Stille

[123] Trübem Dunst entquillt die Sonne,

Zähen grauen Wolkenfetzen ...

Häßlich ist mein Boot geworden,

Alt und morsch mit wirren Netzen.


Gleichgetöntes Wellenplätschern

Schlägt den Kiel (er schaukelt träge),

Und die Flut mit Schaum und Flecken

Zeichnet nach die Spur der Wege.


Ferne vor dem trüben Himmel

Schweben graziöse Schatten

– Helles Lachen schallt herüber –,

Gleiten Gondeln flink, die glatten.


Fackeln haben sie und Flöten

Und auf Polstern: Blumen, Frauen ...

Langsam tauchen sie mir unter

In dem Dunst, dem schweren, grauen ...


Stürme schlafen dort im Dunste:

Kämen sie noch heute abend

Zischend auf die glatte Öde,

Wellentreibend, brausend, labend!

Quelle:
Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Band 1: Gedichte, Dramen, Frankfurt a.M. 1979, S. 123-124.
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