Sein Qwodlibet geföllt ihr so außdermahßen/daß er ihr sofort noch-eins drillert

[17] Qwodlibet.


Neptun/ den grünen Greiß/

ümbzwänckt sein Hauß auß Eyß/

itzt sizzt es sich so rächt geheuer

ümb unser lihbes Schornstein-Feuer!

Durch den nichts alß blancken Frost

klirrt der Eurische Nord-Ost/

in den krauß befrohrnen Scheiben

siht man kleine Blühmckens kleiben.


Mars/ der nicht mehr drummt und pfeifft/

durch den dikken Dannicht streifft/

Hirsche/ Wölffe/ Bären/ Lüxe/

knallt sich seine Kugel-Büxe.[18]

Venus/ mit bereifften Hahren/

sinnt itzt nur auffs Schlitten-Fahren.

Kömbt er Abends froh nach Hauß/

ziht sie ihm den Harnisch auß/

Hasel-Hühner/ Löffel-Kraut

stehn schon for ihn auff-gebaut

und zu einem Gläsgen Wein

Sauer-Kohl mit Pflükk-Hächt dreyn.

Beyde Brüste nakkt und blohß/

sizzt sie sich auff seinen Schooß;

alles ist ihm frey gestellt/

sälbst ihr göldnes Rohsen-Zelt!


Volcan/ vergnügt in seinem Rauch/

läßt sich die beyden lihben

und stopfft sich seinen schwartzen Bauch

fäst voll Gänse-Grihben.

Saturnus/ der Kalender-Macher/

saufft sihben Eymer Bacharacher.

Drauff so rukken beyde dicht

in das göldne Lampen-Licht

und zu einer Pfeiff Thobakk

spihlen sie dan Dikke-Dakk.


Unterdeß pfaucht immer gröber

Eolus/ der alte Schufft/[19]

durch die dikk begraute Lufft

zirculirt ein Schnee-Gestöber.

Puh Teuffel/ fegt das kolt!

Ich acht/ ein guht Glaß Wein

sampt einer Braht-Worst sollt

ihm angenehm itzt seyn!

Mercur in seinem Laden

verkäufft blohß Honig-Fladen.

Mit Hertzgens gantz auß Kuchen

macht er die Kindgens juchen/

mit Prillekens und Prindten

stopfft er sie voll biß Hindten.

Mit Obst und Confectüren

kan er sie durchauß rühren;

Knakk-Mandeln und Morsöllen –

er weiß schon/ waß sie wöllen!

Heimlich streichen zu ihm hin

auch die kleinen Jüngffrichin.

Sie sind for Feffergens und Würtzgens/

sie knuppen gerne Nonnen-Fürtzgens/

sie sind mit wenig Worten

for angemachte Torten.

Pallas/ das gelährte Kind/

drükkt die Ofen-Banck und spinnt.

Jeden Morgen kombt sie nider/

denn sie tichtet – Mayen-Lider![20]


Bringstu mir schon Späkk und Worst/

bringstu mir schon Schincken?

Mein/ waß blagt mich for ein Dorst/

schaff mir auch zu drincken!

Lilgen/ Tulipen und Klee

däkkt itzt Elen-tieffer Schnee/

darbey ohne Warm-Bier seyn

wäre for mir Hellen-Pein!


Bachus/ du in deinem Flauß

sihst wie ein Zintz-Hahn auß/

weil deine Nase itzt

nichts alß Rubinen schwizzt!

Erst itzt erfreut dich gantz

die lihbe Nohä-Pflantz/

in deinem Sauff-Hauß sizztu da/

ronda dinellula! –

Nirgends mehr ein Weg hin geht/

alles ist fästzu geweht/

und man hört für seinem Singen

kaum noch/ wie die Schlittgens klingen.


Juhch Hoscha Holl/

itzt bün ich voll!

Itzt kan ich kaum von deinen Knieen

die schwache Hand zurukk mehr zihen![21]

Deine außerlesne Jugend/

deine ohngemeine Dugend/

dein wie Spihgel-glattes Kinn

nehmen mich mir sälbst dahin!

Schon so sizzen wir verschränckt/

in einander ein-gehänckt/

schon so bün ich gantz vergnügt/

weil dein Mund sich meinem fügt.

Kleine/ schnell versezzte Küsse

sind die schönsten Pompernüsse;

nicht zu wenig/ nicht zu vihl/

Lihben ist kein Poppcken-Spihl.

Dihser war dir ein Genuß/

bitte nun den Gegen-Kuß.

Ey/ botz Klekk/ war daß ein Schmäzzgen!

Du verlihbtes Löffel-Käzzgen!


Dorillgen/ laß itzt das Spinett/

uns wird zu wohl/ wir gehn zu Bett.


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 17-22.
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