Vereinigung des Schönen

[140] Musik und Malerei und Tanz und Dichtkunst stritten

Um ihrer Künste höchsten Werth.

Apollo sprach: »Bei uns sehr wohl gelitten,

Seid drunten Ihr geliebet und verehrt.

Vereinet Euch!« »Ich,« sprach die Liebe,

»Besänftige den alten Zwist.

Ich bild' ein Herz, das jede lieb' und übe

Und sich bei allen selbst vergißt.«


Aspasia erschien, und drei- und vierfach strahlet

In ihr ein reines Ideal.

Ob sich ihr Herz in Wort und Tönen malet,

Im Tanz und in der Farben goldnem Strahl:

Die Kunstgöttinnen all' in allen

Vergessen gern den alten Zwist

Und lieben sich in ihr mit Wohlgefallen,

Die sich bei allem Reiz – vergißt.


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 140-141.
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