Nixe im Grundquell

[76] Nun in dieser Frühlingszeit

Ist mein Herz ein klarer See,

Drin versank das letzte Leid,

Draus verflüchtigt sich das Weh.
[76]

Spiegelnd meine Seele ruht,

Von der Sonne überhaucht,

Und mit Lieb umschließt die Flut,

Was sich in dieselbe taucht.


Aber auf dem Grunde sprüht

Überdies ein Quell hervor,

Welcher heiß und perlend glüht

Durch die stille Flut empor.


Und im Quelle badest du,

Eine Nix mit goldnem Haar;

Oben deckt den Zauber zu

Das Gewässer, tief und klar.


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 76-77.
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