An den Prinzen von Preussen

am Tage seines Religionsbekentnisses

[81] (Zu Magdeburg den 28ten des Jenners 1762.)


Vom Glanze der Religion

Umgebner Prinz! dir singen Engel Lieder;

Du wirfst dich vor dem höchsten Thron

Des Königes der Könige danieder!


Mit Freudigkeit bist du ein Christ

Und tiefgebücket huldigst du dem grossen

Regierer, der allmächtig ist,

Die Könige von ihrem Stuhl zu stossen!


Der dessen Reich von dieser Welt

Nicht war, kam aus dem Himmel auf die Erde;

Zu Menschen hat er sich gesellt

Damit der Mensch mit Gott versöhnet werde!
[82]

Er stieg nach seiner grossen That

Zu seinen Engeln in den Himmel wieder;

Er war ein Siegesheld; er trat

Zehntausend Höllen-Ungeheuer nieder!


Er ließ uns ein Gedächtnißmahl,

Zum Zeugniß seiner Liebe, bis zum Ende

Des Zeitenwechsels, und befahl

Geheimnisse in seiner Diener Hände.


Prinz! Seiner schämest du dich nicht,

Kein Weiser gab der Erde besser Lehren:

Gott lieben ist die erste Pflicht,

Und bald nach Gott die Könige verehren.


Den Nächsten lieben so wie sich

Und alle Tugenden der Engel üben;

Nicht seyn, was gegen Friederich

Die Feinde sind, die nicht den Frieden lieben;
[83]

Dis lehret die Religion

Die Jesum Christum ihren Stifter nennet.

Heyl sey dem Herrscher auf dem Thron

Der sich mit Herz und Mund dazu bekennet.


Du gehst o Prinz! dem Volke vor;

Ermuntert hebt es seine matten Blicke

Aus Krieges Angst, zu dir empor

Und wünscht dir Heyl, sich selber wünscht es Glücke.


Du wirst mit rechtem Christenmuth

Aus Friedrichs Hand empfangen Kriegeswaffen;

Nicht zu vergiessen Menschenblut:

Nein, deinem Vaterlande Recht zu schaffen.


Schon rüstest du dich zu dem Gang

Ins Kriegesfeld, du Schmuck von Fürstensöhnen!

Des Volkes Wunsch und mein Gesang

Soll, wenn du gehst, dir ins Gehör erthönen.

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, S. 81-84.
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