An die Stadt Berlin

wegen Sr. Königl. Hoheit des

Prinzen und Feldherrn Heinrichs

[3] Den 18. Jenner 1764.


Die Du der goldnen Zeit zu Dir gewünschte Tage

Mit Freudenspiel und Tanz empfängst,

Und oft mit wiederholter Frage

Dich um des Türken weißbewundne Stirne drängst;1
[3]

Sieh Du, Neugierige! wie dort in Feuerströmen

Die Sonne vor Gestirnen glänzt,

So glänzt vor allen Diademen,

Der Siegeslorbeerschmuck, der einen Helden kränzt,


Den ein bezwungnes Volk mit Blumen warf, und neue

Gelübde für Ihn ausgedacht;

Dem niemals Tadel oder Reue

Nach einer kühnen That die Wange roth gemacht;


Der kein Lucullus war den tragenden Soldaten,

Die ihrer Waffen Last gedrückt;

Und wegen seiner großen Thaten

Nie einen Kriegesknecht verächtlich angeblickt;


Der alle Fabier mit den geschonten Heeren

Zurücke strahlet – O Berlin!

Sey dankbar, setze zu Altären

Sein Bild an Friedrichs Bild, und rufe: Flaminin


War nicht so werth, als Er, zu glänzen wie die Götter

In ihrer Tempel Ueberschrift;

Rom hatte niemals einen Retter,

Den Heinrichs großer Geist nicht dreymal übertrift.[4]

Fußnoten

1 Die Erste Türkische Gesandtschaft, welche sich hier befand.


Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 3-5.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1792)
Die Sapphischen Lieder: Liebesgedichte
Gedichte: Ausgabe 1792