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[63] Dem Obristen von Anhalt gesungen.
1763.
Aus allen himmlischen Bezirken
Versammleten die Bürger jüngst
Sich in der Luft zu sehn, wie Du mit jungen Türken
Die Bacchanalien begingst.
Du, der bey rauschenden Pokälen
So tapfer ist, und so geübt
Als einer Legion den Angriff zu befehlen,
Wenn Mars die Loosung schrecklich giebt.
Du, von dem König und dem Volke
Zugleich geliebter Anhalt! sprich,
Ob nicht Lyäus selbst in einer Weinduftwolke
Umschwebte Deinen Tisch und Dich?
[63]
Ob nicht der schöne Götterschenke
In Deinem Achmet sich versteckt,
Der Eure Becher voll gegossen mit Getränke,
Das köstlich wie der Nektar schmeckt.
Die Muthempörende Trompete,
Der lärmerischen Pauken Schall
Beflammten das Gesicht mit hoher Purpurröthe,
Als hörtet ihr Kanonenknall.
Ihr spranget auf mit Trinkerhitze,
So sprang der Thracier, und flog
Voll Feuer in der Stirn bis an des Heeres Spitze,
Das feindlich ihm entgegen zog.
Ihr folgt mit Fackeln durch die Straßen;
Ein junger Hirsch fliegt kaum so schnell,
Der stolz auf sein Geweyh die Mutter hat verlassen
Und selber suchet Gras und Quell.
Euch folgten alle Turbantrager,
Centauren waret Ihr, und lieft
An alle Thüren Sturm; das Mädchen sprang vom Lager
Und bebte, wenn Ihr Hussay! rieft.
[64]
Umarmte Männer fuhren plötzlich
Von heißgeküßten Lippen ab,
Und horchten das Geschrey, dem Gott des Weins ergötzlich,
Der mächtig Euch Befehle gab.
Im Glanz des Morgensterns gekleidet
Trat Venus schon Auroren vor.
Mit diamantnem Blick, der Nacht und Tag entscheidet,
Besahe sie das Bacchuschor,
Und sagte lächelnd zu Lyäen:
Vernimm, o Lieber! dies Geschrey
Von Helden, welche sonst der Schlacht entgegen stehen,
Und frag: wer jezt ihr Feldherr sey?
Nicht Mavors, der sie vormals weckte,
Wenn ihn Belloneus Wagen trug;
Nein, du! dem Cerberus die Füße freundlich leckte,
Du, der die Himmelsstürmer schlug!
Du süßer, süßer Gott der Reben!
Begeisterst selbst des Rosses Tritt,
Der nach dem Takte fällt, daß Bäume sich erheben,
Und alle Pfeiler hüpfen mit.
[65]
Ausgewählte Ausgaben von
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