, alte Wasserleitungen, Kolosseum, Grabmal der Metella; Pietro Montorio; Porta Portese zeigen immer neue bezaubernde Seiten mit Pinien, romantischen Villen, Rebenhügeln und den herrlichen Fernen der Gebirge von Frascati, Tivoli und dem Sabinerlande. Wir setzten uns nieder, und jeder drehte sich dahin und dorthin; die große Augenlust machte uns eine Weile stumm, und alle die andern Sinnen verloschen.

Wir fingen endlich an, von Rom zu sprechen, dem alten und dem neuern, gingen über auf Griechenland und dessen ehemaligen und gegenwärtigen Zustand: und unsre Reden stimmten so schön zur untergehenden Sonne an der unvollendeten Peterskuppel des unsterblichen Michelangelo! »Ach, alles geht auf und unter, Völker und wir, und die Werke der Menschen! Der Mensch ist ein stolzes Geschöpf«, rief ich aus; »er hat die Oberfläche der Erde gebildet,[180] beherrscht den Adler und Löwen und bändigt das ungeheure Meer mit seinen Schiffen: aber er weiß nicht, von wannen er kömmt, noch wohin er fähret; erscheint, verändert sich augenblicklich, unsicher, ob er ein eignes Wesen ausmacht, und verschwindet. O ihr, die ihr um uns herum schlummert, ihr Scipionen, Camille, Lucrezien und Cornelien, was und wo seid ihr? Könnt ihr nicht erwachen und uns belehren?«

»Ein andermal hiervon,« gab er zur Antwort, »wenn wir mehr in Einsamkeit sind, nicht umgeben von soviel zerstreuender Herrlichkeit.« Er hielt diese Kuppel selbst für den kühnsten kolossalischen Gedanken eines Riesengeistes und glaubte, daß die alten Griechen und Römer ihn bewundern würden.

Wir kamen alsdenn wieder auf unser altes Thema, die bildende Kunst, und deren Wesentliches, den Menschen, und die Vollkommenheit seiner Gestalt; und unser beider Schluß war, daß der neuern hierin der Kern mangle. Man kann wohl sagen, daß die Werke der alten griechischen Meister eine Frucht ihrer Gymnasien waren, und daß, wo diese nicht sind, sie schwerlich kann eingeerntet werden. Der erfahrne und geübte Sinn des ganzen Volks am Nackenden, dies ist die Hauptsache, die uns fehlt, nebst dem der Arbeiter selbst; das schönste Nackende der Kunst wird endlich nur durch Erinnerung geschaffen und genossen.

Man kann die Natur nicht abschreiben; sie muß empfunden werden, in den Verstand übergehen und von dem ganzen Menschen wieder neu geboren werden. Alsdenn kommen allein die bedeutenden Teile und lebendigen Formen und Gestalten heraus, die das Herz ergreifen und die Sinnen entzücken; die Regung in vollstimmiger Einheit durch den ganzen Körper des gegenwärtigen Augenblicks bildet kein bloßer Fleiß nicht. Je größer und erhabner der Künstler, desto edler und eingeschränkter die Auswahl. Im Nackenden der bei uns gewöhnlich bekleideten Teile, also des ganzen Körpers bis auf Kopf und Hände und Füße, können[181] wir den Alten nicht gleichkommen, weil wir ihre Gymnasien und Thermen nicht haben. In Köpfen, Händen und Beinen und Kindern halten wir ihnen vielleicht die Waage, insoweit wir noch Periklesse, Platonen, Alkibiadesse und Aspasien und Phrynen haben. Die höchste Vollkommenheit ist überall der letzte Endzweck der Kunst, sie mag Körper oder Seele oder beides zugleich darstellen, und nicht die bloße getroffene Ähnlichkeit der Sache und das kalte Vergnügen darüber. Der Meister sucht sich dann unter den Menschen, die ihn umgeben, zu seiner Darstellung das beste Urbild aus und erhebt dessen individuellen Charakter mit seiner Kunst zum Ideal. Die Schönheit muß allgemein, der Charakter aber individuell sein, sonst täuscht er nicht und tut keine Wirkung; und das Individuelle kann der Mensch so wenig als das Gold erfinden. Dies ist das Problem, an dessen Auflösung so viele scheitern.

Der ganz außerordentlichen Menschen sind bei allen Nationen äußerst wenig gewesen; es gehört eine unendliche Menge von glücklichen Umständen dazu, solche alleredelste Gewächse und Herrlichkeiten der Natur hervorzubringen. Nehmen wir den Griechen, der bei weitem geistreichsten Nation unter allen, die wir in der Geschichte kennen, auf Erdboden, nur ein Dutzend dieser hervorragenden Männer: einen Lykurg, Themistokles, Pythagoras, Sokrates, Aristoteles, Homer, Sophokles, Aristophanes, Perikles, Demosthenes, Phidias, Apelles: und wir werden sehen, wie ihr Sonnenfeuer zu den Sternen andrer Völker zurückweicht, zumal wenn wir bedenken, daß ihre übrige Vortrefflichen großenteils nur von diesen bestrichne Magnetnadeln waren.

Die Ehre des Volks und der Fürsten besteht darin, solche seltne Erscheinungen bei ihrem Aufgang zu erkennen und sie zu pflegen und zu warten. Bei ihnen konnte kein Lärmmacher so leicht mit seinen ausgeschickten Trabanten das erfahrne Ohr übertäuben, das scharfe geübte Auge benebeln; sie kannten den nackenden Menschen aus ihren[182] Gymnasien und die hohen Gestalten aus ihren gemeinen Versammlungen. Die Verständigen prüften, gaben Rat, verdammten, belohnten. Eins trieb und vervollkommte das andre.

Und so ging's noch bei den Römern. August hat keinen Virgil und Horaz hervorgebracht; aber weil sie einmal jung da waren, so hielt er sie warm.

Außerdem hatten die Alten mehrere Arten von Schönheiten, und wir kennen die reizende Mannigfaltigkeit nicht von Ringern, Faustbalgern, Wettläufern, Wurfpfeilschützen, Diskuswerfern und dergleichen; und so machten ihre Götter wieder verschiedne allgemeine Klassen. Bei uns ist alle Gestalt in ein einzig doppelartig gabelförmig vollkommen Tier zusammengeschrumpft.

Die Sonne war prachtvoll untergegangen, und das schönste Abendrot zog lieblich hintennach. »Wenn ich ein Landschaftsmaler wäre,« rief Demetri, »ich malte ein ganzes Jahr weiter nichts als Lüfte, und besonders Sonnenuntergänge. Welch ein Zauber, welche unendliche Melodien von Licht und Dunkel, und Wolkenformen und heiterm Blau! Es ist die Poesie der Natur. Gebirge, Schlösser, Paläste, Lusthaine, immer neue Feuerwerke von Lichtstrahlen, Riesen, Krieg und Streit, flammende Schweife wechseln mit neuen Reizen ab, wenn das Gestirn des Tages in Brand und Gluten untersinkt. Aber leider mit eurem Licht in der Malerei sieht es übel aus!«

»Und was man davon malen kann,« fuhr ich fort, »dauert nur wenig Momente; die glücklichste Phantasie und Empfindung gehört dazu, es aufzubewahren, nach Hause zu tragen, und wunderbare Kunst, es täuschend langsam hinzupinseln.«

Wir gingen wieder hinunter; es war leer geworden, und die übrigen zogen auch noch von dannen. Endlich blieben ein halb Dutzend Mädchen, ebensoviel Künstler, Demetri, Tolomei und ich. Wir machten uns zusammen wieder auf den Saal, eine auserlesene Gesellschaft. Die Mädchen waren[183] echte Römerinnen an Wuchs und Gestalt, mit der erhabnen antiken, noch republikanischen Gesichtsbildung, die auch auf fremde Fürsten wie nur Barbaren herunterschaut. Sie hätten, wie die alten, dem hohen Senat mit berichten lassen, wenn sie das Verbot gegen eine gewisse Lustbarkeit von ihnen nicht aufhüben, daß sie nicht mehr gebären wollten.

Paar und Paar standen im vertrauten Umgang miteinander; die reizenden Geschöpfe ließen sich von ihren Geliebten als Modelle brauchen und gaben ihre Schönheiten deren Kunst preis. Sie machten sich selbst Musik und tanzten lauter Nationaltänze, wo wenig gezogner, gedehnter, französischer Schritt, sondern immer neuer Freudensprung ist. Ich ließ dabei wacker auftischen und einschenken und wurde selbst von dem Wirbel ergriffen.

Nach Mitternacht ging es in ein echtes Bacchanal aus; das erhitzte Leben blieb nicht mehr in den gewohnten Schranken, und jedes tobte nach seinem Gefühl und seiner Regung. Demetri machte seinen Einfall zu einem spartanischen Tanz laut, und dieser wurde mit Jauchzen ausgeführt. Doch machte man vorher den feierlichen Vertrag, nichts Schändliches zu beginnen und die Leidenschaften bis ans lange Ziel gleich olympischen Siegern im Zügel zu halten, wie's braven Künstlern gezieme.

Man entkleidete die Jungfrauen, die, Glut in allen Adern, sich nicht sehr sträubten, zuerst bis auf die Hemder, und schlitzte diese an beiden Seiten auf bis an die Hüften; und die Haare wurden losgeflochten. Demetri schlug die Handtrommel, und ich spielte die Zither.

Sie schwebten in Kreisen, drückten einzeln ihre Empfindungen aus, und jede enthüllte in den süßesten Bewegungen ihre Reize, bis Paar und Paar wieder sich faßten und hoben und wie Sphären herumwälzten. Es war gewiß ein Götterfest, soviel mannigfaltige Schönheit herumwüten und herumtaumeln zu sehen, und ich habe in meinem Leben noch kein vollkommner weiblich Schauspiel genossen.[184]

Man holte hernach aus der nahen Villa Sacchetti Efeu zu Kränzen und belaubte Weinranken mit Trauben zu Thyrsusstäben, und jeder Jüngling warf alle Kleidung von sich. Es ging immer tiefer ins Leben, und das Fest wurde heiliger; die Augen glänzten von Freudentränen, die Lippen bebten, die Herzen wallten vor Wonne.

Wir führten auf die letzt allerlei Szenen auf, aus Fabel, komischen und tragischen Dichtern und Geschichte, in himmlischen Gruppen, wo eine wahrhaftige Phryne an Schönheit darunter mit errötendem und lächelndem Stolze sich endlich ganz nackend zeigte, in den verschämtesten und mutwilligsten Stellungen.

Tolomei wetteiferte mit ihr; er hatte wirklich Schenkel wie ein junger Gott, entzückend Feuer schon der Hand, und die Sprossen zum künftigen Strauchwerk waren an seinem Leibchen eben angeflogen.

Demetri glich dem Zeus, und ihm fehlte dazu nur Donnerkeil und Adler.

Die Phryne riß alsdenn der andern Schönsten das Hemd weg und beide den übrigen, und nun ward ich von ihr wie von einer wütenden Penthesilea gefaßt, der höchste bacchantische Sturm rauschte durch den Saal, der alles Gefühl unaufhaltbar ergriff, wie donnerbrausende Katarakten, vom Senegal und Rhein, wo man von sich selbst nichts mehr weiß und groß und allmächtig in die ewige Herrlichkeit zurückkehrt.

Gegen Morgen macht ich die Zeche richtig, und wir schwärmten im Geisterglanze des Vollmonds unter Chor und Rundgesang an dem Tiber vorbei und hernach durch die hehren Ruinen und Triumphpforten über den Tarpejischen Felsen.[185]

11

Bianca war die Tochter eines venezianischen Edelmanns, Bartolomeo Capello. Dessen Palast gegenüber hatte das Haus Salviati zu Florenz eine Bank und darin zum Kassierer den Pietro Bonaventuri. Dieser verliebte sich in ihre aufblühende Schönheit, selbst jung und wohlgebildet, und klug und kühn, obgleich unter ihrem Stand und ohne Vermögen. Sie glaubte, er selbst habe Anteil an der Bank, und gab seiner Leidenschaft unter Versprechung der Ehe Gehör, schlich sich oft des Nachts zu ihm und kehrte vor Anbruch des Morgens wieder zurück. Einst, da sie auch die Tür von ihrem Hause angelehnt hatte, kam, wie damals in Venedig gewöhnlich, früh der Bäcker an die Fenster, um den Mägden zu sagen, daß der Backofen für den Brotteig geheizt wäre, und zog die Tür zu, in der Meinung, es sei gestern nachts vernachlässigt worden. Bianca war mit ihrem Geliebten eingeschlummert, und beide hatten sich verschlafen. Sie fand die Tür verschlossen, ohne zu wissen, wie es zu ging, und erschrak. Eine alte Vertraute hörte weder auf Pfeifen von Bonaventuri noch Rufen. Sie trug die Frucht der Liebe schon unter ihrem Herzen; auf freie Einwilligung ihrer Eltern durfte sie nicht hoffen: Bonaventuri mußte mit ihr plötzlich sogleich nach Florenz durchgehen, wo sie zu Anfang ein kümmerlich Leben führte und die niedrigsten Arbeiten beim Vater ihres Gatten verrichtete; sie hatten sich nun vermählt. Hier wurde hernach der junge Herzog gegen sie entzündet, als er ihre Reize von ohngefähr auf einem Spazierritt am Fenster erblickte; und sein Hofmeister Mondragone, ein Spanier, und dessen Frau machten die Unterhändler. Der neue Liebhaber ernannte den Bonaventuri zum Guardaroba maggiore und schenkte ihm einen prächtigen Palast in Via Maggio, wo er mit der Bianca in allem Überfluß lebte. Als dieser aber sich bald zu übermütig betrug, so ließ ihn der Herzog bei Nacht auf der Straße ermorden, wo er sich noch lange wehrte. Ihr einzig Kind, eine Tochter mit Bonaventuri, wurde mit Ulyß Bentivoglio verheuratet und reich ausgestattet. Keine zwei Monate nach dem Tode der Johanna von Österreich, seiner Gemahlin, (einige Jahre nach dem gegenwärtigen Lauf dieser Geschichte) vermählte sich der Herzog mit Biancen in geheim; welches er ein Jahr darauf allen Höfen bekanntmachte. Nach Venedig sandt er den Grafen Sforza von Santa Fiore: und sie läuteten alle Glocken der Stadt, brannten die Kanonen ab und erklärten die Bianca für vera e particolar figliola della Republica; e cio in considerazione di quelle preclarissime e singolarissime qualita, che degnissima la fanno di ogni gran fortuna. Das ist: erklärten sie für eigentliche und vorzügliche Tochter der Republik; und dies in Betrachtung der glänzenden und außerordentlichen Eigenschaften, die sie vollkommen würdig jedes Thrones machten.

Sie wurde darauf als Tochter von Sankt Markus

noch einmal ihm öffentlich angetraut. Aus

einer gleichzeitigen Handschrift.

12

Epicharmos; ›Traue nicht!‹ sagt er, ›dies ist alles Gelenk der Klugheit.‹

13

Bruder des Großherzogs.

Quelle:
Wilhelm Heinse: Ardinghello und die glückseligen Inseln, Leipzig 51961, S. 127-187.
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