[Du kennst mein treues hertze]

C.H.v.H.


Du kennst mein treues hertze/

Es lieget ja in deiner hand/

Als meiner liebe treues pfand/

So dich bedient im ernst und schertze.

Kein garten blüht mir ohne dich/

Du schöne blume meiner sinnen/

Wie solte doch mein auge sich

Von dir entfernt ergetzen können?


Kein amber will mir schmecken/

Wann du nicht kanst gefährtin seyn.

Der morgenröthe purpur-schein

Verkehrt sich mir in trübe decken/

Wenn deiner augen sonnen-pracht

Die güldnen strahlen mir entziehen/

Und dieses/ was dich englisch macht/

Von meiner seiten denckt zu fliehen.


Ich küsse noch die stunde/

Da ich den ersten liebes-kuß/

Aus keuscher freundschafft überfluß/

Genoß aus deinem zucker-munde:.

Das reine siegel/ so von dir

Auff meine lippen ward gedrücket/

Hat auch die seele selbst aus mir

In süsse bande hingerücket.


Doch fürcht ich das gelücke/

So nicht deständig farbe hält/

Und mir auff tausend wege stellt/

Braucht gegen mich auch seine tücke;

Mich daucht/ daß eine fremde hand

Um deine rosen sich läst spüren/[398]

Und dich/ in einen andern stand

Aus meinen augen will entführen.


Mir aber muß belieben/

Was endlich dein belieben heist;

Es scheint/ daß mein verstrickter geist

Nach deinem willen wird getrieben.

Dein wohlseyn pflantzt auch meine lust/

Ich acht es über alle schätze/

Ich tadle niemahls was du thust/

Dein willen bleibet mein gesetze.


Denn dir zu widerstreben/

Wär eine höllen-harte schuld/

Ich dencke nur/ daß ungedult

Uns wenig wieder weiß zu geben;

Mich stell ich dir gehorsam ein/

Was du begehrst aus mir zu machen/

Doch kanstu auff den rosen seyn/

So muß ich auff den dornen lachen.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 390-391,398-399.
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