[263] Saal in Glebofs Hause.
Glebof. Der Schiffer.
GLEBOF.
Wie nahm das Volk die Nachricht auf?
SCHIFFER.
Sie nahmen
Sie gar nicht auf.
GLEBOF.
Wie das?
SCHIFFER.
Die Lüge liegt
Noch auf der Straß', wo ich sie fallen lassen.
»Hm!« »So!« und: »Ei!« war alles, was ich hörte.
Sprach ich vom Wetter, macht's dieselbe Wirkung.
GLEBOF.
Gut.
SCHIFFER.
Bloß ein paar zerlumpte alte Weiber
Schrien, daß die Hunde an zu bellen fingen:
»Daß Gott erbarm'! So war die Prophezeihung
Von unsres Zaren bald'gem Tod doch richtig!«
GLEBOF.
Gut.
SCHIFFER.
Dem hochwürd'gen Erzbischof von Rostow,
Sei's, sagten sie, im Traume so erschienen.
GLEBOF.
Gut.
SCHIFFER.
Drauf versetzte wer: »Was kümmert's uns?«[264]
GLEBOF.
Gut.
SCHIFFER.
Gut? – Mein gnäd'ger Herr, was ist da gut?
Ich dacht', Ihr hättet deshalb aus den Eisen
Mich losgemacht, in Schifferrock und Hose
Gesteckt, und auf mein leider zu bekannt
Gesicht, den Hut gedrückt mit breiter Krempe;
Ihr hättet deshalb mir ...
GLEBOF.
St! – Glaubten sie's?
SCHIFFER.
Beim heiligen Georg! Ich meine, denen
Könnt' man vorschwatzen; außer Rußland sei
Die Welt zu Ende, wie 'nes Sünders Leben.
Ach ja, geglaubt ward's wohl.
GLEBOF nach einem Tische deutend.
Dort liegt ein Beutel;
Nimm den zum Lohne. Flieh!
Verbirg dich fern am Irtysch in der Wüste.
Du bist nun frei. Sieh deine Wunden an,
Die dir die Fessel rieb; und denke stets,
Daß Galgen stehn in Rußland!
DER SCHIFFER.
Freilich! Freilich!
Ich dank' für deine Lehre dir, Erlaucht,
Und werde sie befolgen. Meiner Treu'!
Je wen'ger man zu leben wert, so mehr
Liebt man, zu leben.
Ab.
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Alexis
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