An die Mnemosyne, bey dem allerhöchsten Feste, welches Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich Sr. Majestät dem Könige gab

[5] Am 24. Jenner 1766.


O Göttin, die, vom höchsten Jupiter geliebt,

Die keusche Musen hat gebohren,

Wen dir der Fama Lob zur Aufbewahrung giebt,

Derselbe Held bleibt unverlohren.


Durch deiner Töchter hohe Lobgesänge lebt

Einst Friedrich nach zehn tausend Sonnen,

So lebet Heinrich, Den der Völker Lob erhebt,

Von welchen Er den Sieg gewonnen.


Ihm dampfet Weihrauch, wenn Er durch die Länder reist,

Von andern Adlern überschattet;

Und in dem Lande, wo ihr, Musen, Seinen Geist

Zu eurer Unterweisung hattet.
[5]

Er wird verehrt, und mit Bewundrung angeblickt,

Es sey, daß Er die Legionen

Im Treffen ordnet, oder Freudenfeste schmückt,

Hier, wo ihr euch entschloßt, zu wohnen.


Es sey, daß sich um Ihn ein ländlich Mädchenchor

Mit, vollen Blumenkörben dränget;

Es sey auch, daß Er hier in Tänzen strahlt hervor,

Und Scherz in Seine Blicke menget.


Ihm mag gleich Purpur; oder weiches Wäldermooß

Zum Sessel dienen; Ihn empfange

Sein Pallast, oder auch Sein Landhaus: Er ist groß,

Als Menschenfreund, zum Wettgesange.


Für deine Kinder, du Gedächtnißgöttin! Er

Wird mehr geliebt von Seinem Bruder,

Dem Könige, als selbst Sein sieggewohntes Heer,

Sein Lorbeer, und Sein Staatenruder.
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Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 5-7.
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