An das Fräulein von Mose

[341] 1741.


Hoch- und Wohlgebornes Fräulein!


Die Hoffnung schmeichelt mir, Sie werden permittiren,

Was Dero Dienerin sich itzo unterfängt:

Zwar kann ich meinen Vers mit wenig Anmuth zieren,

Weil kein Virgilius mir seine Silben schenkt;

Doch werden Sie darum die Zeilen nicht verachten,

Die meine Dankbarkeit zu Dero Füßen legt.

Kann man dieselben nicht als hoch gelehrt betrachten,

Genug, daß jedes Wort vollkommne Treue hegt.

Ein angenehmer Tag, so Dero Namen führet,

Ermuntert mein Gemüth zu der Ergebenheit,[341]

Womit ich Ihnen bin Zeit Lebens obligiret:

Drum observire ich itzt meine Schuldigkeit,

Und will durch dieses Blatt gehorsamst gratuliren,

Weil Sie der Herr der über Erd und Himmel schwebt,

Durch seinen Vaterarm so treulich wollen führen,

Daß Sie beglückt und wohl dies Namensfest erlebt.

Es bleibe dieser Herr noch ferner Dero Führer,

Er unterstütze Sie mit seiner Allmachtskraft,

Er sey Ihr Schild und Lohn, Ihr mächtiger Regierer,

Er stärke Dero Geist mit süßem Lebenssaft,

Er lasse niemals was so Widriges geschehn,

Daß Ihre Gnaden kränkt und Dero Ruhe stört.

Nein, nein, es müsse Sie auf ewig wohl ergehen:

Es müsse nur geschehn, was Dero Freude mehrt,

Es müsse Ihnen nichts an Glück und Wohlseyn fehlen,

Der hohe Himmel sey Sie ewig zugethan,

Er lasse Sie noch viel beglückte Jahre zählen,

Er schenkte Ihnen mehr als ich nur wünschen kann.
[342]

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 341-343.
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