An meinen Vater

Im Februar.

[255] Ich sah im öden Garten,

Umkränzt von Eis,

Die Vöglein dich erwarten,

Auf dürrem Reis;

Die Zeugen deiner Milde,

Von dir genährt,

So lang im Schneegefilde

Der Mangel währt.


Da schlug mein Herz gelinder;

Ich wurde froh,

Und sah der Armuth Kinder,

Die eben so,[256]

Vergessend ihre Klagen

Nach dir geblickt,

Weil du in bösen Tagen

Sie gern erquickt.


O glaube! wenn vergebens

Der Himmel nicht

Sein Wort voll Kraft und Lebens

Zur Erde spricht;

Wenn jedes leise Flehen

Empor sich schwingt,

Kein Vöglein ungesehen

Vom Zweige sinkt;


Wenn göttliches Erbarmen

Den Frommen trägt,

Der neben sich des armen

Verlaßnen pflegt –

So bleibet Gottes Segen

Dir sicherlich;

So führt auf Dornenwegen

Sein Engel dich.
[257]

Auf nackten Winterauen

Hast du geschont,

Den Vöglein ihr Vertrauen

So reich belohnt:

Wie sollte der nicht schonen,

Der ewig liebt,

Nicht Er dem Herzen lohnen,

Der Alles giebt?

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 3, Zürich 1819, S. 255-258.
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