Des 24sten Januars musikalische Feier

in der Darletschen Wohnung

[180] 1763.


Jüngst als im Götterrath beschlossen

Die Ruh der Erde war, und Becher überflossen,

Zu voll geschenkt vom Ganymed,

Der hinterm Jupiter am goldnen Stühle steht;

Da flog Merkurius unruhig hin und wieder,

Trat plötzlich vor das Götterchor,

Und alle wurden lauter Ohr,

Und alle ließen sich auf Luftgewölken nieder

Und schwebten über jenem Saal,

Wo Friedrichs Lob erscholl im Saitenspiel und Liede,

Die Götter sahen sich nicht müde,

Da hing des Helden Bild! Sein Auge glich dem Strahl

Des mächtgen Donnergotts, wenn er in ernster Strenge

Die Menschen schelten muß; und aus der Stirne sprach

Der Kriegesgott, der durch die Menge

Von Agamemnons Heere brach,[180]

Und in des Mundes Lächeln saßen

Die Huldgöttinnen und Apoll,

So daß hier ganz erstaunensvoll

Die Götter den Olymp vergaßen,

Und fragten: welcher zweite Graun

Des Liedes Ton erschuf? Da nannte jemand Uden1

Und Götter und Göttinnen luden

Sich ein zu dem Concert.

Wenn Friedrich nach dem Bau'n

Des Eintrachttempels kommt nach Sanssouci zurück:

Dann singet die Musik Ihn und des Volkes Glück.[181]

Fußnoten

1 Der Kammergerichtsrath und zugleich ein vortrefflicher Musensohn.


Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 180-182.
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