Der sichere Fromme

[41] Aus einer Predigt des Herrn Ober-Consistorialrath Spalding.


1766.


Wer nie der sonnenhellen Wahrheit widerstrebt

Und stets in unveränderlicher

Rechtschaffenheit und Tugend lebt,

Derselbe Mensch lebt sicher.


Es mögen über ihm die Himmel, und umher

Die feuerschwangern Berge krachen,

Es mag das ausgerißne Meer

Noch eine Sündfluth machen;
[41]

Der Sturmwind tobe, daß der tausendjährge Wald

Und selbst die Felsen niedersinken;

Das Erdreich berste Spalt an Spalt

Zur Rechten und zur Linken;


Der Seuchen fliegend Gift und das gefräßge Schwert

Des Krieges, mögen plötzlich kommen:

Das Schrecken und die Zagheit fährt

Nicht in die Brust des Frommen,


Denn ihn beschützet, stärket, muntert und erhält

Gott, der des Christen Werke zählet,

Wenn ihm der Beyfall einer Welt

Bey seiner Tugend fehlet.
[42]

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 41-43.
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